15.01.2012

Change Management im Non-Profitbereich

Organisationsentwicklung, Stellenbeschreibung und Stellenbewertung

Change Management im Non-Profitbereich

Organisationsentwicklung, Stellenbeschreibung und Stellenbewertung

Veränderungen in Organisation und Abläufen bedeuten auch Neubewertungen des Faktors „menschliche Arbeit”. | © thinglass - Fotolia
Veränderungen in Organisation und Abläufen bedeuten auch Neubewertungen des Faktors „menschliche Arbeit”. | © thinglass - Fotolia

Die Anpassung der vorhandenen Organisationsstrukturen und von meist nicht optimalen Betriebsprozessen gehört zu den typischen betriebswirtschaftlichen Aufgaben von Führungskräften. Der Wandel der Aufgaben, neue Ansprüche der Abnehmer der Güter oder Dienstleistungen, ein verändertes Kundenverständnis, aber auch ein sich wandelndes Bild der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einer Organisationseinheit (Organisationskultur) machen solche organisatorischen Schritte notwendig. Auch Non-Profit-Organisationen sind dem Druck von Change-Management-Prozessen ausgesetzt. Typischerweise starten solche Veränderungsprozesse mit einer Potenzialanalyse, indem der Ist-Bestand erhoben und dann analysiert wird. Als Ergebnis der anschließenden Soll-Konzeption werden allgemeine und konkrete Handlungsempfehlungen fixiert, die eine optimierte Aufbau- und Ablauforganisation widerspiegeln. Hinsichtlich des Produktionsfaktors menschliche Arbeitskraft hat das zur Folge, dass aktuelle Stellenbeschreibungen und Stellenbewertungen anzufertigen sind.

Verwaltungsstrukturreform als Auslöser neuer Stellenbeschreibungen

Die NSI Consult Beratungs- und Servicegesellschaft mbH, eine 100 % Tochter des Niedersächsischen Studieninstitutes, erhielt den Auftrag, für die Arbeitsplätze in der Verwaltung einer evangelischen Landeskirche neue Stellenbeschreibungen zu erstellen und zu bewerten sowie für identische Aufgaben Musterbeschreibungen und -bewertungen zu erarbeiten. Eine Verwaltungsstrukturreform, die die Rahmenbedingungen, Strukturen und Arbeitsabläufe zum Gegenstand hatte, war Auslöser der Neubetrachtung.

Ablauf des Change-Management-Prozesses

Im Rahmen eines Change-Management-Prozesses waren im Bereich der Verwaltung über 100 Stellen neu zu bewerten. Daher wurde anstelle zeitaufwändiger Interviews mit den Beschäftigten in mehreren Workshops ein Führungskräftecoaching vorgenommen mit dem Ziel der eigenständigen Fertigung erster Rohentwürfe der Stellenbeschreibungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.


Hierzu waren zunächst die einzelnen Arbeitsschritte und Tätigkeiten der Stellen aufzulisten. Anschließend sollten sie so zusammengefasst werden, wie sie zu einem gemeinsamen Arbeitsergebnis – bewertungsrechtlich dem sogenannten Arbeitsvorgang, z. B. einem fertig bearbeiteten Antrag – führen. Relevant war hierbei, keine mit dem Arbeitsergebnis direkt zusammenhängenden einzelnen Tätigkeiten in der Stellenbeschreibung aufzuführen und bewertungsrechtlich nicht berücksichtigungsfähige vorübergehende Tätigkeiten wie Urlaubs- und Krankheitsvertretungen außer Acht zu lassen. Die meisten Arbeitsvorgänge konnten so von den Beschäftigten, die das Fachwissen zu den in den Beschreibungen aufgeführten Aufgaben haben, auch ohne eingruppierungsrechtliche Detailkenntnisse gebildet werden. Die Summe der Arbeitsvorgänge blieb bei den meisten Stellenbeschreibungen auch ohne entsprechende Vorgabe in einem Korridor zwischen 5 und 10 Arbeitsvorgängen.

Bildung von Arbeitsvorgängen

In diesem ersten Schritt der Bildung von Arbeitsvorgängen sollten bei der Erstellung der Entwürfe bewusst noch keine Zeitanteile geschätzt oder ermittelt werden.

Die Entwürfe aus der Ebene der Führungskräfte und Mitarbeiter wurden durch einen Projektverantwortlichen und eine eigens zu diesem Zweck eingerichtete Bewertungskommission, zu der auch die Mitarbeitervertretung sowie die Gleichstellungsbeauftragte und die Schwerbehindertenbeauftragte gehörten, abgestimmt und auf einen einheitlichen Standard gebracht. Damit konnte sichergestellt werden, dass jede Abteilung von gleichen Begriffsdefinitionen (z. B. Fachassistenz, Fachkraft) ausgeht. Durch Anwendung von Funktionsgruppen war z. B. die Fachkraft durchgängig dem Bewertungsbereich des gehobenen Dienstes zugeordnet, der eine Fachhochschulausbildung oder den erfolgreichen Abschluss der zweiten Angestelltenprüfung zur Voraussetzung hat. Dieses Verfahren hatte zugleich den Vorteil, dass gleiche Tätigkeiten innerhalb der Landeskirche auch identische Bezeichnungen erhalten.

Die Entwürfe wurden in mehreren Teilen nach der internen Abstimmung von der NSI Consult auf die eingruppierungsrechtlichen Notwendigkeiten überprüft. Notwendige Korrekturen wurden der Bewertungskommission zur Abstimmung vorgelegt und konnten bei weiteren Teilen bereits frühzeitig in die Entwürfe eingearbeitet werden.

Bestimmung der Zeitanteile

In einem zweiten Schritt wurden für die einzelnen Arbeitsvorgänge die Zeitanteile bestimmt. Dies geschah entweder durch eine qualifizierte Schätzung der Führungskräfte und der Mitarbeiter oder durch detaillierte Berechnungen, z. B. auf der Basis von Fall- oder Leistungszahlen. In einigen wenigen Fällen ergab sich durch die Bestimmung der Zeitanteile die Notwendigkeit, bereits gebildete Arbeitsvorgänge aufzuteilen. Durch einen sehr hohen Zeitanteil bei einem Arbeitsvorgang innerhalb der gesamten auszuübenden Tätigkeit stellte sich heraus, dass eine Aufteilung nach dem Schwierigkeitsgrad möglich und damit auch erforderlich war. In der überwiegenden Zahl der Fälle waren die gebildeten Arbeitsvorgänge und die Zeitanteile Grundlage für den nächsten Schritt der Bewertung.

Das Bewertungsverfahren war ähnlich wie das Verfahren bei den Stellenbeschreibungen so gestaltet, dass zwischen der Bewertungskommission und der NSI Consult intensiver Informationsaustausch erfolgte, der in die Bewertung einfließen konnte. Die sofortige Erstellung von ausführlichen, dadurch aber im Ergebnis eher festgeschriebenen abschließenden Gutachten war daher entbehrlich.

Stellenbewertung

Zunächst wurden von der NSI Consult die Stellen in mehreren Teilen überschlägig bewertet. Die Bewertungen wurden für die Beschäftigten wie beauftragt nicht nach dem speziellen Eingruppierungsrecht der Kirchen, sondern in Analogie nach dem Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) sowie dem Manteltarifvertrag für Arbeiterinnen und Arbeiter des Bundes und der Länder (MTArb) und den dazugehörigen Eingruppierungsmerkmalen für den Bereich des Bundes und der Länder vorgenommen und in die Entgeltgruppen des neuen Tarifvertrages des öffentlichen Dienstes für die Länder (TV-L) übergeleitet. Die Bewertung nach dem BAT sowie dem MTArb und nicht nach dem TV-L ist bis zum Inkrafttreten einer neuen Entgeltordnung des TV-L durch die Tarifverträge vorgeschrieben.

Die Bewertung der Beamtinnen und Beamten erfolgte auf Basis des Bewertungsgutachtens der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung (KGSt). Aufgrund des organisatorischen Gesamtaufbaus der Verwaltung dieser Landeskirche konnten die Stellen der Größenklasse 4 zugeordnet und mit einzelnen Musterdienstposten dieser Größenklasse verglichen werden.

Um eine einheitliche Bewertung innerhalb aller Stellen sicherzustellen, wurde durch die NSI Consult eine Datenbank für die Beschäftigten in den Bereichen Verwaltung und Ingenieure aufgebaut, aus der zum Zwecke der Bewertung ein Vergleich von Arbeitsvorgängen, den bewerteten Tätigkeitsmerkmalen und den summarischen Bewertungen möglich war. Außerdem war es auch möglich, einzelne Merkmale für sich genommen auszuwerten, um auch Detailvergleiche vornehmen zu können, ohne alle Bewertungen einzeln durchsehen zu müssen.

Die Bewertungsergebnisse wurden in tabellarischen Übersichten der Bewertungskommission zur internen Abstimmung vorgelegt. Damit konnte die Bewertungskommission einen Überblick über die Stellenbewertungen insgesamt, aber auch über die einzelnen Arbeitsvorgänge im Quervergleich erhalten. Außerdem wurde auch bei diesem Projektschritt die Einhaltung der hauseigenen Standards sichergestellt. Durch die NSI Consult wurden von der Bewertungskommission gemachte Änderungsvorschläge auf ihre Umsetzbarkeit geprüft und Detailfragen zur Bewertung beantwortet.

Einzelgutachten zu Stellenbewertungen

Nach Abschluss des Abstimmungsverfahrens zwischen allen Beteiligten wurden die ausführlichen Gutachten zu jeder einzelnen Stellenbewertung gefertigt. Aus Gründen der Bewertungs-Transparenz und der besseren Verständlichkeit für die einzelne Stelle wurde kein Gesamtgutachten mit umfangreichen Vorbemerkungen erstellt, sondern in sich abgeschlossene Einzelgutachten, die alle notwendigen Informationen einschließlich der zu prüfenden Tätigkeitsmerkmale enthalten.

Das hier in Abweichung zu einer sonst üblicherweise verwendeten Interviewmethode präferierte Verfahren konnte eine Effizienz bei der Einhaltung der zeitlichen Re-striktionen und der Anzahl an beschriebenen und bewerteten Planstellen erzeugen, die im Regelfall nicht erreichbar sein dürfte. In der qualitativen Wirkung der Stellenbewertungen sind keine Mängel erkennbar, da trotz des hohen Effizienzgrades bei der Erstellung der Einbezug aller beteiligten Stellen (Mitarbeitervertretung, Gleichstellung, Schwerbehindertenvertretung, Unternehmensleitung) gewährleistet war. Dieses Verfahren ist für Organisationseinheiten über 100 Mitglieder bei der Erstellung von Stellenbeschreibungen und -bewertungen sehr empfehlenswert.

Prof. Dr. Stefan Eisner

Prof. Dr. Stefan Eisner

Geschäftsführer, NSI Consult, Braunschweig
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