15.10.2021

Kommunale Homepage: Über das CMS hinausdenken

Überlegungen zu Grundlagen von Internetauftritten - Teil 1

Kommunale Homepage: Über das CMS hinausdenken

Überlegungen zu Grundlagen von Internetauftritten - Teil 1

Eine Kommune stößt oft an Grenzen ihres Internetauftritts, wenn sie ihre Bürger*innen auf bestimmte Seiten lenken will.  | © STOATPHOTO - stock.adobe.com
Eine Kommune stößt oft an Grenzen ihres Internetauftritts, wenn sie ihre Bürger*innen auf bestimmte Seiten lenken will.  | © STOATPHOTO - stock.adobe.com

Homepages gehören zum Standard kommunaler Verwaltungen. Wahrscheinlich hat mittlerweile jede Kommune ein Content Management System (CMS), mit dem sie die Inhalte ihrer kommunalen Homepage verwaltet. Genau dafür ist ein CMS da.

Ein CMS bewältigt indessen nicht alle Aufgaben im Umfeld des kommunalen Internetauftritts. Kommunen sollten mindestens in zweierlei Hinsicht über das CMS hinausdenken, wenn sie ihren Internetauftritt gestalten. Einerseits hilft ein CMS nur wenig dabei, Bürger*innen überhaupt erst auf die kommunale Homepage zu bringen oder sie gezielt zu bestimmten Inhalten zu führen. Andererseits reicht es nicht, die Inhalte des kommunalen Internetauftritts nur im CMS zu verwalten.

Kommunen wollen mit ihrem eigenen Internetauftritt meist ihren Bürger*innen Informationen zur Verfügung stellen und ihnen Zugangswege zu Onlineverfahren eröffnen. Vielleicht denken Hauptverwaltungsbeamt*innen nebenbei auch noch an das Image ihrer jeweiligen Kommune. Dazu zeichnen Kommunen ihre Texte, Bilder und andere Inhalte mit speziellen Steuerungsbefehlen und Darstellungsanweisungen aus (Hypertext Markup Language, kurz html) und speichern sie in Dateien. Diese Dateien laden sie in das Internet (Word Wide Web, kurz www) hoch. Das alles tun sie im CMS. Wenn Bürger*innen sich ins Internet einwählen, können sie die Inhalte der hochgeladenen Dateien über ihren Internet-Browser darstellen. Manche dieser html-Dateien sind nicht besonders stabil, sondern „on the fly“: Sie werden immer dann aus einem Gestaltungsrahmen und Inhaltselementen zusammengesetzt, wenn Besuchende sie abrufen.


In die Tiefen des Internetauftritts

Eine Kommune stößt oft an Grenzen ihres Internetauftritts, wenn sie ihre Bürger*innen auf bestimmte Seiten lenken will. Es geht darum, Nutzer*innen präzise zu derjenigen Information zu führen, die sie benötigen. Die Problemstellung kennt, wer in seinen analogen Kommunikationsformen wie im Gemeindeboten, in einem Flyer, auf einem Plakat, in einer Broschüre oder in Pressemitteilungen auf Informationen im Internet verweisen will. Spätestens dann sind Schnittstellen in die Tiefen des eigenen Internetauftritts gefragt. Um dahin zu kommen, verfolgen wir in der Regel zwei Methoden.

Der kommunale Internetauftritt hat in aller Regel eine tiefe Struktur, er ist hierarchisch gegliedert. Oben, an der Spitze des Internetauftritts, steht die Startseite. Nutzer*innen gelangen auf diese, wenn sie in die Adresszeile ihres Internetbrowsers den Domainnamen der Kommune eingeben. Der Domainname ist eine eindeutige Adresse im World Wide Web (www), ähnlich wie die Postanschrift eines Rathauses. So, wie es internationale Standards für die Postadressierung gibt, gibt es einen Adressstandard im Internet, den Uniform Resource Locator (URL). Wer im Adressfeld seines Internetbrowsers verkürzt „www.beispielstadt.de“ einträgt, gelangt unmittelbar und eindeutig auf die Startseite dieser mustergültigen Kommune. Man spricht von der URL-Adresse. Von der Startseite aus verzweigt sich der kommunale Internetauftritt wie das Wurzelwerk eines Baumes. In der Adresszeile des Internetbrowsers markieren Schrägstriche („/“) Knotenpunkte, an denen sich die Wurzeln weiter verzweigen. Die Wurzelstränge führen meist anhand einer thematischen oder einer organisatorischen Gliederung in die Tiefe. Am Ende der Wurzel stehen dann html-Dateien zu einzelnen Themen. Bürger*innen sehen deren Inhalte in ihrem Browser als einzelne Internetseiten. Für jede einzelne dieser Internetseiten zeigt der Browser im Adressfeld eine eigene eindeutige URL-Adresse an. Wer diese URL-Adresse kennt und ihren Namen in die Adresszeile einträgt, gelangt eindeutig auf die entsprechende Seite, und nur auf diese. Die Kommune stellt also ihren Bürger*innen Inhalte zu bestimmten Themen auf einer Internetseite zur Verfügung, die eine eindeutige Adresse haben. Die Kommune möchte gezielt informieren, und sie geht davon aus, dass die Bürger*innen die dargestellte Information benötigen. Die entscheidende Frage heißt: Finden die Bürger*innen auch eindeutig den Weg dorthin?

URL-Adressen sind leider oft ein komplexes und etwas unmenschliches Ding. Mit unmenschlich meine ich, dass sich unser menschliches Denkvermögen die Zeichenfolgen von Internet-Adressen nur begrenzt merken kann bzw. dass uns der Aufwand zum Abschreiben zu groß ist. Das liegt an der Ausgestaltung der URL-Adressen. Denn die URL-Adressen enthalten so etwas wie eine Wegbeschreibung durch das Wurzelwerk der kommunalen Homepage. Die Wegbeschreibung beginnt immer mit dem Domainnamen, nach Schrägstrichen folgen Wegmarken und am Ende steht der Seitenname. Wenn der Bürgermeister von Beispielstadt übers Internet zum Neujahrsempfang einlädt, dann könnte die entsprechende Seite heißen: „www.beispielstadt.de/kultur/Veranstaltungen/Neujahrsempfang 2021“. Das sind 64 Zeichen! Und die sind oft noch wegen technischer Schreibweisen zusätzlich kompliziert. Wer setzt sich an seinen Browser und trägt die 64 Zeichen ins Adressfeld ein? Nur äußerst wohlmeinende Tageszeitungen drucken diese URL-Adressen überhaupt ab. URL-Adressen funktionieren in der Regel gut, solange ein Klick auf eine Mailadresse einen Link anspricht, der bequem zur Information führt. Dazu muss der Link aber am PC oder auf dem Smartphone dargestellt werden und jeweils hinterlegt sein. Wie also soll eine Kommune eine bestimmte URL-Adresse und damit den eindeutigen Zugang zu Informationen der analogen Welt vermitteln?

Zufallsspiel Suchmaschine

Die Länge und geringe Merkfähigkeit der URL-Adressen ist mit ein Grund dafür, warum Bürger*innen in ihrer kommunikativen Praxis derzeit sehr selten präzise Adressen in ihren Internet-Browser eintragen. Stattdessen gelangen die meisten Nutzer*innen zu den gewünschten Informationen, indem sie Suchmaschinen nutzen. Mehr als 90 Prozent der Deutschen verwenden Google. In diese Suchmaschinen tragen sie ihre mehr oder weniger klug kombinierten Begriffskombinationen ein. Dadurch ist jede Suchanfrage individuell. Die Suchmaschinen liefern dann ihrerseits kein eindeutiges Ergebnis, sondern eine Liste von Links zu entsprechenden Internetseiten. Übrigens liefern die verschiedenen Suchmaschinen, die auf dem Markt sind, selbst bei der exakt gleich formulierten Suchanfrage unterschiedliche Trefferlisten. Deren Zusammenstellung hängt davon ab, welche Firma den Suchdienst für welche Platzierung bezahlt hat und wie die Suchmaschine die Seitenangebote interpretiert. Die meisten Suchmaschinen listen solche Trefferseiten weit oben, zu denen es viele Links im Internet gibt oder die bereits viel gefragt wurden.  Wer sucht, muss dann aus der angebotenen Trefferliste denjenigen Link auswählen, von dem er glaubt, dass er ihn zu der gesuchten Information führt. Bei Unsicherheiten klickt man nacheinander durch die Linkliste, um die passende Seite zu finden. Es hängt letztlich vom Zufall ab, ob Anfragende passende Suchbegriffe eingetragen haben, ob die Suchmaschine Seiten mit der gewünschten Information weit oben einstuft und ob die suchende Person auf den richtigen Link in der Trefferliste klickt. Finden die Bürger*innen, was sie brauchen? Finden sie, was sie gewollt haben? Oder ärgern sie sich, weil sie nichts Passendes finden? Finden sie, was die Kommune für sie zur Verfügung gestellt hat? Von Präzision oder gar Eindeutigkeit in der Kommunikation kann bei Suchzugängen insgesamt keine Rede sein.

Suchen und Finden hört sich einfach an – Suchen ist aber nicht von sich aus niederschwellig. Letztlich müssen Suchende Suchstrategien für ihre Fragestellung entwickeln und umsetzen. Und der Auswahlvorgang in einer Trefferliste setzt Vergleiche anhand selbst entwickelter Kriterien voraus. Dazu kommt der Bedarf, die Ergebnisse zu bewerten. Wer erwartet, dass Bürger*innen klug den Namen der Kommune Beispielstadt mit ihrem Anliegen „Müllentsorgung“ kombinieren, setzt viel voraus. Beispielsweise, dass Beispielstadt für die Aufgabe überhaupt zuständig ist. Suchen sind insgesamt komplexe Vorgänge, die Kenntnisse im Umgang mit den elektronischen Suchmaschinen und den Themen voraussetzen. Wenn es irgend geht, sollten Kommunen ihren Bürger*innen solchen Suchaufwand ersparen. Angesichts dieser Umstände ist der Informationsauftrag der Kommunen im Internet insgesamt nicht einfach zu erfüllen.

Per Zuführungsdomain direkt zur Information

Wer Nutzer*innen direkt zu einer tiefergegliederten URL-Adresse führen möchte, kann Lösungen außerhalb der eigenen Domain, etwa www.beispielstadt.de, in Erwägung ziehen. Eine solche Lösung sind Zuführungsdomains. Das sind Domainadressen einfacher Struktur im Internet, die man zusätzlich kauft. Sie kosten derzeit pro Jahr circa 20 bis 30 Euro. Verkäufer sind Anbieter wie IONOS, Stratos, Go Daddy usw. Der Landkreis Tübingen hat systematisch und vorausschauend zusätzlich zu seiner Domain www.kreis-tuebingen.de Zuführungsdomains mit Namenskombinationen wie www.tükultur.de, www.tüimpfen.de oder www.tüwald.de gekauft. Die ersten beiden Zeichen entsprechen dem Beginn des KfZ-Kennzeichens der im Landkreis Tübingen zugelassenen Fahrzeuge. Nach der Buchstabenkombination „tü“ folgt ein möglichst knapper sprechender Begriff, der für eine bestimmte Aufgabe oder ein bestimmtes Thema steht. Für diese Zuführungsdomains richtet der Landkreis Tübingen keine eigenen Internetauftritte ein. Stattdessen trägt er beim Anbieter, der den Domainnamen für ihn hostet, einen Link ein, auf den die Zuführungsdomain direkt weiterleitet. Dieser Link führt dann in die Tiefen der eigenen Domain. Die mit „www.tükultur.de“ verlinkte Seite könnte „www.beispielstadt.de/kultur/Veranstaltungen/Neujahrsempfang 2021“ sein. Trägt jemand die Adresse der Zuführungs-Domain „tükultur.de“ in den Internet-Browser ein, wird er umgehend und eindeutig auf die hinterlegte URL-Seite weitergeleitet. Der große Vorteil der Zuführungsdomains ist, dass sie präzise in die Tiefe der eigentlichen kommunalen Domain verlinken. Und dass sie dies mit Zeichenfolgen tun, die verständlich und kurz sind. Wer sie in die Adresszeile seines Browsers einträgt, gelangt unmittelbar und zielgenau zu den gewünschten Informationen des Landkreises im Internet. Der Landkreis kann in seinen Pressemitteilungen oder in Gemeindeboten den Besuch von www.tükultur.de empfehlen und bewegt sich damit im Rahmen des menschlich gut nutzbaren.

Zuführungs-Domains können einerseits variabel und kurzzeitig verwendet werden. In diesem Fall verweist die Zuführungs-Domain auf ein aktuelles Event oder ein aktuelles Thema. Dafür verwendet der Landkreis Tübingen beispielsweise die Adresse www.tükultur.de. Wenn das Thema oder Event gelaufen ist, nutzt der Landkreis die Zuführungs-Domain als Zugang zum nächsten Event. Unter der Zuführungsdomain finden Nutzer*innen dann immer das aktuellste Event. Andere Zuführungs-Domains nutzt der Landkreis Tübingen statisch und dauerhaft. Mit www.tüforst.de verlinkt er beispielsweise auf die Seiten der Forstverwaltung beim Landratsamt. Statische Zuführungsdomains sind ideal für langfristig platzierte Werbung, etwa auf Plakaten, in Broschüren oder auf Autobeschriftungen.

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Der Beitrag wird fortgesetzt.

 

Prof. Dr. Wolfgang Sannwald

Projektleiter des Kommunalen Aktenplans 21 Baden-Württemberg
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