15.05.2012

INSPIRE-Umsetzung durch die GDI-DE

Den Nutzen erkennen: Fast alle geodatenhaltenden Stellen betroffen

INSPIRE-Umsetzung durch die GDI-DE

Den Nutzen erkennen: Fast alle geodatenhaltenden Stellen betroffen

Geodaten beantworten wichtige Fragen, zum Beispiel: Wo gibt es Potenziale für Erneuerbare Energien? | © Thaut Images - Fotolia
Geodaten beantworten wichtige Fragen, zum Beispiel: Wo gibt es Potenziale für Erneuerbare Energien? | © Thaut Images - Fotolia

Vor rund fünf Jahren im Mai 2007 ist die INSPIRE-Richtlinie für den Aufbau einer europäischen Geodateninfrastruktur in Kraft getreten. Inzwischen liegen die Durchführungsbestimmungen und die zugehörigen technischen Leitfäden für die Umsetzung der Richtlinie nahezu vollständig vor. Die ersten Umsetzungsfristen für die Bereitstellung der Geodaten in der europäischen Geodateninfrastruktur greifen. Bis Ende 2010 mussten INSPIRE-konforme Metadaten zu den Geodaten, die unter die Themen der Anhänge I und II der Richtlinie fallen, erfasst werden. Dazu gehören bspw. Adressen, Flurstücke, Schutzgebiete und Luftbilder. In 2011 galt es, diese über konforme Such- und Darstellungsdienste bereitzustellen. Das heißt, die Geodaten müssen über das Internet recherchierbar und darstellbar sein. Zum Beispiel im INSPIRE Geoportal (http://inspire-geoportal.ec.europa.eu/) oder im Geoportal des Bundes (http://www.geoportal.bund.de/). Bis Ende dieses Jahres müssen die Geodatensätze auch über das Internet herunterladbar sein.

Zeit für eine erste Bilanz …

Wo stehen wir in Deutschland? Was haben wir bereits umgesetzt, wo gibt es noch Defizite? Eine Art „INSPIRE-Fieberkurve“ wird über das INSPIRE-Monitoring gemessen. Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, jährlich einen Statusbericht über den Aufbau ihrer Geodateninfrastruktur abzugeben. Der Bericht zu dem seit Juni 2009 fortlaufend durchgeführten Monitoring umfasst neben einer Liste der INSPIRE-relevanten Geodaten auch sogenannte Indikatoren. Zum Beispiel zur Frage, wie konform zu den jeweiligen Durchführungsbestimmungen sind die Geodaten und die sie beschreibenden Metadaten oder die sogenannten Netzdienste, über die die Geodaten online bereitgestellt werden (die aktuellen Ergebnisse des INSPIRE Monitoring aus Deutschland sind unter www.geoportal.de veröffentlicht). Anhand der Indikatoren ist also ablesbar, ob die geltenden Umsetzungsfristen eingehalten worden sind oder nicht.

So mussten bspw. zum letzten Berichtstermin am 15.05.2011 die Indikatoren zur Existenz und Konformität der Metadaten, die die Geodatensätze der Themen in Anhang I und II der INSPIRE-Richtlinie beschreiben, bei 100 % liegen. Diese Vorgabe hat Deutschland nicht erreichen können. Für 78 % der Geodaten in Anhang I und 93 % der Geodaten in Anhang II lagen konforme Metadaten vor. Gegenüber dem vorherigen Bericht zeigten die Werte jedoch eine stark ansteigende Tendenz, so dass die Verfügbarkeit von konformen Metadaten grundsätzlich verbessert werden konnte.


Nichtsdestoweniger beschloss das Lenkungsgremium GDI-DE, die nationale Anlaufstelle von INSPIRE, die Defizite möglichst kurzfristig zu beheben. Sie beauftragte die Koordinierungsstelle GDI-DE gemeinsam mit den Kontaktstellen von Bund und Ländern sicherzustellen, dass die fehlenden Metadaten bis spätestens zum 09.11.2011 (Umsetzungsfrist für die Bereitstellung der Metadaten über Suchdienste) durch die geodatenhaltenden Stellen nacherfasst werden. Ob dies gelungen ist, wird sich zum nächsten Berichtstermin am 15.05.2012 zeigen. Dann müssen auch die Indikatoren zur Konformität der Such- und Darstellungsdienste bei 100 % liegen.

Das Monitoring ist jedoch kein Kontrollinstrument der Europäischen Kommission, um die termingerechte Umsetzung der Richtlinie durch die Mitgliedstaaten zu kontrollieren und ggf. rechtliche Schritte einzuleiten. Es ist vielmehr ein Steuerungsinstrument. Für die Mitgliedstaaten, um Defizite in der Umsetzung frühzeitig erkennen, evaluieren und entsprechende Maßnahmen zur Behebung der Defizite ergreifen zu können. Für die Europäische Kommission zur Rechtsfolgenabschätzung, um frühzeitig erkennen zu können, wo Schwierigkeiten bei der Umsetzung der rechtlichen Anforderungen auftreten und die Rechtsgrundlagen ggf. angepasst werden müssen.

Umsetzung INSPIRE durch GDI-DE

Die Geodateninfrastruktur in Deutschland (GDI-DE) wird nicht erst aufgebaut seit es INSPIRE gibt. Daher konnte und kann in Deutschland bei der Umsetzung von INSPIRE organisatorisch auf bereits etablierte Strukturen zurückgegriffen werden. Das Lenkungsgremium GDI-DE als fachpolitisches Entscheidungsgremium der GDI-DE nimmt auch die Funktion als nationale Anlaufstelle von INSPIRE wahr. Und auch bei der Koordination und Steuerung der INSPIRE-Umsetzung wird auf die Koordinierungsstruktur der GDI-DE mit zentraler Koordinierungsstelle und dezentralen GDI-Kontaktstellen bei Bund und Ländern zurückgegriffen. Die Umsetzung wird außerdem unterstützt durch bestehende Netzwerke wie die Arbeitskreise der GDI-DE, in denen zentrale Umsetzungsfragen gemeinsam diskutiert und abgestimmt werden. Neu durch INSPIRE hinzugekommen sind die sogenannten Fachnetzwerke, die für die einzelnen Geodatenthemen eingerichtet worden sind. In den Fachnetzwerken setzen sich Fachleute insbesondere mit den INSPIRE-Datenmodellen auseinander, also mit den Formaten, in denen die Geodaten in der europäischen Geodateninfrastruktur einheitlich bereitgestellt werden sollen.

INSPIRE betrifft nahezu alle geodatenhaltenden Stellen in Deutschland. In vielen verschiedenen Fachbereichen und auf allen Verwaltungsebenen. Nur ist das Bewusstsein für die Betroffenheit nicht bei allen Stellen vorhanden. Zum Beispiel bei den Stellen, die bisher wenig oder gar nicht in der Geo-Welt unterwegs sind. Oder bei den Stellen, für die Europa bisher keine Rolle gespielt hat. Daher ist es wichtig, dieses Bewusstsein zu schaffen und den Nutzen von INSPIRE bzw. der GDI-DE zu vermitteln. Denn der Erfolg einer Geodateninfrastruktur hängt auch davon ab, dass möglichst viele Stellen mitmachen.

Die Koordinierungsstelle GDI-DE und die Partner der GDI-DE informieren über INSPIRE: auf zentralen und dezentralen Informationsveranstaltungen, durch die Bereitstellung von Informationsmaterial und Handlungsempfehlungen und durch aktuelle Informationen in den jeweiligen Webauftritten.

Aus technischer Sicht wird die INSPIRE-Richtlinie über den Aufbau der GDI-DE umgesetzt. Hierfür gibt es ein Architekturkonzept, in dem die relevanten technischen Standards für die Datenbereitstellung in der GDI-DE unter Berücksichtigung der Anforderungen von INSPIRE empfohlen werden. Außerdem sind in dem Dokument sogenannte zentrale Software-Komponenten beschrieben, die den Aufbau der GDI-DE, aber auch die Umsetzung von INSPIRE in erheblichem Maße unterstützen. Beispielsweise gibt es den Geodatenkatalog-DE. Das ist der zentrale INSPIRE-Suchdienst in der GDI-DE, über den sämtliche Metadaten der INSPIRE-relevanten Geodaten und Dienste bereitgestellt werden. Die Datenerfassung erfolgt dabei dezentral. Die Metadaten werden lediglich „eingesammelt“ und zentral abgegeben. Damit muss nur diese eine zentrale Schnittstelle die Anforderungen von INSPIRE erfüllen. Eine andere zentrale Komponente ist die GDI-DE Testsuite (http://testsuite.gdi-de.org) zur Überprüfung der Standard-Konformität von Metadaten und Diensten, die in der GDI-DE und/oder für INSPIRE bereitgestellt werden sollen. Die GDI-DE Testsuite stellt sicher, dass alle Partner das gleiche Verständnis von den Festlegungen eines Standards haben und diesen einheitlich umsetzen. Sie dient also der Qualitätssicherung in der GDI-DE und für INSPIRE.

Mit der dritten Komponente, der Registry-DE, werden übergreifende Konzepte verwaltet und technisch unterstützt: z. B. die INSPIRE-Datenmodelle oder eindeutige Objektidentifikatoren, wichtige Informationen für die Datenbereitstellung. Die vierte zentrale Komponente ist das Geoportal.DE, das den Anwendern einfache Möglichkeiten bietet, Geodaten zu recherchieren, zu verknüpfen und in Karten anzeigen zu lassen (http://www.geoportal.bund.de). Auf diese Weise werden die GDI-DE und auch INSPIRE sichtbar.

Fazit

Die Umsetzung der INSPIRE-Richtlinie schreitet voran. Es konnte bereits einiges erreicht werden und erste Ergebnisse sind sichtbar. Auf der anderen Seite liegen noch viele Aufgaben vor uns. Die INSPIRE-Umsetzung ist ein hoch komplexer Prozess mit vielen Beteiligten. Das stellt hohe Anforderungen an die Koordinierung und Steuerung des Prozesses.

Viele Fragestellungen ergeben sich erst in der praktischen Umsetzung und müssen gemeinsam gelöst werden. Hier müssen die betroffenen Akteure zusammengebracht werden. Gleichzeitig muss mehr Bewusstsein für den Aufbau der GDI-DE geschaffen werden. Hier sind bei weitem noch nicht alle potenziell betroffenen geodatenhaltenden Stellen erreicht worden. Es gilt den Nutzen der GDI-DE zu vermitteln und die bestehenden Netzwerke ebenen- und fachübergreifend weiter auszubauen. Denn der Aufbau der GDI-DE und die Umsetzung von INSPIRE können nur gemeinsam gelingen. Synergien müssen erkannt und genutzt werden. Zum Beispiel die Bereitstellung von aggregierten kommunalen Geodaten auf Landesebene.

Um die Umsetzung der INSPIRE-Richtlinie möglichst effektiv und effizient voranzutreiben, sind vor allem pragmatische Wege gefragt. Es geht bei INSPIRE um „Interoperabilität“, also um Zusammenarbeit von Diensten. Aber auch von Menschen.

 

Daniela Hogrebe

Koordinierungsstelle GDI-DE im Bundesamt für Kartographie und Geodäsie, Frankfurt
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