15.02.2012

Daseinsvorsorge und/oder Wettbewerb?

Problematik kommunalen Engagements im Bereich der Telekommunikation

Daseinsvorsorge und/oder Wettbewerb?

Problematik kommunalen Engagements im Bereich der Telekommunikation

Telekommunikationsleistungen durch Kommunen – Kommt es zur Rekommunalisierung? | © Stihl024 - Fotolia
Telekommunikationsleistungen durch Kommunen – Kommt es zur Rekommunalisierung? | © Stihl024 - Fotolia

Mit der Novellierung des Kommunalwirtschaftrechts in der Niedersächsischen Kommunalverfassung zum 1. November 2011 wurde der Rahmen für Aktivitäten der Kommunen im Bereich der Telekommunikation neu geregelt: Der „Betrieb von Telekommunikationsleitungsnetzen einschließlich der Telefondienstleistungen” durch Kommunen unterfällt hiernach nicht der Subsidiaritätsklausel. Welche Möglichkeiten eröffnet dies kommunalen Unternehmen in Niedersachsen? Die nachfolgenden Überlegungen können zugleich als Basis für die Prüfung kommunalwirtschaftsrechtlicher Fragen auch in anderen Bundesländern dienen.

Grundtypen kommunaler Aktivitäten

Seit dem Ende des Fernmeldemonopols des Bundes Mitte der 1990er Jahre spielen kommunale Unternehmen vielerorts in der Marktformierung eine sehr aktive Rolle. Auch wenn kommunale Gesellschaften ihre Infrastrukturen und Kundenstämme mittlerweile vielfach an materiell private TK-Unternehmen veräußert haben, ist ihre Bedeutung in ihren regionalen Märkten vielfach bemerkenswert. So erregte es jüngst bundesweit Aufmerksamkeit, dass die Deutsche Telekom mit dem Kölner Anbieter NetCologne eine Kooperationsvereinbarung abschloss, der ihr Glasfaser-Zugang zu den Hausanschlüssen, der sogenannten „letzten Meile” des Kölner Carriers, eröffnete. Die Kooperation betrifft mithin just den Bereich, der bislang eher unter dem Gesichtspunkt des Diskriminierungspotenzials marktbeherrschender Unternehmen diskutiert wurde.

Generell lassen sich bei den kommunalen Aktivitäten ein daseinsvorsorge- und ein wettbewerbsorientierter, fiskalisch motivierter Typus unterscheiden. Bei diesem zweiten Typus geht die Motivationslage der Kommunen und ihrer Beteiligungsunternehmen dahin, Vertriebs- oder andere Vorteile eines integrierten kommunalen (Stadtwerke-)Unternehmens auszuspielen, um ihre Angebote kommerziell erfolgreich zu vermarkten. Ordnungspolitisch stellt sich in diesen Fällen die Frage, welche Schwelle der Landesgesetzgeber für ein wirtschaftliches Tätigwerden kommunaler Unternehmen auf grundsätzlich funktionierenden Märkten vorsehen und inwieweit er sie zum Wettbewerb mit materiell privaten TK-Unternehmen zulassen möchte. Dies trifft die kommunalwirtschaftsrechtliche Frage der Subsidiarität.


Bei dem daseinsvorsorgeorientierten Typ geht es den Kommunen hingegen um die Bereitstellung oder den Ausbau einer Infrastruktur, die der Markt nicht in hinreichendem Umfang oder nicht in hinreichender Qualität gewährleistet. Diese Motivationslage prägt die Herangehensweise kleinerer Gemeinden auf den sog. „Weißen Flecken” im Breitbandatlas. Hier stellen sich weniger Fragen des Wettbewerbsdesigns als vielmehr der optimalen Steuerung öffentlicher Ressourcen.

Dies zeigt sich am Beispiel des Aufbaus der Mobilfunknetze der vierten Generation, im sog. Long Term Evolution (LTE)-Standard: Die Bundesnetzagentur (BNetzA) meldete unlängst, in mittlerweile sieben Bundesländern seien die Weißen Flecken der Breitbandversorgung durch LTE-Netze abgedeckt. Hintergrund hierfür sind die Auktionsbedingungen der BNetzA bei der Versteigerung der Funkfrequenzen für den LTE-Standard im Frühjahr 2010. Durch diese Bedingungen wurde den Mobilfunkbetreibern aufgegeben, mit dem Netzaufbau zunächst in den ländlichen Räumen der Bundesländer zu beginnen und die Weißen Flecken der Breitbandversorgung zu schließen, bevor sie sich dem Netzaufbau in den lukrativen Ballungsgebieten zuwenden dürfen. Durch diese Auktionsbedingungen hat der Bund auf Einnahmen verzichtet, die mit hoher Wahrscheinlichkeit hätten erzielt werden können, wäre den Mobilfunkbetreibern ein wirtschaftlich optimierter Netzaufbau anheimgestellt worden. Parallel zu dieser versteckten Förderung des Mobilfunk-Breitbandausbaus subventionieren aber insbesondere die Länder – im Rahmen der von der EU-Kommission genehmigten Breitbandhilfenregelung ländlicher Regionen in Deutschland – die Errichtung leitungsgebundener Breitbandkabel-Infrastrukturen. Dies wirft Fragen nach einer konsistenten Regulierungsstrategie sowie der Vermeidung einer Fehlallokation öffentlicher Ressourcen auf.

Ein aus der öffentlichen Berichterstattung bekanntes Beispiel aus Baden-Württemberg verdeutlicht dies: Das Schwarzwalddorf Sasbachwalden hat den Bau von 165 km Glasfaserleitungen und eines 42 km langen flächendeckenden Netzes vorangetrieben, um die Lebensverhältnisse der rund 550 Haushalte im Gemeindegebiet zu verbessern. Statt der zuvor über Kupferkabel verfügbaren 2 Mbit/s downstream stehen den Einwohnern jetzt Internet-Angebote der kommunalen Betreibergesellschaft mit Übertragungsraten von 50 oder 75 Mbit/s zur Verfügung. Zugleich aktivierte die Deutsche Telekom in Sasbachwalden ihr LTE-Netz. Dies führte zu dem paradoxen und haushaltswirtschaftlich wie regulierungsrechtlich bemerkenswerten Ergebnis, dass der vormals „Weiße Fleck” Sasbachwalden seit dem vergangenen Jahr plötzlich sowohl über modernste Mobilfunkanbindung als auch Glasfaserinfrastruktur verfügt – bevor diese Angebote in Ballungsräumen bereitstehen.

Unionsrechtlicher Rahmen

Dabei gibt die Universaldienstrichtlinie aus dem Telecom Package der EU den Mitgliedstaaten ein Instrument an die Hand, wie sie unter dem Vorzeichen der Privatisierung des TK-Sektors Mindeststandards der TK-Versorgung definieren und für sie kostengünstig gewährleisten können: Hiernach können die Mitgliedstaaten TK-Unternehmen die Erbringung bestimmter Mindestdienste und deren Finanzierung durch Umlagen aufgeben, soweit solche Dienste nach Auffassung des jeweiligen Mitgliedsstaats zum gesellschaftlichen Mindeststandard gehören sollen.

Für den breitbandigen Internetzugang wurde die Frage, welches unter heutigen Kommunikationsbedingungen der technische Mindeststandard ist, ohne den eine angemessene Partizipation an der öffentlichen Meinungsbildung in elektronischen Medien nicht mehr angemessen möglich ist, in der aktuellen TKG-Novelle denn auch intensiv diskutiert. Bislang definieren die §§ 78 ff. TKG nur Dienste wie den klassischen häuslichen Telefonanschluss als Universaldienst. Nach dem aktuellen Diskussionsstand ist damit zu rechnen, dass im Rahmen der laufenden Novellierung auch der (leitungsgebundene) Anschluss an ein öffentliches Telefonnetz Universaldienst werden soll, der eine Datenkommunikation mit Übertragungsraten zulässt, „die für einen funktionalen Internetzugang ausreichen”.

Engagement der Kommunen

Der TK-rechtliche Ansatz des Universaldienstes steht einem eigenen Engagement von Kommunen oder einer direkten Förderung kommunaler oder auch privater Investitionen durch Länder im Interesse gezielter Standortentwicklung unionsrechtlich wohl nicht entgegen: Sowohl die Universaldienstrichtlinie als auch § 80 TKG behandeln Universaldienstangebote nur als Ultima Ratio. Indessen mögen haushaltswirtschaftliche Erwägungen gegen ein Tätigwerden der Kommunen sprechen, bedenkt man, dass bei einer Universaldienstverpflichtung die anfallenden Kosten unter den zur Mitwirkung an der Universaldienst-Gewährleistung verpflichteten Unternehmen umgelegt würden. Wenn der Universaldienst im Zuge der TKG-Novellierung auf einen funktionalen Internetzugang erstreckt wird, werden sich Länder und investitionsbereite Kommunen fragen müssen, ob der durch ihre Maßnahmen erreichbare Beschleunigungseffekt oder Ausbaustandard in einem angemessenen Verhältnis zum erforderlichen Einsatz öffentlicher Mittel steht.

Verfassungsrechtliche Fragen

Entscheidet sich eine Kommune hiernach für ein Tätigwerden im TK-Sektor, so hat sie die Rahmenbedingungen des Art. 87f GG zu beachten, der im Zuge der Postreform II 1994 in das Grundgesetz eingefügt wurde. Die Bestimmung verwandelte die vormalige Erfüllungsverantwortlichkeit des Bundes im Fernmeldewesen in eine regulatorische Gewährleistungs- und Überwachungsverantwortlichkeit. Dem Gesetzgeber wird aufgetragen, für die Wahrung sozialstaatlicher Mindeststandards zu sorgen, etwa durch Einführung von Universaldienstverpflichtungen.

Telekommunikationsdienstleistungen werden nach Absatz 2 der Vorschrift aber nunmehr als privatwirtschaftliche Tätigkeiten durch die Nachfolgeunternehmen der Bundespost und „durch andere private Anbieter erbracht”. Juristische Personen des öffentlichen Rechts dürfen nach Art. 87f Abs. 2 GG also keine TK-Dienstleistungen mehr erbringen. Dieses Verbot umfasst auch eine Grundversorgung mit TK-Dienstleistungen zur Schließung „Weißer Flecken”.

Der Begriff der TK-Diensleistungen beschränkt sich indes auf das Anbieten und Ausführen solcher Dienstleistungen. Nicht umfasst werden hingegen Tätigkeiten auf Vorleistungsmärkten; auf diesen dürfen sich auch die öffentlichen Hände betätigen. So ist die Verlegung von Leerrohren, die für eine anschließende Verlegung von Glasfaserkabeln genutzt werden können, auch durch Kommunen selber unproblematisch: Auf diesem Weg können Kommunen ein wesentliches zeitliches, wirtschaftliches und organisatorisches Problem des Breitbandausbaus mindern.

Jenseits solcher Einrichtungen oder Vorprodukte lässt die Verfassung die Erbringung von TK-Dienstleistungen aber nur noch durch kommerzielle Anbieter zu. Auch das Angebot von TK-Dienstleistungen durch eine gemeinnützige GmbH wäre also ausgeschlossen. Eine materielle Privatisierung wird andererseits von der herrschenden Meinung heute nicht mehr gefordert, so dass der öffentlichen Hand eine gewinnorientierte Erbringung von TK-Dienstleistungen über öffentliche oder gemischtwirtschaftliche Unternehmen von Verfassung wegen nicht verwehrt ist.

Kommunalwirtschaftsrechtliche Maßgaben am Beispiel der neuen Niedersächsischen Kommunalverfassung

Auch wenn es keine verfassungsrechtlichen Hinderungsgründe für ein derartiges Engagement der öffentlichen Hand gibt, steht es dem Landesgesetzgeber frei, seine ordnungspolitischen Vorstellungen im Kommunalwirtschaftsrecht zu konkretisieren und spezifische Vorgaben für ein kommunales Engagement zu formulieren.

Die aktuelle Lösung des niedersächsischen Gesetzgebers ist in dieser Hinsicht unter verschiedenen Aspekten bemerkenswert. Dabei ist – in kommunalrechtlichen Kategorien, nach dem skizzierten verfassungsrechtlichen Rahmen – von vornherein nur eine „wirtschaftliche Betätigung” der Kommunen i.S.v. § 136 NKomVG zulässig. Materiell unterliegt eine solche wirtschaftliche Betätigung nach § 136 Abs. 1 Satz 2 NKomVG den drei klassischen Anforderungen

  1. der örtlichen Radizierung, also der Rechtfertigung der Aufgabenwahrnehmung durch einen öffentlichen Zweck mit Ortsbezug (Zweckbindungsklausel);
  2. der hinreichenden Leistungsfähigkeit der Kommune (Wirtschaftlichkeitsklausel) sowie
  3. der Subsidiarität, also dem Erfordernis, dass der öffentliche Zweck nicht ebenso gut und wirtschaftlich durch einen privaten Dritten erfüllt wird oder erfüllt werden kann – wobei die Novelle primär diese Anforderung betrifft.

Insbesondere Subsidiaritätsklausel interessant

Besonderes Interesse verdienen dabei die gesetzgeberischen Entscheidungen zur Subsidiaritätsklausel. Diese ist – in ausdrücklicher Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung des OVG Lüneburg – jetzt drittschützend ausgestaltet, befähigt private Marktteilnehmer also zur Inanspruchnahme verwaltungsgerichtlichen Schutzes gegen kommunale Konkurrenz. Die Privaten können gegenüber einem kommunalen Engagement also generell geltend machen, dass Niedersachsen im Bereich der Telekommunikation nicht unterversorgt ist und kommerzielle TK-Angebote ebenso gut von privaten Konkurrenten wie von kommunalen Unternehmen erbracht werden könnten. Soweit also ein – gewinnorientiertes – Tätigwerden kommunaler Unternehmen von Verfassung wegen zulässig wäre, stünde dem die landesgesetzliche Subsidiaritätsklausel entgegen.

Sektorenausnahme

Aus diesem Grund kommt der Sektorausnahme des § 136 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 NKomVG zentrale Bedeutung zu. Im Anwendungsbereich der Sektorausnahme entfällt nach gesetzlicher Anordnung die Prüfung, ob der öffentliche Zweck nicht ebenso gut und wirtschaftlich durch einen privaten Dritten erfüllt wird oder potenziell erfüllt werden kann. Die Ausnahme ist nun in doppelter Hinsicht bemerkenswert:

Zum einen privilegiert die Norm die Errichtung, Übernahme oder wesentliche Erweiterung kommunaler Unternehmen bei einem „Tätigwerden zum Betrieb von Telekommunikationsleitungsnetzen einschließlich der Erbringung von Telefondienstleistungen”. Diese Formulierung wirft schwierige Auslegungsfragen auf, weil der niedersächsische Gesetzgeber sich nicht an der Terminologie des TKG orientiert hat. Sowohl der Betrieb von TK-Leitungsnetzen als auch Telefondienstleistungen sind TK-Dienste im Sinne des TKG. TKG und TMG unterscheiden allerdings den Betrieb von Netzen (seien dies Funk- oder Kabelnetze) von Dienstleistungen, die über solche Netze erbracht werden. Indem der Gesetzgeber einerseits auf den Betrieb von Leitungsnetzen und andererseits explizit nur auf Telefondienstleistungen abstellt, macht er jedenfalls deutlich, dass andere TK-Dienstleistungen als Telefondienstleistungen nicht von den Anforderungen der Subsidiaritätsklausel suspendiert werden sollen. Nicht unter die Ausnahme fallen nach der verwendeten Terminologie also beispielsweise die Internet-Zugangsvermittlung, ebenso wenig E-Mail-Dienste und – wenn schon nicht der Internet-Zugang – dann wohl auch kein kommunales Internet-Telefonie-Angebot. Paradoxerweise entspricht die Reichweite der Sektorausnahme damit also im Kern den Universaldienstleistungen nach dem TKG (Hausanschluss an Leitungsnetz; Telefondienst): Sie privilegiert also einen Bereich, in dem sachlich ein kommunales Tätigwerden eher fernliegt, und unterwirft umgekehrt diejenigen Bereiche, in denen ein Tätigwerden kommunaler Unternehmen fiskalisch attraktiv sein könnte, der gerichtlich durchsetzbaren Subsidiarität.

Damit kommt für die kommunale Unternehmenspraxis aus praktischer Sicht dem Gesichtspunkt eines möglichen Bestandsschutzes für existierende TK-Angebote kommunaler Beteiligungsangebote zentrale Bedeutung zu.

Nach den Materialien ging der Gesetzgeber davon aus, die Neuregelung des Kommunalwirtschaftsrechts gelte nur vorbehaltlich des Bestandsschutzes für existierende Unternehmen und ihre Tätigkeit. Dies solle sich aus der Tatbestandsformulierung des § 136 Abs. 1 S. 2 NKomVG ergeben, wonach die Errichtung, Übernahme oder wesentliche Erweiterung eines Unternehmens unter den drei eingangs genannten Voraussetzungen der örtlichen Radizierung, kommunalen Leistungsfähigkeit und Subsidiarität steht. Ob diese Auffassung allerdings Bestand haben kann, ist jedoch nicht gewiss: Denn auch das „Führen” eines kommunalen Unternehmens ist nach § 137 NKomVG an dieselben materiellen Voraussetzungen gebunden. Die Unternehmenssteuerung ist aber eine Dauertätigkeit, für die seit dem 01. 11. 2011 in Niedersachsen eine neue Rechtslage gilt. Wie auch sonst, ließe sich argumentieren, muss sich die Unternehmensführung auf geänderte rechtliche Rahmenbedingungen einstellen, also bisherige Betätigungsfelder unter dem Eindruck einer neuen Gesetzeslage eben womöglich aufgeben.

Ausblick

Eine weitere Beobachtung gilt für das niedersächsische Kommunalwirtschaftsrecht und die Universaldienstregulierung des TKG gleichermaßen: Beide Normbestände greifen die Dynamik, mit der „fixed line” und mobile TK-Angebote aus Sicht des Verbrauchers konvergieren, nicht auf. Dabei haben in unserem Beispiel auch die Haushalte in Sasbachwalden das Privileg, zwischen mobilem oder glasfaserbasiertem Breitbandzugang wählen zu können. Diese Entwicklung wird sich durch die Mobilfunkangebote der vierten Generation (LTE) und die „Next Generation Networks” (NGN) nochmals intensivieren. Warum bedarf es dann aber eines funktionalen Internetzugangs „fixed line” als Universaldienst, wenn entsprechende Mobilfunkangebote bereitstehen? Und steht auch dem Mobilfunkanbieter ein Abwehrrecht nach § 136 Abs. 1 Satz 3 NKomVG zu, wenn ein kommunales Unternehmen preiswerte leitungsgebundene TK-Angebote (nach öffentlich gefördertem Glasfaser-Netzausbau) an den Markt geben will? Auch das Kommunalwirtschaftsrecht muss sich hier auf die Dynamik der Telekommunikations- und Medienmärkte einstellen und die Frage zulassen, ob ein LTE-Mobilfunkangebot auf den zusammenwachsenden TK-Märkten den öffentlichen Zweck nicht ebenso gut und wirtschaftlich erfüllen kann wie ein kommunales TK-Angebot über Glasfaser.

Im Ergebnis könnte – entgegen der möglicherweise intendierten Ermutigung kommunalen Engagements durch die Sektorausnahme des niedersächsischen Kommunalgesetzgebers – ein zurückhaltendes Agieren der kommunalen Beteiligungsunternehmen die Folge sein. In jedem Fall besteht eine wichtige Rolle der Kommunen beim Aufbau der (Glasfaser- und Funk-) Netze der nächsten Generation im Sinne der Daseinsvorsorge darin, Standorte für Basisstationen vorzuhalten und den Leitungsbau, ggf. auch bereits vorausschauend durch Verlegung von Leerrohren, zu fördern. Dies entspricht auch der Schwerpunktsetzung des Bundesgesetzgebers in der aktuellen TKG-Novelle, die auf eine Erleichterung des Leitungsbaus im Interesse privater TK-Unternehmen zielt, nicht zuletzt durch erleichterte Einbeziehung oder Inanspruchnahme kommunaler oder staatlicher Infrastrukturen.

Hinweis der Redaktion: Der Beitrag beruht auf einem Vortrag, den der Autor, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verwaltungsrecht in Berlin, Partner der Sozietät White & Case LLP und Hon.Prof. an der Universität Osnabrück, auf Einladung von Prof. Dr. Jörn Ipsen, Direktor des Instituts für Kommunalrecht der Universität Osnabrück, bei den 22. Bad Iburger Gesprächen zum Kommunalrecht am 16. 11. 2011 gehalten hat und der im Tagungsband erscheinen wird.

 

Prof. Dr. Norbert Wimmer

Rechtsanwalt, Partner Fachanwalt für Verwaltungsrecht, White & Case LLP, Berlin
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