09.07.2018

Die Reform der Grundsteuer

Verfassungsfeste Erhebung der Grundsteuer durch Grundsteuererklärung der Grundbesitzer

Die Reform der Grundsteuer

Verfassungsfeste Erhebung der Grundsteuer durch Grundsteuererklärung der Grundbesitzer

In der „Grundsteuererklärung“ teilt der Grundbesitzer die Daten für die Umsetzung des neuen Bewertungsverfahrens mit.      |    © Eisenhans - stock.adobe.com
In der „Grundsteuererklärung“ teilt der Grundbesitzer die Daten für die Umsetzung des neuen Bewertungsverfahrens mit. | © Eisenhans - stock.adobe.com

Das BVerfG hat am 10.04.2018 die derzeitige Erhebung der Grundsteuer für verfassungswidrig erklärt und eine Frist zur Neuregelung bis 31.12.2019 gesetzt. Sobald der Gesetzgeber diese Neuregelung erlassen hat, sollen die beanstandeten Bewertungsregeln maximal noch für weitere fünf Jahre fortgelten, aber nicht länger als bis zum 31.12.2024. Nach Regierungsangaben benötigt allerdings eine verfassungsfeste Reform 6–10 Jahre Vorlauf. Deshalb besteht das große Risiko, dass die vom Bundesverfassungsgericht gesetzten Fristen nicht eingehalten werden können.

Es gibt jedoch eine naheliegende Alternative, die ausreichend schnell umgesetzt werden könnte, nämlich eine Grundsteuererklärung durch Selbsterklärung des jeweiligen Grundsteuerpflichtigen, in der nur Angaben zu Grundstücksgröße und Bodenrichtwert sowie zu Nutzfläche und Baujahr des Gebäudes erforderlich sind. Auf der Basis der vom Grundsteuerpflichtigen gemachten Angaben könnte sehr verwaltungsarm ein Grundsteuerbescheid erstellt werden, im Regelfall halbautomatisch wie derzeit schon bei der Einkommensteuererklärung üblich.

Erhebung der Grundsteuer ist verfassungswidrig

Am 10.04.2018 verkündete das BVerfG sein Urteil (– 1 BvL 11/14 – Rn. (1-181)). Es entschied, dass die Einheitsbewertung für die Bemessung der Grundsteuer verfassungswidrig ist. Entgegen der Auffassung der Bundesregierung könnten die Wertverzerrungen nicht durch Nachfeststellungen oder Wertfortschreibungen und auch nicht durch Anpassungen der Grundsteuerhöhe über die Hebesätze verfassungsrechtlich kompensiert werden.


Zwar wurde die Grundsteuer nicht rückwirkend für verfassungswidrig erklärt, das geltende Recht darf sogar noch bis Ende 2019 angewendet werden. Beschließt der Gesetzgeber bis zu diesem Datum aber kein verfassungskonformes Gesetz zur Grundsteuererhebung, so darf die Grundsteuer laut BVerfG nicht mehr erhoben werden. Für die verwaltungstechnische Umsetzung der neuen gesetzlichen Regelungen hat das BVerfG maximal weitere fünf Jahre ab der Verkündung, längstens aber bis zum 31.12.2024 eingeräumt.

Im schlimmsten Fall droht also aus Sicht der Kommunen als Folge des Urteils des BVerfG eine Aussetzung der Grundsteuer und damit ein Einnahmeausfall für die Kommunen von jährlich rund 14 Mrd. Euro, wenn nicht umgehend ein schnell umsetzbares Reformmodell beschlossen wird.

Regierungsvorschlag benötigt 6 bis 10 Jahre Vorlauf

Während der Verhandlung haben das Bundesfinanzministerium und verschiedene Länderfinanzministerien darauf hingewiesen, dass eine an den Verkehrswerten orientierte Erhebung der Grundsteuer, z. B. entsprechend dem Gesetzentwurf des Bundesrates vom 21.12.2016 („Kostenwertmodell“), einen enormen Verwaltungsaufwand bei den Finanzverwaltungen verursachen und in jedem Fall mindestens 6, wahrscheinlich eher 10 Jahre Vorlauf benötigen würde. Für eine Neubewertung in Anlehnung an die Verkehrswerte seien folgende Maßnahmen erforderlich:

  • Aufbau eines bundesweit einheitlichen Programms zur Grundstücksbewertung. Dieses ist in Vorbereitung.
  • Anpassung dieses Programms an die jeweils bundeslandspezifische IT. Dies wird nach den Erfahrungen mit anderen Anpassungen im Steuerbereich sehr zeitaufwändig sein.
  • Aufbau von einheitlich strukturierten Datenbanken zur grundstücksgenauen Grundstücksbewertung. Diese befinden sich derzeit in Entwicklung.
  • Grundstücksgenaue Verknüpfung der vorhandenen bundeslandspezifisch strukturierten Kataster-Datenbanken und der teilweise gemeindespezifisch strukturierten Grundsteuer-Datenbanken mit der unter (c) noch zu erstellenden Datenbank unter Nutzung der in (a) und (b) noch zu erstellenden Programme.

Verfassungsgemäße Erhebung der Grundsteuer mittels Grundsteuererklärung

Wie gezeigt, benötigt der aktuelle Regierungsvorschlag nach eigener Einschätzung der Modellbefürworter zur Umsetzung einer verfassungsfesten Grundsteuer einen Vorlauf von 6 bis 10 Jahren. Es besteht damit das große Risiko, dass selbst bei einer deutlichen Beschleunigung der Arbeiten die vom BVerfG eingeräumte Frist zur Neuregelung nicht eingehalten werden kann. Es gibt aber eine naheliegende Alternative, nämlich eine Erhebung der neuen Grundsteuer durch eine Grundsteuererklärung der jeweiligen Grundsteuerpflichtigen, ganz ähnlich wie seit Langem z. B. bei der Einkommensteuererklärung üblich (siehe hierzu auch BROER/JARASS, Betriebsberater 17/2018, S. 919-923). Die Veranlagung könnte wie bisher von den Finanzämtern durchgeführt werden.

Dieses Modell zur kurzfristigen Umsetzung des Gesetzentwurfs des Bundesrates vom 21.12.2016 könnte wie folgt aussehen:

(1) Die Finanzverwaltung schreibt die Grundsteuerpflichtigen an und bittet um elektronische Übersendung der für die Umsetzung des neuen Bewertungsverfahrens erforderlichen Daten, siehe den folgenden Punkt(2). All diese Daten kann der Grundsteuerpflichtige in Erfahrung bringen:

  • Der Grundsteuerbescheid enthält das Einheitswert-Aktenzeichen. Der Einheitswertbescheid enthält: Flur, Flurnummer, Flurstück, bei unbebauten Grundstücken auch die Grundstücksgröße, bei bebauten Grundstücken Angaben zur Bauausführung und zur Baujahrsklasse (z. B. Nachkriegsbau).
  • Das amtliche Grundstückskataster enthält die Grundstückgröße.
  • Der jeweilige Bodenwert kann aus der lokalen Bodenrichtwert-Sammlung entnommen werden.
  • Die Baugenehmigung enthält das Baujahr des Hauses, die Bruttowohnfläche sowie die Nutzfläche (kann ggf. auch durch Nachmessen ermittelt werden).

(2) All diese Daten und ggf. weitere für die Bewertung erforderlichen Daten trägt der Grundsteuerpflichtige in eine elektronische Datei ein (ggf. auch mit Unterstützung eines Steuerberaters). Aus Sicht der Steuerverwaltung naheliegend ist eine Nutzung von ELSTER durch einen neu zu bauenden Reiter „Grundsteuererklärung“.

(3) Auf der Basis der vom Grundsteuerpflichtigen gemachten Angaben kann mit sehr wenig Verwaltungsaufwand ein Grundsteuerbescheid erstellt werden – im Regelfall halbautomatisch wie derzeit schon bei der Einkommensteuererklärung. Eine Überprüfung erfolgt stichprobenartig, wie derzeit auch bei der Einkommensteuer.

(4) Entscheidender Vorteil: Eine Grundsteuererhebung mittels Grundsteuererklärung kann kurzfristig, z. B. ab 01.01.2021, umgesetzt werden. Falls es in Einzelfällen anfangs Probleme bei der Umsetzung gibt, könnte weiterhin die alte Grundsteuer erhoben werden, aber dann nur als Vorauszahlung für die später nach dem neuen Verfahren festgesetzte Grundsteuer.

(5) Zur Milderung von Belastungssprüngen könnten für eine Übergangszeit Begrenzungen für Grundsteuererhöhungen vorgegeben werden, so dass es einen gleitenden Übergang in die neue Grundsteuer gibt.

(6) Falls gewünscht, könnten die zuvor erläuterten Pläne der Regierung zur zukünftigen Grundsteuererhebung weitergeführt werden. Nach Fertigstellung in 6 bis 10 Jahren könnte dann eine automatische Aktualisierung der Grundsteuerwerte erfolgen, und gleichzeitig könnten die kurzfristig umsetzbaren Grundsteuererklärungen der Grundsteuerpflichtigen flächendeckend überprüft und bei entsprechender Feststellung starker Abweichungen die Steuerbescheide korrigiert werden.

 

 

Prof. Dr. habil. Michael Broer

Hochschule Ostfalia, Wolfsburg
Prof. Dr. Lorenz Jarass

Prof. Dr. Lorenz Jarass

M.S. (Stanford University, USA). Hochschule RheinMain, Wiesbaden
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