15.10.2012

Rentable Kliniklandschaft

Hessens Konzept für den Erhalt öffentlicher Klinikträgerschaften

Rentable Kliniklandschaft

Hessens Konzept für den Erhalt öffentlicher Klinikträgerschaften

Die wirtschaftliche Lage vieler Krankenhäuser ist angespannt. | © Gina Sanders - Fotolia
Die wirtschaftliche Lage vieler Krankenhäuser ist angespannt. | © Gina Sanders - Fotolia

Am 17. 09. 2012 hat der hessische Sozialminister Stefan Grüttner das in der hessischen Krankenhauslandschaft mit Spannung erwartete „Konzept für den Erhalt öffentlicher Klinikträgerschaften in Hessen“ vorgestellt. Dieses vom Hessischen Sozialministerium gemeinsam mit der Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH und der TK Management Gesellschaft entwickelte Konzept zeigt einen Weg auf, wie bislang unrentable Kliniken künftig wieder schwarze Zahlen schreiben können.

Wie können Kliniken wieder schwarze Zahlen schreiben?

Hintergrund ist die nach wie vor angespannte bis existenzgefährdende wirtschaftliche Lage vieler Krankenhäuser. Das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung e.V. stellte beispielsweise in seinem „Krankenhaus Rating Report 2012“, der im Juni 2012 erschienen ist, fest, dass speziell in den alten Bundesländern überdurchschnittlich häufig öffentliche Krankenhäuser mit schlechten wirtschaftlichen Ergebnissen abschneiden. Das nun in Hessen vorgestellte Konzept beschäftigt sich weniger mit den Ursachen dieser Entwicklung, sondern es zeigt eine Lösung für die Problematik auf: Die Grundidee beruht auf einer Bündelung der Kräfte und der Bildung von Solidargemeinschaften. Die drei zentralen Aufgaben

– Betrieb und Steuerung der Krankenhäuser sowie operative Verantwortung für die Krankenversorgung,
– medizinischer Sicherstellungsauftrag und seine Kontrolle sowie
– Zweck- und Vermögensbindung


werden laut dem Modell drei unterschiedlichen Verantwortungsebenen und juristischen Personen zugeordnet, nämlich

– einer Management-Holding Gesellschaft,
– einem Zweckverband sowie
– einer Stiftung

und dabei so austariert, dass sich diese Ebenen optimal ergänzen. Das Konzept trägt daher auch den Untertitel: „Stiftung hessischer Krankenhäuser“. Die Graphik veranschaulicht in einer vereinfachten Darstellung dieses Grundmodell.

© Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

Der Verbund von Kliniken ist ein überregionaler, auf Wachstum ohne Größenbegrenzung ausgerichteter Zusammenschluss öffentlicher Krankenhäuser. Die durch ihn erzielbaren Synergien in den „Tertiärbereichen“ steigen mit der Größe des Verbunds. Vorbild ist dabei sicherlich ein Stück weit die Organisationsstruktur privater Krankenhausträger, die in der Vergangenheit immer wieder bewiesen haben, dass durch schlagkräftige Verbünde signifikante Synergien realisiert werden können, die das Überleben und den nachhaltigen Erfolg der Häuser sichern. Die Grundstruktur des vorgeschlagenen Modells lässt sich wie folgt skizzieren:

1. Management-Holding GmbH

Die teilnehmenden Kommunen bringen die Geschäftsanteile an „ihrer“ Krankenhausgesellschaft mehrheitlich, beispielsweise zu 94 %, in die Management-Holding GmbH ein. Jede Kommune behält einen Zwerganteil an „ihrer“ Krankenhausgesellschaft zurück, der ihr Sonderrechte, wie beispielsweise Einziehungsrechte zur Absicherung von Insolvenztatbeständen, gewährt.

Die Management-Holding GmbH steuert den Verbund und trifft die wesentlichen unternehmenspolitischen und auch operativen Entscheidungen. Ihre Aufgabe ist insbesondere die Entwicklung, ständige Optimierung und Harmonisierung der medizinischen und wirtschaftlichen Konzepte sowie der Personalkonzepte ihrer Tochtergesellschaften, die originäre Betreiber der jeweiligen Krankenhäuser sind. Durch aufeinander abgestimmte Konzepte lassen sich überflüssige Doppelvorhaltungen reduzieren. Stattdessen bleibt Raum für medizinische Schwerpunktbildung, die Garant für eine hochwertige Medizin und damit einhergehend für eine solide Auslastung der Krankenhäuser ist.

Da das neue Unternehmen auf eine eigenständig wirtschaftlich tragfähige Grundlage gestellt werden soll, ist bei Einbringung der Häuser eine Bereinigung aufgelaufener Belastungen im Wege einer Entschuldung durch die Altträger vorzunehmen. Daran soll sich jedoch auch die Management-Holding GmbH als aufnehmender Partner der Krankenhäuser entsprechend beteiligen, übernimmt sie doch mit den Krankenhäusern auch erhebliche wirtschaftliche Werte und profitiert im späteren Verlauf von ihrer wirtschaftlichen Sanierung.

2. Zweckverband

Damit die einzelnen Kommunen nicht länger mit dem Versorgungsauftrag gemäß § 3 Hessisches Krankenhausgesetz („HKHG“) belastet sind, schließen sich die Sicherstellungsverpflichteten (d. h. die Landkreise und kreisfreien Städte) zu einem Zweckverband zusammen und übertragen ihre einzelnen Sicherstellungsaufgaben gem. § 8 des Gesetzes über kommunale Gemeinschaftsarbeit („KGG“) auf diesen. Der Zweckverband ist damit Verpflichteter der hoheitlichen Aufgabe „Sicherstellungsauftrag“.

Zur Absicherung des ihm obliegenden Sicherstellungsauftrags ist der Zweckverband mit einer Minderheitsbeteiligung an der Management-Holding GmbH beteiligt. Hierüber stehen dem Zweckverband ebenfalls Sonderrechte zu, beispielsweise Heimfallrechte oder Vetorechte gegen Maßnahmen, die die Erfüllung des Sicherstellungsauftrags gefährden können. Aufgabe des Zweckverbands ist es hingegen nicht, über Fragen des operativen Geschäfts, insbesondere der medizinischen Ausrichtung des Verbunds, zu entscheiden.

3. Stiftung

Aufgabe der Stiftung ist die Zweck- und Vermögensbindung und die umfassende Förderung des Sicherstellungsauftrags, d. h. die Garantie der Bindung und Verwendung des eingebrachten und gebildeten Vermögens entsprechend dem Stiftungszweck. Diese Aufgaben werden in dem in der Stiftungssatzung geregelten Stiftungszweck festgeschrieben. Der Stiftungszweck ist das Herzstück der Stiftung. Die Besonderheit liegt darin, dass der Stiftungszweck nach Anerkennung der Stiftung der Disposition sowohl des Stifters als auch der Stiftungsorgane grundsätzlich entzogen ist und damit quasi „verewigt“ wird. Die Stiftung hat sich frei von politischen Erwägungen ausschließlich an der bestmöglichen Umsetzung des Stiftungszwecks, nämlich der Förderung des Sicherstellungsauftrags, zu orientieren. Um dieses Ziel zu erreichen, bietet die Stiftung maximale Flexibilität bei der Gestaltung ihrer Organbesetzung. So ist es beispielsweise möglich, dass der Stiftungsvorstand durch externe Dritte, etwa durch im Bereich Medizin oder Gesundheitsökonomie besonders fachkundige Personen oder Einrichtungen, bestellt wird. Aber auch der Vorstand selbst kann im Wege der Kooptation die Nachfolge eines ausscheidenden Vorstandsmitglieds bestimmen.

Die Förderung des Sicherstellungsauftrags durch die Stiftung erfolgt durch eine entsprechende Ausübung ihrer Gesellschafterrechte als Mehrheitsgesellschafterin der Management-Holding GmbH.

Warum sollte eine Kommune mitmachen und ihr Krankenhaus in einen kommunalen Verbund einbringen?

Die Antwort auf diese Frage lautet: Weil durch den Verbund eine qualitativ bessere Erfüllung des Versorgungsauftrags zu wirtschaftlicheren Bedingungen im Rahmen einer Wertepartnerschaft öffentlicher Krankenhäuser erfüllt wird.

Das Konzept in der Praxis

Geplant ist, das Konzept mit den Kommunen und anderen Beteiligten in den kommenden Monaten zu diskutieren. Parallel dazu wird das Land Hessen mit Unterstützung von Luther das Konzept mit verschiedenen Behörden – etwa dem Bundeskartellamt und der EU-Kommission – abstimmen. Ausführliche Informationen zum Konzept selbst bietet die Kurzfassung auf der Homepage des Hessischen Sozialministeriums (www.hsm.hessen.de) oder auf der Homepage der Luther Rechtsanwaltsgesellschaft (www.luther-lawfirm.com).

 

Thomas Köhler

Rechtsanwalt und Partner Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Frankfurt am Main
 

Claudia Strohe

Rechtsanwältin und Partnerin Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH Leiterin des Bereichs Health Care & Medical, Frankfurt am Main
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