27.02.2023

Unzulässigkeit einer Anhörungsrüge – Telefax

BFH, Beschluss vom 23.08.2022, VIII S 3/22

Unzulässigkeit einer Anhörungsrüge – Telefax

BFH, Beschluss vom 23.08.2022, VIII S 3/22

Ein Beitrag aus »steueranwaltsmagazin« | © emmi - Fotolia / RBV
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Orientierungssatz: Ein von einem Rechtsanwalt zur Erhebung einer Anhörungsrüge übermitteltes Telefax, bei dem es sich nicht um ein Computerfax handelt, ist kein elektronisches Dokument i.S. des § 52 d Satz 1 FGO.

Entscheidung: BFH, Beschluss vom 23.08.2022, VIII S 3/22

1. Sachverhalt

Aufgrund einer von dem BFH zurückgewiesenen Beschwerde, wegen der Nichtzulassung der Revision, erhob der Rügeführer zu 1, der als Rechtsanwalt tätig ist und als Prozessbevollmächtigter der Rügeführerin zu 2 auftritt, mittels Telefax die Anhörungsrüge. Der Beschluss des BFHs wurde den Rügeführern mit Zustellungsurkunde vom 05.02.2022 zugestellt. Das Telefax datierte auf den 21.02.2022.


Der Senatsvorsitzende wies den Rügeführer zu 1 darauf hin, dass vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen seit dem 01.01.2022 als elektronisches Dokument zu übermitteln sind (§ 52 d Satz 1 der Finanzgerichtsordnung, FGO) und dass das per Telefax übermittelte Schreiben vom 21.02.2022 diesen Anforderungen nicht genüge. Eine Übermittlung nach allgemeinen Vorschriften sei nur zulässig, wenn eine Übermittlung als elektronisches Dokument vorübergehend nicht möglich sei (§ 52 d Satz 3 FGO).

Die Rügeführer wurden um unverzügliche Mitteilung und Glaubhaftmachung gebeten, ob eine vorübergehende Unmöglichkeit vorgelegen habe (§ 52 d Satz 4 FGO). Sollte dies nicht der Fall sein, wurden sie gebeten, den Schriftsatz vom 21.02.2022 elektronisch zu übermitteln. Das Schreiben der Vorsitzenden wurde den Rügeführern mit Zustellungsurkunde am 01.03.2022 zugestellt. Diese haben sich hierzu nicht mehr geäußert.

2. Entscheidungsgründe

Die erhobene Anhörungsrüge ist unzulässig. Sie erfüllt nicht die gesetzlich vorgeschriebene Form, da sie nicht als elektronisches Dokument übermittelt worden ist. Maßgeblich für die Beurteilung der gesetzlichen Form ist § 52 d Satz 1 FGO. Demnach sind vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen, die durch einen Rechtsanwalt eingereicht werden, als elektronisches Dokument zu übermitteln. Es wird in den Entscheidungsgründen darauf hingewiesen, dass die Vorschrift für alle Verfahren nach der FGO gelten würde und somit auch für die Anhörungsrüge i.S. des § 133 a FGO einzubeziehen ist.

Sie ist zum 01.01.2022 in Kraft getreten (Art. 26 Abs. 7 i.V.m. Art. 6 Nr. 4 des Gesetzes zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vom 10.10.2013, BGBl I 2013, 3786). Aufgrund seiner Stellung als Rechtsanwalt ist der Rügeführer zu 1 verpflichtet, die Anhörungsrüge als elektronisches Dokument zu übermitteln. Die Norm knüpft allein an den Status des Prozessbevollmächtigten als Rechtsanwalt an. Sodann weist der Senat darauf hin, dass ein Telefax kein elektronisches Dokument ist. Ferner handelt es sich hierbei nicht um ein Computerfax, bei welchem teilweise vertreten wird, dass es trotz des § 52 d FGO als Medium nicht auszuschließen ist.

Ein elektronisches Dokument ist eine Datei, die mit Mitteln der Datenverarbeitung erstellt, auf einem Datenträger aufgezeichnet werden kann und (bereits) in dieser Form maßgeblich ist. Dies ist bei dem vorliegenden Telefax nicht der Fall, da der Papierausdruck beim Empfänger (BFH) lediglich den Inhalt des Dokuments wiedergibt, ohne selbst Rechtswirksamkeit zu erzeugen. Nach diesen Grundsätzen führt der Senat aus, dass auch bei einer Annahme, dass die Übermittlungsformen des Telefaxes und Computerfaxes durch die Einführung der elektronischen Kommunikation nicht ausgeschlossen werden, es dem Telefax an den entsprechenden Anforderungen mangelt.

Nach § 52 a Abs. 3 FGO muss das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden. Nach § 52 a Abs. 4 Satz 1 FGO sind sichere Übermittlungswege

  1. der Postfach- und Versanddienst eines De-Mail-Kontos, wenn der Absender bei Versand der Nachricht sicher im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 des De-Mail-Gesetzes angemeldet ist und er sich die sichere Anmeldung gemäß § 5 Abs. 5 des De-Mail-Gesetzes bestätigen lässt (Nr. 1),
  2. der Übermittlungsweg zwischen dem besonderen elektronischen Anwaltspostfach nach § 31 a der Bundesrechtsanwaltsordnung oder einem entsprechenden, auf gesetzlicher Grundlage errichteten elektronischen Postfach und der elektronischen Poststelle des Gerichts (Nr. 2),
  3. der Übermittlungsweg zwischen einem nach Durchführung eines Identifizierungsverfahrens eingerichteten Postfach einer Behörde oder einer juristischen Person des öffentlichen Rechts und der elektronischen Poststelle des Gerichts (Nr. 3),
  4. der Übermittlungsweg zwischen einem nach Durchführung eines Identifizierungsverfahrens eingerichteten elektronischen Postfachs einer natürlichen oder juristischen Person oder einer sonstigen Vereinigung und der elektronischen Poststelle des Gerichts (Nr. 4),
  5. der Übermittlungsweg zwischen einem nach Durchführung eines Identifizierungsverfahrens genutzten Postfachund Versanddienstes eines Nutzerkontos im Sinne des § 2 Abs. 5 des Onlinezugangsgesetzes und der elektronischen Poststelle des Gerichts (Nr. 5),
  6. sonstige bundeseinheitliche Übermittlungswege, die durch Rechtsverordnung der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates festgelegt werden, bei denen die Authentizität und Integrität der Daten sowie die Barrierefreiheit gewährleistet sind (Nr. 6).

Der Telefaxversand der Rügeführer erfüllt keinen der Tatbestände der Nrn. 1 bis 5. Sämtliche dieser Tatbestände setzen eine Identifizierbarkeit des Absenders durch eine Signatur samt einer sicheren Übermittlung voraus, die ein Telefaxversand nicht gewährleistet. Von der Verordnungsermächtigung des § 52 a Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 FGO hat die Bundesregierung noch keinen Gebrauch gemacht.

Ferner weist der Senat darauf hin, dass es sich nicht um einen Fall der sog. Ersatzeinreichung nach § 52 d FGO handelt. Es mangelt an der vorausgesetzten Glaubhaftmachung.

 

Entnommen aus dem Steueranwaltsmagazin, 6/2022, S. 204.

 

Claudius Söffing

Rechtsanwalt
n/a