12.07.2023

Gewerbesteuer: Verhältnis der Arbeitslöhne als Regelzerlegungsmaßstab

Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf

Gewerbesteuer: Verhältnis der Arbeitslöhne als Regelzerlegungsmaßstab

Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf

Wann ist eine Zerlegung der Gewerbssteuer auf die beteiligten Gemeinden unter Berücksichtigung erwachsener Gemeindelasten vorzunehmen? | © peterschreiber.media - stock.adobe.com
Wann ist eine Zerlegung der Gewerbssteuer auf die beteiligten Gemeinden unter Berücksichtigung erwachsener Gemeindelasten vorzunehmen? | © peterschreiber.media - stock.adobe.com

Streitig war die Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags und die Anordnung der Teilnahme eines Gemeindebediensteten an einer Außenprüfung sowie zur Änderung nach § 173 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO).

R betreibt eine Rohrleitung zum Transport von Gütern. Die Geschäftsleitung und die Verwaltung der R befanden sich zunächst in der Stadt F, im Streitjahr dann in A-Stadt. Dort beschäftigte R neben dem Geschäftsführer weitere Mitarbeiter, die teilweise auch Rohrfernleitungsanlagen dritter Unternehmen betreuten. In weiteren Städten befanden sich Absperrarmaturen respektive Stationen zur Einspeicherung und Abgabe der Güter. Zwischen R, der Stadt F und den weiteren Städten bestand eine gemeinsame Vereinbarung aus dem Jahr 1992, nach welcher der Gewerbesteuermessbetrag zwischen ihnen quotal zerlegt werden sollte.

In der Erklärung zur Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags für das Streitjahr nahm R die Zerlegung auf der Grundlage dieser Vereinbarung vor, führte wegen der Sitzverlegung allerdings anstelle der Stadt F nunmehr die Stadt A an.


Mit darauffolgendem Bescheid, der keinen Vorbehalt der Nachprüfung enthielt, zerlegte das Finanzamt den Gewerbesteuermessbetrag entsprechend der von R eingereichten Erklärung. Im Rahmen einer nachfolgenden Betriebsprüfung erkannte das beklagte Finanzamt, dass die Stadt A der oben genannten Vereinbarung nie zugestimmt hatte und auch nicht als Rechtsnachfolgerin der Stadt F angesehen werden konnte. Dies ist zwischen den Parteien unstrittig.

Daraufhin erließ das Finanzamt einen Änderungsbescheid, den es auf § 129 in Verbindung mit § 164 Abs. 2 AO stützte. In diesem Änderungsbescheid rechnete das Finanzamt der Stadt A 100% des Gewerbesteuermessbetrags zu. R dagegen war der Ansicht, dass die Verwaltungszentrale in A-Stadt und die Rohrleitungen in den übrigen Städten als einheitliche, mehrgemeindliche Betriebsstätte anzusehen sei. Also sei eine Zerlegung auf die beteiligten Gemeinden unter Berücksichtigung erwachsener Gemeindelasten vorzunehmen.

Entscheidend ist, wo Arbeitslöhne bezahlt werden

Der Stadt A steht der gesamte Steuermessbetrag zu, da sich dort die einzige Betriebsstätte befunden hat, in der Arbeitslöhne gezahlt worden sind.[1] Mangels räumlicher Verbindung zur Rohrleitung handele es sich gerade nicht um eine einheitliche, mehrgemeindliche Betriebsstätte. Die Rechtsprechung zu Elektrizitätsunternehmen, nach welcher eine fehlende räumliche Verbindung zum Leitungsnetz kompensiert werden könnte, ist nach Ansicht des erstinstanzlichen Finanzgerichts nicht auf den Streitfall übertragbar. Darüber hinaus würde die fehlende räumliche Verbindung im Streitfall auch tatsächlich nicht durch eine besonders enge wirtschaftliche, technische und organisatorische Verbindung aufgewogen, da die in der Betriebsstätte in A-Stadt tätigen Mitarbeiter zu einem wesentlichen Teil von dem Betrieb der Rohrleitung unabhängige Dienstleistungen gegenüber Drittunternehmen erbracht hätten.

Fehlende Zustimmung als nachträglich bekannt gewordene

Die Tatsache, dass das Finanzamt den Bescheid nicht unter den Vorbehalt der Nachprüfung stellte, stellte kein mechanisches Versehen des zuständigen Sachbearbeiters dar und war damit auch keine offenbare Unrichtigkeit. Der Umstand, dass die Stadt A der Vereinbarung aus dem Jahr 1992 nie zugestimmt hatte und das Finanzamt davon erstmals im Rahmen der Betriebsprüfung erfuhr, wertete das erstinstanzliche Finanzgericht als nachträglich bekannt gewordene Tatsache. Dabei komme es, so die Meinung der Richter, bei sinngemäßer Anwendung des § 173 AO auf Zerlegungsfälle nicht auf Fragen des Verschuldens an.

Anwesenheit eines Gemeindebediensteten darf angeordnet werden

Nach Ansicht der erstinstanzlichen Finanzrichter war das Finanzamt auch berechtigt, im Rahmen der Anordnung der Außenprüfung die Teilnahme eines Gemeindebediensteten an der Außenprüfung anzuordnen.

Fazit

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Die zugelassene Revision ist anhängig.[2]

 

Entnommen aus dem RdW-Kurzreport 16/2022, S. 746.

[1] FG Düsseldorf, Urteil vom 19.06.2020 – 3 K 2050/17 G; nicht rechtskräftig.

[2] Anhängig beim BFH unter Az.: IV R 22/21.

 
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