06.04.2020

Social Media-Arbeit der Polizei

Polizei darf keine Demo-Fotos posten

Social Media-Arbeit der Polizei

Polizei darf keine Demo-Fotos posten

Fotos von Versammlungen können Anstoß erregen. | © Daniel Etzold - stock.adobe.com
Fotos von Versammlungen können Anstoß erregen. | © Daniel Etzold - stock.adobe.com

Die Polizei möchte stets am Puls der Zeit sein und so auch die neuen Medien nutzen, um über die eigene Arbeit informieren. Dazu gehört auch Social Media. Diese Form der Information ist auch grundsätzlich möglich, doch hat insbesondere die Öffentlichkeitsarbeit der Polizei enge Grenzen. Die Polizei darf keine Fotos einer Demonstration auf Twitter und Facebook veröffentlichen. Aufnahmen seien nur zur Gefahrenabwehr erlaubt – nicht jedoch zum Zwecke der Öffentlichkeitsarbeit. Dies hat das das OVG NRW entschieden. Es ließ die Revision zu.

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Polizisten auf Demonstration

Die Polizei möchte stets am Puls der Zeit sein und so auch die neuen Medien nutzen, um über die eigene Arbeit informieren. Dazu gehört auch Social Media. Diese Form der Information ist auch grundsätzlich möglich, doch hat insbesondere die Öffentlichkeitsarbeit der Polizei enge Grenzen. So waren Polizeibeamte des Polizeipräsidiums Essen (Nordrhein Westfalen) nicht berechtigt, Fotos von einer Versammlung in Essen-Steele zu machen und diese daraufhin auf dem Facebook-Profil der Polizei sowie auf Twitter zu veröffentlichen. Das hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster entschieden (Urteil vom 17.09.2019, Az. 15 A 4753/18).

Auf den veröffentlichten Fotos waren die beiden Kläger als Teilnehmer einer Versammlung gegen Rechts zu sehen. Die beiden Kläger hatten sich auf Übersichtsaufnahmen entdeckt, wenngleich sie nur undeutlich in einer größeren Gruppe zu sehen waren.


Mit ihrer Klage wollten sie gerichtlich feststellen lassen, dass das Vorgehen der Polizei rechtswidrig war.

Urteil des VG Gelsenkirchen war bereits eindeutig

Das Verwaltungsgericht (VG) Gelsenkirchen hatte der Klage bereits erstinstanzlich stattgegeben und deutliche Worte gefunden ( VG Gelsenkirchen, Az. 14 K 3543/18). So befand der Vorsitzende Richter, dass bereits der Umstand, dass die Polizei bei der Demo für die Demonstranten wahrnehmbar fotografiert habe, rechtswidrig gewesen sei. Dass es heutzutage erforderlich sei, zeitgemäße Öffentlichkeitsarbeit zu leisten, gestanden die Gelsenkirchener Verwaltungsrichter zwar zu. Allerdings müsse sie mit dem Recht auf Versammlungsfreiheit kompatibel sein.

Bei Demonstrationen dürfe daher überhaupt gar nicht erst der Eindruck von staatlicher Überwachung entstehen. Fotografierende Polizeibeamte könnten einschüchternd wirken und Demonstranten von der Ausübung ihres Grundrechts abhalten, da man als Demonstrant nicht wissen könne, ob mich der Polizist nur unscharf fotografiert oder ob er mit einem Teleobjektiv ganz nah ran geht, so der Vorsitzende Richter.

Fotos sind Eingriff in das Versammlungsgrundrecht

Die dagegen gerichtete Berufung des Landes Nordrhein Westfalen (NRW) hatte vor dem OVG Münster ebenfalls keinen Erfolg. Das Gericht schloss sich den Ausführungen des VG Gelsenkirchen weitestgehend an.

Das Anfertigen der Fotos, um diese im Rahmen der polizeilichen Öffentlichkeitsarbeit auf Twitter und Facebook zu publizieren, habe in das Versammlungsgrundrecht aus Artikel 8 Absatz 1 Grundgesetz (GG) eingegriffen.

Polizeiliche Foto- und Videoaufnahmen von Versammlungen seien grundsätzlich geeignet, einschüchternd, abschreckend oder in sonstiger Weise verhaltenslenkend auf die Teilnehmer einer Versammlung zu wirken. Das gelte auch für Aufnahmen, die erklärtermaßen für die Öffentlichkeitsarbeit der Polizei Verwendung finden sollen.

Eine zur Rechtfertigung des Grundrechtseingriffs erforderliche gesetzliche Ermächtigungsgrundlage bestehe nicht. Das Versammlungsgesetz erlaube Film- und Tonaufnahmen nur zum Zwecke der Gefahrenabwehr.

Immerhin: Polizei darf sich selbst fotografieren

Darüber hinaus könne sich das Land NRW auch nicht erfolgreich auf das Kunsturhebergesetz oder auf die allgemeine Befugnis zu staatlichem Informationshandeln berufen. Eine effektive und zeitgemäße polizeiliche Öffentlichkeitsarbeit werde dadurch nicht unmöglich gemacht.

Die Polizei könne über ein Versammlungsgeschehen auch ohne die in Rede stehenden Bilder informieren, ohne gänzlich auf eine Bebilderung zu verzichten. So könnte sie etwa ausschließlich ihre eigenen Einsatzkräfte und -mittel abbilden oder auf Archivfotomaterial zurückgreifen, auf dem der Versammlungsort zu sehen sei.

Das OVG Münster hat die Revision an das Bundesverwaltungsgericht wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

 

Christian Solmecke

LL.M, Rechtsanwalt und Partner, Medienkanzlei WILDE BEUGER SOLMECKE, Köln
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