14.04.2022

Hochzeitspaar muss Miete trotz ausgefallener Feier zahlen

Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 2.3.2022 – Az.: XII ZR 36/21

Hochzeitspaar muss Miete trotz ausgefallener Feier zahlen

Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 2.3.2022 – Az.: XII ZR 36/21

© Adam Radosavljevic - stock.adobe.com
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Der BGH hat mit Urteil aktuellen Urteil[1] entschieden, dass ein Hochzeitspaar, dessen Hochzeitsfeier aufgrund der Corona-Maßnahmen nicht wie geplant stattfinden konnte, die volle Miete für die angemietete Räumlichkeit zahlen muss. Dabei sei die Entscheidung nicht zu verallgemeinern, sondern es komme stets auf die Zumutbarkeit der Verlegung des Termins im jeweiligen Einzelfall an.

Ausgangsfall

Das Paar, das bereits am 11. Dezember 2018 standesamtlich geheiratet hatte, wollte am 1. Mai 2020 ihre Hochzeitsfeier in den Räumlichkeiten der Beklagten mit circa 70 Gästen feiern. Zu diesem Zweck mietete das Paar diese Räumlichkeiten bei der Beklagten an. Nach mündlichen Vertragsverhandlungen übersandte die Beklagte dem Hochzeitspaar eine auf den 5. April 2019 datierte Rechnung über die vereinbarte Miete von 2.600 €, die sodann von dem klagenden Paar beglichen wurde. Die geplante Hochzeitsfeier konnte nicht durchgeführt werden, weil aufgrund der nordrhein-westfälischen Coronaschutzverordnung in der ab dem 27. April 2020 gültigen Fassung Veranstaltungen sowie Zusammenkünfte und Ansammlungen im öffentlichen Raum von mehr als zwei Personen untersagt worden waren. Am 23. März 2020 bot die Beklagte den Klägern unter Angabe von Alternativterminen an, die Hochzeitsfeier zu verschieben. Mit Schreiben vom 24. April 2020 baten die Kläger um Rückzahlung der geleisteten Miete und erklärten gleichzeitig den Rücktritt vom Vertrag.

Nachdem bereits das Amtsgericht Gelsenkirchen (Urteil vom 9. November 2020, Az.: 409 C 215/20) die auf Rückzahlung der vollen Miete gerichtete Klage des Paars abgewiesen hatte, hatte daraufhin das Landgericht Essen (Urteil vom 16. März 2021 – Az.: 15 S 164/20) das Urteil dergestalt abgeändert, dass die Beklagte unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt wird, an die Kläger 1.300 € nebst Zinsen zu zahlen. Dagegen legte die Beklagte erfolgreich Revision beim BGH ein. Die Anschlussrevision des Paares blieb hingegen erfolglos.


Nach Ansicht des BGH haben die Einschränkungen durch die COVID-19-Pandemie im konkreten Fall nicht zu einer Unmöglichkeit gem. §§ 326 Abs. 1, 275 Abs. 1 BGB geführt. Denn die Beklagte habe trotz des am 1. Mai 2020 geltenden Veranstaltungsverbots und der erlassenen Kontaktbeschränkungen den Klägern den Gebrauch der Mietsache, hier der Feierräumlichkeiten, gewähren können. Es fehle schon an einem Zweckentfall.

Keine Mangel im Sinne des § 536 Abs. 1 BGB

Das Landgericht habe zutreffend eine Minderung des Mietzinses nach § 536 Abs. 1 BGB abgelehnt, da es an einem Mangel der Mietsache fehlte. Denn die Coronaschutzverordnung habe weder den Klägern die Nutzung der angemieteten Räumlichkeiten noch der Beklagten tatsächlich oder rechtlich die Überlassung der Räumlichkeiten verboten. So haben die Räumlichkeiten trotz der Coronaschutzverordnung zum vereinbarten Mietzweck zur Verfügung gestanden. Die Tatsache, dass aufgrund der Coronaschutzverordnung die Durchführung der Hochzeitsfeier untersagt worden war, ändere an diesem Umstand nichts. Damit stelle eine Geschäftsschließung oder einer Veranstaltungsabsage aufgrund hoheitlicher Maßnahmen, hier aufgrund der Coronaschutzverordnung, keinen zur Minderung berechtigenden Mangel im Sinne des § 536 Abs. 1 BGB dar. Dies habe der 12. Senat des BGH bereits in seiner Entscheidung vom 12. Januar 2022 dargelegt. Das Hochzeitspaar hatte somit schon kein Rücktritts- bzw. außerordentliches Kündigungsrecht aus § 326 Abs. 5 BGB bzw. § 543 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB.

Kein Anspruch auf Vertragsanpassung nach § 313 Abs. 1 BGB

Das Paar habe auch keinen Anspruch auf Befreiung von der Mietzinszahlungspflicht durch Anpassung des Mietvertrags nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage, gem. § 313 Abs. 1 BGB. Grundsätzlich komme zwar für den Fall einer Geschäftsschließung bzw. Absage der Durchführbarkeit einer Feier in angemieteten Räumen aufgrund hoheitlicher Maßnahmen ein Anpassungsanspruch nach § 313 Abs. 1 BGB in Betracht, jedoch bestehe dieser Anspruch nur dann, wenn dem betroffenen Mieter das Festhalten am unveränderten Mietvertrag unzumutbar sei. Dazu ist im jeweiligen Einzelfall eine umfassende Abwägung durchzuführen, wobei der Vertrag regelmäßig möglichst aufrecht zu erhalten und anzupassen sei. Der Rücktritt bzw. die Kündigung des Vertrages durch vollständige Beseitigung desgleichen bildet einen absoluten Ausnahmefall nach § 313 Abs. 3 BGB.

Terminverlegung hier interessengerecht und zumutbar

Im vorliegenden Fall habe bereits durch eine Verlegung und damit eine Vertragsanpassung nach § 313 Abs. 1 BGB eine interessengerechte Verteilung des Pandemierisikos bei einem möglichst geringen Eingriff in die ursprüngliche Regelung hergestellt werden können. Denn es wäre dem Hochzeitspaar ohne weiteres zumutbar gewesen, die geplante Hochzeitsfeier auf einen von der Beklagten bereits am 23. März 2020 vorgeschlagenen Ausweichtermin im Jahr 2021 zu verlegen. Schließlich hätten die Kläger bereits am 11. Dezember 2018 standesamtlich geheiratet, sodass zwischen der standesamtlichen Trauung der Feier schon kein unmittelbarer zeitlicher Zusammenhang bestanden habe.

Der endgültige Verzicht auf die Hochzeitsfeier fiele schließlich in den Risikobereich der Kläger, so der BGH. Diese Entscheidung könne keine Auswirkung auf die Vertragsanpassung haben, denn sie weise keinen unmittelbaren Zusammenhang mit der coronabedingten Störung der Geschäftsgrundlage mehr auf.

 

[1] Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 2.3.2022 – Az.: XII ZR 36/21

 

Ref. jur. Julia Florence Turek

Referendarin, Stuttgart
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