15.02.2012

Das Wirtschaftsunternehmen Gemeinde

Die KGaA als Rechtsform für kommunale Unternehmen

Das Wirtschaftsunternehmen Gemeinde

Die KGaA als Rechtsform für kommunale Unternehmen

Welche Rechtsform passt? Das Rechtsinstitut der KGaA erfährt einen Bedeutungszuwachs. | © beermedia - Fotolia
Welche Rechtsform passt? Das Rechtsinstitut der KGaA erfährt einen Bedeutungszuwachs. | © beermedia - Fotolia

Die nachfolgende Darstellung soll einen ersten Einblick in die Möglichkeiten und Grenzen der Rechtsform der Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) geben – nicht etwa, um die KGaA als den „Königsweg“ für alle Fallgestaltungen zu präsentieren, sondern um bei der Prüfung der in Betracht kommenden Rechtsformen eine – in geeigneten Fällen vorteilhafte – Handlungsalternative mehr zur Verfügung zu haben.

Warum überhaupt KGaA?

Kapitalgesellschaften einerseits und Personengesellschaften andererseits weichen nicht nur in gesellschaftsrechtlicher Hinsicht voneinander ab. Sie unterliegen insbesondere auch einer in wesentlichen Punkten durchaus unterschiedlichen Besteuerungssystematik. Gerade wenn über eine paritätische Kooperation zwischen kommunalen Unternehmen „auf Augenhöhe“ nachgedacht wird, erweisen sich diese Unterschiede bisweilen als echtes Hindernis (beispielsweise steuerliche Unzulässigkeit der sog. Mehrmütterorganschaft; fehlende gewerbesteuerliche „Querverbundtauglichkeit“ der GmbH & Co. KG). Wie wäre es aber, wenn man die jeweiligen Vorteile einzelner Gesellschaftsformen miteinander verbinden, quasi „mischen“ könnte? Dies ermöglicht die KGaA.

Verbreitung und praktische Bedeutung der Rechtsform der KGaA waren in der deutschen Wirtschaft in der Vergangenheit stark eingeschränkt. Für das Jahr 1994 z. B. zählt die Statistik lediglich 30 solcher Gesellschaften. Seit der BGH allerdings im Jahre 1997 entschieden hat, dass es sich bei den persönlich haftenden Gesellschaftern einer KGaA nicht zwingend um natürliche Personen handeln muss, hat sich die Attraktivität offenbar erhöht; 2010 waren bereits rund 240 KGaA registriert. Seither können also insbesondere auch Kapitalgesellschaften wie z. B. eine AG oder eine GmbH als persönlich haftender Gesellschafter der KGaA installiert werden.


Bei der KGaA handelt es sich – in gesellschaftsrechtlicher wie steuerrechtlicher Hinsicht – um eine Art „Mischform“ aus Personen- und Kapitalgesellschaft, welche bestimmte Strukturen und Vorzüge der KG und der AG miteinander vereint.

Gesellschaftsrechtliche Grundstruktur

Die KGaA ist trotz ihres gemischten (auch als „hybrid“ bezeichneten) Charakters letztlich eine Kapitalgesellschaft; sie ist als juristische Person selbstständige Trägerin von Rechten und Pflichten; als Handelsgesellschaft finden auf sie – neben aktienrechtlichen Normen (insb. §§ 278 bis 290 AktG) – auch die Vorschriften des HGB Anwendung. Die gewählte Firma muss den Rechtsformzusatz, also „KGaA“, enthalten und, wenn keine natürliche Person persönlich haftet, außerdem auch die weitere Haftungsbeschränkung, also z. B. „GmbH & Co KGaA“, deutlich machen.

Die KGaA wird in § 278 Abs. 1 AktG definiert als eine Gesellschaft, bei der mindestens ein Gesellschafter den Gesellschaftsgläubigern unbeschränkt haftet (persönlich haftender Gesellschafter) und die übrigen an dem in Aktien zerlegten Grundkapital beteiligt sind, ohne persönlich für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft zu haften (Kommanditaktionäre). Es gibt also zwei unterschiedliche Gruppen von Gesellschaftern.

Die KGaA hat als Organe wie die AG eine Hauptversammlung und einen Aufsichtsrat, anders als die AG jedoch keinen Vorstand; dessen Rolle übernimmt der persönlich haftende Gesellschafter.

Persönlich haftender Gesellschafter

Dem persönlich haftenden Gesellschafter steht die Geschäftsführung und die Vertretung der Gesellschaft nach außen zu. Die Bestellung des persönlich haftenden Geschäftsführers erfolgt – anders als beim Vorstand einer AG – nicht durch den Aufsichtsrat, sondern durch Verankerung und namentliche Nennung in der Satzung der KGaA. Für die Neu- oder Abbestellung eines persönlich haftenden Gesellschafters als Geschäftsführer ist daher immer eine formelle Satzungsänderung erforderlich.

Für den persönlich haftenden Gesellschafter einer KGaA gelten neben den Bestimmungen für die KG auch zahlreiche Vorschriften für den Vorstand einer AG sinngemäß (vgl. § 283 AktG). Als wichtigste zu nennen sind hier die Vorschriften über die Sorgfaltspflicht und die Verantwortlichkeit sowie die Pflichten gegenüber dem Aufsichtsrat.

Beim Vorhandensein mehrerer persönlich haftender Gesellschafter gilt grundsätzlich das Prinzip der Einzelgeschäftsführung und der Einzelvertretung (abweichende Satzungsgestaltung möglich). Mehrere persönlich haftende Gesellschafter haften Gläubigern als Gesamtschuldner.

Hauptversammlung

Grundsätzlich gelten – neben § 285 AktG – für die Hauptversammlung die Vorschriften über die AG entsprechend. Die Kommanditaktionäre fassen in der Hauptversammlung die für die KGaA grundlegenden Beschlüsse. Dabei bedürfen sie allerdings regelmäßig der Zustimmung der persönlich haftenden Gesellschafter (soweit für entsprechende Beschlüsse auch bei einer KG das Einverständnis des Komplementärs erforderlich wäre, § 285 Abs. 2 AktG). Bei über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb hinausgehenden Geschäften besteht andererseits ein – satzungsmäßig abdingbares – Widerspruchsrecht der Kommanditaktionäre gegen Maßnahmen der persönlich haftenden Gesellschafter.

Bei der KGaA stellt die Hauptversammlung (mit Zustimmung des persönlich haftenden Gesellschafters) den Jahresabschluss fest (§ 286 AktG); der Aufsichtsrat ist anders als bei der AG nicht eingebunden.

Aufsichtsrat

Die KGaA hat – zwingend – einen Aufsichtsrat. Dieser überwacht die Tätigkeit der persönlich haftenden Gesellschafter (§ 278 Abs. 3 i.V.m. § 111 Abs. 1 AktG) und vertritt die Gesellschaft diesen gegenüber. Dem Aufsichtsrat steht ein Prüfungs- und Einsichtsrecht zu; persönlich haftende Gesellschafter sind ihm gegenüber berichtspflichtig.

Im Vergleich zum Aufsichtsrat einer AG hat der Aufsichtsrat einer KGaA jedoch in einigen Punkten eingeschränkte Kompetenzen:

– Er hat nicht das Recht, die Geschäftsleitung zu bestellen oder abzuberufen (die Geschäftsleitung steht, wie dargestellt, den persönlich haftenden Gesellschaftern kraft Satzung zu und kann nur durch Satzungsänderung entzogen werden).
– Nach h. M. darf der Aufsichtsrat keinen Katalog festlegen, der (analog § 111 Abs. 4 AktG bei der AG) die Vornahme bestimmter Geschäfte von seiner Zustimmung abhängig macht.
– Der Aufsichtsrat wirkt nicht bei der Feststellung des Jahresabschlusses mit (s.o.).
– Der Aufsichtsrat führt neben seiner Überwachungsfunktion insbesondere die Beschlüsse der Hauptversammlung aus.

Die Regeln zur Mitbestimmung bei der KGaA entsprechen weitgehend denen in einer AG.

Das (zugegebenermaßen relativ komplexe) Zusammenspiel der Organe innerhalb der KGaA sowie im Verhältnis zu Dritten verdeutlicht auch noch einmal die folgende Grafik:

Zusammenspiel der Organe innerhalb der KGaA

Gründung der KGaA

Die Gründung der KGaA erfolgt durch Feststellung der Satzung, die notariell zu beurkunden ist (§ 280 AktG, zum Inhalt vgl. auch § 281 AktG). Das Mindestgrundkapital beträgt – wie bei der AG – 50.000 €. Der persönlich haftende Gesellschafter kann, muss aber keine Einlage übernehmen.

Kommunalrechtliche Zulässigkeit der KGaA

Gemeinden dürfen Unternehmen und Einrichtungen in einer Rechtsform privaten Rechts nur gründen oder sich an ihnen beteiligen, wenn u. a. die Haftung der Gemeinde auf einen bestimmten Betrag begrenzt ist (z. B. § 108 Abs. 1 Nr. 3 GO NRW). Dies bedeutet, dass sich eine Gemeinde nicht unmittelbar als persönlich haftender Gesellschafter an einer KGaA beteiligen darf (was nicht ausschließt, dass sie sich mittelbar über eine GmbH oder GmbH & Co. KG beteiligt).

Soweit durch den Subsidiaritätsgrundsatz (z. B. § 108 Abs. 4 GO NRW) die Wahl der Rechtsform einer AG faktisch ausscheidet, ist darauf hinzuweisen, dass KGaA und AG in entscheidenden Punkten nicht identisch sind und dass bei der KGaA angemessene Einwirkungs- und Kontrollmöglichkeiten zugunsten der beteiligten kommunalen Rechtsträger verankert werden können.

Im Rahmen eines kommunalaufsichtsrechtlichen Anzeigeverfahrens wird dabei im Einzelfall darzulegen sein, dass der angemessene kommunale Einfluss sichergestellt ist.

Steuerliche Behandlung der KGaA

Die dargestellte duale Struktur der KGaA in gesellschaftsrechtlicher Hinsicht setzt sich auch im Bereich des Steuerrechts fort, denn hier kommen sowohl Grundsätze für die Besteuerung von Personengesellschaften wie auch solche für die Besteuerung von Kapitalgesellschaften zur Anwendung:

Die KGaA selbst unterliegt der Körperschaftsteuer gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG. Als Handelsgesellschaft erzielt sie nach § 8 Abs. 3 KStG ausschließlich Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Bei der Ermittlung ihres Einkommens ergibt sich aber folgende rechtsformbedingte Besonderheit: Gewinnbeteiligungen des persönlich haftenden Gesellschafters auf Einlagen, die nicht auf das Grundkapital geleistet wurden, sowie Vergütungen für die Geschäftsführungstätigkeit dürfen bei der Ermittlung des Einkommens der KGaA als abziehbare Aufwendungen berücksichtigt werden (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG).

Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG gilt die KGaA als ein Gewerbebetrieb kraft Rechtsform und ist daher stets unmittelbar selbst gewerbesteuerpflichtig. Hierbei werden die für Zwecke der Einkommensermittlung bei der Körperschaftsteuer nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG als Ausgaben abgezogenen Gewinnanteile und Vergütungen der persönlich haftenden Gesellschafter gewerbesteuerlich wieder hinzugerechnet (§ 8 Nr. 4 GewStG).

Für Zwecke einer körperschaftsteuerlichen Organschaft kann die KGaA selbst Organträger und (anders als eine GmbH & Co. KG!) ggf. auch Organgesellschaft sein. Dies eröffnet interessante Gestaltungsmöglichkeiten.

Besteuerung des persönlich haftenden Gesellschafters

Auch bei Kapitalgesellschaften als persönlich haftenden Gesellschaftern findet auf den auf sie entfallenden Gewinnanteil, da es sich um Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.S.v. § 15 Abs. 1 Nr. 3 EStG (und nicht um Bezüge nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG) handelt, die weitestgehende Steuerfreistellung des § 8b KStG für Dividenden keine Anwendung.

Gewerbesteuerlich wird eine nochmalige Erfassung der bereits auf Ebene der KGaA versteuerten Gewinnanteile auf Ebene des persönlich haftenden Gesellschafters durch eine Kürzung nach § 9 Nr. 2b GewStG vermieden.

Besteuerung des Kommanditaktionärs

Die Gewinnanteile der Kommanditaktionäre (Dividenden) unterliegen den gleichen Regeln wie bei einer Kapitalgesellschaft (AG, GmbH); d. h., Kommanditaktionäre, die ihrerseits die Rechtsform einer Kapitalgesellschaft haben, kommen regelmäßig in den Genuss der weitestgehenden Steuerfreistellung des § 8b KStG.

Im Einzelfall sollte darüber hinaus geprüft werden, ob durch eine Kombination dieser speziellen Rechtsform mit den Besonderheiten einer ertragsteuerlichen Organschaft zusätzliche steuerliche Optimierungspotenziale erschlossen werden können.

Zusammenfassung

Die KGaA ist als gemischte Rechtsform geprägt durch Elemente des Personengesellschafts- wie auch des Kapitalgesellschaftsrechts und daher in vielen Punkten gestaltbar.

Diese relative Offenheit führt allerdings zu einer vergleichsweise hohen Komplexität in der Ausgestaltung. Im kommunal geprägten Umfeld ist auf die Sicherung der städtischen Einflussrechte und akzeptable Teilhabemöglichkeiten der Belegschaft (Mitbestimmung) zu achten.

Insbesondere bei Kooperationen zwischen Stadtwerken eröffnet die auf das Steuerrecht durchschlagende „Doppelnatur“ der KGaA aber Gestaltungsmöglichkeiten, deren Vorteilhaftigkeit die KGaA bei größeren Projekten als ernstzunehmende Alternative zur GmbH oder GmbH & Co. KG erscheinen lässt.

 

Stefan Maier

Rechtsanwalt, Steuerberater, PwC AG Düsseldorf
 

Eike Christian Westermann

Steuerberater, Fachanwalt für Steuerrecht und für Handels- und Gesellschaftsrecht bei der KPMG AG WPG
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