21.06.2021

„Corona-Partys“ stellen eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung dar

Amtsgericht Bamberg, Beschl. v. 3.4.2020 – 15 XIV 66/20 und 16 XIV 66/20

„Corona-Partys“ stellen eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung dar

Amtsgericht Bamberg, Beschl. v. 3.4.2020 – 15 XIV 66/20 und 16 XIV 66/20

Ein Beitrag aus »Neues Polizeiarchiv« | © Mike Fouque - stock.adobe.com / RBV
Ein Beitrag aus »Neues Polizeiarchiv« | © Mike Fouque - stock.adobe.com / RBV

Die Gesundheit bislang nicht mit dem Corona-Virus infizierter Partyteilnehmer und der Bürgerinnen und Bürger stellt ein bedeutendes Rechtsgut dar, dessen Verletzung eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bedeutet und vorliegend eine polizeiliche Ingewahrsamnahme rechtfertigt. Da frühere Ermahnungen und Unterlassensaufforderungen durch die Polizeibeamten gegenüber dem Betroffenen vergeblich blieben, war die Ingewahrsamnahme auch das zulässige Mittel, um die Corona-Partys aufzulösen und neue Zusammenkunft ebenso zu verhindern, wie die gezielte Ansteckung mit dem Corona-Virus. Nur so konnte im vorliegenden Fall die Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung abgewendet werden.

Sachverhalt

Der von der polizeilichen Ingewahrsamnahme Betroffene veranstaltete am Morgen und Nachmittag des 01.04.2020, ebenso am Nachmittag und Abend des 02.04.2020 in seiner Wohnung private Zusammenkünfte mit – teilweise identischem, teilweise wechselnden Personenkreis – zum Zweck des Alkoholkonsums und der gezielten Ansteckung mit dem Corona-Virus (sog. Corona-Partys).

Bereits Tage vor diesen häuslichen Corona-Partys war der Betroffene mehrfach im öffentlichen Raum, ebenfalls beim Konsumieren von Alkohol und im Rahmen von Zusammenkünften mit mehreren Personen, von Polizeibeamten im Stadtgebiet angetroffen worden. Zu diesem Zeitpunkt galt bereits die vorübergehenden Beschränkungen nach der bayerischen Verordnung zur Eindämmung des Corona-Virus, welche u. a. eine vorläufige Ausgangsbeschränkung vorsah. Auf diese zum Zeitpunkt der durchgeführten Corona-Partys geltenden Ausgangsbeschränkung sowie die Verbote zu Zusammenkünften von Personen verschiedener Haushalte, hatten die Polizeibeamten den Betroffenen zunächst mehrfach hingewiesen und aufgefordert, solche Zusammenkünfte für den Geltungszeitraum der Verordnung zu unterlassen.


Trotz der wiederholten Hinweise und Auflösungen der Zusammenkünfte durch die Polizeibeamten, stellten die Beamten kurz darauf fest, dass der Betroffene die Corona-Partys weiterführte und diese vom öffentlichen Raum in seine eigene Wohnung verlegt hatte. Am 03.04.2020 wurde der Betroffene deshalb in mehrtägigen Polizeigewahrsam genommen, um die erneute Veranstaltung von Corona-Partys durch ihn und die damit einhergehende Gesundheitsgefährdung der Partyteilnehmer und der Bürginnen und Bürger zu verhindern.

Zur Überprüfung der Zulässigkeit und die Fortdauer der Freiheitsentziehung beantragte die Polizei gem. Art. 18 Abs. 1 des bayrisches Polizeiaufgabengesetzes (PAG) eine richterliche Entscheidung. Das Gericht bestätigte die Rechtmäßigkeit der mehrtägigen polizeilichen Ingewahrsamnahme des Betroffenen.

Aus den Gründen:

Die Freiheitsentziehung des Betroffenen Corona-Party-Betreibers war von der landespolizeirechtlichen Regelung zur Ingewahrsamnahme gedeckt und somit zulässig. Im entschiedenen Fall stützte sich die Maßnahme konkret auf Art. 17 Abs. 1 Nr. 2 des bayrischen Polizeiaufgabengesetzes.

Auf den von dem Betroffenen veranstalteten Corona-Partys und Zusammenkünften befanden sich Personen, die nicht mit dem Corona-Virus infiziert waren. Zweck der Veranstaltung sollte gerade die Infizierung mit dem Corona-Virus sein. Die körperliche Integrität und Gesundheit nicht infizierter Personen stellt jedoch ein bedeutendes Rechtsgut dar, welches polizeiliche Maßnahmen rechtfertigt, um die von den Corona-Partys ausgehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwenden.

Die Veranstaltung solcher Zusammentreffen zum Zwecke der Infektionsherbeiführung bislang nicht infizierter Personen stellt eine Ordnungswidrigkeit von erheblicher Bedeutung für die Allgemeinheit dar. Die polizeiliche Ingewahrsamnahme war deshalb unerlässlich, um die unmittelbar bevorstehende weitere Begehung und Fortsetzung der gegen geltende gesetzliche Bestimmungen verstoßende Zusammenkünfte zu verhindern.

Die Freiheitsentziehung durch die polizeiliche Ingewahrsamnahme war vorliegend auch das mildeste Mittel, weil der Betroffene durch seine zuvor bereits beharrlichen Fortsetzungen und Neudurchführungen der Zusammentreffen trotz polizeilicher Ermahnung und Unterlassensaufforderung gezeigt hat, dass durchgeführte mildere polizeiliche Maßnahmen nicht helfen würden. Eine Wiederholung solcher Corona-Partys war somit durch den unbelehrbaren Corona-Party-Betreiber zu befürchten und die damit einhergehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung vorliegend nur durch eine mehrtägige polizeiliche Ingewahrsamnahme zu verhindern.

Anmerkung:

Die körperliche Integrität und Gesundheit bislang nicht von dem Corona-Virus infizierter Personen ist ein bedeutendes Rechtsgut. Die Verletzung dieses Rechtsguts stellt eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung dar und kann sogar eine mehrtägige polizeiliche Ingewahrsamnahme rechtfertigen.

Da im entschiedenen Fall bereits Hinweise und Ermahnungen sowie Unterlassensaufforderungen durch die Polizei gegenüber dem Betroffenen erfolglos ausgesprochen wurden, war die mehrtägige Ingewahrsamnahme durch die Polizeibeamten das zulässige Mittel. Nur so konnten die Corona-Partys – die bewusst zum Zwecke der gezielten Ansteckung mit dem Corona-Virus veranstaltet wurden – und die von den Partys ausgehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung abgewendet werden. Die mehrtägige Ingewahrsamnahme des zuvor unbelehrbaren betroffenen Corona-Party-Veranstalters durch die Polizei war zulässig.

 

Amtsgericht Bamberg, Beschl. v. 3.4.2020 – 15 XIV 66/20 und 16 XIV 66/20

NPA 12/2020

 

Vivien Tzelepis, LL.M.

Rechtsanwältin
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