22.11.2018

Virtuelles Hausrecht

LG Frankfurt: Facebook darf Hasskommentator sperren

Virtuelles Hausrecht

LG Frankfurt: Facebook darf Hasskommentator sperren

Wie sollen Netzwerke gegen Hate Speech vorgehen? | © promesaartstudio - Fotolia
Wie sollen Netzwerke gegen Hate Speech vorgehen? | © promesaartstudio - Fotolia

Eine neue Entscheidung zum virtuellen Hausrecht von Facebook: Das LG Frankfurt a.M. hat nun – anders als zuvor das OLG München – entschieden, dass Facebook strengere Maßstäbe an Kommentare stellen darf als der Staat. Selbst wenn ein Kommentar unter die Meinungsfreiheit fällt, darf das Netzwerk unter Berufung auf seine eigenen Regeln gegen den Kommentator vorgehen.

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Facebook-Beitrag zu Chemnitz-Krawall

In dem Fall ging es um einen Nutzerbeitrag unter einem bei Facebook geposteten Artikel der „Welt“. Der Welt-Beitrag war mit „Eskalation in Dresden – 50 Asylbewerber attackieren Polizisten – Beamte werden getreten und geschlagen“ betitelt. Ein offensichtlich im einschlägigen politischen Milieu angesiedelter Mann setzte darunter folgenden Kommentar ab:

„Wasser marsch, Knüppel frei und dann eine Einheit Militärpolizisten! Dann ist schnell Ruhe! Und jeden ermittelten Gast Merkels ab in die Heimat schicken.“


Facebook wertete diese Aussage nach seinen Nutzungsbedingungen als „Hassrede“ und sperrte den Account für 30 Tage. Mit einem Eilantrag gegen diese Sperrung ist der Kommentator nun gescheitert (Landgericht [LG] Frankfurt a.M., Beschl. v. 10.09.2018, Az. 2-03 O 310/18).

Hassrede-Verbot als AGB Bestandteil des Nutzungsvertrags

Die Richter führten in ihrem Beschluss aus, dass Facebook in seinen Nutzungsbedingungen (AGB) Beiträge, die als Hassrede zu werten sind, verboten hat und sich selbst das Recht zur Löschung dieser Kommentare bzw. des Nutzer-Accounts zugebilligt hat. Die Richter sahen die streitgegenständliche Äußerung als solche Hassrede an, da durch die Aussage zur Gewalt gegen Flüchtlinge aufgerufen wird. Die Sperrung des Accounts sei damit rechtmäßig gewesen – auch, wenn die Äußerung unter den Schutz der Meinungsfreiheit aus Art. 5 Grundgesetz (GG) falle.

Grundsätzlich sei der Beitrag noch von Art. 5 GG gedeckt gewesen, weil dieser immerhin noch im Sachzusammenhang mit dem Welt-Artikel erfolgt sei, so das LG Frankfurt. Anders als das OLG München ging die Richter nun aber davon aus, dass Facebook die Grundrechte gerade nicht in gleichem Maße zu beachten habe wie der Staat. Vielmehr könne sich das Netzwerk selbst auf den Schutz der Berufsfreiheit aus Art. 12 GG berufen, der sein Interesse am Betrieb der Plattform schütze. Und weil die Meinungsfreiheit in Kommentarspalten zunehmend missbraucht würde, müsse das Netzwerk das Recht haben, entsprechende Kommentare mittels der eigenen Nutzungsbedingungen und deren Durchsetzung einzuschränken.

Facebook muss Meinungsfreiheit nicht so stark berücksichtigen wie der Staat

Zur Begründung dieser Auslegung brachten die Richter an, dass solch störendes Verhalten und das vermehrte Aufkommen von „Hate Speech“ in verschiedenen sozialen Netzwerken zur Schließung ebenjener Foren geführt hat (u. A. Amazon, LTO etc.). Facebooks Grundrecht auf Schutz der Berufsausübung sei hier also mehr als nur gefährdet. Wenn ein soziales Netzwerk aufgrund von Hassrede und beleidigenden Kommentaren keine Nutzer mehr für sich gewinnt, sei aber der weitere wirtschaftliche Betrieb in Gefahr. Demgegenüber könne es in solchen – von Facebook klar definierten – Fällen von Hassrede auch die Meinungsfreiheit des Nutzers einschränken.

Selbst der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) habe in einer Entscheidung Nachrichtenportalen bzw. Plattformen erlaubt, wirksame Maßnahmen gegen Beiträge zu treffen, die Hassrede enthalten (Urteil v. 16.06.2015, Az. 64569/09).

 

Christian Solmecke

LL.M, Rechtsanwalt und Partner, Medienkanzlei WILDE BEUGER SOLMECKE, Köln

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