15.01.2012

Inspiration vorhanden und benötigt

INSPIRE-Umsetzung in einer Kommune – ein Erfahrungsbericht

Inspiration vorhanden und benötigt

INSPIRE-Umsetzung in einer Kommune – ein Erfahrungsbericht

Satellitengestützte Daten ermöglichen ein effektives Land- und Ressourcenmanagement. | © cristimatei - Fotolia
Satellitengestützte Daten ermöglichen ein effektives Land- und Ressourcenmanagement. | © cristimatei - Fotolia

Vor über vier Jahren ist die europäische Richtlinie 2007/2/EG (INSPIRE-Richtlinie) in Kraft getreten. Herr Dr. Markus Seifert hat in seinem Artikel „INSPIRE – Geodaten für Europa(PUBLICUS 2010.3, S. 33) sehr ausführlich über die INSPIRE-Richtlinie geschrieben. Aber was ist in den letzten Jahren in den Kommunen schon umgesetzt worden und wo gibt es noch Schwierigkeiten? Der Erfahrungsbericht bezieht sich auf einen Teil des Landes Schleswig-Holstein. Kollegen aus anderen Teilen Schleswig-Holsteins und anderen Bundesländern haben ähnliche Erfahrungen gemacht.

Rechtliche Rahmenbedingungen

Am 22. 01. 2002 (lange vor der INSPIRE-Richtlinie) hat die Landesregierung Schleswig-Holsteins der Einführung eines ressortübergreifenden Geodatenmanagements in Schleswig-Holstein zugestimmt. Im Dezember 2010 wurde dann mit der Verabschiedung des Geodateninfrastrukturgesetzes (GDIG-SH) die INSPIRE-Richtlinie in Landesrecht umgesetzt. Mit dem § 1 Abs. 1 GDIG-SH soll als oberstes Ziel ein rechtlicher Rahmen für den Ausbau und Betrieb einer Geodateninfrastruktur geschaffen werden. Erst der § 1 Abs. 2 setzt zum Ziel, die INSPIRE-Richtlinie umzusetzen.

Vier Jahre INSPIRE-Richtlinie – Alles gut?

Sowohl das Land wie auch die Kommunen sehen INSPIRE als einen Teil einer gemeinsamen Geodateninfrastruktur in Schleswig-Holstein.


Schon sehr frühzeitig (vor Inkrafttreten der INSPIRE-Richtlinie) haben sich die zuständigen Akteure zum Thema „gemeinsame Geodateninfrastruktur” zusammengesetzt. Das Thema kam daher nicht unvorbereitet.

Das letzte Reporting hat jedoch gezeigt, dass es hinsichtlich der Umsetzung der INSPIRE-Richtlinie noch viele offene Fragen und Probleme in den Kommunen gibt.

Die häufigsten Fragen sind dabei:

  • Was genau sind Geodaten (auch Exceltabellen mit Koordinaten)?
  • Wer ist Geodaten haltende Stelle?
  • Ist mein Geodatensatz überhaupt betroffen?

Neben diesen Fragen gibt es weitere Probleme.

Führungskräfte sehen in der INSPIRE-Richtlinie keinen Nutzen. In vielen Fällen werden dadurch in den Kommunen keine konkreten Ansprechpartner benannt bzw. Zuständigkeiten nicht klar geregelt. Mitarbeiter werden mit den teilweise englischsprachigen und umfangreichen Dokumenten überfordert. Die Bereitstellung von personellen und finanziellen Mitteln ist oft nicht gegeben.

Es bleibt somit festzuhalten, dass es nach vier Jahren INSPIRE-Richtlinie noch an vielen Ecken und Kanten hakt. Auch die technische Umsetzung ist bisher, aufgrund der notwendigen Hard- und Software, nur in den großen Verwaltungen vollzogen worden. Den kleineren Kommunen fehlen auch hierfür finanzielle und personelle Mittel.

Nutzen der Geodaten

Eine übergreifende Geodateninfrastruktur, sowohl auf kommunaler wie auch auf EU-Ebene, birgt für alle ein großes Nutzungspotenzial. Dies hat der Deutsche Landkreistag schon in seiner Veröffentlichung „Geodaten sinnvoll nutzen” beschrieben. Die Geodaten stellen nicht nur für die Kommunen selbst einen Nutzen dar, auch die Bürger und die Wirtschaft profitieren von ihrer Bereitstellung.

So kann der Bürger Geodaten einfacher finden und nutzen. Die Geodaten können u. a. helfen, behördliche Entscheidungen nachzuvollziehen (transparente Entscheidungen). Dem Unternehmer können die Geodaten im Rahmen seiner betrieblichen Weiterentwicklung helfen: Sei es bei der Standortsuche für eine Betriebserweiterung oder der Marktanalyse für ein neues Produkt. Auch für die Verwaltung selbst stellt sich ein hohes Nutzungspotenzial ein. So kann der Verwaltungsmitarbeiter mittels standardisierter Webtechnik auf verteilte heterogene Geodaten zugreifen. In der Praxis werden dadurch behördliche Entscheidungen schneller und effektiver getroffen. Auch ist der Datenaustausch zwischen den einzelnen Verwaltungen (intern und extern) wesentlich einfacher.

INSPIRE positiv – Es tut sich was

Trotz aller Fragen und Probleme: Vergleicht man die für das Monitoring 2009 gemeldeten Geodatensätze bzw. Geodatendienste für Schleswig-Holstein mit den Daten für das Jahr 2010, kann man feststellen, dass sich alle Beteiligten in den letzten Monaten sehr intensiv mit dem Thema INSPIRE auseinandergesetzt haben müssen. Das Ziel, eine einheitliche Geodateninfrastruktur in Schleswig-Holstein aufzubauen und INSPIRE umzusetzen, spiegelt sich derzeit in vielen Projekten wider.

Für die INSPIRE-konforme Bereitstellung von Metadaten hat das Land Schleswig-Holstein ein webbasiertes Metadateninformationssystem (SH-MIS) aufgebaut. Dieses System kann auch von den Kommunen unentgeltlich genutzt werden. Hier werden die Daten teilweise von den Kommunen selbst eingegeben, teilweise werden die Arbeiten durch andere Kommunen oder Kreise im Rahmen einer Serviceleistung durchgeführt. Das SH-MIS gibt ein sehr gutes Beispiel praktizierter Kooperation und Synergienutzung.

Ein weiteres Beispiel der Zusammenarbeit in der GDI-SH ist der Aufbau einer Wissensplattform. Hier sollen alle Informationen zusammenfließen und den Beteiligten und Interessierten zentral zur Verfügung stehen. Auch in diesem Fall musste das Rad nicht neu erfunden werden. Die Plattform GDI-DE WIKI der GDI-DE bietet alle notwendigen Funktionalitäten.

Auch für die Bereitstellung der Geodaten wird eine zentrale Softwarekomponente angestrebt. Eine gemeinsame Arbeitsgruppe von Land und Kommunen erarbeitet zurzeit ein Konzept zur Zielarchitektur. Mit diesem wäre jede Kommune in der Lage, aus ihrem eigenen Datenbestand ohne größeren finanziellen, personellen oder technischen Aufwand die Geodaten in INSPIRE-gerechter Form zentral verfügbar zu halten.

Die grenz- und verwaltungsübergreifende Bereitstellung von Geodaten wird schon in vielen Geodatenportalen vollzogen. Als Beispiel sei hier das Geoportal der Metropolregion Hamburg genannt. Auch wenn die Geodaten noch nicht den Anforderungen der INSPIRE-Richtlinie entsprechen, können Bürger, Unternehmen und auch Verwaltungen Geodaten verschiedenster Bereiche abfragen. Diese Daten werden gemeinde-, kreis- und länderübergreifend zusammengefasst und online bereitgestellt.

Fazit

Rein technisch betrachtet ist der Aufbau einer gemeinsamen Geodateninfrastruktur und die Umsetzung der INSPIRE-Richtlinie kein Problem. Dies bedarf jedoch in vielen Fällen der Zusammenarbeit aller Kommunen und Institutionen. Alle müssen sich den Themen Geodateninfrastruktur und INSPIRE-Richtlinie gemeinsam stellen. Hierzu müssen alle jedoch noch intensiver kommunizieren und weitere Netzwerke schaffen. Sehr wünschenswert wäre dann auch die Bereitstellung von verständlichen Dokumenten und Handlungsempfehlungen seitens der GDI-DE. Setzen wir das gemeinsam um, wird sich auch jede Kommune in INSPIRE wiederfinden.

 

Jörg Davidsen

Servicestelle Geodaten, Kreis Herzogtum Lauenburg, Lauenburg davidsen@kreis-rz.de
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