23.08.2023

Reisebericht und Reisewünsche

Umsetzungsstand der kommunalen Doppik

Reisebericht und Reisewünsche

Umsetzungsstand der kommunalen Doppik

Die kommunale Doppik führt zu einem Transparenzgewinn und lenkt den Fokus zum generationengerechten Ausgleich des Ordentlichen Ergebnisses. | © Coloures-Pic – stock.adobe.com
Die kommunale Doppik führt zu einem Transparenzgewinn und lenkt den Fokus zum generationengerechten Ausgleich des Ordentlichen Ergebnisses. | © Coloures-Pic – stock.adobe.com

Die Autoren vertreten im Rahmen dieses Beitrages ausschließlich ihre eigenen Ansichten.

Rund um die Reform von der Kameralistik zur Doppik wurde und wird vereinzelt noch heute sowohl in der Praxis als auch in der Wissenschaft über den Nutzen diskutiert. Während die kommunale Doppik mittlerweile in den meisten Flächenländern flächendeckend eingeführt wurde, besteht insbesondere bei einem der drei erhofften Reformziele nach wie vor großer Verbesserungsbedarf.

Status Quo: Keine vollständige Doppik-Einführung

Im Jahr 2003 fiel in der Innenministerkonferenz (IMK) der Grundsatzbeschluss zum doppischen Gemeindehaushaltsrecht. Heute, 20 Jahre später, buchen in zehn der 13 Flächenländer alle Kommunen doppisch (siehe nachfolgende Abbildung).


In Thüringen und Bayern gibt es ein Wahlrecht zur Doppik-Einführung. Mit Werten von unter fünf Prozent und ohne Zunahme der Anzahl der Doppik-Kommunen in der jüngeren Vergangenheit wird deutlich: Die Mehrzahl der Kommunen dieser Länder hat sich bislang gegen die Doppik entschieden. Hingegen liegt der Anteil bei den Doppik-Kommunen in Schleswig-Holstein bei 73,9 %. Ab 2024 müsste im nördlichsten Bundesland das restliche Viertel der Kommunen aufgrund einer Änderung des Gemeindehaushaltsrechts ebenfalls doppisch planen und rechnen.

Kernziele der Reform

Mit dem Wandel von der Kameralistik hin zur kommunalen Doppik hat sich die IMK weit mehr als die rein technische Implementierung eines neuen Haushalts- und Rechnungswesens erhofft. Der Übergang vom Kassenwirksamkeits- auf das Ressourcenverbrauchskonzept versprach die Erreichung dreier Kernziele: mehr Transparenz, generationengerechte Kommunalfinanzen und eine bessere Haushaltssteuerung.

Transparenz

Problematisch im Sinne der Transparenz sind sicher die noch immer bestehenden unterschiedlichen Rechtsregelungen zur Doppik zwischen Staatsebene und kommunaler Ebene sowie in Bezug auf die Kommunalregelungen auch im Ländervergleich. Das erschwert die Vergleichbarkeit und auch die Akzeptanz der Neuerungen.

Sowohl in der Praxis als auch in der Wissenschaft ist weitgehend anerkannt, dass das doppische Ressourcenverbrauchskonzept die finanzielle Situation einer Kommune transparent abbildet. Durch die zusätzliche Berücksichtigung von nicht-zahlungswirksamen Vorgängen wie Abschreibungen und Aufwendungen für Rückstellungen sowie die Vermögensbewertung wird ein realistisches Bild der kommunalen Finanzsituation ermöglicht. Bei der Aufstellung und Prüfung der Jahresabschlüsse gibt es mancherorts allerdings noch Rückstände.

Im Falle von erheblichen bzw. risikoreichen Auslagerungen ist die Kommune wie ein Konzern zu betrachten. In der Rechnung wäre ein Konzern- bzw. Gesamtabschluss das Mittel der Wahl für ein Mehr an Transparenz. Dieses Mehr an Transparenz hat allerdings den Preis des Erstellungsaufwandes, was gerade kleinere Kommunen aufgrund des schmalen Personalkörpers an Belastungsgrenzen bringen kann. Vor- und Nachteile sind an dieser Stelle abzuwägen und auch möglichen Alternativen gegenüberzustellen. Die Abwägung hat in manchen Ländern zu umfangreichen Ausnahmeregelungen in Bezug auf die Pflicht zur Gesamtabschlussaufstellung geführt.

Generationengerechtigkeit

Aufbauend auf der gewonnenen Transparenz war es ein weiteres Ziel der Reformbemühungen, eine generationengerechte Kommunalfinanzpolitik zu bewirken. Unumstritten zeigt das Ordentliche Ergebnis in seiner Reinform auf einen Blick und als Faustformel, ob die aktuell lebende Generation Handlungs- und Entscheidungsfreiheiten nachfolgender Generationen einschränkt oder bewahrt. Mit stetig ausgeglichenen Ordentlichen Ergebnissen wird das vorhandene Nutzungspotential für zukünftige Generationen nicht verringert. Die Regelungen zum Haushaltsausgleich unterscheiden sich in den Flächenländern zwar punktuell, knüpfen dennoch flächendeckend an diesem Gedanken an.

Im Kontext verschiedener Krisensituationen wurden in einigen Ländern in der jüngeren Vergangenheit Lockerungen am Grundsatz des Ordentlichen Ergebnisausgleiches für Kommunen vorgenommen. In einem solch elementaren Bereich wie dem Haushaltsrecht sollte allerdings nicht inflationär mit Sonderregelungen umgegangen werden. Wenn sich auf der einen Seite für Generationengerechtigkeit und Nachhaltigkeit eingesetzt werden soll, dürfen nicht auf der anderen Seite die Regelungen zur finanziellen Nachhaltigkeit undeutlich gemacht werden.

Steuerungsunterstützung

Ein neues Steuerungsverständnis wurde sich von den Reformtreibern erhofft. Einerseits sollte die Kommunalpolitik die zu erreichenden Ziele nebst dem dafür freigegebenen Budget vorgeben. Andererseits sollte die Verwaltung auf dieser Basis die laufende Verwaltung führen. Wesentlich hierfür ist die Verwendung von Zielen und Kennzahlen im Produkthaushalt.

Diesbezüglich fällt die Bilanz vielerorts ernüchternd aus. Mittlerweile kann an dieser Stelle auch nicht mehr auf die Implementationsreihenfolge (erst der Rechnungsstil, dann die Steuerung) verwiesen werden. Beim Ziel der aufgewerteten Steuerung liegen der ursprünglich anvisierte Soll-Zustand und die jetzige Situation vielfach weit auseinander. Es besteht Verbesserungsbedarf. Das zeigt sich u.a. bei den bis dato vielfach nicht vorhandenen oder mangelhaften Produktzielen und -kennzahlen.

Quo Vadis: Integrierte Haushalts- und Nachhaltigkeitssteuerung

Die kommunale Doppik führt zu einem Transparenzgewinn und lenkt den Fokus zum generationengerechten Ausgleich des Ordentlichen Ergebnisses. Diese zwei Ziele sind daher – bei allen Weiterentwicklungsbedarfen, verpassten Harmonisierungschancen und möglicher (berechtigter) Kritik an punktuellen landesrechtlichen Aufweichungen – grundsätzlich erfüllt.

Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Transformationsanforderungen ist es unabdingbar notwendig, das Feld der Haushaltssteuerung nicht aufzugeben, sondern anzupacken. Denn die Kommunen müssen ihre Mittel in geeigneter Weise dorthin lenken, wo vor Ort der höchste Nutzen erwartet wird. Die bislang etablierten Haushaltssteuerungssysteme sind dafür regelmäßig ungeeignet. Eine integrierte Haushalts- und Nachhaltigkeitssteuerung drängt sich nahezu auf.

Auf der Makroebene umfasst diese Steuerung den Gesamthaushalt. Hier geht es um den Erhalt oder die Wiedererreichung der finanziellen Leistungsfähigkeit. Auf der Mikroebene findet die Steuerung auf Produktbasis statt. Hier geht es um die Realisierung von ökonomischen, ökologischen und sozialen Nachhaltigkeitszielen durch kommunales Handeln.

 

Dr. Marc Gnädinger

Referatsleiter des Grundsatzreferates der Überörtlichen Prüfung kommunaler Körperschaften (ÜPKK) beim Präsidenten des Hessischen Rechnungshofs
 

Felix Volk

Referent im Grundsatzreferat der Überörtlichen Prüfung kommunaler Körperschaften (ÜPKK) beim Präsidenten des Hessischen Rechnungshofs
n/a