08.04.2020

Maria Rita Zinnecker: Frauen in Führungsfunktionen

PUBLICUS-Interview

Maria Rita Zinnecker: Frauen in Führungsfunktionen

PUBLICUS-Interview

Kommunalpolitiker engagieren sich in höchstem Maße für das Wohlergehen der Bürgerinnen und Bürger. | © LI.KE
Kommunalpolitiker engagieren sich in höchstem Maße für das Wohlergehen der Bürgerinnen und Bürger. | © LI.KE

Frauen in Führungsfunktionen sind – auch in der Politik – eher noch selten. Wir sprachen über diese Tatsache und über aktuelle Herausforderungen mit Maria Rita Zinnecker, eben wiedergewählte Landrätin des Landkreises Ostallgäu (Bayern).

PUBLICUS: Frau Landrätin, zunächst herzlichen Glückwunsch zu Ihrer überzeugenden Wiederwahl. Wie schafft man es, sich gegen drei Mitbewerber, darunter zwei männliche, mit 55,61 Prozent durchzusetzen?

Zinnecker: Vielen Dank. Ich denke, dass wir hier im Landkreis und im Landratsamt in den vergangenen sechs Jahren gute Arbeit für das Ostallgäu geleistet haben. Und das haben die Bürgerinnen und Bürger bei der Kommunalwahl dankenswerter Weise belohnt.



PUBLICUS:
Was würden Sie Frauen an Strategien empfehlen, die sich für eine Führungsfunktion interessieren?

Zinnecker: Ich würde ihnen raten, sich ganz einfach durch gute Arbeit, Hartnäckigkeit und Durchsetzungsvermögen zu empfehlen. Das wird am Ende in den allermeisten Fällen belohnt.

PUBLICUS: Hatten Sie Akzeptanzprobleme im Landratsamt und extern, als Sie vor sechs Jahren erstmals zur Landrätin gewählt wurden?

Zinnecker: Nein. Ich wurde vom Team hier im Landratsamt ebenso offen und freundlich aufgenommen wie von den meisten Bürgermeistern und Landratskollegen.

PUBLICUS: Wie behauptet man sich in der nach wie vor weitgehenden Männerriege der bayerischen Landräte? Hat man als Frau da vielleicht sogar einen Vorteil?

Zinnecker: Ich will das gar nicht so sehr auf die unterschiedlichen Herangehensweisen von Männern und Frauen reduzieren. Am Ende zählt einfach nur, was Du machst in so einer Position. Und wenn es gut ist, dann ist es auf Deutsch gesagt egal, ob Du Mann oder Frau bist. Dann akzeptieren und respektieren es alle.

PUBLICUS: Wie lässt sich der Frauenanteil in Führungsfunktionen – auch in der Politik steigern? Was halten Sie von einer Frauenquote?

Zinnecker: Das lässt sich vermutlich nicht erzwingen – auch nicht mit einer verordneten Quote. Natürlich kann die sinnvoll sein, wenn sich in absehbarer Zeit nichts bewegt. Was nicht heißen soll, dass wir uns nicht bemühen, mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen, denn die weibliche Sicht auf die Dinge ist auch eine wertvolle. Der Landkreis Ostallgäu hat beispielsweise eine Kursreihe entworfen, die Frauen im Landkreis ermutigen soll, sich für politische Gremien und Bürgermeisterposten zu bewerben. Dabei haben erfahrene Kommunalpolitikerinnen die Teilnehmerinnen an die Hand genommen und ihnen Tipps gegeben. Natürlich ist das erst ein Anfang und wir haben noch einen langen Weg vor uns, denn auch heutzutage sind die gesellschaftlichen Voraussetzungen noch nicht so weit, dass besonders viele Frauen mit Familie überhaupt Zeit für diese Positionen haben.

PUBLICUS: (Kommunal-)Politiker haben ja zunehmend mit Anfeindungen und Beleidigungen zu tun. Meinen Sie, dass es Frauen noch stärker trifft als Männer?

Zinnecker: Eine Expertenanhörung im Innenausschuss des Landtags im November hat ergeben, dass besonders Frauen im Visier stehen. Also ist die Antwort ja. Diese Anfeindungen sind generell absolut unerträglich – egal, ob gegen Männer oder Frauen. Kommunalpolitiker engagieren sich in höchstem Maße für das Wohlergehen der Bürgerinnen und Bürger. Dass nicht jedem jede Maßnahme gefällt, das ist doch klar. Kritik und konstruktive Diskussion sind selbstverständlich möglich, Beleidigungen oder gar Drohungen aber völlig inakzeptabel. Wir müssen uns als Gesellschaft gegen die Verrohung zusammen und konsequent engagieren.

PUBLICUS: Wurden Sie selbst schon Ziel von Anfeindungen und Beleidigungen? Wie gingen Sie ggf. damit um? Was empfehlen Sie bei solchen Attacken?

Zinnecker: Nein, glücklicherweise ist mir das bislang nicht passiert. Wenn es aber geschehen sollte, dann würde ich mit aller Macht dagegen vorgehen – wenn es sein muss auch straf- oder zivilrechtlich.

PUBLICUS: Frau Landrätin, Zeit zum Feiern blieb wohl nicht viel. Der Corona-Virus hält Sie als Chefin eines Landratsamtes und damit der unteren Katastrophenschutzbehörde auf Trab. Was fordert Sie hierbei momentan am meisten?

Zinnecker: Für ein kurzes Anstoßen nach dem Wahlsieg war natürlich Zeit, aber inzwischen beschäftigt uns die Corona-Krise wieder voll und ganz. Wir sind derzeit auf so vielen Ebenen gefordert. Wir müssen hier im Haus die Abläufe neu organisieren, um den Dienstbetrieb aufrecht zu erhalten. Zudem erreichen uns täglich auf unserer Corona-Hotline Hunderte Anrufe von Bürgerinnen und Bürgern, die in Sorge sind. Inzwischen rufen auch viele Unternehmerinnen und Unternehmer bei unserer Wirtschaftsförderung an, die wissen wollen, wo sie finanzielle Hilfe bekommen können. Es ist eine absolute Ausnahmesituation und ich hoffe sehr, dass wir sie meistern.

PUBLICUS: Frau Landrätin, wir danken Ihnen für das Interview. 

 
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