Weiterentwicklung der Walderklärung der Landesregierung und der Vertretungen der Waldbesitzenden
Walderklärung wird weiterentwickelt
Weiterentwicklung der Walderklärung der Landesregierung und der Vertretungen der Waldbesitzenden
Walderklärung wird weiterentwickelt
Die Walderklärung der Landesregierung und der Vertretungen der Waldbesitzenden vom 11.06.2019 wird evaluiert und inhaltlich weiterentwickelt. Aus Sicht des Gemeinde- und Städtebundes hat sie sich als erfolgreicher Ansatz erwiesen. Die Walderklärung bildet den strategischen Gesamtrahmen für die rheinland-pfälzische Waldpolitik im Kontext der gravierenden Schäden in Folge des fortschreitenden Klimawandels.
Als konkrete Erfolge sind insbesondere eingetreten:
– Im Rahmen der erweiterten GAK-Förderung stellt das Land den erforderlichen Kofinanzierungsanteil von 40 % bereit.
– Bei den Revierdienstkosten im Gemeindewald kommt ein Aufteilungsverhältnis zwischen forstbetrieblichen und gemeinwohlorientierten Aufgaben von 60 % zu 40 % (vormals 70 % zu 30 %) zur Anwendung, d. h., das Land trägt 40 % der Revierdienstkosten. Die klimawandelbedingten Waldschäden bedingen eine Aufgabenmehrung v. a. bei der Verkehrssicherungspflicht, bei Waldschutzmaßnahmen sowie bei der biologischen Produktion.
– Die Gebührenregelung bei den Revierdienstkosten wird auf körperschaftliche Forstbetriebe erweitert, deren mittelfristige Betriebsplanung einen Hiebssatz von weniger als drei Festmetern je Hektar Holzbodenfläche und Jahr aufweist. Der Wechsel von umlagebezogenen Betriebskostenbeiträgen hin zu betriebsindividuellen Gebührensätzen bedeutet für ertragsschwache Forstbetriebe, gerade vor dem Hintergrund der klimawandelbedingten Waldschäden, eine Entlastung bei den Revierdienstkosten. Diese kommt allerdings ausschließlich Gemeinden und Städten zugute, die staatliche Bedienstete einsetzen.
– Eine Fördervorschrift für die Anlage von Löschwasserentnahmestellen wird geschaffen, da das Waldbrandrisiko auch in Rheinland-Pfalz steigt.
– Anknüpfend an die Nachhaltigkeitsprämie Wald im Jahr 2020 erfolgt mit dem Förderprogramm „Klimaangepasstes Waldmanagement“ des Bundes ab dem Jahr 2022 ein Einstieg in die Honorierung der Ökosystemleistungen des Waldes. Damit wird die Festlegung in der Walderklärung, auf eine angemessene Teilnahme an den durch die CO2-Bepreisung eingenommenen Mitteln hinzuwirken, aufgegriffen.
– Der Einsatz des nachwachsenden Rohstoffs und klimafreundlichen Baustoffs Holz wird über die Landes-Holzbau-Offensive und das Klimabündnis Bauen unterstützt.
Kein Erfolg konnte im Ergebnis bei der dringend erforderlichen Unterstützung der Waldbesitzenden hinsichtlich der Verkehrssicherungspflicht entlang öffentlicher Straßen erzielt werden. Die im Jahr 2019 abgeschlossene Kooperationsvereinbarung zwischen LBM und Landesforsten musste 2022 wieder gekündigt werden. Ursächlich war eine von den Intentionen der Vereinbarung abweichende Lesart des LBM.
Der maßgebliche Erfolgsmaßstab bzgl. der Walderklärung ist aus Sicht des Gemeinde- und Städtebundes, ob konkrete Maßnahmen umgesetzt werden, die zu einer Unterstützung von Wald und Waldbesitzenden im Klimawandel beitragen und vor Ort positive Wirkungen entfalten. Wichtige Erfolgsfaktoren der Walderklärung 1.0 sind ihre klare Adressierung und das konkrete Arbeitsprogramm mit Umsetzungsschritten.
Hemmnisse treten dann auf, wenn weitere Akteure mit unterschiedlicher Betrachtungsweise und abweichenden Interessen einzubeziehen sind.
Walderklärung 2.0
Waldbezogene politische Programme sind vermehrt auf EU-Ebene und auf Bundesebene verortet. Eine Walderklärung der Landesregierung und der Vertretungen der Waldbesitzenden in Rheinland-Pfalz verliert im Sinne der angesprochenen Erfolgsfaktoren und Erfolgsmaßstäbe damit fast zwangsläufig an unmittelbarer Wirksamkeit.
Gleichwohl gilt es auf allen Ebenen gemeinsam für die Rechte der Waldbesitzenden, für die Berücksichtigung der verschiedenen Nutzungsansprüche an den Wald als Bestandteile einer nachhaltigen, multifunktionalen Forstwirtschaft sowie für Subsidiarität und Vielfalt einzutreten. Vorgaben müssen umsetzbar sein und eine aktive Waldbewirtschaftung ermöglichen. Weniger Ordnungsrecht und bürokratische Regelungen, dafür mehr Unterstützung und Anreize zur Schaffung klimastabiler, ökologisch hochwertiger Mischwälder.
Zielführend könnte sein, der Walderklärung 2.0 einige derartige Leitlinien, die für den kooperativen Ansatz der Forstpolitik in Rheinland-Pfalz maßgeblich sind, voranzustellen. Als konkrete Zielsetzungen kommen aus Sicht des Gemeinde- und Städtebundes für die Walderklärung 2.0 in Betracht (Stichworte):
– Dauerhaftes, verlässliches System der Honorierung von Ökosystemleistungen des Waldes für alle Waldbesitzarten. Grundsatz „Öffentliches Geld für öffentliche Leistungen“. Rechtssicherheit und Planbarkeit. Gemeinwohlausgleich unabhängig von Haushaltsvorbehalten. Administrative Umsetzbarkeit gewährleisten.
– Angebot einer Teilnahme am freiwilligen CO2-Zertifikatehandel für kommunale und private Waldbesitzende. Auf der Basis von Rechtssicherheit, Transparenz und Nachvollziehbarkeit. Als Referenz dienen die Pilotprojekte von Landesforsten.
– Langfristig angelegte maßnahmenbezogene Förderung des Waldumbaus hin zu klimaresilienten Wäldern. Übernahme der 40 %-igen Kofinanzierung seitens des Landes.
– Abbau von bürokratischen Hemmnissen bei der Förderung. Verstärkte Digitalisierung.
– Entschädigungspflicht bei naturschutzbedingten Nutzungseinschränkungen und Nutzungsverboten.
– Vertragsnaturschutz und freiwillige Vereinbarungen zur Umsetzung besonderer Umweltleistungen im Wald (vergleichbar Agrarumweltleistungen). Focus NATURA 2000-Gebiete. Klimawandelbedingte Ökosystemdrift thematisieren.
– Entlastung der Waldbesitzenden bei der Verkehrssicherungspflicht entlang öffentlicher Straßen. Ziel: gesetzliche Regelung. Für den Übergang: spezielles Förderprogramm des Landes.
– Langfristige angelegte und auskömmliche Förderung der Holzvermarktungsorganisationen des Kommunal- und Privatwaldes. Zusammenarbeit von kleinstrukturierten Waldbesitzenden unter den Rahmenbedingungen der klimawandelbedingten Waldschäden. Selbsthilfeeinrichtungen ohne Gewinnerzielungsabsicht. Verbindung zu Waldpflege und klimaresilientem Waldumbau thematisieren.
– Verstärkte interkommunale Zusammenarbeit bei der Waldbewirtschaftung (§ 30 LWaldG). Effektive Betriebsstrukturen durch Selbsthilfemaßnahmen (auf freiwilliger Basis). Vorteile für Gemeinden, Forstreviere und Forstämter. Verbesserung der Förderung und Etablierung gezielter Hilfestellungen (Vermögensbewertung, Verteilungsschlüssel etc.). Umfassende Gleichstellung öffentlich-rechtlicher Zusammenschlüsse mit privatrechtlichen Zusammenschlüssen bzgl. der Förderfähigkeit.
– Etablierung der Kennzeichnung von regionalem Holz (Label „Holz von Hier“). Transparenz, Klimaschutz, Finanzierung der Waldpflege und des Waldumbaus, regionale Identität, Arbeitsplätze im ländlichen Raum sind Vorteile.
– Intensivierung und Verstetigung der Nachwuchskräftegewinnung im Interesse aller Waldbesitzarten. Notwendigkeit qualifizierter Forstleute in ausreichender Zahl. Hinreichend attraktive Besoldungsstruktur im Ländervergleich („Technischer Dienst“). Gezielte Weiterbildung örtlicher Forstbediensteter in kommunalen Belangen, insbesondere wenn der Vorbereitungsdienst nicht in Rheinland-Pfalz absolviert wurde. Planvolle Weitergabe von Erfahrungswissen.
– Etablierung waldgesetzlicher Vorschriften bzgl. des Einsatzes privater Forstdienstleistungsunternehmen bei Revierleitung und Revierdienst im Kommunalwald (z. B. Sachkunde, örtliche Präsenz, Kontinuität, Zusatzleistungen).
– Anpassung jagdrechtlicher Vorschriften an die Erfordernisse einer klimaresilienten Waldentwicklung. Personelle Unterstützung des Informations- und Beratungsangebots für ehrenamtlich tätige Jagdvorsteher und Ortsbürgermeister beim Gemeinde- und Städtebund. Der Ansatz des Gesetzgebers, die Jagdrechtsinhaber zu stärken, erfordert gezielte Hilfestellungen und fachliche Beratung.
Der Gemeinde- und Städtebund Rheinland-Pfalz kann seine Mitglieder für die in der Walderklärung 2.0 angesprochenen Handlungsfelder und Maßnahmen sensibilisieren und zu begleitender Unterstützung vor Ort animieren. Auf Landesebene kann der Verband in seiner Funktion als kommunaler Spitzenverband bei Landtag, Fraktionen, Ministerien und Verbänden im Sinne der Walderklärung werben. Über die kommunalen Vertretungen auf Bundesebene und auf EU-Ebene bestehen zumindest Einflussmöglichkeiten.
Ein wesentlicher Erfolgsmaßstab ist, wie bei der Walderklärung 1.0, dass sich für Wald und Waldbesitzende vor Ort ganz konkrete Verbesserungen einstellen.
Entnommen aus Gemeindeverwaltung Rheinland-Pfalz 10/2024, Rn. 80.