15.01.2012

Ausgezeichnet lebenswert

LivCom Award für Pfaffenhofen a. d. Ilm

Ausgezeichnet lebenswert

LivCom Award für Pfaffenhofen a. d. Ilm

Für vorbildliches Umweltmanagement ausgezeichnet: Die Stadt Pfaffenhofen a. d. Ilm. | © ferkelraggae - Fotolia
Für vorbildliches Umweltmanagement ausgezeichnet: Die Stadt Pfaffenhofen a. d. Ilm. | © ferkelraggae - Fotolia

Lebenswerteste Stadt der Welt – ganz offiziell darf sich Pfaffenhofen a. d. Ilm, oberbayerische Kreisstadt zwischen München und Ingolstadt, seit dem 31. 10. 2011 mit diesem imposanten Titel schmücken. Verliehen wird dieser „International Award for Liveable Communities (LivCom Award)” seit 1997 jährlich an Städte unterschiedlicher Größe, die sich in fünf Gruppen – von kleinen Gemeinden bis zu Millionenme-tropolen – bewerben.

Der LiveCom Award – Auszeichnung für Nachhaltigkeit Pfaffenhofen, das Mitte 2011 den 24.000. Bürger begrüßen konnte, trat in der Kategorie von Orten mit einer Einwohnerzahl zwischen 20.000 und 75.000 an. Ausgelobt wird der „LivCom Award” von einer gemeinnützigen Gesellschaft in England, die mit der Umweltorganisation der Vereinten Nationen (UNEP) zusammenarbeitet. Mit dem Preis würdigt die Organisation die Anstrengungen, die Bürger und Verwaltung unternehmen, um ihre Stadt vor allem unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit aufzuwerten. Relevant sind dabei die erzielten Verbesserungen in der Lebensqualität, nicht die vorgegebenen Rahmenbedingungen wie eine geografisch besonders reizvolle Lage der Stadt an einem See oder herausragende Sehenswürdigkeiten.

Kriterien der Jury sind die Einbindung der Einwohner in das kommunale Leben sowie das Verhältnis der Kommune zu Kunst, Kultur und Umwelt. Bewertet wird auch, wie gesund es sich in der Stadt leben lässt und wie gut deren Verwaltung funktioniert.


Initiative zur Teilnahme und Wettbewerbsumfeld

Für die im Hallertauer Hügelland gelegene Stadt boten die LivCom Awards eine gute Gelegenheit, die eigene Position aus der Außensicht überprüfen zu lassen.

Veranlasst durch einen Hinweis des deutschen Botschafters in Seoul, Dr. Hans-Ulrich Seidt, hatte sich Pfaffenhofen deshalb im Mai 2011 mit einer ausführlichen Imagebroschüre neben 90 Konkurrenten in Kategorie B beworben. Die Qualität dieser schriftlichen Bewerbung führte bei der Beurteilung durch die Fachjury schließlich dazu, dass die Kreisstadt in der Pfaffenhofener Gruppe neben 15 weiteren Städte für das Finale nominiert wurde.

So konnte sich Pfaffenhofen, vertreten durch ersten Bürgermeister Thomas Herker und den Leiter der städtischen Wirtschafts- und Servicegesellschaft Matthias Scholz, Ende Oktober 2011 als einziger deutscher Teilnehmer vor einer internationalen Jury aus Landschaftsplanern und Landschaftsarchitekten im südkoreanischen Seoul präsentieren. Konkurrenten waren u. a. Kladno, Jihlava und Chrudim aus der Tschechischen Republik, Utena aus Litauen, Mandurah und Greater Geraldton aus Australien sowie acht Städte aus Asien. Pfaffenhofen gelang es dabei nicht nur, gegen diese direkten Mitbewerber in der Kategorie der Städte mit 20.000 bis 75.000 Einwohner den ersten Platz zu belegen. Die Kreisstadt wurde darüber hinaus auch im Wettbewerb „Best Environmental Practice” (vorbildliches Umweltmanagement) unter allen 77 Finalteilnehmern, darunter so illustre Bewerberstädte wie Siena, Bordeaux, Bilbao, Ankara oder Nanjing, mit einem ersten Preis ausgezeichnet.

Umweltmanagement, Nachhaltigkeit, Bürgerbeteiligung

Eine Balance zwischen der Zugehörigkeit zur Metropolregion München und der Bewahrung ländlicher Idylle zeichnet Pfaffenhofen, den Hauptort der Hallertau, also des größten Hopfenanbaugebiets der Welt, seit jeher aus. Verkehrstechnisch günstig gelegen hat die wirtschaftliche Dynamik der beiden Zentren München und Ingolstadt auch Pfaffenhofen in den vergangenen Jahrzehnten kräftig wachsen lassen, doch ist darüber der Bezug zur Natur nie abgerissen. Die Stadt hat schon früh, 1986, einen Landschaftsplan aufgestellt, aus diesem 1996 einen Flächennutzungsplan abgeleitet und 2002 einen Gewässerentwicklungsplan aufgestellt. Aktuell sind sowohl ein umfassendes Klimaschutzkonzept wie ein integriertes Stadtentwicklungskonzept in Arbeit. Aufbauend auf bereits vorliegenden Untersuchungen etwa zur Verkehrssituation und zum Wirtschaftsstandort sollen damit städtebauliche Entwicklungslinien zukunftsweisend für mindestens zehn Jahre vorgegeben werden.

Der Bezug zur Natur bedingt auch, dass die Stadt es sich zum Ziel gesetzt hat, bei allen Planungen und Projekten ein sinnvolles Maß zu bewahren; bestes Beispiel dafür ist der historische Hauptplatz, der seit einer grundlegenden, auch durch die Städtebauförderung des Freistaates geförderten Neugestaltung 2009 wieder ein zentraler Raum ist, in dem die Bürger sich und ihre Stadt erleben können und der einerseits den Verkehrsbedürfnissen Rechnung trägt, sich daneben aber auch durch zusätzliche Aufenthaltsqualität auszeichnet. Gestaltungsvorschläge dafür kamen in großer Zahl aus der Bürgerschaft, und zwar über den Kanal des 2008 ins Leben gerufenen Aktionsprogramms „PAF und DU – Mitreden – Mitgestalten – Mitwissen”. Das Programm verbindet Stadtverwaltung und Bürger und erlaubt es sowohl der Kommune, die Bürger ausführlich über Planungen zu informieren, wie den Bürgern, Vorschläge zu öffentlichen Planungen einzubringen.

Auch in anderen Kriterien neben den vielfältigen Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung bei wichtigen kommunalen Entscheidungen konnte Pfaffenhofen offensichtlich punkten, sei es etwa durch eine lebendige Jugendarbeit und ein für kleinstädtische Verhältnisse hochkarätiges Kulturleben. Nicht von ungefähr wurde Pfaffenhofen im Mai 2011 vom Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit mit dem Gütesiegel „Nachhaltige Bürgerkommune Bayern” ausgezeichnet.

Ihren guten Ruf als Standort für Ökologie und Umwelttechnik verdankt die Stadt nicht zuletzt einem renommierten ortsansässigen Babynahrungshersteller, der seit Jahren als weltweit größter Verarbeiter von Nahrungsmitteln aus biologischer Erzeugung gelten kann. Ein ökologisches Vorzeigeobjekt Pfaffenhofens ist auch das von privaten Investoren errichtete Biomasse-Heizkraftwerk. Mit Inbetriebnahme der Anlage hat die Kreisstadt als erste deutsche Kommune bereits im Jahr 2001 die Klimaschutzziele des Kyoto-Protokolls (5,2 % C02-Einsparung bis zum Jahr 2012 im Vergleich zu 1990) erreicht und sogar weit übertroffen. Nahezu sämtliche Liegenschaften der Stadt und des Landkreises in Pfaffenhofen, von Verwaltungsgebäuden bis zu Schulen und Sportstätten, sind an das Fernwärmenetz angeschlossen, ebenso zahlreiche örtliche Betriebe. Durch die Verwendung von Holzhackschnitzeln zur Wärme- und Energieerzeugung können jährlich rund 24 Millionen Liter Heizöl eingespart und damit 55. 000 Tonnen Kohlendioxid vermieden werden. Das nachhaltige Siedlungskonzept ECO-Quartier Pfaffenhofen, das gerade im Osten der Stadt realisiert wird, ist ein weiterer Baustein, mit dem die Stadt ihre Vorreiterrolle als Zentrum für Ökologie und grüne Technologien untermauern will. Zu den Besonderheiten des ECO-Quartiers zählt, dass die Energie für Heizung, Warmwasser und Strom für die gesamte Wohnsiedlung und ein Kompetenzzentrum mit ökologisch orientierten Unternehmen vollständig aus regenerativen Quellen kommen soll.

Bereits jetzt laufen die Planungen für „Natur in der Stadt” – wenn Pfaffenhofen im Jahr 2017 Ausrichter der kleinen Landesgartenschau ist, werden noch mehr öffentlich nutzbare Grünflächen im Stadtgebiet geschaffen und die vorhandenen Grün- und Erholungsstrukturen erheblich aufgewertet. Auch die vom Wasserwirtschaftsamt unterstützte Renaturierung der durch Pfaffenhofen fließenden Ilm wird bis dahin abgeschlossen sein.

Fazit und Ausblick

Insofern dürfte bei der Auszeichnung in Seoul nicht nur das bereits Erreichte eine Rolle gespielt haben, sondern auch die zukunftsgerichtete strategische Planung Pfaffenhofens, den Lebenswert für seine Einwohner weiterhin und langfristig zu erhöhen. Und deshalb kann Pfaffenhofen a. d. Ilm auch über 2012, wenn die LivCom Awards wieder neu verliehen werden, mit gutem Recht weiterhin als eine der lebenswertesten Städte der Welt firmieren, ähnlich dem Beispiel von Münster, der westfälischen Metropole, die 2004 als erste deutsche Stadt bei den LivCom Awards mit einem ersten Preis ausgezeichnet wurde und die seither mit dem prestigeträchtigen Pfund dieser Auszeichnung erfolgreich zu wuchern weiß.

 

Thomas Herker

1. Bürgermeister, Pfaffenhofen
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