Modernisierung des Bilanzrechts
Konsequenzen für Eigenbetriebe und Kommunalunternehmen
Modernisierung des Bilanzrechts
Konsequenzen für Eigenbetriebe und Kommunalunternehmen
Durch das Gesetz zur Modernisierung des Bilanzrechts (Bilanzrechtsmodernisierungs-
gesetz – BilMoG) vom 25. 05. 2009 und die damit einhergehenden Änderungen der Rechnungslegungsvorschriften des Handelsgesetzbuchs (HGB) ergeben sich ab dem Geschäftsjahr 2010 erhebliche Änderungen beim Ansatz und bei der Bewertung einiger Bilanzposten. Davon betroffen sind unabhängig von der Kaufmannseigenschaft auch Eigenbetriebe und Kommunalunternehmen.
Eigenbetriebe haben die Vorschriften des Dritten Buchs des HGB (Erster und Zweiter Abschnitt) anzuwenden, soweit nicht aufgrund der Eigenbetriebsverordnung besondere Bestimmungen gelten oder Ausnahmen bestehen (für Bayern vgl. §18 Abs.2, §20 Eigenbetriebsverordnung [EBV]). Damit haben Eigenbetriebe den Rechnungslegungsstandard der großen Kapitalgesellschaften im Sinne des HGB anzuwenden. Gleiches gilt für Kommunalunternehmen (für Bayern vgl. Art.91 Abs.1 Bayerische Gemeindeordnung – BayGO, Art.79 Abs.1 Bayerische Landkreisordnung – BayLKrO, Art.77 Abs.1 Bayerische Bezirksordnung – BayBezO – sowie §20 Abs.2 und §22 Verordnung über Kommunalunternehmen Bayern – KUV). Für den Jahresabschluss der Eigenbetriebe und der Kommunalunternehmen findet ein besonderes Gliederungsschema Anwendung, das weitgehend den §§266 und 275 HGB entspricht; bestimmte Wahlrechte nach HGB (z. B. Anlagennachweis und Davon-Vermerke in der Gewinn- und Verlustrechnung) sind jedoch ausgenommen und besondere Posten (z. B. Empfangene Ertragszuschüsse und Gliederung des Eigenkapitals) vorgeschrieben.
Dynamische oder statische Verweise auf die HGB-Vorschriften?
Diskutiert wurde in den Fachgremien mehrfach, ob die Verweise der EBV und der KUV auf die HGB-Vorschriften als statisch oder dynamisch zu werten sind. Nach überwiegender Meinung erscheint aus Gründen gesetzestechnischer Vereinfachung eine dynamische Interpretation gerechtfertigt (vgl. hierzu Vogelpoth/Pouille/Voß, Probleme im Zusammenwirken von HGB, BilMoG und kommunaler Rechnungslegung, in: Die Wirtschaftsprüfung, 2009, S. 83). Für die EBV Bayern und die KUV Bayern ist jedenfalls in der amtlichen Begründung zur Verordnungsänderung vom 12. 10. 2001 klargestellt, dass die Verweise dynamisch zu werten sind; dort ist ausgeführt: „Soweit in der KUV oder der EBV auf ein Gesetz oder eine Rechtsverordnung nur mit Zitiernamen Bezug genommen wird, soll die jeweils aktuelle Fassung der Bezugnahme herangezogen werden (gleitende Verweisung).“
Anwendung der neuen Vorschriften
Die neuen Rechnungslegungsvorschriften finden grundsätzlich erstmals für den Jahresabschluss 2010 Anwendung. Sofern die Änderungen auf bereits im Jahresabschluss 2009 enthaltene Sachverhalte anzuwenden sind, sind sie buchungsmäßig zum 01. 01. 2010, also in der ersten logischen Sekunde des Geschäftsjahres 2010, zu erfassen.
Hinsichtlich Ansatz und Bewertung der Aktivposten werden in der Praxis nachgeordnete Auswirkungen erwartet. Bei größeren Unternehmen kann sich das Aktivierungswahlrecht für selbst erstellte immaterielle Vermögensgegenstände – etwa im IT-Bereich – oder der Ansatz der komponentenbezogenen Abschreibungen auswirken. Auswirkungen auf die Rechnungslegung werden vor allem die Änderungen bezüglich Ansatz und Bewertung von Rückstellungen ergeben.
Die ertragssteuerlichen Bemessungsgrundlagen wurden durch die neuen Vorschriften nicht berührt. In der Folge können künftig verstärkte Divergenzen zwischen Handelsbilanz und Steuerbilanz auftreten. Für steuerpflichtige Betriebe wird auch die Aufgabe der umgekehrten Maßgeblichkeit vor allem unterschiedliche Bewertungsansätze der Rückstellungen in Handelsbilanz und Steuerbilanz mit sich bringen. Davon betroffen sind insbesondere die Pensionsrückstellungen, Rückstellungen für Altersteilzeit und sonstige langfristige Rückstellungen. Die Unternehmen sind z. B. gezwungen, die Pensionsrückstellungen zweifach gutachterlich bewerten zu lassen.
Die unterschiedliche Bewertung der Rückstellungen in Handels- und Steuerbilanz führt zwar im Allgemeinen zu aktiven latenten Steuern, für die ein Bilanzierungswahlrecht (in der Handelsbilanz) besteht; aufgrund der erforderlichen Anhangangaben werden aber Berechnungen unausweichlich bleiben.
Die EBV und die KUV kennen keine Gewinnrücklagen. Aufgrund der Übergangsregelungen zulässige Einstellungen in die Gewinnrücklagen (z. B. nicht länger zulässige Rückstellungen) wird man davon ausgehen, dass derartige Umbuchungen in die „Allgemeine Rücklage“ erfolgen können.
„Sonderposten mit Rücklageanteil“ dürfen nach HGB nicht mehr gebildet werden. Das Formblatt 1 für die Bilanzgliederung weist als Passivposten B. den „Sonderposten mit Rücklageanteil“ aus. Grundsätzlich dürfte es deshalb nicht zu beanstanden sein, einen derartigen Posten – abweichend von den geänderten HGB-Bestimmungen – in der Handelsbilanz des Eigenbetriebs oder des Kommunalunternehmens neu zu bilden. Eigenbetriebe und Kommunalunternehmen, die eine Strom- oder Gasversorgung betreiben, haben gemäß §10 Abs.1 EnWG einen Jahresabschluss nach den für Kapitalgesellschaften geltenden Vorschriften des HGB aufzustellen; für diese Unternehmen entfällt jedenfalls der Sonderposten.