15.05.2012

Aller guten Dinge sind…?

Die Neufassung und erneute Novellierung des EEG 2012 – Teil 2

Aller guten Dinge sind…?

Die Neufassung und erneute Novellierung des EEG 2012 – Teil 2

Das EEG-Änderungsgesetz-Karussel dreht sich weiter. | © atira - Fotolia
Das EEG-Änderungsgesetz-Karussel dreht sich weiter. | © atira - Fotolia

In der vorangegangenen Ausgabe hatten wir Sie bereits über die Fassung des EEG 2012 seit dem 01.01.2012 sowie die geplanten Änderungen zum 01.04.2012 informiert (Publicus 2012.4, Seiten 4 ff.). Zwischenzeitlich hat der Bundestag in 2. und 3. Lesung die Gesetzesnovelle in wesentlichen Punkten abgeändert und schließlich am 29.03.2012 beschlossen. Der Bundesrat wird voraussichtlich am 11.05.2012 über das Gesetz beraten. Obwohl das Gesetz noch nicht vom Bundesrat gebilligt wurde, treten die meisten Änderungen höchstwahrscheinlich zum 01.04.2012 und somit rückwirkend in Kraft.

Damit Sie bei dem sich immer schneller drehenden EEG-Änderungsgesetz-Karussell nicht den Überblick verlieren, möchten wir Ihnen nachfolgend die Abweichungen der aktuellen Beschlussvorlage vom vorherigen Gesetzesentwurf vorstellen – womit nicht gesagt werden soll, dass dies wirklich die endgültige Fassung sein wird.

Im Vergleich zum bisherigen Entwurf der EEG-Novelle wurde mit den beschlossenen Änderungen aufgrund der massiven Proteste vor allem im Bereich Photovoltaik nochmals nachgebessert.


Absenkung der Vergütung

Die Bundesregierung argumentiert mit der enormen Preissenkung für Photovoltaikanlagen, an der sich auch die Vergütungssätze der staatlichen Förderung orientieren müssten. Angesichts des Spekulantentums, das sich in der Branche in den letzten Jahren etabliert hat, mag dies ein nachvollziehbares Argument sein. Deshalb verringert sich ab 1. April die Vergütung für Strom aus Photovoltaikanlagen

  • für kleine Dachanlagen (bis 10 kW) von jetzt 24,43 auf 19,50 ct/kWh;
  • für mittelgroße Dachanlagen (bis 1 MW) von derzeit 21,98 auf 16,50 ct/kWh;
  • für große Dachanlagen (bis 10 MW) und Freiflächenanlagen von derzeit 17,94 auf 13,50 ct/kWh.

Angesicht der drastischen Kürzungen wurde immerhin versucht, dem Vertrauensschutz bei bereits in Planung oder Bau befindlichen Anlagen ausreichend Rechnung zu tragen. Dachanlagen erhalten die bisherigen Vergütungssätze, wenn vor dem 24.02.2012 ein Netzanschlussbegehren gestellt wurde und die Inbetriebnahme bis spätestens 30.06.2012 erfolgt. Ursprünglich war geplant gewesen, die Änderungen für Dachanlagen schon ab 09.03.2012 wirksam werden zu lassen. Hiervon hat die Regierung zur Erleichterung aller jedoch abgesehen.

Photovoltaikanlagen auf Freiflächen erhalten ebenfalls die bisherige Vergütung, wenn ein diesbezügliches Planungsverfahren vor dem 01.03.2012 begonnen wurde (z.B. Aufstellungsbeschluss eines Bebauungsplans) und die Inbetriebnahme bis 30.06.2012 erfolgen wird. Photovoltaikanlagen auf Konversionsflächen, also Flächen mit ehemaliger wirtschaftlicher, verkehrlicher, wohnungsbaulicher oder militärischer Nutzung, erhalten die Vergütung nach altem Recht, wenn sie bis zum 30.09.2012 in Betrieb genommen werden.

Beibehaltung des atmenden Deckels, §§ 20 a und 20 b EEG

Der bisherige Entwurf sah die Abschaffung des sogenannten „atmenden Deckels“, der seit Jahren bewährten Degressionsregelung, vor, mit der halbjährlich eine Anpassung der Vergütungsabsenkung orientiert am tatsächlichen Zubau vorgenommen wurde. Die Bundesregierung hat sich nun kurzfristig gegen die Abschaffung entschieden. Die Degression der Einspeisevergütung soll nun aber von jährlichen auf monatliche Schritte umgestellt werden, um den Ausbau von Anlagen stetiger werden zu lassen und so die fast panikartig anmutenden Bautätigkeiten gerade zu den Stichtagen hin abzufedern. Die Basisdegression beträgt ab 01.04.2012 1% pro Monat und damit (abgezinst) 11,4% im Jahr.

Doch die monatliche Degression erhöht sich weiter, wenn der Zielkorridor, der die jährliche Zubaurate für förderwürdige Photovoltaikanlagen definiert, überschritten wird und beträgt maximal 2,8% im Monat bzw. 29% im Jahr, wenn mehr als 7.500 Megawatt pro Jahr installiert werden sollten. Im Gegensatz zum bisherigen atmenden Deckel, der selbst bei stagnierendem Ausbau eine Verringerung der Vergütungssätze vorsah, wird damit beim neuen „atmenden Deckel“ auch auf eine Unterschreitung des Zielkorridors reagiert, indem die Degression ausgesetzt bzw. die Vergütungssätze gegebenenfalls sogar erhöht werden. Zudem werden alle Degressionen wie bisher in Prozentsätzen und nicht wie im Entwurf geplant in Cent pro kWh vorgenommen.

Neues Marktintegrationsmodell, § 33 EEG

Um die Eigenverantwortung der Anlagenbetreiber zu steigern und Photovoltaikanlagen in naher Zukunft auch ohne staatliche Förderung wirtschaftlich interessant zu machen, soll durch Einführung eines neuen Marktintegrationsmodells ein Weg hin zu mehr Eigenständigkeit geschaffen werden. Künftig erhalten demnach kleine Dachanlagen nur noch 80% des produzierten Stroms über das EEG vergütet (statt wie im Entwurf geplant 85 %), mittelgroße Anlagen 90%. Die restlichen 20 bzw. 10% der erzeugten Solarstrommenge müssen also entweder selbst verbraucht und direkt vermarktet werden. Ob der in diesem Zusammenhang von den Koalitionsfraktionen ausgesprochene Wunsch an die Bundesregierung, die Förderung von geeigneten Energiespeichern zu verbessern, Früchte tragen wird, bleibt abzuwarten.

Für einen durchschnittlichen Haushalt dürfte ein Eigenverbrauchsanteil von 20% zwar realistisch und angesichts der steigenden Strompreise auch lohnenswert sein, ob das neue Marktintegrationsmodell jedoch auch zur Förderung der Direktvermarktung geeignet ist, wird sich zeigen. Die Bedenken, dass dieses Modell insgesamt eher zulasten des Umstiegs auf Erneuerbare Energien gehen wird, sind groß. Zudem belastet der Ansatz vor allem jene Anlagen, die von kleineren Betrieben oder Privatpersonen betrieben werden können. Denn bei großen Dachanlagen mit einer Leistung von mehr als 1 MW werden weiterhin 100% der eingespeisten Strommenge vergütet, ebenso Freiflächenanlagen bis 10 MW. Die noch im Entwurf vorgesehenen zusätzlichen Anforderungen für Direktvermarktung bei Anlagen von mehr als 1 MW wurden aber gestrichen.

Weitere Änderungen

Außerdem werden künftig durch die Neufassung des § 32 Absatz 3 EEG sich im ländlichen Außenbereich auf Ställen oder neu angesiedelten Höfen befindliche Aufdachanlagen den Dachanlagen auf Wohngebäuden gleichgestellt und erhalten damit also dieselbe Vergütung. Zudem werden Freiflächenanlagen, die sich in unterschiedlichen Gemeinden befinden, entgegen der Ursprungsfassung auch bei räumlicher Nähe nicht als eine Anlage betrachtet, es kommt also nicht zu einer Verringerung der Vergütung.

In der bisherigen Entwurfsfassung waren darüber hinaus Bestimmungen enthalten, welche im Rahmen des Einspeisemanagements Entschädigungszahlungen ab Juli 2012 für Altanlagen (Inbetriebnahme vor 2012) vorsahen, um hier möglichst rasch eine Anpassung der Altanlagen an die technische Situation der Neuanlagen zu vollziehen. Dieser Zeitpunkt wurde nunmehr auf den 01.01.2013 nach hinten verschoben.

Reaktionen

Trotz der Überarbeitung des Regierungsentwurfs ist nicht nur die Solarbranche weiterhin skeptisch, ob die Kürzungen in Zeiten, in denen immer mehr Unternehmen der Solarbranche mit wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen haben, der richtige Weg ist. Vielfach wird der Eindruck gewonnen, mit dem vom Bundestag beschlossenen Gesetzesentwurf wird die Energiewende eher gestoppt denn vorangetrieben. Wenn entsprechende Entwürfe von Bundeswirtschaftsminister Rösler als „Solarausstiegsgesetz“ in der Presse auftauchen, spricht das in diesem Zusammenhang für sich. Offen stellen sich die CDU-geführten Länder Sachsen-Anhalt und Thüringen gegen den Regierungsentwurf und kündigen an, den Vermittlungsausschuss anrufen zu wollen. Bundesumweltminister Norbert Röttgen forderte die Länder auf, dem Gesetzesentwurf im Bundesrat zuzustimmen, der voraussichtlich am 11.05.2012 über die Gesetzesänderung beraten wird.

Fazit

Das letzte Wort in Sachen EEG-Novelle scheint also noch lange nicht gesprochen zu sein. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Länder bei der entscheidenden Abstimmung im Bundesrat verhalten. Der Druck der Bevölkerung, die größtenteils die Kürzungen im Bereich der Solarförderung nicht nachvollziehen kann, wächst jedenfalls mit jeder Meldung einer neuen Insolvenz eines weiteren deutschen namhaften Solarunternehmens (nach dem Berliner Solarkonzern Solon musste jüngst u.a. auch Q-Cells Insolvenz anmelden) an. Die kontinuierliche Entwicklung des deutschen Marktes hat in der Vergangenheit nicht nur über 130.000 Arbeitsplätze in Deutschland geschaffen, sie ist auch Motor für technologische Entwicklungen, die Deutschland trotz der chinesischen Konkurrenz einen festen Platz an einem zukunftsträchtigen Weltmarkt sichern. Trotz der Änderungen und Anpassungen befürchtet der Solarverband BSW den Verlust von der Mehrheit der so geschaffenen Arbeitsplätze und Deutschlands Führungsrolle auf dem Solarsektor und mobilisiert weiter Widerstand. Es bleibt also spannend.

 

Katja Fleschütz

Rechtsanwältin, BTU Simon, München
 

Dr. Julia Kühn

Rechtsanwältin, BTU Simon, München
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