„Echte“ Leistungsklage in sozialgerichtlichem Verfahren unzulässig
Sozialgericht Speyer, Gerichtsbescheid vom 28.04.2023 – S 9 P 164/22
„Echte“ Leistungsklage in sozialgerichtlichem Verfahren unzulässig
Sozialgericht Speyer, Gerichtsbescheid vom 28.04.2023 – S 9 P 164/22
Das Sozialgericht Speyer (SG) hat eine Klage auf Entschädigung wegen verzögerter Bearbeitung eines Antrags auf Pflegeleistungen nach dem SGB XI als unzulässig abgewiesen. Das Gericht stellte in diesem Zusammenhang klar, dass im sozialgerichtlichen Verfahren nur eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage, nicht aber eine echte Leistungsklage statthaft ist.
Zum Sachverhalt
Die 1987 geborene Klägerin ist bei der Pflegekasse der Techniker Krankenkasse pflegeversichert. Am 19.07.2022 stellte sie einen Antrag auf Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung. Die Pflegekasse beauftragte den Medizinischen Dienst Rheinland-Pfalz mit der Erstellung eines Gutachtens. Nachdem dieser zu dem Ergebnis gelangte, dass die Klägerin die Voraussetzungen des Pflegegrades 1 nicht erfüllte, lehnte sie mit Bescheid vom 09.01.2023 die Gewährung von Leistungen aus der Pflegeversicherung ab. Mit ihrer auf Zahlung gerichteten Klage verlangt die Klägerin von der Pflegekasse Entschädigung, weil diese die 25-Tage-Frist für die Bearbeitung des Antrags gem. § 18 Abs. 3 b SGB XI überschritten habe.
Nur kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage möglich
Das SG hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Statthaft ist nach Ansicht des SG die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage, nicht aber eine echte Leistungsklage. Denn über Anträge auf Entschädigung nach § 18 Abs. 3 b SGB XI hat nach Ansicht des SG die Pflegekasse durch Bescheid zu entscheiden, gegen den dann Widerspruch einzulegen sei. Damit sei die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage die richtige Klageart. Das SG wies darauf hin, dass es sich dabei um einen eigenständigen Anspruch des zwischen den Beteiligten bestehenden Sozialversicherungsverhältnisses handele. Letzteres habe subordinationsrechtlichen Charakter mit der Folge, dass die Beklagte als Leistungsträger wie auch bei sonstigen Leistungsansprüchen durch Verwaltungsakt über den streitigen Anspruch zu befinden habe.
Berufung wurde zugelassen
Das SG schloss sich insofern den Darlegungen des Hessischen Landessozialgerichts an, welches auch auf Parallelentscheidungen anderer Landessozialgerichte verweist. Eine abweichende Beurteilung lässt sich lt. SG auch nicht aus dem Beschluss des Bundessozialgerichts vom 22.04.2015 ableiten, in welchem inhaltlich weder die Statthaftigkeit einer reinen Leistungsklage noch das Erfordernis einer kombinierten Anfechtungs-/Leistungsklage weiter hinterfragt oder erörtert werde. Weil keine einheitliche Verwaltungspraxis gegeben zu sein scheine und auch keine einheitliche und gefestigte Rechtsprechung der Landessozialgerichte ersichtlich sei sowie der zitierte BSG-Beschluss die Zulässigkeit einer Leistungsklage nach höchstrichterlicher Rechtsprechung jedenfalls nicht ausschließt, hat das SG die Berufung zugelassen.
Sozialgericht Speyer, Gerichtsbescheid vom 28.04.2023 – S 9 P 164/22 –.
Entnommen aus Gemeindeverwaltung Rheinland-Pfalz 2/2024, Rn. 15.