23.10.2023

E-Scooter: Kosten für Halter

Beschluss des Amtsgerichts Hamburg

E-Scooter: Kosten für Halter

Beschluss des Amtsgerichts Hamburg

Ein Beitrag aus »Neues Polizeiarchiv« | © emmi - Fotolia / RBV
Ein Beitrag aus »Neues Polizeiarchiv« | © emmi - Fotolia / RBV

Die Betroffene wurde als Halterin und Vermieterin eines E-Scooters für Kosten in Folge des verbotswidrigen Abstellens des Fahrzeuges auf einem Gehweg in Anspruch genommen. Hiergegen wendete sie sich erfolglos.

StVG – §§ 1, 25a

eKFV – § 11


Nach § 25a Abs. 1 StVG werden dem Halter eines Kraftfahrzeugs im Falle eines Halt- oder Parkverstoßes die Kosten des Verfahrens auferlegt, wenn der Führer des Kraftfahrzeugs, der den Verstoß begangen hat, nicht vor Eintritt der Verfolgungsverjährung ermittelt wird oder seine Ermittlung einen unangemessenen Aufwand erfordern würde.

Amtsgericht Hamburg, Beschl. v. 23.01.2023 – 327b OWi 1/23

Aus den Gründen

Die Kostenentscheidung der Behörde im Halterkostenbescheid vom 24.11.2022 ist nicht zu beanstanden.

Nach § 25a Abs. 1 StVG werden dem Halter eines Kraftfahrzeugs im Falle eines Halt- oder Parkverstoßes die Kosten des Verfahrens auferlegt, wenn der Führer des Kraftfahrzeugs, der den Verstoß begangen hat, nicht vor Eintritt der Verfolgungsverjährung ermittelt wird oder seine Ermittlung einen unangemessenen Aufwand erfordern würde.

Die Betroffene ist Halter des in Rede stehenden Elektro-Kleinstfahrzeugs (E-Scooter) und damit Halter eines Kraftfahrzeugs im Sinne des § 25a Abs. 1 StVG. Zudem handelt es sich vorliegend um einen Halt- bzw. Parkverstoß, der im Wege des Bußgeldverfahrens hätte geahndet werden können.

Bei einem Halt- oder Parkverstoß im Sinne des § 25a Abs. 1 StVG muss es sich um eine objektiv festgestellte gewollte Fahrtunterbrechung handeln, die nicht bloß durch die Verkehrslage oder sonstige äußere Umstände (z. B. Liegenbleiben auf der Autobahn infolge Kraftstoffmangels) veranlasst worden ist (…). Eine Beschränkung auf bestimmte Normen, wie z. B. § 12 oder § 13 StVO sieht das Gesetz indes nicht vor, so stellen auch das Halten oder Parken in einer sog. Umweltzone ohne die erforderliche Plakette einen Halt- oder Parkverstoß im Sinne des § 25a Abs. 1 StVG dar (…).

Vorliegend liegt nach Aktenlage ein Verstoß gegen § 1 Abs. 2 StVO, das allgemeine Rücksichtnahmegebot, vor. Auf den in Rede stehenden E-Scooter findet nämlich, da es sich um ein sogenanntes Elektrokleinstfahrzeug handelt, die eKFV Anwendung. Der hier einschlägige § 11 Abs. 5 eKFV lautet: „Für das Abstellen von Elektrokleinstfahrzeugen gelten die für Fahrräder geltenden Parkvorschriften entsprechend.“ Spezielle Parkvorschriften für Fahrräder gibt es indes nicht. Für Fahrräder kommt allein ein Verstoß gegen § 1 Abs. 2 StVO, also das allgemeine Rücksichtnahmegebot, in Betracht – nur dieses kann der Gesetzgeber mit seinem Verweis auf die „Parkvorschriften für Fahrräder“ also gemeint haben. In diesem Fall stellt ein Verstoß gegen § 1 Abs. 2 StVO somit auch einen Halt- oder Parkverstoß im Sinne des § 25a StVG dar.

Ausweislich des Lichtbildes Bl.2 d.A. war der auf die Betroffene angemeldete e-Scooter auch dergestalt auf dem Gehweg abgestellt, dass durch ihn der Fußgängerverkehr mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert wurde, so dass ein bußgeldbewährter Verstoß gegen § 1 Abs. 2 StVG festzustellen ist. Schließlich hat die Betroffene auch keinerlei Daten des Mieters mitgeteilt, der den E-Scooter am Tatort abgestellt hatte. In ihrem Schreiben vom 15.11.2022 finden sich lediglich leere Felder ohne Eintragungen.

Anmerkungen

Die Kostentragungspflicht des Halters für etwaige Verstöße im Zusammenhang mit einem auf diesen zugelassenen Kraftfahrzeug ergibt sich aus § 25a StVG. Insoweit der verantwortliche Fahrzeugführer nicht ermittelt werden kann, trifft den Fahrzeughalter die Kostentragungspflicht.

Von der Kostenpflicht „wird“ im Sinne einer gebundenen Entscheidung abgesehen, wenn es unbillig wäre, den Halter mit den Kosten zu belasten. Als solche Fälle können sich etwa auch Konstellationen darstellen, in denen das Fahrzeug ohne den Willen des Halters verwendet worden ist. Insoweit ist etwa im BayPAG ausdrücklich vorgesehen, dass Maßnahmen nicht gegen den Eigentümer gerichtet werden können, soweit der Inhaber der tatsächlichen Gewalt diese ohne den Willen des Eigentümers oder Berechtigten ausübt (Art. 8 Abs. 2 Satz 2 BayPAG). Daher kann es aus Billigkeitserwägungen in Fällen gestohlener Fahrzeuge bzw. in Fällen des unbefugten Gebrauchs eines Fahrzeuges nach § 248b StGB angezeigt sein, den Halter nicht mit den Kosten zu belasten.

Nicht eindeutig wird regelmäßig auch die Frage zu klären sein, ob durch das Abstellen eines E-Scooters auf Gehwegen ein Halt- bzw. Parkverstoß im Sinne von § 25a StVG vorliegt. Zwar erlaubt § 12 Abs. 4a StVO nur in erlaubten Fällen das Gehwegparken. Nach der Rechtsprechung gilt diese Einschränkung jedoch nicht ohne Weiteres auch für Fahrräder (BVerwG, Urt. v. 29.01.2004 – 3 C 29/03, NJW 2004, 1815). Hierbei wird daher zumeist allein die Grundregel des § 1 Abs. 2 StVO zur Anwendung gelangen können, wonach sich der Verkehrsteilnehmer so zu verhalten hat, dass kein anderer geschädigt, gefährdet oder mehr als nach den Umständen unvermeidbar behindert oder belästigt wird. Im Gesetz ist hierbei in Bezug auf Gehwege keine bestimmte Mindestbreite angelegt, sodass es auf alle Einzelfallumstände ankommen wird. Ein besonders breit ausgebauter Gehweg wird daher anders zu beurteilen sein als weniger in der Breite ausgeprägte. Ein am Rande des Gehwegs stehender/geparkter E-Scooter wird daher bei ausreichender Restbreite für alle Verkehrsteilnehmer keinen Verstoß gegen das in § 1 Abs. 2 StVO ausgeprägte Rücksichtnahmegebot begründen können. Im Ergebnis sind hierbei jedoch regelmäßig alle Einzelfallgesichtspunkte in die Betrachtungen einzustellen, sodass sich eine schematische Betrachtung verbietet.

 

Entnommen aus dem Neuen Polizeiarchiv 7/2023, Lz. 955.

 

Dr. Matthias Goers

Vorsitzender Richter am Landgericht, Hof
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