03.02.2023

Bewohnerparken als Teil städtischer Mobilitätswende

Straßenverkehrsrechtliche Voraussetzungen (Teil 1)

Bewohnerparken als Teil städtischer Mobilitätswende

Straßenverkehrsrechtliche Voraussetzungen (Teil 1)

Die Flächendeckende Ausweisung des Bewohnerparkens ist immer noch uneinheitlich und wenig nachhaltig geregelt  |  © bilanol - stock.adobe.com
Die Flächendeckende Ausweisung des Bewohnerparkens ist immer noch uneinheitlich und wenig nachhaltig geregelt | © bilanol - stock.adobe.com

In den bei Touristen und Nachtschwärmern beliebten Ballungsgebieten der Innenstädte oder in ansonsten attraktiven Stadtvierteln findet allabendlich eine Art motorisiertes Anwohnerbingo statt. Wer nach langem nervigem Cruisen einen Parkplatz in Wohnnähe ergattert hat, der stößt meist erleichterte Seufzer aus. Wenig verwunderlich, dass in diesen Stadtgebieten der Ruf nach exklusivem Bewohnerparken im Rahmen einer intelligenten Parkraumbewirtschaftung immer lauter erschallt. Doch Autos werden länger und breiter. Die Zahl der in Deutschland zugelassenen Autos steigt jährlich um eine halbe Million an. Der öffentliche Raum ist eine umkämpfte und begrenzte Ressource.

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Praxishandbuch mit Rechtsprechungsübersichten sowie Verwarnungs- und Bußgeldtabellen

Prägnant und leicht verständlich für die Praxis erläutert der Autor des Buchs die Rechtslage beim sog. »ruhenden Verkehr«, die immer komplizierter wird.

Die im folgenden Beitrag dargestellten rechtlichen Hürden für die Einrichtung solcher Zonen mit sog. Bewohnerparkvorrechten sind allerdings hoch und engen den kommunalen Spielraum für eine ökologische und klimafreundliche Regulierung des öffentlichen Straßenraums ein. Die streitige, sozial relevante Frage der Parkgebühren, die auch Gegenstand einer neuen bemerkenswerten verwaltungsrechtlichen Entscheidung des VGH Mannheim ist, wird in einem zweiten Teil des Beitrags gesondert betrachtet, der zudem ein Resümee enthält.


Ruhe für den „Ruhenden Verkehr“

„Ruhender Verkehr“ ist der Name einer bekannten Plastik des Künstlers Wolf Vostell, der seinen alten Opel Kapitän mit Stahlbeton übergoss. Dieses Kunstwerk bereichert seit nunmehr über 50 Jahren mahnend den Kölner Straßenraum. Als „ruhenden Verkehr“ hat im Jahr 1984 auch das Bundesverfassungsgericht das „Parken“ definiert und damit dem straßenrechtlichen Gemeingebrauch zugeordnet, dessen Regelung zur Ausübung allein dem Straßenverkehrsrecht unterliege (BVerfG, Beschl. v. 09.10.1984 – 2 BvL 10/82). Soll das Parken durch Bewohnerparkzonen eingeschränkt oder reguliert werden, ist daher grundsätzlich das feingeschliffene Instrument des Straßenverkehrsrechts auszupacken. Eine Verkehrsregelung – erfolgt sie nun nach ordnungsrechtlichen oder nach stadtplanerischen Gesichtspunkten – darf danach nicht mit den Mitteln des Straßenrechts vorgenommen werden.

Normative Grundlage zur Beschränkung des ruhenden Verkehrs zugunsten der Bewohner städtischer Quartiere bilden § 6 Abs. 1 Nr. 15b des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) und § 45 der Straßenverkehrsordnung (StVO). Vorausgesetzt wird ein „erheblicher Parkraummangel“. Die konkrete Ausgestaltung dieser Form der Parkraumbewirtschaftung obliegt den Straßenverkehrsbehörden. Diese kennzeichnen die Parkmöglichkeiten für Bewohner durch vollständige oder zeitlich beschränkte Reservierung des Parkraums für die Berechtigten oder durch Anordnung der Freistellung von angeordneten Parkraumbewirtschaftungsmaßnahmen. Die im Ermessen der Behörde liegenden Anordnungen können aus Gründen der Sicherheit des Verkehrs jedoch auch zum Schutz der Bevölkerung vor Lärm und Abgasen oder zur Unterstützung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung im Einvernehmen mit der Gemeinde getroffen werden.

Engstellen fürs Bewohnerparken

Die Randnummern 29 ff. der ministeriellen, mit Zustimmung des Bundesrates erlassenen Verwaltungsvorschrift zu § 45 StVO konturieren die Ermessensentscheidungen für die Einrichtung dieser sog. Parkraumbewirtschaftungszonen: Voraussetzung ist, dass mangels privater Stellflächen und aufgrund eines erheblichen allgemeinen Parkdrucks für die Bewohner des betroffenen städtischen Quartiers regelmäßig keine Möglichkeit besteht, in ortsüblich fußläufig zumutbarer Entfernung von ihrer Wohnung einen Stellplatz für ihr Fahrzeug zu finden. Dabei darf der bevorzugte Bereich nicht größer als 1000 m bemessen sein Diese Eingrenzung entspricht dem gesetzgeberischen Willen (vgl. BT-Drs. 14/4104, S. 8). Es muss sich um den Nahbereich handeln, der von Bewohnern zum Parken aufgesucht wird, und der werktags von 9.00 Uhr bis 18.00 Uhr nicht mehr als 50% reservierte Parkflächen und in der übrigen Zeit nicht mehr als 75% reservierte Parkflächen für Bewohner erfassen darf. In kleinräumigen Bereichen mit Wohnbebauung können diese Prozentvorgaben unter engen Bedingungen überschritten werden. Auf eine bauplanungsrechtliche Gebietstypik kommt es nicht an. Bewohner sind allerdings nur natürliche Personen, die in dem in Betracht kommenden Bereich tatsächlich wohnen, nicht Anlieger oder diejenigen, die dort – als natürliche oder juristische Person – lediglich einer Berufstätigkeit nachgehen, wie etwa ansässige Rechtsanwälte.

Nach dieser Rechtslage bleibt es weiter schwierig, die sog. Sonderparkberechtigung für Bewohner städtischer Quartiere mit erheblichem Parkraummangel (Bewohnerparkvorrechte) großflächig auf ein gesamtes Stadtviertel auszudehnen wie dies in anderen europäischen Städten, etwa in Paris, schon gang und gäbe ist. Ziel dieses Vorrechts ist es offenbar weiterhin, den Anwohnern Parkmöglichkeiten im Umfeld ihrer Wohnung zur Verfügung zu stellen, um die innerstädtischen Wohngebiete attraktiver zu gestalten und die Abwanderung zu verhindern. Die engmaschigen Vorschriften verhindern daher weitgehend immer noch, dass sich das Parkvorrecht auf größer dimensionierte Stadtviertel erstreckt, um die Verkehrswende voranzutreiben und bestenfalls die lokalen Parkplätze komplett für Bewohner freizuhalten.

Rechtliche Grauzone Parkraummangel

Bei der Frage des Vorliegens erheblichen Parkraummangels darf nicht jede einzelne Straße im Parklizenzgebiet für sich isoliert betrachtet werden, weil auf städtische Quartiere mit erheblichem Parkraummangel abzustellen ist. Maßgebend ist allein, ob in der zu bewirtschaftenden Zone als Ganzes gesehen in der Zeit vor Einführung der Parkraumbewirtschaftung ein erheblicher Parkraummangel bestand (vgl. VGH München, Beschl. vom 30.05.2011 – 11 ZB 10.2573 – juris Rn. 3 m. N.). Eine bestimmte prozentuale Auslastungsquote wird nicht verlangt. Parkraummangel ist auch nicht erst dann erheblich, wenn der Knappheitszustand signifikant über den üblichen Parkraummangel in der Gemeinde hinausragt. Das Bestehen erheblichen Parkraummangels für Bewohner im städtischen Quartier haben die Straßenverkehrsbehörden darzulegen. Dabei sind regelmäßig Verkehrserhebungen erforderlich, nach denen eine nach Nutzergruppen, Tageszeiten und Lage der Parkflächen differenzierte Parkbilanz erstellt werden kann. Zusätzlich sollte geklärt werden, inwieweit der Umweltverbund die Mobilitätsbedürfnisse decken kann, sodass der Parkraumbedarf reduziert wird. Verdrängungseffekte sollten mitgedacht und durch begleitende Bewirtschaftungsmaßnahmen gesteuert werden.

Vorsicht an der Bordsteinkante

Bei der Ermittlung können die Kommunen schnell ins Stolpern geraten. In einem aktuellen Fall hat das Verwaltungsgericht der Stadt Köln in Bezug auf die vorzunehmende verkehrliche Ermittlung ins Stammbuch geschrieben, dass mehrere Stichproben und auch eine Beobachtung des Parkverhaltens am Wochenende nötig gewesen wären, um die behauptete Parkauslastung zu plausibilisieren; eine an sich zulässige Ableitung dieser Belastung aus dem Verhältnis von privaten und öffentlichen Stellplätzen und Zulassungszahlen setze voraus, dass die privaten Stellplätze auch ermittelt seien (VG Köln, Beschl. v. 02.11.2022 – 18 L 1522/22).

Die Einführung des Bewohnerparkens setzt damit zwar sorgsame Planung voraus, sie ist aber mittlerweile probates Mittel insbesondere den lästigen Besuchsverkehr aus den Stadtquartieren herauszuhalten, auch wenn der Bundesgesetzgeber den Ländern und Kommunen noch mehr Regelungsmacht einräumen könnte. Ein zentrales Steuerungselement beim Bewohnerparken im Hinblick auf die durch die Klimakrise drängende Verkehrswende hat dieser allerdings seit 2020 aus der Hand gegeben: Die Bemessung der Gebühren für das privilegierte Bewohnerparken, die im zweiten Teil des Beitrages im Fokus stehen werden.

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Die Serie: Bewohnerparken als Teil städtischer Mobilitätswende

 

 

 

 

Franz Dillmann

Leiter des Bürgeramtes Köln-Rodenkirchen
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