15.05.2011

Bilanzeffekt für die Kreditwürdigkeit

Kommunale Pensionsverpflichtungen im Lichte der Doppik

Bilanzeffekt für die Kreditwürdigkeit

Kommunale Pensionsverpflichtungen im Lichte der Doppik

Rücklagenbildung nötig  – Beamtenpensionen belasten die Kommunen. | © mdi - Fotolia
Rücklagenbildung nötig – Beamtenpensionen belasten die Kommunen. | © mdi - Fotolia

Schon zu Beginn der 90er Jahre haben viele Kommunen eine Reform ihrer Verwaltung hin zu einem transparenten Ressourcenverbrauchskonzept angestoßen. Da das kameralistische Haushaltssystem entscheidende Informationen zu Ressourcenaufkommen und -verbrauch nicht oder nur teilweise liefert, erscheint die Umstellung von der Kameralistik auf die Doppik folgerichtig. Die damit angestrebte Modernisierung des kommunalen Rechnungswesens soll vor allem den Einsatz von betriebswirtschaftlichen Steuerungsinstrumenten ermöglichen.

Bundesweit haben bisher ca. 40 % der größeren Kommunen ihre Haushalte auf die Doppik umgestellt. Durch die neue Bilanzierung sehen sie sich – neben vielen anderen Herausforderungen – mit der Offenlegung bestimmter Schuldposten konfrontiert. Dazu gehört vor allem auch das Thema Pensionslasten, das mit der Doppik erheblich an Bedeutung gewinnt.

Durchführung der Beamtenversorgung

Viele Kommunen bedienen sich zur praktischen Durchführung der Beamtenversorgung sog. Versorgungskassen. Kleinere Kommunen sind meist sogar zur Mitgliedschaft in einer solchen Versorgungskasse verpflichtet, während größeren Kommunen Wahlrechte eingeräumt werden.


Versorgungskassen, die nach dem Ausgabe-Umlageverfahren arbeiten, erheben zur Deckung ihres Finanzierungsbedarfs eine Umlage von ihren Mitgliedern. Das einzelne Mitglied finanziert also nicht den Versorgungsaufwand für seine eigenen Bediensteten, sondern beteiligt sich an dem laufenden Versorgungsaufwand der Gesamtheit aller Mitglieder.

Das sog. Kapitaldeckungsverfahren ist dagegen dadurch gekennzeichnet, dass die Beiträge der Mitglieder nicht sofort wieder verausgabt, sondern in einem Kapitalstock angelegt werden. Dieser Kapitalstock kann kollektiv geführt oder pro Mitglied separiert sein.

Einige Kassen ermöglichen ihren Mitgliedern das sogenannte Erstattungsverfahren, bei dem die Kasse der einzelnen Kommune den jeweiligen Aufwand für deren Versorgungsempfänger in Rechnung stellt. Die Versorgungskasse ist in diesem Fall eine reine Abwicklungs- und Zahlstelle. Kommunen, deren Mitgliedschaft in einer Versorgungskasse auf freiwilliger Basis beruht, eröffnen sich beim Übergang auf die doppische Haushaltsführung zusätzliche Handlungsspielräume – ebenso wie solchen Kommunen, die die Durchführung der Beamtenversorgung bisher schon selbst übernehmen.

Bilanzierung von Pensionsverpflichtungen

Aus handelsrechtlicher Sicht stellen Pensionsverpflichtungen ungewisse Verbindlichkeiten dar, für die grundsätzlich eine Passivierungspflicht besteht. Kommunale Gebietskörperschaften sind zwar keine Kaufleute; die Anwendbarkeit der Bilanzierungsgrundsätze des Handelsrechts wird aber insoweit unterstellt, als das Handelsrecht als Vorbild für die Neuregelung der kommunalen Rechnungslegung dient.

Entsprechend geht auch das Institut der Wirtschaftsprüfer in einer Stellungnahme zu Fragen der Bilanzierung und Bewertung von Pensionsverpflichtungen gegenüber Beamten davon aus, dass Pensionsrückstellungen für pensionierte und aktive Beamte in jedem Fall gebildet werden müssen, unabhängig davon, ob die Versorgungsleistungen von einer Versorgungskasse erbracht werden oder unmittelbar von der bilanzierenden Einheit. Als wesentliche Begründung wird angeführt, dass die Kommunen zwar die Aufgabe der Zahlung der Versorgungsleistungen gegebenenfalls ausgelagert haben, sie jedoch stets selbst zur Leistung an ihre Beamten verpflichtet bleiben.

Im Gegensatz dazu steht die Sichtweise der Finanzverwaltung, soweit es sich um einen steuerpflichtigen kommunalen Arbeitgeber handelt: Demnach dürfen steuerliche Rückstellungen für die Erfüllung ungewisser Verbindlichkeiten aus Pensionszusagen dann nicht gebildet werden, wenn der versorgungsverpflichtete Arbeitgeber Mitglied einer Versorgungskasse ist und die Versorgungsleistungen von dieser Kasse im Umlageverfahren erbracht werden. Entscheidend sei, dass in diesem Fall aus Sicht des Arbeitgebers die Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme aus der Versorgungszusage nicht bestehe.

Die skizzierten Unklarheiten bzw. Diskrepanzen in der bilanziellen Sichtweise lassen damit noch einige Fragen für die kommunalen Verantwortungsträger sowie die zuständigen Aufsichtsbehörden offen.

Bewertung

Je nachdem, welchem Finanzierungssystem eine Kommune folgt, stellt sich aber nicht nur die Frage, ob Rückstellungen zu bilden sind, sondern auch, in welcher Höhe diese auszuweisen sind. Diskutiert wird zum einen, ob bei der Rückstellungsberechnung die später an die Beamten zu zahlenden Versorgungsleistungen oder ggf. eher die zu erwartenden (Umlage-)Zahlungen an die Versorgungskasse zu Grunde zu legen sind.

Die Bewertung der Versorgungsverpflichtungen stellt jedoch nur den ersten Schritt bei der Ermittlung des erforderlichen Bilanzansatzes dar. Denn der Ausweis des vollen Verpflichtungswerts erscheint nur dann sachgerecht, wenn die Kommune über keinen reservierten Kapitalstock zur Bedeckung ihrer Pensionsverpflichtungen verfügt. Dagegen ist in analoger Anwendung der Regelungen des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes davon auszugehen, dass solche Vermögenswerte, die ausschließlich der Erfüllung von Pensionsverpflichtungen dienen und einer entsprechenden Zweckbindung unterliegen, mit diesen Verpflichtungen verrechnet werden können und entsprechend den bilanziellen Ansatz der Verpflichtung verringern (Saldierungsmöglichkeit).

Der bei einer Versorgungskasse ggf. angesammelte Kapitalstock erfüllt diese Anforderungen dann, wenn er anteilig eindeutig der Kommune zugeordnet werden kann und die Kommune gegenüber der Versorgungskasse einen Anspruch auf entsprechende Mittelverwendung hat. Abgesehen von der Mitgliedschaft in einer kapitalgedeckten Versorgungskasse sind jedoch auch weitere Möglichkeiten zum Aufbau eines saldierungsfähigen Kapitalstocks denkbar.

Nachhaltige Finanzierung

Kommunen, die nicht zur Mitgliedschaft in einer Versorgungskasse verpflichtet sind, haben beispielsweise die Möglichkeit, sich eines der in der Privatwirtschaft üblichen Versorgungsträger der betrieblichen Altersversorgung (z.B. Pensionskasse) zu bedienen.

Ein bisher kaum diskutiertes Modell stellt daneben die ebenfalls aus der Privatwirtschaft bekannte Treuhandlösung (Contractual Trust Arrangement) dar. Dabei überträgt der Dienstherr die zur Erfüllung der Pensionsverpflichtungen benötigten Vermögenswerte im Rahmen eines Treuhandvertrags an einen externen Rechtsträger und kann diese Vermögenswerte dann mit den bestehenden Pensionsverpflichtungen saldieren, so dass der Bilanzausweis der Verpflichtungen sich verringert bzw. bei vollständiger Deckung entfällt. Der bei der überbetrieblichen Treuhand angesammelte Kapitalstock wird in Form einer eigenständigen Vermögensmasse (z.B. ein Depot) anteilig eindeutig dem Treugeber zugeordnet. Der Treuhänder verpflichtet sich zur zweckgebundenen Verwaltung und Verwendung der Vermögensgegenstände.

Die Treuhand erfüllt damit die rechtlichen Anforderungen für die Saldierungsfähigkeit ebenso wie die aus der betrieblichen Altersversorgung bekannten Versorgungseinrichtungen. Anders als bei diesen Versorgungseinrichtungen, die (direkt oder indirekt) dem Versicherungsaufsichtsgesetz unterliegen, ist der Treugeber bei der Dotierung einer Treuhandlösung in Turnus und Höhe der Zahlungen völlig flexibel. Diese individuellen Dotierungsmöglichkeiten erleichtern eine bedarfsgerechte Steuerung des kommunalen Finanzhaushaltes. Die Finanzierung der Beamtenpensionen kann damit auf eine nachhaltig stabile Basis gestellt werden.

Dies wird zunehmend an Bedeutung gewinnen, denn die mit der Doppik einhergehende Offenlegung der tatsächlichen Pensionsverpflichtungen kann im Lichte externer Bewertungen (Stichwort Basel II bzw. III) negative Auswirkungen auf die Kreditwürdigkeit der Kommunen haben.

 

Dr. Martina Bätzel

Dipl.-Vw./Dipl.-Hdl., Abteilungsdirektorin im Bereich Pension Markets bei Allianz Global Investors in Frankfurt, Geschäftsführerin der Allianz Treuhand GmbH
 

Dr. Christopher Benkert

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Erding
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