08.04.2022

Das Marktstammdatenregister

Die Kommunen im Fokus der Hauptzollämter

Das Marktstammdatenregister

Die Kommunen im Fokus der Hauptzollämter

Wer eine solche Stromerzeugungseinheit betreiben möchte, hat sich zunächst über die Bundesnetzagentur als Marktakteur für das Marktstammdatenregister zu registrieren. | © Coloures-Pic - stock.adobe.com
Wer eine solche Stromerzeugungseinheit betreiben möchte, hat sich zunächst über die Bundesnetzagentur als Marktakteur für das Marktstammdatenregister zu registrieren. | © Coloures-Pic - stock.adobe.com

Das Marktstammdatenregister ist ein behördliches Register aller Strom- und Gaserzeugungsanlagen im deutschen Energiesystem. Zum 01.07.2019 ist das Gesetz zur Neuregelung von Stromsteuerbefreiungen sowie zur Änderung energiesteuerrechtlicher Vorschriften in Kraft getreten. Da Stromsteuerbefreiungen an gewisse Voraussetzungen geknüpft sind – insbesondere eine vorab beantragte Erlaubnis – rücken nunmehr die Kommunen in den Fokus der Hauptzollämter.

Hintergrund

Das Marktstammdatenregister ist ein behördliches Register aller Strom- und Gaserzeugungsanlagen im deutschen Energiesystem. Es wird durch die Bundesnetzagentur geführt. Zum 01.07.2019 ist das Gesetz zur Neuregelung von Stromsteuerbefreiungen sowie zur Änderung energiesteuerrechtlicher Vorschriften vom 22.06.2019 (BGBl. I S. 856) in Kraft getreten. Der Gesetzgeber beabsichtigte vorrangig das Ziel, die Stromsteuerbefreiungen für aus erneuerbaren Energieträgern gewonnenem und in sogenannten Kleinanlagen erzeugtem Strom im Einklang mit dem EU-Beihilferecht neuzufassen. Damit soll vermieden werden, dass eine etwa siebenstellige Anzahl von Beteiligten selbst erzeugten und zum Eigenverbrauch entnommenen oder an Dritte geleisteten Strom versteuern muss. Allerdings sind diese Stromsteuerbefreiungen an gewisse Voraussetzungen geknüpft, insbesondere eine vorab beantragte Erlaubnis. Gegenwärtig prüfen daher die Hauptzollämter (HZA), die gem. § 1 Stromsteuer-Durchführungsverordnung (StromStV) für die Erhebung der Stromsteuer zuständig sind, das Marktstammdatenregister und gleichen die registrierten Stromerzeugungseinheiten mit den beantragten Erlaubnissen ab. Dabei ist festzustellen, dass diese Erlaubnisanträge von einer Vielzahl der Gebietskörperschaften schlichtweg vergessen wurden.

Im Folgenden wird ein kurzer Einblick in die Stromsteuerbefreiungen sowie die möglichen Konsequenzen einer nicht rechtzeitig beantragten Erlaubnis gegeben. Unter Umständen führt dieses Versäumnis zunächst zu einer Stromsteuerpflicht für die jeweilige Gebietskörperschaft. In solchen Fällen ist zu prüfen, ob zugleich eine rückwirkende Steuerentlastung beantragt werden kann, um den Steuerschaden zu minimieren.


Stromsteuererzeugungseinheiten

Aktuell sind beim Aufruf des Marktstammdatenregisters deutschlandweit 2.823.625[1] Stromerzeugungseinheiten registriert. Diese sind größtenteils EEG[2]– oder KWK-Anlagen[3], insb. Photovoltaikanlagen, Windräder und Blockheizkraftwerke. Wer eine solche Stromerzeugungseinheit betreiben möchte, hat sich zunächst über die Bundesnetzagentur als Marktakteur (= jede natürliche oder juristische Person, die am Energiemarkt teilnimmt) für das Marktstammdatenregister zu registrieren.

Eigenerzeuger oder Versorger

Das Stromsteuergesetz (StromStG) definiert in § 2 die Steuersubjekte für die Stromsteuer. Demnach ist Versorger derjenige, der Strom leistet (Nr. 1). Eigenerzeuger ist derjenige, der Strom zum Selbstverbrauch erzeugt (Nr. 2). Sowohl der Versorger als auch der Eigenerzeuger benötigen grundsätzlich eine Erlaubnis vom zuständigen Hauptzollamt gem. § 4 Abs. 1 S. 1 StromStG, die vor Aufnahme der Tätigkeit gestellt werden muss.

Eine Ausnahme hiervon gilt gem. § 4 Abs. 1 S. 2 StromStG, wenn der vom Eigenerzeuger entnommene Strom nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 lit. a StromStG steuerfrei ist. Befreit ist demnach der Eigenverbrauch von Strom aus Anlagen mit einer elektrischen Nennleistung bis zu 2 MW (sog. Kleinanlagen). Dieser Strom muss aus erneuerbaren Energien oder hocheffizienten KWK-Anlagen erzeugt und in räumlicher Nähe zur Anlage zum Selbstverbrauch entnommen werden. Von räumlichem Zusammenhang zu der Anlage ist auszugehen, wenn der Strom im Radius von 4,5 km selbst verbraucht wird. Wird der Strom nicht in räumlicher Nähe zur Anlage selbst verbraucht, unterliegt der Selbstverbrauch hingegen der Stromsteuer.

Zu beachten ist, dass auch die steuerfreie Entnahme des Stroms grundsätzlich einer Erlaubnis bedarf, § 9 Abs. 4 StromStG. Wurde diese nicht beantragt, unterliegt der Selbstverbrauch generell der Stromsteuer. Aus Vereinfachungsgründen gilt diese Erlaubnis jedoch gem. § 10 Abs. 2 StromStV als erteilt (sog. Allgemeine Erlaubnis), wenn es sich um Kleinstanlagen (< 1 MW) handelt. Dies hat zur Folge, dass vielfach auch dann keine Stromsteuer anfällt, wenn der Eigenerzeuger bislang keine Erlaubnis beim zuständigen HZA eingeholt hat.

Für die Frage, ob im Einzelfall eine Erlaubnis notwendig ist, ist nach der Art des Energieträgers und der Nennleistung der Anlage wie folgt zu unterscheiden:

Energieträger Nennleistung der Anlage Steuerbefreiung Anmeldung
Erneuerbare Energien[4] ≤ 1 MW Eigenverbrauch in räumlicher Nähe, § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG keine Anmeldung erforderlich
> 1 MW und ≤ 2 MW Vordruck 1422, 1422a, 1422az
> 2 MW Eigenverbrauch, § 9 Abs. 1 Nr. 1 StromStG Vordruck 1421, 1421a, 1421az
Hocheffiziente KWK-Anlagen[5] ≤ 50 kW Eigenverbrauch in räumlicher Nähe, § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG keine Anmeldung erforderlich
> 20 kW und ≤ 2 MW Vordruck 1422, 1422a, 1422az
> 2 MW Keine Stromsteuerbefreiung

 

Für die Beurteilung der Nennleistung ist jede Anlage einzeln zu betrachten. Dabei ist jeweils auf die Bruttonennleistung abzustellen. Unter Umständen müssen jedoch die Nennleistungen mehrerer Anlagen zusammengerechnet werden, wenn sich die Anlagen an demselben Standort befinden. Dies ist insbesondere der Fall, wenn die Einheiten gemeinsam gesteuert werden können, gemeinsame Stromeinspeisepunkte und gemeinsame Sicherheitseinrichtungen haben (keine abschließende Aufzählung). Jede Gebietskörperschaft sollte daher prüfen, ob einzelne Anlagen oder zusammengehörige Anlagen erlaubnispflichtig sind.

Regelmäßig keine Zahllast für die Kommunen

Die Stromsteuer beträgt EUR 20,50 pro MWh. Kommt keine Steuerbefreiung zum Tragen, ist diese über den Vordruck 1400 beim Hauptzollamt als Stromsteuer anzumelden. Der Steuerpflichtige kann dabei bis zum 31.12. eines Jahres zwischen einer jährlichen oder monatlichen Abgabe der Stromsteueranmeldung für das Folgejahr wählen.

Vielfach müssen Kommunen eine solche Anmeldung jedoch nicht vornehmen, insbesondere dann nicht, wenn sie den eigenerzeugten Strom selbst verbrauchen und den Rest in das öffentliche Netz einspeisen. Denn im Falle der Einspeisung trifft die Stromsteuerpflicht denjenigen, der den Strom an Letztverbraucher leistet, in der Regel den Netzbetreiber (= Versorger). Für den selbst verbrauchten Strom greift vielfach die Steuerbefreiung für Kleinanlagen, sodass es insgesamt zu keiner Anmeldepflicht für die Kommune kommt, sofern die notwendige Erlaubnis vorliegt oder als erteilt gilt.

Wurde die Einholung der Erlaubnis versäumt, so kann bis zum 31.12. des Folgejahres der Stromentnahme eine Steuerentlastung für den entnommenen Strom beantragt werden, wenn dieser nachweislich versteuert wurde.

Beispiele

Eine Gemeinde betreibt eine Photovoltaikanlage auf dem Dach einer Grundschule sowie auf der auf demselben Grundstück befindlichen Sporthalle. Der Strom wird selbst verbraucht.

  1. Die Nennleistung der PV-Anlagen betragen 0,9 MW (PV 1) und 1,2 MW (PV 2). Sie werden getrennt gesteuert.
  2. Die Nennleistung der PV-Anlagen betragen jeweils 1,2 MW und werden gemeinsam gesteuert.
  3. Die Nennleistung der PV-Anlagen betragen jeweils 1,2 MW. Sie werden getrennt gesteuert.
    a. Der erzeugte Strom der PV-Anlage auf der Grundschule wird in das öffentliche Netz eingespeist.
    b. Der erzeugte Strom der PV-Anlage auf der Sporthalle wird für diese sowie im Sommer für das angrenzende Freibad (1 km entfernt) genutzt.

Lösungen

Es bedarf in jedem Fall eines Antrags auf Erlaubnis als Eigenerzeuger mittels Vordruck 1410 durch die Gemeinde.

zu 1) Da die PV-Anlagen der Grundschule und der Sporthalle sich zwar an demselben Standort befinden, jedoch nicht gemeinsam gesteuert werden, sind ihre Nennleistungen nicht zusammenzurechnen. Sie überschreiten somit nicht die 2 MW-Grenze. Für PV 1 ist als Kleinstanlage keine Erlaubnis einzuholen, da sie als allgemein erteilt gilt. PV 2 ist als Kleinanlage im Marktstammdatenregister zu registrieren und über die Vordrucke 1410a und 1410az dem Hauptzollamt zu melden. Für sie kommt eine Steuerbefreiung für den Eigenverbrauch in räumlicher Nähe zum Tragen.

zu 2) Da die PV-Anlagen der Grundschule und der Sporthalle gemeinsam gesteuert werden und somit die 2 MW-Grenze überschreiten, kommt eine Steuerbefreiung für Kleinanlagen nicht in Betracht. Da der Strom aber aus erneuerbaren Energieträgern erzeugt und vom Betreiber am Ort der Anlage zum Selbstverbrauch entnommen wird, ist auch diese Entnahme stromsteuerbefreit.

zu 3) a. Nachdem die Erlaubnis als Eigenerzeuger beantragt und die PV-Anlage ordnungsgemäß angemeldet wurde, ist keine Steuerbefreiung für den Selbstverbrauch mehr zu beantragen. Für die Einspeisung in das öffentliche Netz ist der Versorger Steuerschuldner.

zu 3) b. Für den Eigenverbrauch des selbst erzeugten Stroms ist eine Steuerbefreiung zu beantragen, da dieser im räumlichen Zusammenhang zu der Anlage zum Selbstverbrauch entnommen wird.

Handlungsbedarf

Aus dem Überblick über die formalen Pflichten eines jeden Stromerzeugers ergibt sich, warum nunmehr die Kommunen in den Fokus der Hauptzollämter rücken. Die Kommunen, die bisher nicht tätig geworden sind, aber Stromerzeugungseinheiten betreiben, sollten schnellstmöglich den Vordruck 1410 ausfüllen und sich damit eine Erlaubnis als Versorger bzw. Eigenerzeuger einholen. Zusätzlich dazu müssen sämtliche Stromerzeugungseinheiten einzeln über die Vordrucke 1410a und 1410az gemeldet werden. Darüber hinaus sind unter Umständen die in der Tabelle stehenden Vordrucke für die Beantragung einer Steuerbefreiung für den Selbstverbrauch auszufüllen.

Ist die Stromsteuer bisher dadurch entstanden, dass der Strom ohne Erlaubnis geleistet wurde oder ohne Erlaubnis zum Selbstverbrauch entnommen wurde, so haben die Steuerschuldner die Steueranmeldung unverzüglich abzugeben.

Zukünftig sollte das Thema auch Teil des Tax Compliance Management Systems sein. Hier sollten Kommunen einen Prozess schaffen, wonach neu geplante Anlagen vor der Inbetriebnahme dem Hauptzollamt angezeigt und ggf. die erforderlichen Erlaubnisse eingeholt werden.

Sidefact: Energiesteuer

Unter anderem beim Betreiben eines Blockheizkraftwerkes kommt es neben der Stromsteuer häufig auch zur Entstehung von Energiesteuer. Dieser unterliegen Energieerzeugnisse gem. § 1 Abs. 1 Energiesteuergesetz (EnergieStG). Insbesondere auch das in einer Kläranlage erzeugte Klärgas (=gasförmiger Kohlenwasserstoff), § 1a Nr. 16 EnergieStG. Die Steuer beträgt EUR 31,80 pro MWh.

Die Erzeugung unterliegt der Energiesteuer, kann jedoch begünstigt werden (EUR 5,50 pro MWh). Die Begünstigung ist davon abhängig, ob eine begünstigte Anlage vorhanden ist, beispielsweise wenn die mechanische Energie ausschließlich der Stromerzeugung dient. Auch hier kommt eine Steuerbefreiung nach den §§ 25 bis 29 EnergieStG zur Anwendung, z.B. für gasförmige Energieerzeugnisse, die zum Verheizen in begünstigten Anlagen verwendet werden oder für den Selbstverbrauch, wenn sie innerhalb des Betriebsgeländes selbst hergestellt wurden. Für die steuerfreie Verwendung dieser Energieerzeugnisse bedarf es ebenfalls einer Erlaubnis als Verwender. Bei verspätetem Antrag ist nur noch eine Steuerentlastung, keine Steuerbefreiung, möglich.

 

[1] https://www.marktstammdatenregister.de/MaStR/Einheit/Einheiten/OeffentlicheEinheitenuebersicht Abruf am 25.03.2022.

[2] Vgl. § 2 Nr. 2 MaStRV: jede Anlage zur Erzeugung von Strom, die nach der für sie maßgeblichen Fassung des Erneuerbare-
Energien-Gesetzes eine Anlage ist.

[3] Vgl. § 2 Nr. 8 MaStRV: jede ortsfeste technische Anlage, in der gleichzeitig Strom und Nutzwärme erzeugt werden.

[4] Strom, der ausschließlich aus Wasserkraft, Windkraft, Sonnenenergie, Erdwärme, Deponiegas, Klärgas oder Biomasse
erzeugt wird.

[5] Ortsfeste Anlagen zur gekoppelten Erzeugung von Kraft und Wärme mit Monats- / Jahresnutzungsgrad von mindestens 70 %.

 

Isabelle Axmann

Dipl.-Finanzwirtin (FH), Steuerberaterin, ist Manager der auf Umsatzsteuer- und Verbrauchsteuerrecht spezialisierten Kanzlei TLI VAT Services in München.
 

Andreas Fietz

Dipl.-Wirtschaftsjurist (Univ.), Steuerberater, ist Partner der auf Umsatzsteuer- und Verbrauchsteuerrecht spezialisierten Kanzlei TLI VAT Services in München.
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