15.12.2016

Verfahren gegen Facebook-Chef Zuckerberg

Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Beihilfe zur Volksverhetzung

Verfahren gegen Facebook-Chef Zuckerberg

Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Beihilfe zur Volksverhetzung

Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Facebook wegen Beihilfe zur Volksverhetzung. | © Manuel Schönfeld - Fotolia
Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Facebook wegen Beihilfe zur Volksverhetzung. | © Manuel Schönfeld - Fotolia

Die Staatsanwaltschaft München ermittelt nun erstmalig gegen den Facebook-Chef Mark Zuckerberg sowie gegen neun weitere Facebook-Manager wegen Beihilfe zur Volksverhetzung. Eine Strafanzeige des Würzburger Rechtsanwalts Chan-jo Jun hat das Verfahren ausgelöst. Bereits im Februar 2016 hatten die IT-Anwälte Christian Solmecke und Chan-jo Jun gemeinsam Strafanzeige gegen Facebook-Chef Mark Zuckerberg gestellt.

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Offensichtlich illegale Postings

Schon seit geraumer Zeit wird von Juristen, Datenschützern und Politikern scharfe Kritik am Geschäftsgebaren Facebooks geäußert – vor allem in Bezug auf die rechtlich völlig unzureichende Löschung von offensichtlich illegalen Postings. Mark Zuckerberg selbst räumte bereits kritisch ein, dass sein Konzern im Umgang mit Hass-Postings keinen ausreichend guten Job gemacht habe. Dabei ist es rechtlich eindeutig: Facebook ist verpflichtet, rechtswidrige Inhalte unverzüglich von seinen Seiten zu entfernen, sobald es davon Kenntnis erhält!

Facebook verbreitet leider weiterhin Inhalte, die gegen deutsches Recht verstoßen. Der Verfasser selbst und IT-Anwalt Chan-jo Jun hatten bereits im Februar über 300 Fälle gesammelt, die jeweils gegen deutsches Recht verstießen, aber angeblich nicht gegen die Facebook-Gemeinschaftsrichtlinien. Facebook behauptet zwar weiterhin, deutsches Recht anzuwenden, verbreitet aber dennoch Gewaltdarstellungen, Gewaltaufrufe, Hetze und Propaganda von Terrororganisationen.


Das Problem dabei ist: Facebook weigert sich leider zumeist immer noch, in diesen Fällen gegen beanstandete Äußerungen nach Kenntnis vorzugehen und die jeweiligen Inhalte zu löschen. Der bislang erzeugte Druck auf den Social-Media-Giganten hat Facebook zwar zu Bekenntnissen bewegt, die Resultate allerdings sind weiterhin mangelhaft.

Einstellung gegen in Deutschland tätige Manager und Geschäftsführer

Zuvor richteten sich die Anzeigen nur gegen in Deutschland tätige Manager, den Europachef Martin Ott und die drei Geschäftsführer der Facebook Germany GmbH. Bei den GmbH-Geschäftsführern sah die Staatsanwaltschaft allerdings keine Verantwortung und stellte das Verfahren ein. Begründung: Das Finanzieren des Portals sei keine Beihilfe für die Verbreitung der Inhalte. Zur Einstellung des Verfahrens gegen den Nordeuropa- und Deutschland-Geschäftsführer Ott sagte die Staatsanwaltschaft, es sei ermittelt worden, dass „Ott Angestellter der Facebook Germany GmbH ist, die lediglich für die Akquise zuständig ist und nicht für die Überprüfung der Inhalte”.

Da die Staatsanwaltschaft ganz offensichtlich nicht gegen die Facebook-Verantwortlichen der deutschen GmbH ermitteln wollte, erstatteten die IT-Anwälte Christian Solmecke und Chan-jo Jun bereits im Februar Strafanzeige gegen Facebook-Chef Mark Zuckerberg persönlich. Sie machten bereits damals deutlich, dass „für Straftaten, die in einem Unternehmen begangen werden, die Handelnden und deren Vorgesetzte verantwortlich sind, und Mark Zuckerberg als Vorstandsvorsitzender der Facebook Inc. der höchste Manager ist”. Selbstverständlich muss jemand bei Facebook für die nicht gelöschten Beiträge verantwortlich gemacht werden können. Denn dort, wo Straftaten begangen worden sind, müssen auch die Täter ermittelt werden.

Die Strafanzeige führte damals leider noch nicht zum erwünschten Ergebnis, da sich die Beschuldigten außerhalb des Zuständigkeitsbereichs der deutschen Justiz aufhielten, so die Begründung der Staatsanwaltschaft Hamburg. Die IT-Anwälte machten jedoch stets deutlich, dass dieses Thema nicht nur angegangen werden muss, sondern dringend einer endgültigen Klärung bedarf.

Nun ermittelt erstmalig die Münchener Staatsanwaltschaft

Jetzt kommt endlich neuer Wind in die Angelegenheit. Dank der Hartnäckigkeit des Würzburger IT-Anwalts Jun ermittelt nun erstmalig die Münchener Staatsanwaltschaft. Die Staatsanwaltschaft München hat ein Ermittlungsverfahren gegen Mark Zuckerberg und neun weitere Facebook-Manager wegen Volksverhetzung eingeleitet. Darunter befinden sich unter anderem Zuckerbergs Geschäftsführerin Sheryl Sandberg sowie der Europa-Cheflobbyist Richard Allan und dessen Berliner Kollegin Eva-Maria Kirschsieper.

Gegen die Beschuldigten wurde ein Ermittlungsverfahren wegen Beihilfe zur Volksverhetzung eingeleitet. Neben der Einleitung des Verfahrens gegen die Beschuldigten will Jun zudem erreichen, dass Facebook eine empfindliche Millionenstrafe zahlen muss. Noch im März hatte der Hamburger Generalstaatsanwalt die Aufnahme von Ermittlungen gegen Facebook und seine Manager mit der Begründung verweigert, deutsches Recht sei nicht anwendbar. Das sieht man in Bayern anders. Auf Anfrage von Jun an den Bayerischen Justizminister Winfried Bausback ließ dieser erklären, dass die Hamburger Auffassung falsch sei und deutsches Recht auf einzelne Taten durchaus Anwendung finde.

Offene Fragen

Jetzt muss unter anderem die höchst aktuelle und offene Frage beantwortet werden, ob die bisherigen Gesetze ausreichen oder ob sie verändert werden müssen, um Facebook zur Beachtung der deutschen Grundrechte zu verpflichten. Bisher hat sich die Justiz damit schwergetan. Unterstützung gibt es jetzt auch von Spitzenpolitikern, die gerade in den vergangenen Wochen wiederholt Sanktionen gegen Facebook gefordert haben. Die Eröffnung des Ermittlungsverfahrens ist in jedem Fall ein wichtiger Etappensieg, da das letzte Verfahren an dieser Stelle steckengeblieben war. Erstmals besteht auch der politische Wille, gegen Facebook mit Sanktionen vorzugehen.

 

Christian Solmecke

LL.M, Rechtsanwalt und Partner, Medienkanzlei WILDE BEUGER SOLMECKE, Köln
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