18.09.2023

Erteilung einer deutschen Fahrerlaubnis auf der Grundlage einer ausländischen Fahrerlaubnis nach § 31 FeV

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

Erteilung einer deutschen Fahrerlaubnis auf der Grundlage einer ausländischen Fahrerlaubnis nach § 31 FeV

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

Ein Beitrag aus »Neues Polizeiarchiv« | © emmi - Fotolia / RBV
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Ein im ehemaligen Jugoslawien geborener Führerscheininhaber mit Erstwohnsitz in Deutschland beantragte die Umschreibung seiner Fahrerlaubnis in einen deutschen Führerschein. Das Verwaltungsgericht wies den Antrag ab, woraufhin der Betroffene Untätigkeitsklage erhob.

Sachverhalt

Der im ehemaligen Jugoslawien geborene Kläger erhielt in den Jahren 2003/2004 in Serbien einen von der Fahrerlaubnisbehörde des damaligen Staatenbundes Serbien und Montenegro ausgestellten Führerschein, der bis zum 01.04.2013 gültig war; als Erteilungszeitpunkt war für die Fahrerlaubnis der Klassen B und C der 29.03.2003 und für die Klasse E der 02.02.2004 eingetragen. Seit Oktober 2006 ist der Kläger durchgehend mit Erstwohnsitz in München gemeldet. Im September 2017 beantragte er bei der Beklagten seinen am 10.08.2011 in Serbien ausgestellten Führerschein der Klassen C, C1, CE und C1E in einen deutschen Führerschein für die entsprechenden Klassen umzuschreiben.

Die Beklagte beschied diesen Antrag nicht, wies den Kläger aber darauf hin, dass eine Umschreibung nicht möglich sei, da er zum Zeitpunkt der Verlängerung seiner Fahrerlaubnis am 10.08.2011 in Serbien seinen ordentlichen Wohnsitz in Deutschland gehabt habe. Die vom Kläger erhobene (Untätigkeits-)Klage hat das Verwaltungsgericht abgewiesen.


Die hiergegen eingelegte Berufung hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof zurückgewiesen. Die Revision des Klägers bleibt ebenfalls erfolglos.

FeV – § 29 Abs. 1, 3 Satz 1 Nr. 2, § 31 Abs. 1 bis 3, Anl. 11

StVG – § 2 Abs. 2

Hatte der Inhaber einer befristeten ausländischen Fahrerlaubnis im Zeitpunkt ihrer Verlängerung durch die ausländische Behörde seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland, ist er nach § 29 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FeV nicht berechtigt, im Umfang seiner ausländischen Berechtigung im Inland Kraftfahrzeuge zu führen. Auf der Grundlage einer solchen Fahrerlaubnis kann er auch nicht die Erteilung einer deutschen Fahrerlaubnis unter den erleichterten Bedingungen des § 31 FeV verlangen.

Bundesverwaltungsgericht, Urt. v. 22.09.2022 – BVerwG 3 C 10.21

Aus den Gründen

Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Erteilung einer deutschen Fahrerlaubnis unter erleichterten Bedingungen („Umschreibung“) auf der Grundlage von § 31 Abs. 1 FeV (Hauptantrag) oder § 31 Abs. 2 FeV (Hilfsantrag 1) und auch nicht auf Bescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (Hilfsantrag 2).

a) Für die erleichterte Erteilung einer Fahrerlaubnis unter Anwendung von § 31 Abs. 1 oder 2 FeV sowie die Verpflichtung zur Bescheidung eines solchen Begehrens gilt nichts Anderes als sonst auch für die Erteilung einer Fahrerlaubnis. Anzuwenden sind hier daher das Straßenverkehrsgesetz (StVG) und die Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnis- Verordnung – FeV).

Die erleichterte Erteilung einer deutschen Fahrerlaubnis der Klassen C1, C1E, C und CE auf der Grundlage von § 31 Abs. 1 FeV, weil ihn die am 10.08.2011 durch die serbische Fahrerlaubnisbehörde in Tutin verlängerte Fahrerlaubnis zu keinem Zeitpunkt zum Führen von Kraftfahrzeugen in der Bundesrepublik Deutschland berechtigt habe, steht im Einklang mit Bundesrecht.

Der in den Anträgen des Klägers verwendete Begriff der „Umschreibung“ findet sich weder im Straßenverkehrsgesetz noch in der FeV. Der Sache nach begehrt der Kläger mit der „Umschreibung“ die Erteilung einer deutschen Fahrerlaubnis auf der Grundlage seiner ausländischen Fahrerlaubnis nach Maßgabe von § 31 FeV und damit gegenüber einer „normalen“ (Neu-)Erteilung unter erleichterten Bedingungen. Es geht bei einer „Umschreibung“ materiellrechtlich also nicht lediglich um die Ausstellung eines neuen – deutschen – Führerscheindokuments für eine ausländische Fahrerlaubnis, sondern – wie namentlich § 31 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Satz 2 FeV zu entnehmen ist – um die Erteilung einer neuen, deutschen Fahrerlaubnis und damit verbunden die Ausstellung eines entsprechenden deutschen Nachweisdokuments.

Die Rechtsgrundlage für die vom Kläger begehrte erleichterte Erteilung einer deutschen Fahrerlaubnis ergibt sich nicht allein aus § 31 FeV, sondern erst aus § 2 Abs. 2 StVG i. V. m. § 31 FeV.

Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 StVG ist die Fahrerlaubnis für die jeweilige Klasse zu erteilen, wenn der Bewerber die dort aufgeführten Voraussetzungen erfüllt. Diese Voraussetzungen haben eine nähere Ausgestaltung in den §§ 7 ff. FeV gefunden. Der vom Kläger in Anspruch genommene § 31 FeV bestimmt, ob und welche dieser Voraussetzungen vom Antragsteller bei Besitz einer ausländischen Fahrerlaubnis nicht nachgewiesen werden müssen; die Regelung erleichtert dem Inhaber einer ausländischen Fahrerlaubnis damit den Erwerb einer entsprechenden deutschen Fahrerlaubnis.

b) Beantragt der Inhaber einer Fahrerlaubnis, die in einem in Anlage 11 aufgeführten Staat und in einer in Anlage 11 aufgeführten Klasse erteilt worden ist und die zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland berechtigt oder berechtigt hat, die Erteilung einer Fahrerlaubnis für die entsprechende Klasse von Kraftfahrzeugen, sind gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 FeV folgende Vorschriften nicht anzuwenden:

  1. § 11 Abs. 9 über die ärztliche Untersuchung und § 12 Abs. 6 über die Untersuchung des Sehvermögens, es sei denn, dass in entsprechender Anwendung der Regelungen in den §§ 23 und 24 eine Untersuchung erforderlich ist,
  2. § 12 Abs. 2 über den Sehtest,
  3. § 15 über die Befähigungsprüfung nach Maßgabe der Anlage 11,
  4. § 19 über die Schulung in Erster Hilfe und
  5. die Vorschriften über die Ausbildung. Nach § 31 Abs. 3 FeV hat der Antragsteller den Besitz der ausländischen Fahrerlaubnis durch den nationalen Führerschein nachzuweisen (Satz 1).

Außerdem hat er seinem Antrag auf Erteilung einer inländischen Fahrerlaubnis eine Erklärung des Inhalts beizugeben, dass seine ausländische Fahrerlaubnis noch gültig ist (Satz 2). Die Fahrerlaubnisbehörde ist berechtigt, die Richtigkeit der Erklärung zu überprüfen (Satz 3).

c) Ob, wie gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 FeV erforderlich, die zur „Umschreibung“ vorgelegte Fahrerlaubnis den Inhaber zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland, also in der Bundesrepublik Deutschland, berechtigt oder einem Mitgliedstaat der Europäischen Union (EU) oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) erteilt wurden, ist § 29 FeV zu entnehmen. Gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 FeV dürfen Inhaber einer ausländischen Fahrerlaubnis im Umfang ihrer Berechtigung im Inland Kraftfahrzeuge führen, wenn sie hier keinen ordentlichen Wohnsitz nach § 7 FeV haben.

Begründet der Inhaber einer in einem anderen Staat erteilten Fahrerlaubnis einen ordentlichen Wohnsitz im Inland, besteht die Berechtigung noch sechs Monate (§ 29 Abs. 1 Satz 4 FeV). Nach § 29 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FeV gilt die Berechtigung nach Absatz 1 jedoch nicht für Inhaber ausländischer Fahrerlaubnisse, die zum Zeitpunkt der Erteilung der ausländischen Erlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen eines Staates, der nicht Mitgliedstaat der EU oder ein anderer Vertragsstaat des Abkommens über den EWR ist, ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hatten.

Ohne Bundesrechtsverstoß nimmt das Berufungsgericht an, dass die zur „Umschreibung“ vorgelegte Fahrerlaubnis dem Kläger von Anfang an keine Fahrberechtigung in Deutschland vermittelt hat. Hatte der Inhaber einer befristeten ausländischen Fahrerlaubnis im Zeitpunkt ihrer Verlängerung durch die ausländische Behörde seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland, ist er nach § 29 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FeV nicht berechtigt, im Umfang seiner ausländischen Berechtigung im Inland Kraftfahrzeuge zu führen. Auf der Grundlage einer solchen Fahrerlaubnis kann er auch nicht die Erteilung einer deutschen Fahrerlaubnis unter den erleichterten Bedingungen des § 31 FeV verlangen.

[…]

Den vollständigen Beitrag lesen Sie im Neuen Polizeiarchiv 6/2023, Lz. 979.

 

Claudia Tiller

Regierungsdirektorin, Erfurt
n/a