14.08.2023

Auch harsche Kundenkritik auf Ebay-Bewertungsportal erlaubt

Urteil des Bundesgerichtshofs

Auch harsche Kundenkritik auf Ebay-Bewertungsportal erlaubt

Urteil des Bundesgerichtshofs

Ein Beitrag aus »Die Fundstelle Baden-Württemberg« | © emmi - Fotolia / RBV
Ein Beitrag aus »Die Fundstelle Baden-Württemberg« | © emmi - Fotolia / RBV

Nach einem Warenhandelsvorgang auf der Internetplattform Ebay äußerte sich der Käufer kritisch gegenüber dem Verkäufer. Letzterer fasste die Äußerungen als Beleidigungen auf und klagte den Käufer an. Nun entschied der Bundesgerichtshof in der Sache.

Im Internet kaufte ein Kunde bei Ebay vier Gelenkbolzenschellen für einen Gesamtpreis von 29,26 € brutto, zzgl. 4,90 € der von der Verkäuferin in Rechnung gestellten Versandkosten.

Der Verkauf auf der Internetplattform erfolgte nach den maßgeblichen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) von Ebay, denen sowohl der Käufer wie auch die Verkäuferin zugestimmt hatten. In den AGB heißt es auszugsweise:


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  1. Nutzer sind verpflichtet, in den abgegebenen Bewertungen ausschließlich wahrheitsgemäße Angaben zu machen. Die von Nutzern abgegebenen Bewertungen müssen sachlich gehalten sein und dürfen keine Schmähkritik enthalten.“

Nach dem Erhalt der Ware bewertete der Käufer das Geschäft – in dem von Ebay zur Verfügung gestellten Bewertungsprofil – mit dem Eintrag „Ware gut, Versandkosten Wucher!!“.

Die Verkäuferin hielt die Bewertung des Käufers für übertrieben und damit unzulässig nach den oben beschriebenen Kriterien. Sie forderte von ihm die Entfernung der negativen Bewertung und den Ersatz ihrer Rechtsanwaltskosten. Dies lehnte der Käufer ab.

Die Klage der Verkäuferin vor dem Amtsgericht (AmtsG) wurde abgewiesen. Es war der Ansicht, dass es sich bei der Bezeichnung für die Versandkosten als „Wucher“ um ein Werturteil gehandelt hat, das nur dann unzulässig sei, wenn es sich um eine Schmähkritik handele. Eine solche habe aber nicht vorgelegen.

Ihre Berufung vor dem Landgericht (LG) führte zu einer Abänderung des erstinstanzlichen Urteils und zur Verurteilung des Käufers auf Entfernung der Bewertung und zum Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten. Nach Ansicht des LG hatte der Käufer mit der Bewertung eine nachvertragliche Nebenpflicht verletzt und hierdurch einen Schaden verursacht, weil sich die negative Bewertung ungünstig auf die Möglichkeit der Verkäuferin auswirke, zukünftige Geschäfte über Ebay abzuschließen.

Anschließend begehrte der Käufer beim Bundesgerichtshof (BGH) die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

AGB von Ebay verlangten eine sachliche Bewertung des Käufers

Wie der BGH ausführt, war nach den von dem LG für wirksam erachteten AGB von Ebay eine Bewertung nur zulässig, wenn der Nutzer wahrheitsgemäße Angaben macht. Die von den Nutzern abgegebene Bewertung müsse einen Sachbezug aufweisen und dürfe keine Schmähkritik enthalten. Bei der Schmähkritik seien Äußerungen gemeint, bei denen es nicht um die Sache selbst, sondern um die Herabwürdigung der anderen Person gehe.

Hier sei auch zu beachten gewesen, dass beide Vertragsparteien den AGB zugestimmt hätten. Das LG vertrat die Auffassung, dass es sich bei der Äußerung des Käufers um eine überspitzte Beurteilung ohne sachlichen Bezug gehandelt hat. Für ein objektiven Leser sei nicht erkennbar, warum die Versandkosten Wucher gewesen sein sollen. Damit verstoße die Bewertung gegen das Sachlichkeitsgebot aus den AGB von Ebay.

Es ergebe sich also ein über die Abwehr von Schmähkritik hinausgehender Schutz des Verkäufers. Insoweit sei vorab zu prüfen gewesen, ob ein strengerer Maßstab für die Zulässigkeit galt und was mit dem Begriff „sachlich“ gemeint gewesen ist.

Es galten für das Ebay-Bewertungsportal keine strengeren Beschränkungen

Die AGB von Ebay enthielten keine strengeren vertraglichen Beschränkungen für die Zulässigkeit von Werturteilen in den Bewertungskommentaren. Es fehle insoweit eine Definition, was „sachlich“ nach diesen Vorschriften heißen soll. Unklare Regelungen in den AGB sind danach unwirksam.

Außerdem werde bei einer solchen Regelung der grundrechtlich garantierten Meinungsfreiheit des Bewertenden von vornherein ein geringeres Gewicht beigemessen als den Grundrechten des Verkäufers, wenn man eine Meinungsäußerung eines Käufers regelmäßig bereits dann als unzulässig einstufe, wenn sie herabsetzend formuliert sei und nicht auf sachlichen Erwägungen beruhe.

Dieses Ergebnis verstoße gegen das Grundrecht der Meinungsfreiheit. Es sei daher nur zu prüfen gewesen, ob es sich bei der Wertung des Käufers um eine Schmähkritik gehandelt habe.

Bewertung im Kundenportal des Käufers war auch keine Schmähkritik

Die Grenzen der Schmähkritik waren durch den Kunden nicht überschritten. Bei seiner geäußerten Bewertung „Versandkosten Wucher!!“ stehe eine Diffamierung des Verkäufers nicht im Vordergrund.

Der Käufer setzte sich nur – wenn auch in scharfer und möglicherweise überzogener Form – kritisch mit einem Teilbereich der gewerblichen Leistung des Verkäufers, nämlich mit der Höhe der Versandkosten, auseinander.

Es fehle auch nicht an einem Sachlichkeitsbezug, da der Käufer ausdrücklich Bezug auf die Abwicklung des getätigten Kaufs durch den Verkäufer nehme. Dabei hänge die Zulässigkeit eines Werturteils nicht davon ab, ob die Bewertung mit einer Begründung versehen sei. Bei der Wertung des Käufers handelte es sich daher nicht um eine Schmähkritik, sie war also „zulässig“.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 28.09.2022 – VIII ZR 319/20

 

Entnommen aus der Fundstelle BW 2/2023, Rn. 25.

 

Martin Pfeifer

Rechtsanwalt, Achern
n/a