15.06.2020

Mit wem machen Sie Geschäfte?

Geldwäscheprävention in der Lieferkette

Mit wem machen Sie Geschäfte?

Geldwäscheprävention in der Lieferkette

Was verbirgt sich hinter den Zahlen? | © Gina Sanders - Fotolia
Was verbirgt sich hinter den Zahlen? | © Gina Sanders - Fotolia

Compliance ist zum neuen Schlagwort im Unternehmenssektor geworden. Immer neue Gesetzesentwürfe sorgen dafür, dass das Regelwerk vor allem im Bereich Geldwäsche langsam, aber stetig wächst. Jüngstes Beispiel ist die mittlerweile fünfte Fassung der EU-Geldwäscherichtlinie, die am 10. Januar 2020 in Kraft trat.

Compliance- und Anti-Korruptions-Vorschriften

Für viele Unternehmen bedeuten Compliance- und Anti-Korruptions-Vorschriften vor allem eines: Mehrarbeit. Insbesondere multinationalen Firmen mit umfangreichen Lieferketten fällt es oft schwer, in dem komplexen Beziehungsgeflecht ihrer Lieferanten den Überblick zu behalten. Ob Lieferanten ein erhöhtes Geldwäscherisiko aufweisen oder illegales Verhalten an den Tag legen, finden viele Unternehmen häufig erst dann heraus, wenn Zeitungen in aller Ausführlichkeit über deren kriminelle Machenschaften berichten.

Für viele Organisationen kommt die Einhaltung von Compliance-Vorschriften einer Mammut-Aufgabe gleich. Ein Einzelhändler mit Tausenden von Lieferanten, bei Weitem keine Seltenheit, wäre beispielsweise mit einem enormen Arbeitsaufwand konfrontiert, wenn er jeden einzelnen Anbieter manuell überprüfen wollte – und die Ergebnisse wären trotzdem alles andere als befriedigend. Schließlich ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine einfache Internetsuche alle notwendigen Informationen liefert, eher gering.


„Screening“ ist das neue Zauberwort

Althergebrachte Überprüfungsverfahren geraten deshalb zunehmend auf das Abstellgleis, während automatisierte Screening-Anwendungen an Bedeutung gewinnen. Diese erlauben es Unternehmen, auch große Datenmengen innerhalb kürzester Zeit auszuwerten und schwarze Schafe in der Lieferantenkette ausfindig zu machen.

Beim Screening werden mächtige Datenbanken mit Personen und Körperschaften abgeglichen, die für mögliche Geschäftsbeziehungen infrage kommen. Auf diese Weise können Unternehmen Identitäten vergleichsweise schnell und einfach überprüfen – und erhalten außerdem noch wertvolle Hintergrundinformationen. Bonus-Material sozusagen.

Hat der potenzielle Geschäftspartner in der Vergangenheit ein Unternehmen in die Insolvenz geführt oder stand bereits wegen Betrugs vor Gericht? Pflegt er Kontakt zu dubiosen Mittelsmännern oder verkehrt regelmäßig mit politisch exponierten Personen (PEPs)? Unter letzteren versteht man Politiker, die wichtige öffentliche Ämter ausüben oder ausgeübt haben sowie deren Familienmitglieder und andere nahestehende Personen.

Normalerweise wäre die Beschaffung dieser Informationen mühsam und zeitaufwändig, insbesondere wenn der Datenabgleich über mehrere Länder erfolgt. Mit Screening-Software sparen Unternehmen dagegen Zeit und Geld.

Geldwäscheprävention mal anders

Eine weitere Möglichkeit, die häufig unterschätzt wird, wenn es um die Verhinderung von Geldwäsche und die gleichzeitige Einhaltung von Compliance-Maßnahmen geht, besteht in der Auswertung von Mediendaten. Zeitungsartikel und Nachrichten stellen eine wertvolle Ressource dar, um aktuelle und im Regelfall verifizierte Informationen zu erhalten. Als Open-Source-Daten, die meist leicht verfügbar sind, können sie zur Kontrolle von Lieferanten verwendet werden.

Regulierungsbehörden in den USA haben beispielsweise Finanzinstitute kritisiert, die es versäumt haben, betrügerisches oder korruptes Verhalten zu erkennen. Selbst nachdem es – und das ist die Crux an der Sache – in mehreren Fachzeitschriften diskutiert wurde.

Der Einsatz moderner Technologie liefert auch in diesem Fall Vorteile. Algorithmen sind in der Lage, Nachrichtenströme auf Schlagwörter zu durchsuchen und im Zweifelsfall Alarm zu schlagen. Taucht beispielsweise der Begriff „Geldwäsche“ im Zusammenhang mit dem Namen eines Lieferanten auf, erkennt der Algorithmus, dass der besagte Artikel relevant sein könnte.

Um zu vermeiden, dass unnötig Lärm um Nichts gemacht wird, setzen moderne Softwareprogramme gleichzeitig auf maschinelles Lernen. Ein Beitrag zu einer von besagtem Lieferanten ausgerichteten Anti-Geldwäsche-Veranstaltung würde demnach vom Algorithmus als irrelevant eingestuft. Unternehmen erhalten dadurch die Möglichkeit, sich in Echtzeit über das Tun und Treiben ihrer Lieferanten auf dem Laufenden zu halten – und im Falle von Negativschlagzeilen sofort zu reagieren.

Geldwäscheprävention und Compliance gehen Hand in Hand

Compliance stellt beim Kampf gegen Geldwäsche ein wichtiges Werkzeug dar – und angesichts des zunehmenden Geldwäscherisikos müssen sich Unternehmen darauf einstellen, dass sich Compliance-Standards länderübergreifend um einiges verschärfen werden. Neue Technologien wie Screening- und Analyseprogramme werden vor diesem Hintergrund eine immer wichtigere Rolle spielen. Je früher sich Firmen damit auseinandersetzen, desto besser.

 

Seyfi Günay

Seniordirektor für Finanzkriminalität und Terrorismus bei LexisNexis Risk Solutions
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