02.03.2021

Anpassung leistungslaufbahnrechtlicher Regelungen an die Notwendigkeiten in der Corona-Pandemie

Gesetz vom 24.07.2020

Anpassung leistungslaufbahnrechtlicher Regelungen an die Notwendigkeiten in der Corona-Pandemie

Gesetz vom 24.07.2020

Ein Beitrag aus »Die Fundstelle Bayern« | © Mike Fouque - stock.adobe.com / RBV
Ein Beitrag aus »Die Fundstelle Bayern« | © Mike Fouque - stock.adobe.com / RBV

Das unten vermerkte Gesetz zur Anpassung leistungslaufbahnrechtlicher Regelungen an die Notwendigkeiten in der Corona-Pandemie vom 24.7.2020 trat rückwirkend zum 15.3.2020 in Kraft. Die damit vollzogene Änderung des Leistungslaufbahngesetzes (LlbG) mit der Einfügung des Art. 70a LlbG schafft nach der Begründung des Gesetzentwurfs (LT-Drs. 18/8327 vom 16.6.2020) die notwendige Rechtssicherheit im Leistungslaufbahnrecht, wenn und soweit sich die an sich vorgesehenen Regelungen aufgrund der Infektionsschutzmaßnahmen, die zur Bewältigung der durch den Virus SARS-CoV 2 ausgelösten Pandemie ergriffen wurden, tatsächlich nicht oder nicht in der an sich vorgesehenen Art und Weise durchführen lassen. Die Regelung betrifft den auf Einstellungsprüfung bzw. Auswahlverfahren, Vorbereitungsdienst und Qualifikationsprüfung beruhenden Qualifikationserwerb, die entsprechende Ausbildungsqualifizierung, die modulare Qualifizierung sowie die Durchführung von periodischen Beurteilungen und darauf beruhenden (Beförderungs-)Entscheidungen.

1.Abweichungsmöglichkeit aufgrund der Corona-Pandemie

In Absatz 1 Satz 1 Nrn. 1 bis 9 des Art. 70a LlbG werden im Einzelnen verschiedene Prüfungen und prüfungsähnliche Situationen aufgezählt, die aufgrund der Infektionsschutzmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Pandemie betroffen sein könnten, und diesbezüglich Abweichungsmöglichkeiten eröffnet.

a) Nr. 1 Fachtheoretische und berufspraktische Ausbildung (Art. 8 Abs. 1 Satz 2; Art. 35 LlbG)


Die in Nr. 1 eröffnete Telearbeit ermöglicht, die praktische Präsenzausbildung durch Formen zu ersetzen, bei denen durch die IT-Nutzung ein Zuwachs an Wissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten erreicht wird. Dabei ist der Bezug zu Telearbeit, wie sie im angestrebten Berufsfeld üblich ist, zu wahren. Daneben kann E-Learning genutzt werden. Genannt sind z.B. Videokonferenz- oder Chatsysteme, die es erlauben – ggf. auch durch den Einsatz von Privatgeräten – miteinander über weite Distanzen zwischen Lehrenden und Lernenden zu kommunizieren. Darunter fallen aber auch spezifische Lernprogramme, bei denen sich der Lernende das Wissen mithilfe des Programms selbst erarbeitet. Ebenfalls erfasst werden in anderer Weise vom Dienstherrn unterstützte Formen des angeleiteten Selbststudiums.

b) Nr. 2 Ausbildungsdauer und Studienzeit (Art. 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3, Art. 35 Abs. 2 und 3 LlbG)

Die Reduzierung der Dauer der fachtheoretischen Ausbildung bzw. der fachtheoretischen Studienzeit berücksichtigt die Schließung der Bildungseinrichtungen bzw. Hochschulen im Rahmen der Abwehr von (Gesundheits-)Gefahren sowie eine mögliche anderweitige Nutzung der Einrichtungen aus übergeordneten Gründen des vorbeugenden Gesundheitsschutzes. Die Beschränkung auf die Hälfte der vorgesehenen fachtheoretischen Ausbildungs- bzw. Studiendauer und die Vorgabe der anderweitigen Vermittlung gewährleisten die weiterhin notwendige Qualität der Ausbildung. Das Gesetz hebt das E-Learning als besonders geeignete Möglichkeit der Wissensvermittlung hervor, ohne andere geeignete zu verbieten.

c) Nr. 3 Zwischenprüfung (Art. 22 Abs. 1 Satz 1, Art. 28 Abs. 1 Satz 1 LlbG)

Die Ausnahmevorschrift stellt sicher, dass die eigentliche Aufgabe der Zwischen- oder Modulprüfung in anderer geeigneter Weise erfüllt werden kann. So können die Anwärterinnen und Anwärter insbesondere auf Basis der in der bisherigen fachtheoretischen Studienzeit gezeigten Leistungen im Gespräch über ihren Leistungsstand aufgeklärt werden. Für diese Informationsgespräche können alle der Situation angemessenen Kommunikationsmittel genutzt werden.

d) Nr. 4 Vorbereitungsdienst (Art. 8 Abs. 3 Satz 1, Art. 22 Abs. 1 Satz 1, Art. 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 LlbG)

Mit der Möglichkeit, Prüfungsstoff und die Vorbereitungszeit zu beschränken, lässt sich auf Schwierigkeiten reagieren, die den Ablauf der Ausbildung tatsächlich beeinträchtigt haben. Auf abweichende Vorbereitungszeiten, die sich aufgrund von Prüfungsverschiebungen ergeben können, kann flexibel reagiert werden. Auch kann der Prüfungsstoff auf Teile beschränkt werden, die zu Zeiten gelehrt wurden, in denen die Lehre nicht durch Infektionsschutzmaßnahmen beeinträchtigt wurde.

Wird die ordnungsgemäße Durchführung einer Prüfung verhindert, so kann die Prüfungsgesamtnote bei modular aufgebauten Qualifikationsprüfungen aus den Noten der unbeeinträchtigten Module ermittelt werden. Ansonsten sind an Stelle der (Qualifikations-)Prüfung möglichst vergleichbare Prüfungsleistungen während der Ausbildung zu wählen, die den Leistungsstand des Prüflings abbilden. Die einmalige Wiederholbarkeit der Qualifikationsprüfung bei Nichtbestehen ist in geeigneter Weise sicherzustellen.

e) Nr. 5 Auswahlverfahren (Art. 22 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 8 LlbG)

Auf das wissenschaftlich fundierte Auswahlverfahren kann vollständig oder teilweise verzichtet werden. Dies ist notwendig, weil ansonsten ggf. keinerlei Einstellungen möglich wären, da die Durchführung der wissenschaftlich fundierten Auswahlverfahren nicht möglich ist. Wird von der Ausnahmemöglichkeit Gebrauch gemacht, muss im Rahmen der weiteren Ausbildung die notwendige persönliche Eignung überprüft werden. Fehlt sie, ist von der Entlassungsmöglichkeit des § 23 Abs. 4 BeamtStG Gebrauch zu machen. Die teilweise Verzichtsmöglichkeit bezieht sich auf das wissenschaftlich fundierte Auswahlverfahren, falls dieses aus mehreren Elementen besteht, die nicht vollständig durchgeführt werden können. Sie umfasst aber auch die Variante des Verzichts bei einem Teil der Bewerberinnen und Bewerbern, wenn während der üblicherweise länger dauernden Auswahlverfahren in zahlenstarken Vorbereitungsdiensten zeitlich das Auswahlverfahren nur bei einem Teil des Bewerberkreises beeinträchtigt oder unmöglich wird.

f) Nr. 6 Einstellungsprüfung (Art. 22 Abs. 2 Satz 1 und 2, Abs. 7, Art. 24, Art. 26 Abs. 1 Satz 1 LlbG)

Einstellungsprüfungen, insbesondere der sog. LPA-Test, werden bayernweit einheitlich an einem Tag in einer größeren Zahl von Prüfungslokalen durchgeführt. Soweit an diesem Tag sowie in dem für die Durchführung im gesamten Einstellungsverfahren für eine Verschiebung zur Verfügung stehenden Zeitraum keine Möglichkeit besteht, die Einstellungsprüfung bzw. das besondere Auswahlverfahren erfolgreich durchzuführen, erlaubt Nr. 6 anstelle einer Einstellungsprüfung oder der schriftlichen Prüfung im Rahmen des besonderen Auswahlverfahrens allein Leistungsnachweise aus den Schulzeugnissen, die den für die Einstellung notwendigen Bildungsstand für den Einstieg in die jeweilige Qualifikationsebene belegen, zur Grundlage der die Einstellung im Einzelnen bestimmenden Leistungsreihung zu machen. Die Abwicklung des besonderen Auswahlverfahrens liegt beim Landespersonalausschuss. Im Fall des Absehens von einer schriftlichen Prüfung im Rahmen des besonderen Auswahlverfahrens sind die zu berücksichtigenden schulischen Leistungen (§ 16 Abs. 1 Satz 1 und § 18 Abs. 1 Satz 1 AVfV – Auswahlverfahrensverordnung) bei einem Einstieg in der zweiten Qualifikationsebene gleich zu gewichten, bei einem Einstieg in der dritten Qualifikationsebene bei Einbeziehung der Fremdsprache zu 10 %, im Übrigen ebenfalls gleich zu gewichten. Die angepasste Gewichtung trägt dem Wegfall des hohen Anteils der Sprachkompetenz in der Auswahlprüfung sowie übriger Bestandteile Rechnung. Eine Gesamtnote wird nicht gebildet. Die Rangliste (§ 13 Abs. 1 AVfV) wird nach der oben genannten Gewichtung der schulischen Noten gebildet.

Die Durchführung sowie die ersatzweise getroffenen Regelungen sind durch die Geschäftsstelle des Landespersonalausschusses öffentlich bekannt zu machen.

g) Nr. 7 Aufgaben im Vorbereitungsdienst, die durch die Pandemie ausgelöst wurden (Art. 27 Abs. 3 LlbG)

Im Rahmen der Ergreifung von Infektionsschutzmaßnahmen zur Bewältigung der durch den Virus SARS-CoV 2 ausgelösten Pandemie kann es notwendig werden, Beamtinnen und Beamten für diese vorrangige Aufgabe einzusetzen. Nr. 7 ermöglicht die Anrechnung von derartigen Tätigkeiten im Umfang bis zu sechs Monaten. Ungeachtet der Anrechnungsmöglichkeit kann die Betrauung mit Aufgaben zur Pandemiebewältigung auch Teil des Vorbereitungsdienstes sein.

h) Nr. 8 Zulassungsverfahren (Art. 37 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, Abs. 3 LlbG)

Das Zulassungsverfahren für die Ausbildungsqualifizierung ist das Pendant zum Auswahlverfahren für Einstellungen. Kann es nicht durchgeführt werden, wird auf die in aller Regel zeitlich aktuelleren und auf Basis dienstlicher Erkenntnisse erstellten dienstlichen Beurteilungen für die Leistungsreihung zurückgegriffen.

i) Nr. 9 Öffentlich-rechtliche Ausbildungsverhältnisse (Art. 30, Art. 33 LlbG)

Für die öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnisse gemäß Art. 30 ff. LlbG finden die Ausnahmemöglichkeiten zur Zulassung, Ausbildung und Prüfung entsprechende Anwendung.

2.Umsetzung

Art. 70a Abs. 1 Satz 2 LLbG gibt den entscheidenden Behörden auf, die Ziele der jeweiligen Bestimmungen so gut zu erfüllen, wie es die tatsächliche Situation erlaubt. Damit ist jeweils die geringstmögliche Abweichung zu wählen, die umgesetzt werden kann.

3.Zuständigkeiten

Die Sätze 3 und 4 des Art. 70a Abs. 1 LlbG regeln die Zuständigkeiten. Sie folgen dabei dem Grundsatz, dass jeweils die oberste Dienstbehörde, die für die Auswahlverfahren und die Ausbildung zuständig ist, als sachnächste Behörde die Entscheidungen zu treffen hat. Soweit die fachtheoretische Ausbildung bzw. Studienzeit an Lehreinrichtungen durchgeführt wird, ist die für die Lehreinrichtung verantwortliche oberste Dienstbehörde (soweit die Bildungseinrichtung eine juristische Person ist, wie z.B. die Bayerische Verwaltungsschule, diese selbst) als Entscheidungsträger zuständig. Da das besondere Auswahlverfahren von der Geschäftsstelle des Landespersonalausschusses verantwortet wird, sind die Entscheidungen hier zu treffen. Angesichts der Eilbedürftigkeit von Entscheidungen in der Corona-Pandemie bedarf es keiner die Einzelheiten regelnden Rechtsverordnungen.

Die von den nach Sätzen 3 und 4 Zuständigen auf Basis des Art. 70a LlbG getroffenen Entscheidungen gehen Regelungen in den auf Basis des LlbG erlassenen Rechtsverordnungen vor.

4.Informationspflicht

Die Informationspflicht des Art. 70a Abs. 1 Satz 5 LlbG dient dazu, den notwendigen Überblick für das für Dienstrechtsfragen grundsätzlich zuständige Staatsministerium der Finanzen und für Heimat sicherzustellen. Der Informationspflicht wird genügt, wenn die aufgrund von Art. 70a LlbG getroffenen Entscheidungen unverzüglich mitgeteilt werden.

5.Maßnahmen der modularen Qualifizierung

Soweit Maßnahmen der modularen Qualifizierung ganz oder teilweise aufgrund der tatsächlichen Einschränkungen nicht zu den vorgesehenen Terminen durchgeführt werden können, kann die für die Feststellung des erfolgreichen Abschlusses der modularen Qualifizierung zuständige Behörde ihre Entscheidung gemäß Art. 70a Abs. 2 LlbG auch auf andere Formen des selbständigen Wissenserwerbs stützen. Bei Maßnahmen der modularen Qualifizierung, deren Durchführung und Organisation auf Bildungseinrichtungen übertragen ist, hat sich die für die Bildungseinrichtung verantwortliche oberste Dienstbehörde von der Geeignetheit der alternativen Wissensvermittlung zu überzeugen. Die zuständige Behörde hat sich in geeigneter Weise vom Lernerfolg zu überzeugen.

6.Ausdehnung der Ausnahmemöglichkeiten auf sonstigen Qualifikationserwerb

Gemäß Art. 70a Abs. 3 LlbG gelten die Ausnahmemöglichkeiten des Art. 70a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 und Nr. 7 sowie Satz 2 mit 5 auch für den sonstigen Qualifikationserwerb gemäß Art. 38 ff. LlbG, soweit dabei dem Vorbereitungsdienst vergleichbare Lehrgänge, Kurse u. Ähnliches (z.B. Amtstierarzt-Lehrgang, Amtsarzt-Lehrgang, Ausbildung in der Bayerischen Gewerbeaufsicht) als Voraussetzung einer Verbeamtung auf Lebenszeit oder Probe verlangt werden.

7.Periodische Beurteilung

Um sicherzustellen, dass die für eine geordnete Personalverwaltung notwendigen aktuellen periodischen Beurteilungen verfügbar sind, ermöglicht Art. 70a Abs. 4 LlbG den Verwendungszeitraum der letzten vorliegenden periodischen Beurteilung (Art. 56 Abs. 4 LlbG) ausnahmsweise von drei auf maximal fünf Jahre zu verlängern. Zugleich verlängert sich der Beurteilungszeitraum (Art. 56 Abs. 1 LlbG) der nächsten anstehenden periodischen Beurteilung auf die gleiche Zeitspanne, nach der neue aktuelle periodische Beurteilungen durch die Corona-Pandemie unbeeinträchtigt erstellt werden können.

Teilnahmevoraussetzung für die Ausbildungsqualifizierung bzw. für die Maßnahmen der modularen Qualifizierung ist die positive Feststellung gemäß Art. 58 Abs. 5 LlbG in der periodischen Beurteilung, die nicht länger als drei Jahre zurückliegen darf. Die vergebenen Eignungen sollen im Gleichklang mit der verlängerten Wirksamkeit der periodischen Beurteilungen verwendbar sein. Dementsprechend wird auch der Zeitraum verlängert, währenddessen die Entscheidung über das leistungsbezogene Aufsteigen in den Stufen auf die Beurteilung gestützt werden kann.

8.Zeitliche Befristung

Die laufbahnrechtliche Ausnahmeregelung des Art. 70a wird bis zum 31.12.2024 zeitlich befristet. Bis dahin wird mit einem Überwinden der Corona-Pandemie und der damit verbundenen laufbahnrechtlichen Auswirkungen gerechnet.

9.Inkrafttreten

Die Änderung trat rückwirkend zum 15.3.2020 in Kraft. Bei einzelnen Prüfungen mussten bereits Entscheidungen getroffen werden, die vom an sich in Rechtsverordnungen Vorgesehenen abweichen mussten. Gleiches gilt für den Einsatz von Anwärterinnen und Anwärtern an den Gesundheitsämtern.

 

Gesetz zur Anpassung leistungslaufbahnrechtlicher Regelungen an die Notwendigkeiten in der Corona-Pandemie vom 24.7.2020 (GVBl S. 368)

FStBay 2020/262

Die Fundstelle Bayern

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