15.12.2020

Kamera läuft!

Beschäftigte des öffentlichen Dienstes als Komparsen und Kleindarsteller in Film und Fernsehen

Kamera läuft!

Beschäftigte des öffentlichen Dienstes als Komparsen und Kleindarsteller in Film und Fernsehen

Komparsen des Films Contra mit Hauptdarsteller Christoph Maria Herbst | © Constantin Film AG
Komparsen des Films Contra mit Hauptdarsteller Christoph Maria Herbst | © Constantin Film AG

In manchem Beschäftigten des öffentlichen Dienstes schlummert ein verborgener Traum:
Einmal den nüchternen Behördenalltag hinter sich lassen und in die spannende Medienwelt eintauchen, einmal selbst vor der Kamera stehen und von anderen in Film und Fernsehen wahrgenommen zu werden, das wäre doch etwas! Eine realistische Möglichkeit, dem Wunsch nach einer Schauspielkarriere ein wenig näherzukommen, ist eine Tätigkeit als Komparse oder Kleindarsteller in Film oder Fernsehen. Eine Tätigkeit als Komparse setzt in der Regel keine besondere Vorerfahrung, aber ein erfolgreich durchlaufenes Casting voraus, während für eine Tätigkeit als Kleindarsteller gewisse schauspielerische Fähigkeiten wünschenswert sind. Beide Tätigkeitsformen lassen sich zeitlich meist gut mit einer Haupttätigkeit im öffentlichen Dienst, z. B. durch die Inanspruchnahme tageweisen Urlaubs, vereinbaren. In Teilbereichen besteht sogar eine spezifische Nachfrage nach Beschäftigten des öffentlichen Dienstes, wenn diese in einer Rolle ihren wirklichen Beruf darstellen sollen (z. B. Polizistinnen und Polizisten in Doku-Soaps und Scripted-Reality-Formaten).

Wartebereich für Komparsen (mit mobilem Requisitenlager, Cateringwagen etc.). © Jens M. Strömer

Komparsen tauchen meist nur im Hintergrund auf oder gehen kurz durchs Bild, sie sprechen nicht oder allenfalls nicht wahrnehmbar im Hintergrund, ihre Mimik und Gestik haben keine nennenswerte Bedeutung für die Handlung. Anders verhält es sich bei Kleindarstellern: Bei ihnen können Mimik und Gestik eine besondere Bedeutung haben, sie können durchaus kleinere Sprechrollen übernehmen und ihrem Text eine persönliche Note geben. Dienstrechtlich sind Beschäftigte des öffentlichen Dienstes verpflichtet, ihre Beschäftigungsbehörde vor Aufnahme einer (bezahlten) Tätigkeit als Komparse oder Kleindarsteller in bestimmter Weise einzubinden. Die Beschäftigungsbehörde muss nämlich prüfen können, ob die Nebentätigkeit in Art und Umfang mit der Tätigkeit im öffentlichen Dienst vereinbar ist. Wie Beschäftigte des öffentlichen Dienstes ihre Beschäftigungsbehörden einbinden müssen, richtet sich nach dem künstlerischen Anspruch der Tätigkeit, weil künstlerische Tätigkeit unter dem verfassungsrechtlichen Schutz der Kunstfreiheit steht (Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG). Einfachgesetzlichen Niederschlag findet der besondere Schutz der Kunstfreiheit darin, dass eine künstlerische Nebentätigkeit nach den dienstrechtlichen Vorschriften des Bundes und der Länder lediglich anzeigepflichtig ist, während eine nicht künstlerische Nebentätigkeit in der Regel genehmigungspflichtig ist. Deshalb ist eine Tätigkeit als Kleindarsteller in der Regel nur anzeigepflichtig, während eine Tätigkeit als Komparse meist genehmigungspflichtig ist. In der Praxis stellt sich aber bisweilen das Problem, das Mitwirkende vor einem Dreh nicht genau wissen können, ob sie als Komparse oder als Kleindarsteller eingesetzt werden. Die Realität am Filmset ist häufig von spontanen Entscheidungen der Regie bzw. der Regieassistenz geprägt. Teilweise wird erst während eines Drehs spontan entschieden, wie jemand konkret eingesetzt wird.


 

Für die Praxis empfiehlt sich daher folgendes Vorgehen:

Ist offen, ob ein Einsatz als Komparse oder als Kleindarsteller vorgesehen ist, sollte pauschal ein Antrag auf Genehmigung einer nichtkünstlerischen Nebentätigkeit als Komparse gestellt werden. Sollte es beim Dreh dann dennoch zu einem Einsatz als Kleindarsteller kommen, kann man mit guten Gründen argumentieren, dass in einem Antrag auf Genehmigung einer nichtkünstlerischen Tätigkeit als Komparse eine Anzeige einer künstlerischen Tätigkeit als Kleindarsteller enthalten ist. Ebenso dürfte es nebentätigkeitsrechtlich unschädlich sein, wenn ursprünglich nur ein Einsatz als Komparse vorgesehen war und man deshalb eine Genehmigung einer nichtkünstlerischen Nebentätigkeit als Komparse eingeholt hat, aber es dann doch zu einem Einsatz als Kleindarsteller gekommen ist.

Ist von vornherein ein Einsatz als Kleindarsteller vorgesehen, bietet es sich aus Gründen der rechtlichen Vorsicht an, eine künstlerische Nebentätigkeit als Kleindarsteller bei der Beschäftigungsbehörde anzuzeigen, aber diese Anzeige mit einem Hilfsantrag auf Genehmigung einer nichtkünstlerischen Nebentätigkeit als Komparse zu verbinden. Denn aufgrund der künstlerischen Freiheit der Regie lässt sich praktisch nicht ausschließen, dass es doch (nur) zu einem Einsatz als Komparse kommt.

Beim Antrag auf Genehmigung bzw. der Anzeige einer Nebentätigkeit verlangen Beschäftigungsbehörden typischerweise Angaben über den beabsichtigten Zeitraum der Tätigkeit, um nachprüfen zu können, ob sich die beabsichtigte Nebentätigkeit noch im dienstrechtlich zulässigen Umfang bewegt. Eine Tätigkeit als Komparse oder Kleindarsteller ist in der Regel auf die Dauer einer Produktion, manchmal nur auf die Dauer einer bestimmten Szene begrenzt. Ein ungefährer zeitlicher Rahmen wird den Betroffenen häufig mit der erfolgreichen Zusage mitgeteilt, so dass sich der Antrag auf Genehmigung bzw. die Anzeige der betroffenen Beschäftigten auf diesen Zeitraum beschränken kann. Hat sich aber jemand bereits bei einer Produktion bewährt, kann es durchaus vorkommen, dass er sehr unvermittelt und spontan von einer Agentur bzw. einer Produktionsgesellschaft angefragt wird und es dann für die Durchführung eines Anzeige- oder Genehmigungsverfahrens zu spät ist. Daher bietet es sich an, nach den ersten erfolgreichen Drehs bei der Beschäftigungsbehörde eine Dauergenehmigung einzuholen bzw. eine entsprechende Daueranzeige zu machen. Hierbei ist es sinnvoll, die beabsichtigte Tätigkeit in Grundzügen abstrakt zu skizzieren und eine maximale Gesamtdauer der Tätigkeit pro Jahr sowie eine maximale Höhe der Vergütung abstrakt zu beantragen bzw. anzuzeigen und darauf hinzuweisen, dass vorab keine genaueren Angaben gemacht werden können.

Darüber hinaus ist es für Beschäftigte des öffentlichen Dienstes bei der Annahme einer Rolle sinnvoll, auf die Art der Rolle zu achten. Zunächst müssten Beamtinnen und Beamte vor der Annahme einer Rolle darauf achten, dass die Übernahme der Rolle mit dem beamtenrechtlichen Mäßigungsverbot vereinbar ist. Zwar dürfte nur in äußerst seltenen krassen Fällen die Gefahr bestehen, dass das Spielen einer bestimmten Rolle tatsächlich gegen das beamtenrechtliche Mäßigungsgebot verstößt, jedoch sollte auch im Eigeninteresse darauf geachtet werden, dass die Würde und Integrität der eigenen beruflichen Position und Funktion auch unterhalb der Schwelle des beamtenrechtlichen Mäßigungsgebotes nicht beeinträchtigt wird. So sollte im Eigeninteresse keine Rolle angenommen werden, die einen selbst – wenn auch nur in einer Rolle – merklich herabwürdigt, da damit die amtliche Autorität mittelbar untergraben werden kann. Letztlich muss nämlich bei jeder noch so unbedeutenden Rolle damit gerechnet werden, dass man im Dienst wiedererkannt wird. Zwar dürfte es auch für Beschäftige des öffentlichen Dienstes grundsätzlich erlaubt sein, in Film und Fernsehen die Rolle eines Schurken zu spielen, jedoch sollte in eigenem Interesse auf mögliche Wechselwirkungen zwischen einer Rolle beim Dreh und der tatsächlichen beruflichen Position und Funktion geachtet werden. Dies ist eine Frage des Fingerspitzengefühls und des gesunden Menschenverstandes. Im Zweifel empfiehlt es sich, nur positive oder immerhin neutrale Rollen zu anzunehmen. Werden aber alle diese Gesichtspunkte beachtet, steht einem Auftritt von Beschäftigten des öffentlichen Dienstes in Film und Fernsehen nichts entgegen!

 

 

 

Jens M. Strömer, LL.M. (Medizinrecht)

Stellvertretender Referatsleiter im Bundesamt für Soziale Sicherung, Bonn und ordentliches Mitglied im Personalrat
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