16.11.2020

Energiewende dynamisieren

… durch Absenkung der EEG-Umlage auf null

Energiewende dynamisieren

… durch Absenkung der EEG-Umlage auf null

Die EEG-Umlage wirkt so wie eine Innovationsbremse für die Entwicklung zahlreicher innovativer Geschäftsmodelle der Energiewirtschaft. | © Butch - stock.adobe.com
Die EEG-Umlage wirkt so wie eine Innovationsbremse für die Entwicklung zahlreicher innovativer Geschäftsmodelle der Energiewirtschaft. | © Butch - stock.adobe.com

Der Strompreis ist in Deutschland mit hohen Abgaben und Umlagen belegt. Dies macht den Energieträger Strom zur Nutzung im Wärme- und Mobilitätssektor, im Vergleich etwa zu Benzin oder Heizöl, teuer und hemmt die Sektorenkopplung. Die EEG-Umlage wirkt so wie eine Innovationsbremse für die Entwicklung zahlreicher innovativer Geschäftsmodelle der Energiewirtschaft, deren Grundlage der Einsatz von Strom in den Verbrauchssektoren ist.

Um dem zu begegnen, hat die dena gemeinsam mit der Stiftung Umweltenergierecht und dem Finanzwissenschaftlichen Forschungsinstitut an der Universität zu Köln (FiFo) eine Kurzstudie zur Absenkung der EEG-Umlage auf null vorgelegt. Sie sieht zur Gegenfinanzierung – in Ergänzung zu bereits auf den Weg gebrachten Maßnahmen – die Verdoppelung der Stromsteuer vor. Zudem sollen möglichst alle Einnahmen aus dem Brennstoffemissionshandelsgesetz zur Finanzierung verwandt werden.

Kurzstudie zur Absenkung der EEG-Umlage auf null

Das Konjunkturprogramm der Bundesregierung sieht bereits eine Stabilisierung der EEG-Umlage durch Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt ab 2021 bei 6,5 ct/kWh (Cent pro Kilowattstunde) vor. In Summe ergeben EEG-Umlage und Stromsteuer somit 8,55 ct/kWh. Würde die Stromsteuer auf 4,1 ct/kWh erhöht und die EEG-Umlage Im Gegenzug auf null gesetzt, führt dies zu einer Entlastung von bis zu 4,5 ct/kWh. Ein Vier-Personen-Haushalt mit einem Stromverbrach von 3.500 kWh spart rund 135 Euro pro Jahr. Da die EEG-Umlage ärmere Haushalte prozentual stärker belastet als wohlhabendere, ist die relative Entlastung dort am größten.


Die Einführung eines CO2-Preises wirkt verteilungspolitisch ähnlich. Es zeigt sich: Durch die schrittweise Erhöhung des Preises bis zum Jahr 2026 kommt die regressive Wirkung erst graduell zum Tragen. Er wirkt sich in den kommenden Jahren zunächst progressiv aus und führt zu deutlichen Verbesserungen vor allem in den unteren Einkommensgruppen.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Reduzierung von administrativen Aufwänden, die die vielfachen Sonderregelungen bei der Festsetzung der Höhe der EEG-Umlage sowie bei der Kontrolle und Einziehung der Umlage verursachen. Die Kurzstudie identifiziert 26 Paragrafen im aktuellen EEG (EEG 2017), die entfallen, und weitere, die vereinfacht werden können. Der Vorschlag stärkt zudem die Rechtssicherheit und reduziert den Aufwand zur Klärung von Auslegungsfragen. Die Abschaffung der EEG-Umlage leistet daher einen großen Beitrag zur Entbürokratisierung – allerdings nur bei vollständiger Absenkung auf null. Eine partielle Absenkung verringert den administrativen Aufwand nicht. Eine Verschlankung des Regelwerks unterstützt auch neue Geschäftsmodelle zur Finanzierung des Erneuerbare-Energien-Ausbaus. Das beschleunigt die Integrierte Energiewende.

In zwei Umsetzungsszenarien untersucht die Kurzstudie unterschiedliche Effekte auf den Bundeshaushalt. Das integrierte Modell sieht vor, die Einnahmen aus dem nationalen Emissionshandelssystem des Brennstoffemissionshandelsgesetzes (BEHG) vollständig zur Gegenfinanzierung dieses Pakets heranzuziehen.

Das BEHG ergänzt ab 2021 das europäische System des Emissionshandels (EU-ETS) durch ein nationales System, das die Sektoren Wärme und Mobilität einschließt. Mit Beginn des Jahres 2021 wird eine CO2-Bepreisung durch den nationalen Emissionshandel in der Einführungsphase 2021 bis 2025 zu fixierten Zertifikatspreisen umgesetzt.

Parallel zur Einführung dieser CO2-Bepreisung soll die EEG-Umlage ohnehin sinken, um Haushalte und Unternehmen hinsichtlich ihrer Stromkosten zu entlasten. Eine entsprechende Kompensation ist durch die Bundesregierung beschlossen. Der gemachte Vorschlag knüpft an dieser Stelle somit an Beschlüsse der Bundesregierung im Konjunkturpaket an.

Der Vorteil des integrierten Szenarios liegt in der schnelleren Reduktion der eingesetzten Haushaltsmittel. Auch bei einer vollständigen Nutzung der Einnahme aus dem BEHG wird aber zunächst eine Finanzierungslücke verbleiben. Sie soll durch Kreditaufnahme finanziert werden.

In einem zweiten Umsetzungsszenario, dem Defizitszenario wird untersucht, was passiert, wenn nur die schon beschlossenen Beiträge aus dem BEHG und dem aktuellen Konjunkturpaket zur Entlastung der EEG-Umlage berücksichtigt werden.

Der aktuelle Finanzierungsmechanismus für Betreiber von bestehenden und zukünftigen Erneuerbare-Energien-Anlagen bleibt davon unberührt. Ebenso sollen für Unternehmen, die heute von Ausnahmen zur Zahlung der EEG-Umlage profitieren, Ausnahmetatbestände im Stromsteuergesetz geändert werden, um sicherzustellen, dass niemand durch die Veränderung schlechter gestellt wird als heute. Startpunkt soll aus Sicht der Studienautoren der 1.1.2021 sein.

Die Berechnungen der Kurzstudie im Detail

Um die fiskalischen Aufkommens- und Verteilungswirkungen des Vorschlags zu quantifizieren, wurde in einem ersten Schritt die Entwicklung der EEG-Umlage bis 2030 ohne weitere politische Interventionen simuliert (Status-Quo Entwicklung).

Die Beträge zur Finanzierung der Anteile für erneuerbare Energien steigen zunächst zwischen 2010 und 2021 von 8,23 Milliarden Euro auf 24,65 Milliarden Euro an. Bis 2030 sinken sie wieder auf 14,71 Milliarden Euro.

Die entsprechenden Summen würden ohne eine Änderung des EEG-Ausgleichsmechanismus – wie bisher – vollständig über die EEG-Umlage finanziert. Die Umlagesätze sind von 2,05 ct/kWh (nominal) in 2010 auf 6,76 ct/kWh im Jahr 2020 gestiegen. Ab 2021 sinken die Umlagesätze im Referenzszenario bis auf 4,11 ct/kWh im Jahr 2030. Die Maßnahmen des von der Bundesregierung beschlossenen Klimaschutzpakets bewirken eine verstärkte Senkung der EEG-Umlage um exogen gesetzte Faktoren: Die Bundesregierung hat beschlossen, den Umlagesatz 2021 um 0,25 ct/kWh, 2022 um 0,5 ct/kWh und ab 2023 um 0,625 ct/kWh zu senken.

Allerdings ist kurzfristig aufgrund der aktuellen Wirtschaftsentwicklung dennoch mit einer gegenläufigen Entwicklung und, ohne Eingriffe, mit einer steigenden EEG-Umlage zu rechnen. Das Energiewirtschaftliche Institut an der Universität zu Köln (EWI) hat den Einfluss der Covid-19-Pandemie auf die EEG-Umlage untersucht, um die Effekte für private Haushalte zu schätzen. Es wurde ein Szenario berechnet, bei dem die Energiepreise deutlich sinken. In diesem Fall stiege die EEG-Umlage 2021 und 2022, trotz der beschlossenen Entlastung von 0,25 ct/kWh bzw. 0,5 ct/kWh, deutlich an. Ohne die EEG-Entlastungen durch das BEHG stiege die Umlage 2021 auf 9,99 ct/kWh, mit Entlastung immerhin noch auf 9,74 ct/kWh. Diese deutliche Mehrbelastung von Wirtschaft und Verbrauchern kann aus Sicht der Studienautoren mit der Abschaffung der EEG-Umlage begegnet werden.

Im „integrierten Modell“ kommt es im Jahr 2021 zunächst zu Mehrbelastungen des Bundeshaushaltes von zehn Milliarden Euro. Diese nehmen von Jahr zu Jahr in etwa linear ab und erreichen bereits im Jahr 2025 ihren Scheitelpunkt. Im Jahr 2026 ist mit Zusatzeinnahmen von etwa drei Milliarden Euro zu rechnen, die bis zum Jahr 2030 auf ca. acht bis neun Milliarden Euro ansteigen. Ab 2031 sind die anfänglichen Einnahmeeinbußen durch Mehreinnahmen ausgeglichen. Im Betrachtungszeitraum 2021 bis 2030 ergibt sich für den Bundeshaushalt in etwa ein Gleichgewicht von Einnahmen und Ausgaben.

Die zusätzlichen Einnahmen des integrierten Szenarios ab 2026 können zum Ausgleich der ab 2021 aufgelaufenen Ausgaben aus dem Bundeshaushalt oder aber auch zur Absenkung der Stromsteuer ab 2026 verwendet werden. Im Falle einer zügigen Umsetzung würden die oben genannten Effekte sich unmittelbar an die zum Jahresende 2020 auslaufende Senkung der Mehrwertsteuer aus dem Konjunkturpaket anschließen und könnten so einen effektiven Beitrag zur Erholung Deutschlands von den Folgen der Covid-19-Pandemie und zur Stärkung der Integrierten Energiewende leisten. Die Stromsteuer wird dem Bundeshaushalt Sicherheit hinsichtlich der Einnahmen in Zeiten von Klimaschutz und Energiewende geben.

 

Kuhlmann Andreas

Vorsitzender der Geschäftsführung der Deutsche Energie-Agentur (dena), Berlin
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