15.10.2012

Schadensersatz vom Subventionsbetrüger

Richtungsweisendes Urteil des OLG Hamm

Schadensersatz vom Subventionsbetrüger

Richtungsweisendes Urteil des OLG Hamm

Auch eine anteilige zweckwidrige Mittelverwendung kann zu einem Schaden in voller Höhe führen. | © mekcar - Fotolia
Auch eine anteilige zweckwidrige Mittelverwendung kann zu einem Schaden in voller Höhe führen. | © mekcar - Fotolia

Mit öffentlichen Mitteln ist wirtschaftlich und sparsam umzugehen. Hierzu gehört, dass der Zuwendungsempfänger Subventionen der öffentlichen Hand zweckentsprechend einsetzt und sich an die Auflagen aus dem Förderbescheid hält. Anderenfalls kann – und muss regelmäßig – die Bewilligungsbehörde den Zuwendungsbescheid nach § 48 VwVfG zurücknehmen oder gem. § 49 VwVfG widerrufen. Täuscht der Zuwendungsempfänger die Bewilligungsbehörde über subventionserhebliche Tatsachen oder verwendet er eine gewährte Zuwendung entgegen dem Verwendungszweck, kann er sich nach § 264 Abs. 1 StGB eines Subventionsbetruges strafbar machen.

Nach Aufhebung des Bewilligungsbescheids fordert die Bewilligungsbehörde bereits ausgezahlte Fördermittel nebst Zinsen ab Auszahlung zurück. Dieser Anspruch ist häufig wenig werthaltig. Vor allem dann, wenn Zuwendungsempfänger eine Kapitalgesellschaft ist und die Gesellschaft zum Zwecke der Abwicklung des geförderten Projekts gegründet wurde oder aufgrund ihrer sonstigen Geschäftstätigkeit nicht über die notwendigen Mittel zur Erfüllung der Rückforderung verfügt, geht der Zuwendungsgeber leer aus. Das OLG Hamm hat mit Urteil v. 25. 06. 2012 (Az: 6 U 67/11) den Weg für direkte Schadensersatzansprüche gegen die Täter des Subventionsbetruges freigemacht. Im vorliegenden Fall hatte der Zuwendungsgeber den Geschäftsführer der GmbH, welche die Zuwendungen erhalten hat, auf Schadensersatz i.H. der von der GmbH zwar zurückgeforderten, aber nicht zurückerhaltenen Zuwendungsbeträge in Anspruch genommen. Vorausgegangen war die strafrechtliche Verurteilung des Geschäftsführers nach § 264 Abs. 1 Nr. 2 StGB.

Rechtsgrundlagen für Schadensersatz

Der Schadensersatzanspruch gegen den Täter oder einen Teilnehmer eines Subventionsbetruges kann sich aus §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. 264 StGB ergeben. Der Straftatbestand des § 264 StGB ist ein Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB. Daneben kommt als Anspruchsgrundlage § 826 BGB in Betracht, der eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung des Geschädigten durch den in Anspruch genommenen voraussetzt.


Berechnung des Schadens

Bei beiden Anspruchsgrundlagen ist die Berechnung des Schadens nicht ganz einfach. Mit der üblichen Differenzhypothese, also dem Vergleich des Vermögens mit und ohne das schädigende Verhalten, kommt man nicht weiter. Denn die Vermögenssituation des Zuwendungsgebers hat sich durch den Subventionsbetrug nicht verschlechtert, weil die Fördermittel zum dauerhaften Verbleib beim Zuwendungsempfänger gedacht waren. Eine geldwerte Gegenleistung erhält der Zuwendungsgeber hierfür nicht.

Es muss deshalb auf den normativen Schadensbegriff zurückgegriffen werden. Dabei ist der konkrete Nachteil des Geschädigten unter Berücksichtigung des jeweiligen haftungsbegründenden Ereignisses zu berücksichtigen. Es erfolgt also eine wertende Betrachtung der in die Differenzbilanz einzustellenden Rechnungsposten. In der Folge können z. B. ungewollte Verpflichtungen wie der Abschluss eines Vertrages, den der Geschädigte ohne das schädigende Verhalten nicht abgeschlossen hätte, unabhängig von der Werthaltigkeit der vertraglichen Leistungen einen Schaden darstellen. Dies gilt z. B. bei dem Erwerb von Aktien auf Grundlage eines Beratungsgespräches, in dem der Berater seinen Pflichten zur Aufklärung nicht ausreichend nachgekommen ist.

Planungs- und Dispositionsfreiheit des Staates betroffen

Der BGH hat diese Überlegungen in der Vergangenheit bereits auf Schadensersatzansprüche des Fördermittelgebers gegen einen Subventionsbetrüger bzw. demjenigen, der gegenüber dem Zuwendungsgeber eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung begangen hat, angewendet. § 264 StGB schützt danach sowohl die Planungs- und Dispositionsfreiheit des Zuwendungsgebers als auch das staatliche Vermögen vor missbräuchlicher Inanspruchnahme (BGH, Urteil v. 13. 12. 1988, Az: VI ZR 235/87).

Gewährt die öffentliche Hand eine Zuwendung, obwohl die Voraussetzungen für diese nicht vorlagen, ist sie in der Erfüllung ihrer Aufgaben behindert. Die Fördermittel können nicht für andere förderungswürdige Maßnahmen eingesetzt werden. Der mit der Hingabe der Zuwendung beabsichtigte Förderzweck, wie z. B. sozialpolitische Ziele bei der Wohnungsbauförderung, stellt die „Gegenleistung“ für die Gewährung der Fördermittel dar. Bei in Wirklichkeit nicht förderfähigen Vorhaben wird dieser Zuwendungszweck verfehlt. Deshalb ist es unerheblich, ob die Mittel sonst für andere förderfähige Vorhaben hätten eingesetzt werden können. Allein die Behinderung des Zuwendungsgebers bei der Erfüllung seiner Aufgaben führt zu einem Schaden in Höhe der vollen gewährten Zuwendung (BGH, Urteil v. 21. 12. 2004, Az: VI ZR 306/93).

Teilweise Zweckverfehlung

Das OLG Hamm hat sich nunmehr mit der Frage auseinandergesetzt, ob diese Rechtsprechung auf Fallgestaltungen übertragbar ist, in denen lediglich eine anteilige zweckwidrige Mittelverwendung im Raume steht. Aufgrund der zum Teil erfolgten zweckentsprechenden Mittelverwendung war zu klären, ob die gesamte Zuwendung als Schaden geltend gemacht werden kann. Das OLG Hamm hat sich mit überzeugenden Argumenten auf den zutreffenden Standpunkt gestellt, dass dies zu bejahen ist, sofern aufgrund der teilweisen zweckwidrigen Mittelverwendung die staatliche Planungs- und Dispositionshoheit in einem Umfang beeinträchtigt ist, dass die gesamte Mittelvergabe nicht mehr brauchbar ist.

Als Maßstab könne auf die Möglichkeit eines vollständigen Widerrufes des Zuwendungsbescheides nach § 49 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG zurückgegriffen werden. Sei hiernach trotz des teilweisen Einsatzes der Fördermittel zum festgelegten Förderzweck der vollständige Widerruf ermessenfehlerfrei möglich, läge zivilrechtlich ein Schaden in Höhe der vollen Zuwendung vor.

Im zugrundeliegenden Fall war nach Auffassung des OLG Hamm die festgestellte Zweckverfehlungsrate von 3,6 % der Gesamtfördersumme ausreichend für einen vollständigen Widerruf und führte damit zu einem Schadenersatzanspruch in Höhe der gesamten Subvention. Hinzu traten weitere Widerrufstatbestände wegen Nichterfüllung der Dokumentationspflichten gemäß der Nebenbestimmungen zum Zuwendungsbescheid und damit einhergehend ein Verstoß gegen § 3 Subventionsgesetz. Hiernach sind dem Fördermittelgeber alle für die weitere Gewährung, Inanspruchnahme oder das Belassen der Zuwendung oder des Zuwendungsvorteils oder für die Rückforderung der Zuwendung oder des Zuwendungsvorteils erheblichen Tatsachen unverzüglich mitzuteilen.

Abgelehnt hat das OLG Hamm hingegen die Einbeziehung der Zinsforderungen, die durch entsprechende Bescheide gegenüber dem Zuwendungsempfänger festgesetzt worden waren. Diese Zinsforderung sei nicht vom Schutz der staatlichen Dispositionsfreiheit umfasst, sondern fuße allein auf den Nebenbestimmungen des Zuwendungsbescheides. Dieses Ergebnis ist zweifelhaft, zumal in vergleichbaren Fällen Zinsen als Bestandteil des normativen Schadens anerkannt sind. Denn ein kreditfinanzierter Staat hat bei ungerechtfertigter Inanspruchnahme einer Förderung zusätzlich zum Zuwendungsbetrag einen Zinsschaden.

Das Urteil des OLG Hamm ist noch nicht rechtskräftig.

 

Dr. Hendrik Schilder

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Kapellmann und Partner Rechtsanwälte, Düsseldorf
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