15.01.2021

WEG-Reform in Kraft getreten

Größte Reform seit Bestehen des Wohnungseigentumsgesetzes

WEG-Reform in Kraft getreten

Größte Reform seit Bestehen des Wohnungseigentumsgesetzes

Mit der Reform des WEG besteht die Hoffnung, den Modernisierungsstau in vielen Gemeinschaften aufzubrechen und Konfliktpotentiale zwischen den Wohnungseigentümern aufzulösen.  | © photo 5000 - stock.adobe.com
Mit der Reform des WEG besteht die Hoffnung, den Modernisierungsstau in vielen Gemeinschaften aufzubrechen und Konfliktpotentiale zwischen den Wohnungseigentümern aufzulösen.  | © photo 5000 - stock.adobe.com

Die gesellschaftlichen Anforderungen an das Wohnungseigentum haben sich seit der Einführung des Wohnungseigentumsgesetzes im Jahre 1951 gewandelt. Dies hat zu ersten Reformen des WEG in den Jahren 1973 und 2007 geführt. Aufgrund des Alters vieler Immobilien stehen in nächster Zeit viele bauliche Maßnahmen an. Hinzu kommt, dass sich durch den demografischen Wandel die Altersstruktur der Bewohner ändert. Deshalb wird ein behindertengerechter Umbau vieler Einheiten erforderlich. Ferner rücken die Klimaziele immer stärker in den Blick der Gesellschaft. Diese sind aber nur zu erreichen, wenn auch die Wohngebäude energetisch saniert werden. Einer der Megatrends in naher Zukunft ist die Elektromobilität. Elektrisch betriebene Fahrzeuge brauchen aber viele Ladestationen, auch im Bereich der Wohngebäude. In allen aufgeführten Bereichen ist eine Wohnungseigentümergemeinschaft aufgerufen, Entscheidungen zu treffen, soweit hierfür Wohnungseigentum umgestaltet werden muss.

Um diesen Herausforderungen zu begegnen, hat der Gesetzgeber das WEG reformiert. Am 17. September 2020 hat der Deutsche Bundestag das Gesetz zur Förderung der Elektromobilität und zur Modernisierung des Wohnungseigentumsgesetzes und zur Änderung von kosten- und grundbuchrechtlichen Vorschriften (Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz – WEMoG; BT-Drs. 19/18791) verabschiedet. Dieses ist am 1. Dezember 2020 in Kraft getreten. Das Reformgesetz hat zu wesentlichen Änderungen im Wohnungseigentumsrecht geführt.

Förderung baulicher Veränderungen und Kostentragung

Nach alter Rechtslage mussten alle Wohnungseigentümer zu fast jeder baulichen Veränderung des Gemeinschaftseigentums zustimmen. Sie konnten ihre Zustimmung auch ohne Angabe von Gründen verweigern. Dies führte dazu, dass die Gemeinschaft nur sehr schwer bauliche Veränderungen beschließen konnte. Dadurch fiel der bauliche Zustand von nach den Regeln des WEG organisierten Anlangen oftmals hinter Gebäuden mit einer einheitlichen Eigentümerstruktur zurück.


Die Reform des WEG senkt deshalb das Quorum für die Durchführung baulicher Veränderungen auf die Mehrheit der abgegebenen Stimmen ab (§ 25 Abs.1). Ferner benennt sie gesellschaftlich wichtige Bereiche, in denen jeder Wohnungseigentümer einen Anspruch auf eine bauliche Veränderung hat. Dies sind Maßnahmen der Barrierereduzierung, zur Schaffung von Lademöglichkeiten für elektrisch betriebene Fahrzeuge, zum Einbruchsschutz und des Anschlusses an das Glasfasernetz (§ 20 Abs. 2). Die Gemeinschaft hat in diesen Fällen nur noch ein Mitspracherecht darüber, wie diese Maßnahmen auszuführen sind (§ 20 Abs. 2 Satz 2). Eine bauliche Veränderung darf die Anlage allerdings nicht grundlegend umgestalten oder einen Wohnungseigentümer unbillig benachteiligen (§ 20 Abs. 4).

Zum Ausgleich der Erweiterung der Baumöglichkeiten muss nunmehr als Grundsatz der eine bauliche Maßnahme begehrende Wohnungseigentümer diese selbst bezahlen (§ 21 Abs. 1 Satz 1). Alle Wohnungseigentümer tragen aber nach dem Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile die Kosten für eine bauliche Veränderung, wenn sie diese mit mehr als zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen und mit mehr als der Hälfte der Miteigentumsanteile beschließen oder sich die Kosten der Maßnahme in einem angemessenen Zeitraum amortisieren (§ 21 Abs. 2 Satz 1). Die Kosten der verbleibenden Baumaßnahmen müssen diejenigen Wohnungseigentümer im Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile übernehmen, die für sie gestimmt haben (§ 21 Abs. 3 Satz 1). Diese können aber auch eine andere Kostenverteilung unter sich beschließen (§ 21 Abs. 5). Soweit eine ausschließliche Nutzung überhaupt möglich ist, dürfen dann auch nur diejenigen Wohnungseigentümer die baulichen Veränderungen nutzen, die sie bezahlt haben (§ 21 Abs. 3 Satz 2).

Stärkung der Rechte der Wohnungseigentümer

Die Reform stärkt die Rechte der Wohnungseigentümerinnen und Wohnungseigentümer an verschiedenen Stellen. Die Verwaltung des Gemeinschaftseigentums soll zukünftig nur noch ein zertifizierter Verwalter ausüben dürfen (§ 19 Abs. 2 Nr. 6). Die Gemeinschaft kann auch fortan mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen beschließen, sich von ihrem Verwalter zu trennen (§ 26 Abs. 1). Dadurch können Streitigkeiten darüber vermieden werden, ob ein zur Abberufung des Verwalters wichtiger Grund vorliegt.

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Das neue Wohnungseigentumsrecht 2020

Ein Beschlussfähigkeitsquorum gibt es nicht mehr, sodass jede Versammlung beschlussfähig ist. Daher entfallen die Wiederholungsversammlungen. Diese waren bislang erforderlich, wenn die Beschlussfähigkeit nicht erreicht wurde. Zudem kann eine Maßnahme stets mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen beschlossen werden (§ 25 Abs. 1). Dies ist ein Anreiz für die Wohnungseigentümer, an der Versammlung teilzunehmen oder zumindest sich angemessen vertreten zu lassen. Angesichts fortschreitender Digitalisierung können ab jetzt die Eigentümer auch online an Versammlungen teilnehmen (§ 23 Abs. 1 Satz 2) und Umlaufbeschlüsse elektronisch fassen (§ 23 Abs. 3).

Bislang mussten sog. Sondernutzungerechte zugunsten der Wohnungseigentümer bestellt werden, wenn sie bestimmte Flächen ausschließlich nutzen wollten. Dies ist jetzt in den meisten Fällen entbehrlich. Nach neuer Rechtslage können Eigentümer an Stellplätzen (§ 3 Abs. 1 Satz 2) und sonstigen Freiflächen (§ 3 Abs. 2) Sondereigentum begründen. Die Stellplätze sind auch nicht vom sonstigen Sondereigentum abhängig, sodass diese verkehrsfähig geworden sind.

Die Eigentümer können die Größe des Verwaltungsbeirats nunmehr nach den Bedürfnissen der Gemeinschaft festlegen (§ 29 Abs. 1). Der Verwaltungsbeirat unterstützt und überwacht nunmehr den Verwalter (§ 29 Abs. 2). Zudem ist jetzt die Haftung der Beiratsmitglieder auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt (§ 29 Abs. 3).

Stärkung der Gemeinschaft und des Verwalters

Nach neuer Rechtslage verwaltet die Gemeinschaft als einzige Instanz das gemeinschaftliche Eigentum (§ 18 Abs. 1). Sie kann die Verwaltung aber auch einer Verwalterin oder einem Verwalter übertragen. Das Konzept der Einzelzuweisung von Aufgaben und Befugnissen hat der Gesetzgeber hierzu aufgegeben. Der Verwalter ist jetzt für alle Maßnahmen originär zuständig, die eine untergeordnete Bedeutung haben und nicht zu erheblichen Verpflichtungen führen (§ 27 Abs. 1 Nr. 1) oder die eilbedürftig sind (§ 27 Abs. 1 Nr. 2). Mit der Reform steht es aber jeder Gemeinschaft auch von Gesetzes wegen frei, die konkreten Befugnisse des Verwalters selbst auszugestalten. Sie kann die Befugnisse des Verwalters durch Beschluss einschränken oder erweitern (§ 27 Abs. 2). Indem das WEG dem Verwalter nach neuer Rechtslage das Vertretungsrecht der Gemeinschaft zuweist (§ 9b Abs. 1 Satz 1), kann dieser jetzt auch einseitige Rechtsgeschäfte für die Gemeinschaft ausüben.

Fazit

Mit der Reform des WEG besteht die Hoffnung, den Modernisierungsstau in vielen Gemeinschaften aufzubrechen und Konfliktpotentiale zwischen den Wohnungseigentümern aufzulösen. Sie verlagert Rechte der Eigentümer auf die Gemeinschaft. Dadurch wird diese handlungsfähiger, was wiederum den Eigentümern zugutekommen soll. Ob sich diese Ziele der Reform erfüllen, werden die nächsten Jahre zeigen.

 

Dr. Jens Rass

Ministerialrat, Referatsleiter im niedersächsischen Justizministerium
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