05.06.2024

Entflechtung von Ladesäulen für E-Autos

Handlungsbedarf und § 7c EnWG

Entflechtung von Ladesäulen für E-Autos

Handlungsbedarf und § 7c EnWG

Auch die Gründung einer Kooperationsgesellschaft mit weiteren regionalen Energieversorgungsunternehmen könnte in Frage kommen. | © CStock - stock.adobe.com
Auch die Gründung einer Kooperationsgesellschaft mit weiteren regionalen Energieversorgungsunternehmen könnte in Frage kommen. | © CStock - stock.adobe.com

Die Entflechtung von Ladesäulen für Elektroautos nimmt an Fahrt auf. Die Regulatorik des 2021 eingeführten § 7c EnWG wurde bis Ende letzten Jahres weitgehend umgesetzt. Eine zum Ende dieses Jahres auslaufende Übergangsfrist zwingt viele Unternehmen zum Handeln, woraus sich auch zahlreiche gesellschaftsrechtliche und steuerliche Fragen ergeben können.

Um die letzte Strombinnenmarktrichtlinie von 2019 umzusetzen, wurde 2021 die Regelung des § 7c EnWG geschaffen. Diese fordert die Entflechtung von Ladepunkten für Elektromobile. Gemäß § 7c Abs. 1 EnWG dürfen Betreiber von Elektrizitätsverteilernetzen weder Eigentümer von Ladepunkten für Elektromobile sein noch diese Ladepunkte entwickeln, verwalten oder betreiben.

Von der Regelung ausgenommen sind private Ladepunkte für Elektromobile, die für den Eigengebrauch des Betreibers von Elektrizitätsverteilernetzen bestimmt sind. Gemäß § 7c Abs. 2 EnWG gilt für den Fall, dass eine Kommune einen Fall regionalen Marktversagens festgestellt hat, eine abweichende Sonderregelung, sofern die Bundesnetzagentur (BNetzA) auf der Grundlage einer Rechtsverordnung nach § 7c Abs. 3 EnWG eine Genehmigung erteilt hat. § 7c Abs. 3 EnWG enthält eine entsprechende Rechtsverordnungsermächtigung. Diese Ausnahme ist bisher nach noch nicht genutzt worden, insofern bleibt es grundsätzlich bei der Pflicht zur Entflechtung, wenn sich die Ladepunkte in derselben juristischen Person befinden (Eigentum und/oder Betrieb), in der sich auch der Netzbetrieb befindet.


Hintergrund der gesteigerten Anforderungen ist, dass der Betrieb von Elektrizitätsverteilnetzen und der Betrieb von Ladepunkten für Elektromobile auf unterschiedlichen energiewirtschaftlichen Wert-schöpfungsstufen verordnet werden soll. Dies ergibt sich zudem aus § 3 Nr. 25 EnWG, der ausdrücklich Strombezug der Ladepunkte für Elektromobile dem Letztverbrauch gleichstellt. Bei Zugrundelegung des Art. 33 Abs. 1 der Strombinnenmarktrichtlinie 2019 (s.o.) ist der intendierte Zweck, Diskriminierungen und Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden.

Zeitgleich zu dem Verbot des § 7c Abs. 1 EnWG wurde eine Übergangsregelung geschaffen. Gemäß § 118 Abs. 34 EnWG gilt das Verbot für am 27.07.2021 bereits vorhandene Ladepunkte erst nach Ablauf des Jahres 2023.

Besonderes gilt für von § 7 Abs. 2 S.1 EnWG erfasste Betreiber von Elektrizitätsverteilnetzen. Gemeint sind vertikal integrierte Unternehmen, an deren Elektrizitätsverteilernetz weniger als 100.000 Kunden unmittelbar oder mittelbar angeschlossen sind (sog. de minimis Unternehmen). Sie haben bis zum 31.12.2024 Zeit, ihre Aktivitäten im Bereich Ladepunkte in Erfüllung von § 7c Abs. 1 EnWG zu entflechten, was in der Praxis in aller Regel die eigentumsrechtliche Überführung auf eine andere Gesellschaft bedeutet. In Betracht kommen konkret Umwandlungsmaßnahmen (Aufspaltung, Abspaltung, Vermögensübertragung) oder Asset-Deals.

Diese besondere Umsetzungsfrist wird damit begründet, dass die Umsetzung der Entflechtung bei Betreibern von Elektrizitätsverteilernetzen, die unter die de-minimis-Ausnahme fallen, technisch komplexer sein kann als bei Verteilernetzbetreibern, die bereits von den vertrieblichen Tätigkeiten gesellschaftsrechtlich entflochten sind. Im letzten Falle könnten gesellschaftsrechtlich zu entflechtende Ladesäulen regelmäßig den vertrieblichen Aktivitäten innerhalb eines Konzerns zugeordnet werden. Damit ist anhand der Übergangsfrist des § 118 Abs. 34 EnWG im Sinne der Rechtssicherheit geklärt, dass auch sog. „de minimis Unternehmen“ von der Pflicht des § 7c Abs. 1 EnWG erfasst sind.

Daraus resultiert die Empfehlung an betroffene Betreiber von Elektrizitätsverteilernetzen, die Zeit bis Fristablauf zu nutzen, um ihre Aktivitäten im Bereich Ladepunkte, die deren Eigentum, Betrieb, Verwaltung oder Entwicklung beinhalten, auf eine andere juristische Person, die nicht Netzbetreiber ist, zu übertragen.

Im Zusammenhang mit einer solchen Übertragung sind dann allerdings − je nach Umfang der betroffenen Ladesäuleninfrastruktur − auch verschiedene gesellschaftsrechtliche Vorfragen sowie steuerliche Aspekte zu klären, nur beispielhaft seien hier genannt:

  • Soll die Übertragung im Wege eines Umwandlungsvorgangs (z.B. Ausgliederung) oder eines „Asset Deals“ (Verkauf, verdeckte Einlage) erfolgen und welche Rechtsform sollte die aufnehmende Gesellschaft haben?
  • Wird dabei eine sog. Gesamtrechtsnachfolge angestrebt (möglicher Vorteil: zustimmungsfreier Übergang von Verträgen)?
  • Wie ist mit zuvor für die Ladesäulen gewährten Zuschüssen umzugehen (besteht ggf. das Risiko der Rückforderung)?
  • Kommt es hinsichtlich einzelner Mitarbeiter ggf. zu einem Betriebsübergang (§ 613a BGB)?
  • Inwieweit muss (bei kommunalen Energieversorgern) die Kommunalaufsicht eingebunden werden?
  • Sind „stille Reserven“ vorhanden − und, wenn ja, kann deren steuerschädliche Aufdeckung vermieden werden?
  • Welche Auswirkungen hat die Übertragung bei der Grunderwerbsteuer sowie der Umsatzsteuer?
  • Besteht die Möglichkeit einer ertragsteuerlichen Organschaft? Wie wirkt sich die Übertragung auf einen bestehenden „steuerlichen Querverbund“ aus?

Angesichts der Umsetzungspflicht bis zum 31.12.2024 besteht hier entsprechender Handlungsbedarf. Um den hiermit verbundenen Aufwand aus der Entflechtung der Ladesäuleninfrastruktur gering zu halten, könnte – jedenfalls perspektivisch – auch die Gründung einer Kooperationsgesellschaft mit weiteren regionalen Energieversorgungsunternehmen in Frage kommen.

 

Marc Goldberg

Rechtsanwalt, KPMG Law Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
 

Stefan Maier

Rechtsanwalt, Steuerberater, KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
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