02.07.2018

Die Demografiewerkstatt Kommunen (DWK)

Werkzeuge für Handlungsfelder des demografischen Wandels

Die Demografiewerkstatt Kommunen (DWK)

Werkzeuge für Handlungsfelder des demografischen Wandels

Ein großer Teil der zuletzt nach Deutschland geflüchteten Menschen wird in Deutschland längerfristig bleiben.      |    (Foto: Veit Mette / © kompetenzz.)
Ein großer Teil der zuletzt nach Deutschland geflüchteten Menschen wird in Deutschland längerfristig bleiben. | (Foto: Veit Mette / © kompetenzz.)

In dem ersten Beitrag dieser Serie zur Demografiewerkstatt Kommunen (DWK) wurden das Projekt und seine Rahmendaten vorgestellt (Ausgabe 2018-01), während in der zweiten Folge beschrieben wurde, welchen Ansatz Kommunen wählen und welche Erfahrungen sie machen, wenn sie das Thema Demografischer Wandel systematisch angehen (Ausgabe 2018-04). Die beschriebenen Erfahrungen gründen auf Einzelprojekten und Maßnahmen, die Instrumente beinhalten oder darstellen, die entweder in Anlehnung an bestehende Methoden an die Handlungsfelder des demografischen Wandels bzw. die jeweilige Situation vor Ort angepasst oder auch ganz neu entwickelt wurden.

Hintergrund und Bedeutung der Werkzeuge
Die oben genannten Instrumente werden im Rahmen des Projekts Demografiewerkstatt Kommunen als „Werkzeuge“ entwickelt und kommen in den sogenannten Werkzeugkoffer. Es ist ein Ziel des Projekts, möglichst viele dieser Werkzeuge zu identifizieren und sie den Kommunen der DWK, aber auch allen anderen Kommunen zur Verfügung zu stellen. Dieser Werkzeugkoffer stellt damit ein wichtiges Element für die Übertragung von Erfahrungen und Methoden im Bereich der demografischen Entwicklung dar.
Um diese Werkzeuge besser zugänglich und anwendbar zu machen, werden sie von der wissenschaftlichen Begleitung des Projekts DWK systematisch aufbereitet und geordnet. Das heißt, die Werkzeuge werden Handlungsfeldern zugeordnet, sie werden verschlagwortet, aber auch hinsichtlich ihrer Eignung eingeschätzt und ggf. mit anderen Werkzeugen in einen Zusammenhang gesetzt. Die Beraterinnen und Berater, die die Kommunen vor Ort in ihrer Arbeit unterstützen (vgl. Ausgabe 2018-01) sind neben der wissenschaftlichen Begleitung wichtige Partner in der Ausgestaltung von bestehenden und der Entwicklung von neuen Instrumenten. Zum einen bringen sie ihre Methodenexpertise in die Bearbeitung von Themen in den einzelnen Handlungsfeldern der Kommunen ein, zum andern sind sie in der Lage neu entwickelte Instrumente als Moderatorinnen und Moderatoren zu testen und Erfahrungen vor dem Hintergrund ihrer Kompetenzen zu dokumentieren. Sie schreiben in vielen Fällen die Blaupause für die Werkzeuge, die dann von der wissenschaftlichen Begleitung für den Werkzeugkoffer aufbereitet wird.
Die Werkzeuge werden nicht – wie in vielen anderen Projekten – erst am Ende des Projekts als Summa verfügbar gemacht, sondern stehen unmittelbar nach Beendigung eines Beratungsprozesses oder der Anwendung des Werkzeugs auf der Homepage der DWK (https://www.demografiewerkstatt-kommunen.de/Werkzeugkoffer) zur Verfügung. So sind sie sofort für interessierte Kommunen anwendbar; sollten Fragen zu den Werkzeugen bestehen, können die betreffenden Personen auch kontaktiert werden.

Das Projektdesign als erstes Werkzeug
Wie bereits in Ausgabe 2018-01 berichtet, folgt das Projekt DWK einem stringenten Aufbau. Für Kommunen, die noch nicht genau wissen, wie sie das facettenreiche Querschnittsthema Demografischer Wandel insgesamt strukturieren sollen, bietet das viele Vorteile. Vor diesem Hintergrund hat sich auch der Landkreis Havelland dem Projekt als weiteres Mitglied angeschlossen: Die Finanzierung der Beratung durch das Bundesfamilienministerium war nicht entscheidend, vielmehr wollte man lernen, wie man das Thema „Demografischer Wandel“ in der Kommune strukturiert angehen kann. Im Rahmen der DWK wird hier zunächst ein Kommunalprofil erstellt, damit alle relevanten Zahlen und Einschätzungen aus unterschiedlichen Handlungsfeldern (und bei verschiedenen Akteuren erhoben) auf dem Tisch liegen und allen Entscheiderinnen und Entscheidern bekannt sind – und damit eine gemeinsame Ausgangsbasis bilden. Damit ist das Kommunalprofil ein erstes Werkzeug. Der Projekt-Kick-Off wäre hier auch zu nennen, allerdings soll dieser hier nicht im Detail beschrieben werden, da er anderen Kick-Off-Veranstaltungen ähnelt und auch in der DWK mit Blick auf die Teilnehmenden und das Setting immer wieder angepasst wird. Auch die einzelnen, sehr unterschiedlichen Zukunftswerkstätten, sollen hier nur kurz Erwähnung finden, da sie in der einen oder anderen Variante unter unterschiedlichen Überschriften in vielen Kommunen zu vielen Themen durchgeführt werden. Interessant als Werkzeug ist der Werkstattplan, der auf der Grundlage des Kommunalprofils erstellt wird und eine für die Laufzeit des Projekts geplante Maßnahmenübersicht darstellt. Auf Konferenzen wird nach der Präsentation des Projekts gerade auch dieser Werkstattplan häufig nachgefragt, da er in einem Prozess, an dem Akteurinnen und Akteure aus unterschiedlichen Bereichen beteiligt sind, Zeiten, Verantwortliche und Kooperationen klar benennt.
Nicht zuletzt wird die Halbzeitbilanz, die sich im Rahmen des Projektdesigns neu entwickelt hat, ein Werkzeug darstellen, das eine Neuausrichtung oder Anpassung im Projekt und in den Prozessen vor Ort ermöglicht. Gleichzeitig soll diese Halbzeitbilanz helfen, die Erfolgsfaktoren für das bisher Erreichte zu identifizieren und diese ggf. neu auszurichten. Auch diese Halbzeitbilanz richtet sich in ihrem Design nach den individuellen Ansätzen vor Ort und wird nach ihrer Durchführung 2018 auf ihre Unterschiedlichkeit und ihre Wirksamkeit hin analysiert.


Typische Werkzeuge der DWK
Die Werkzeuge der DWK beziehen sich auf die unterschiedlichen Handlungsfelder der teilnehmenden Kommunen. Nachfolgend sollen einige Beispiele dargestellt werden, die sowohl die Bandbreite der Handlungsfelder als auch die Herangehensweise im Projekt darstellen. So ist zum Beispiel im Emsland das Thema Wohnen für Seniorinnen und Senioren von großer Bedeutung, da barrierefreie Wohnungen im Landkreis nicht in ausreichender Zahl zur Verfügung stehen. In diesem Zusammenhang wurde ein Leitfaden entwickelt, der die Gestaltung und Einrichtung von barrierefreiem Wohnraum zum Thema hat. Auf dieser Grundlage entstanden im Landkreis auch kommunale Wohnungen, die entsprechend ausgestattet sind.
In den vergangenen Ausgaben wurde bereits berichtet, dass in den teilnehmenden Kommunen der DWK die Jugend ein wichtiger Gestaltungsfaktor ist: Wenn wir wissen, wo und wie junge Menschen leben wollen, wissen wir auch worauf wir unser kommunales Leben ausrichten müssen, um in Zukunft attraktiv für Bewohnerinnen und Bewohner zu sein. Lange Zeit wurde der demografische Wandel mit der Gestaltung der Lebensbedingungen von Seniorinnen und Senioren gleichgesetzt. In den letzten Jahren fand jedoch ein Paradigmenwechsel statt. Um den demografischen Wandel wirklich nachhaltig zu gestalten, bedarf es eines inter- sowie intragenerationalen Vorgehens. Dazu gehört auch, dass junge Menschen bedarfsgerechte Lebensverhältnisse vorfinden. Vor diesem Hintergrund ist Jugendbeteiligung nicht „nice to have“, sondern unabdingbare Grundlage einer realistischen Planung. Hierbei ist es jedoch wichtig, die Jugendlichen nicht nur als Expertinnen und Experten ihrer eigenen Umwelt wahr und ernst zu nehmen, sondern auch als Gestalterinnen und Gestalter dieser Umwelt. Zu eruieren, welche Fragen und Themen die Jugendlichen beschäftigen, kann ein erster und aktivierender Baustein kommunaler Jugendbeteiligung sein.
In diesem Zusammenhang ist die methodisch-konzeptionelle Dokumentation eines Jugendbeteiligungsprozesses entstanden, der im Rahmen der „Demografiewerkstatt Kommunen“ in der Stadt Adorf durchgeführt wurde. Auch daraus entstand ein Werkzeug, das für alle Kommunen interessant sein kann, die Jugendliche aktivieren wollen, um Planungssicherheit im demografischen Wandel zu gewinnen.
Eingangs wurde erklärt, dass nicht alle Werkzeuge der DWK neu erfunden werden müssen. Im Landkreis Düren hat man sich bereits vor Projektstart mit potenziell hilfreichen Instrumenten auseinandergesetzt und diese zusammengestellt. Gerne übernimmt die DWK diese Anregung und begleitet und verfolgt die individuelle Umsetzung von Maßnahmen.
Entlang der fünf Handlungsfelder „Fachkräfte fördern, halten & gewinnen“, „Bildung ermöglichen & stärken“, „gesellschaftliche Teilhabe bewirken & festigen“, „Mobilität & (Nah-)Versorgung gewährleisten“ und „Leben & Wohnen gestalten“ wurden unterschiedliche Methoden, Projekte, Werkzeuge und Best Practices gesichtet und beschrieben. Der Werkzeugkatalog bietet damit allen, die an der Umsetzung konkreter Projekte interessiert sind, wertvolle Anregungen und Informationen. Damit ist er nicht nur von großem Wert für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kommunaler Verwaltungen. Für den Landkreis Düren bedeutet dies eine Unterstützung der in ihm organisierten Städte und Gemeinden, aber er ist auch Quelle der Inspiration für andere Kommunen.
Es zeigt sich, dass der Werkzeugkoffer der DWK sich mit Werkzeugen für ganz unterschiedliche Bereiche füllt. Zum einen geht es um die Aktivierung der Bevölkerung, aber auch um Vernetzungsmethoden durch Dialoge und Bürgerwerkstätten. Darüber hinaus werden konkrete Themen durch Werkzeuge unterstützt: So ist auch ein Leitfaden zur Umsetzung barrierefreien Wohnens Teil des Werkzeugkoffers. Die Instrumente finden sich auf der Homepage der DWK und werden laufend ergänzt. Im nächsten Beitrag werden Aspekte der wissenschaftlichen Begleitung der Demografiewerkstatt Kommunen beleuchtet.

 

Prof. Dr. Martina Wegner

Hochschule für angewandte Wissenschaften München, strategische Projektbetreuung der „Demografiewerkstatt Kommunen“
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