23.01.2023

Änderungen im Glücksspielrecht durch den Glücksspielstaatsvertrag 2021

Auswirkungen auf das terrestrische Glücksspiel in Bayern

Änderungen im Glücksspielrecht durch den Glücksspielstaatsvertrag 2021

Auswirkungen auf das terrestrische Glücksspiel in Bayern

Ein Beitrag aus »Bayerische Verwaltungsblätter« | © emmi - Fotolia / RBV
Ein Beitrag aus »Bayerische Verwaltungsblätter« | © emmi - Fotolia / RBV

Der Staatsvertrag zur Neuregulierung des Glücksspielwesens in Deutschland (Glücksspielstaatsvertrag 2021 – GlüStV 2021) ist zum 1. Juli 2021 in Kraft getreten. Er enthält eine inhaltliche Weiterentwicklung der Glücksspielregulierung, wobei die bisherigen Ziele unverändert beibehalten werden. Der nachfolgende Beitrag stellt die Neuerungen des GlüStV 2021 dar und befasst sich mit den damit verbundenen Auswirkungen auf das terrestrische Glücksspiel in Bayern und der diesbezüglichen Anpassung des Gesetzes zur Ausführung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (AGGlüStV).

I. Kernpunkte der Glücksspielregulierung unter dem Glücksspielstaatsvertrag 2021

1. Ziele des GlüStV 2021

Die Glücksspielregulierung ist weiterhin an den gleichrangigen Zielen des § 1 GlüStV 2021 ausgerichtet. Kernziele dieses Staatsvertrags bleiben damit die Vermeidung und Bekämpfung von Glücksspielsucht (§ 1 Satz 1 Nr. 1), die Kanalisierung in ein begrenztes Glücksspielangebot sowie die Bekämpfung des Schwarzmarktes (§ 1 Satz 1 Nr. 2), die Gewährleistung von Jugend- und Spielerschutz (§ 1 Satz 1 Nr. 3), die Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Spielbetriebs und die Kriminalitätsbekämpfung (§ 1 Satz 1 Nr. 4) sowie die Vorbeugung vor den Gefahren für die Integrität des Sports (§ 1 Satz 1 Nr. 5).

2. Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder

Wesentliches Ziel bleibt auch nach dem GlüStV 2021 die Unterbindung unerlaubter Glücksspielangebote, welche für Spieler mit zusätzlichen und nicht übersehbaren Gefahren verbunden sind. Aus diesem Grund war es ein zentrales Anliegen des GlüStV 2021, den Vollzug gegen illegale Angebote zu stärken und die Aufsicht über erlaubte Angebote zu verbessern. Hierzu wurde nach dem Vorbild anderer europäischer Länder eine Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder (GGL) als rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts mit Sitz in Halle (Saale) zum 1. Juli 2021 errichtet, welche seit dem 1. Juli 2022 für Vollzugsmaßnahmen gegen länderübergreifende illegale Angebote im Internet und die Werbung hierfür[1] und ab dem 1. Januar 2023 für die Erlaubniserteilung bei länderübergreifend wirksamen Erlaubnissen[2] und für die Überwachung der von ihr erlaubten Anbieter zuständig ist.


3. Online-Glücksspiele

Eine weitere Neuerung des GlüStV 2021 besteht darin, dass seit dem 1. Juli 2021 die bisher unter einem Totalverbot stehenden Glücksspiele im Internet[3] wie virtuelle Automatenspiele, Online- Poker und Online-Casinospiele (vgl. §§ 22a – 22c GlüStV 2021) unter restriktiven Voraussetzungen erlaubnisfähig sind, um Spielerinnen und Spielern eine legale, sichere Alternative zu den auf dem Schwarzmarkt angebotenen Spielen zu bieten. Im Bereich der Online-Casinospiele sieht der GlüStV 2021 in § 22 Abs. 1 eine Wahlmöglichkeit für die Länder vor. Die Länder können sich in ihren Ausführungsbestimmungen für ein staatliches oder privates Monopol oder die Vergabe einer begrenzten Anzahl von Konzessionen an private Anbieter entscheiden. Das Angebot ist dabei grundsätzlich auf das eigene Land beschränkt. Es besteht jedoch die Möglichkeit einer Kooperation zwischen den Ländern. In Bayern hat man sich für eine staatliche Monopolregelung entschieden[4]. Für das Angebot terrestrischer Casinospiele in Bayern gilt gemäß Art. 2 Abs. 2 Satz 1 SpielbG seit Langem ein staatliches Monopol, das auf dem Kanalisierungsund Sicherstellungsauftrag gründet (vgl. Art. 1 Abs. 1 Nr. 2  SpielbG). Entsprechend der Entscheidung, im Freistaat Bayern nur Spielbanken des staatlichen Trägers zuzulassen, gilt dies in Zukunft auch für den Bereich der Online-Casinospiele, da in diesem Bereich ein vergleichbares Gefahren- und Suchtpotential besteht.

Die Veranstaltung von Online-Casinospielen obliegt damit allein der Staatlichen Lotterie- und Spielbankverwaltung in Erfüllung des Kanalisierungsauftrags nach § 1 Nr. 2 GlüStV 2021 und ihres Sicherstellungsauftrags nach § 10 Abs. 1 Satz 1 GlüStV 2021. Den Ländern erwächst aus dem Sicherstellungsauftrag zwar nicht die Pflicht, ein Angebot an Online-Casinospielen, ebenso wenig wie an Spielbanken, sicherzustellen. Gleichwohl bleibt es dem Landesgesetzgeber zur besseren Erreichung der Ziele des § 1 GlüStV 2021 unbenommen, den Sicherstellungsauftrag weiter zu fassen. Die spiegelbildliche Regelung der Veranstaltung von Online-Casinospielen trägt der geänderten Lebenswirklichkeit bei den Spielformen Rechnung und führt zu einer kohärenten Ausgestaltung des staatlichen Angebots[5].

4. Suchtprävention und Jugend- und Spielerschutz

Um der Gefährlichkeit des Glücksspiels, insbesondere im Internet, Rechnung zu tragen, aber gleichzeitig das legale Angebot attraktiv genug zu halten, um eine ausreichende Kanalisierung (§ 1 Satz 1 Nr. 2 GlüStV 2021) zu erreichen, haben sich die Länder auf inhaltliche Beschränkungen des Online- Angebots sowie umfangreiche Vorgaben zur Suchtprävention und zum Jugend- und Spielerschutz geeinigt.

a. Anbieter- und spielformübergreifende Sperrdatei

Eine herauszuhebende Maßnahme ist die Einrichtung eines anbieter- und spielformübergreifenden Spielersperrsystems (§§ 8 bis 8d GlüStV 2021), welches insbesondere der Suchtprävention und -bekämpfung und dem Schutz der Spieler vor übermäßigen Ausgaben für Glücksspiele dient. Zum Anschluss an das Spielersperrsystem OASIS und dem Abgleich der Spielerdaten mit der Sperrdatei werden nunmehr fast alle Anbieter von terrestrischem und Online-Glücksspiel verpflichtet, darunter auch Spielhallen und Geldspielgeräte in Gaststätten. Ausnahmen bestehen nur noch für Lotterien, die höchstens zweimal pro Woche veranstaltet werden, für Lotterien in Form des Gewinnsparens sowie Pferdewetten, die von Vereinen, die das Unternehmen eines Totalisators nach § 1 des Rennwett- und Lotteriegesetzes betreiben, oder auf einer Pferderennbahn stationär angeboten werden[6]. Veranstalter und Vermittler von Glücksspielen, an denen gesperrte Spieler nicht teilnehmen dürfen, sind verpflichtet, spielwillige Personen durch Kontrolle eines amtlichen Ausweises oder einer vergleichbaren Identitätskontrolle zu identifizieren und einen Abgleich mit der Sperrdatei durchzuführen. Bei Glücksspielen im Internet erfolgt die Identifizierung mithilfe geeigneter technischer Verfahren, der Abgleich mit der Sperrdatei hat vor der Spielteilnahme zum Zeitpunkt der Übermittlung der personenbezogenen Daten des Spielers nach § 6h Abs. 2 und 3 Satz 1 GlüStV 2021 zu erfolgen (vgl. § 8 Abs. 3 Satz 3 GlüStV 2021).

Im terrestrischen Bereich ist der Abgleich in Wettvermittlungsstellen, in Spielhallen und in Spielbanken bei jedem Betreten vorzunehmen. Gesperrte Personen sollen sich in diesen – ganz hauptsächlich nur dem Spielbetrieb dienenden – Räumlichkeiten überhaupt nicht aufhalten. Bei anderen stationären Glücksspielangeboten, insbesondere in Gaststätten und (Lotto-)Annahmestellen, hat die Abfrage erst vor dem ersten Spiel während desselben Aufenthalts zu erfolgen. Diese Örtlichkeiten dienen regelmäßig weder ausschließlich noch weit überwiegend der Teilnahme an Glücksspielen, sodass eine verpflichtende Identifizierung sämtlicher eintretenden Personen – und damit zwangsläufig in erheblichem Umfang auch solcher, die nicht an Glücksspielen teilnehmen möchten – unverhältnismäßig wäre. Wird der Aufenthalt in einer Örtlichkeit beendet und dieselbe Örtlichkeit am selben Tag erneut zur Teilnahme an Glücksspielen aufgesucht, muss eine erneute Abfrage der Sperrdatei erfolgen, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass zwischenzeitlich eine Sperre erfolgt ist[7].

b. Einsatzlimit und Verhinderung parallelen Spiels

Ein Spieler darf zudem nur mit einem Spielkonto zum Spiel zugelassen werden (vgl. §§ 6a ff. GlüStV 2021), und es gilt ein anbieterübergreifendes Einsatzlimit in Höhe von grundsätzlich 1000 Euro pro Monat (§ 6c Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2021). In der glücksspielrechtlichen Erlaubnis kann zur Erreichung der Ziele des § 1 GlüStV 2021 festgelegt werden, dass und unter welchen Voraussetzungen der Erlaubnisinhaber im Einzelfall mit anbieterübergreifender Wirkung einen abweichenden Betrag festsetzen kann, § 6c Abs. 1 Satz 3 GlüStV 2021. Die Einhaltung des Limits wird durch eine behördliche Limit-Datei überwacht. Zur Verhinderung parallelen Glücksspiels im Internet ist der Spieler, solange er als aktiv gemeldet ist und darüber hinaus noch fünf Minuten nach der Abmeldung (Wartezeit), für andere Online-Glücksspiele gesperrt (vgl. § 6h GlüStV 2021). Das Verbot nach § 6h Abs. 1 GlüStV 2021 wird ebenfalls durch eine zentrale behördliche Datei überwacht.

5. Sportwetten

Die Änderungen bei den Sportwetten betreffen insbesondere die Regelungen zur Zulässigkeit einzelner Wettarten (§ 21 GlüStV 2021). Wetten, die besonders manipulationsanfällig sind oder die Integrität des Sports gefährden, sind nunmehr gesetzlich verboten. Dies betrifft insbesondere Wetten auf regelwidriges Verhalten oder die Sanktionierung eines solchen Verhaltens. Wetten auf Sportereignisse, an denen ausschließlich oder überwiegend Minderjährige oder Amateursportler beteiligt sind, sind ebenfalls unzulässig. Eine Ausnahme davon besteht lediglich für national oder international bedeutsame sportliche Großereignisse. Live-Wetten auf das „nächste Tor“ und ähnliche Wetten sind nun erlaubnisfähig (§ 21 Abs. 4 Satz 2 GlüStV 2021).

Dies gilt jedoch nur für Sportarten mit niedriger Ereignisfrequenz wie insbesondere Fußball, Hockey, Eishockey (Tore) oder Volleyball (Gewinnsätze). Grundsätzlich dürfen Sportwetten gemäß § 21 Abs. 5 Satz 1 GlüStV 2021 weiterhin nur angeboten werden, wenn diese nach Art und Zuschnitt zuvor von der zuständigen Behörde erlaubt worden sind. Die Erlaubnisbehörde kann zur Verfahrenserleichterung in der Erlaubnis nun aber auf eine auf der Internetseite der Behörde veröffentlichte Liste erlaubter Wetten[8] Bezug nehmen. Die Erlaubnis zum Angebot der in dieser Liste enthaltenen Wetten gilt als erteilt, wenn der Veranstalter die Absicht zum Angebot dieser Wetten bei der zuständigen Behörde angezeigt und diese nicht binnen zwei Wochen widersprochen hat (vgl. § 21 Abs. 5 Satz 3 und 4 GlüStV 2021).

6. Werbung

Seit Inkrafttreten des GlüStV 2021 werden die Vorgaben zur Werbung nicht mehr in einer isolierten Werbeerlaubnis, sondern im Rahmen von Inhalts- und Nebenbestimmungen als Teil der glücksspielrechtlichen Veranstalter- oder Vermittlererlaubnis erlassen (§ 5 Abs. 1 Satz 3 GlüStV 2021). Das Glücksspielkollegium, das noch bis zum 31. Dezember 2022 in ländereinheitlichen Verfahren zu beteiligen ist[9], hat für verschiedene Glücksspielformen Musternebenbestimmungen zur Werbung erlassen und veröffentlicht[10]. Für virtuelle Automatenspiele, Online-Poker und Online-Casinospiele gilt ein Werbeverbot im Fernsehen, Radio und Internet zwischen 6 und 21 Uhr (vgl. § 5 Abs. 3 Satz 1 GlüStV 2021).

II. Auswirkungen auf das terrestrische Glücksspiel in Bayern

Für die auch in Bayern stationär angebotenen Spielformen wie Spielhallen, Wettvermittlungsstellen und Spielbanken enthält der GlüStV 2021 weiterhin nur Rahmenregelungen und Länderöffnungsklauseln, welche die Länder durch weitere Bestimmungen unter Berücksichtigung der Besonderheiten des jeweiligen Landes ausfüllen. Die Länderöffnungsklauseln im GlüStV 2021 zur Erlaubnis traditioneller Glücksspielturniere (§ 28 Abs. 2 GlüStV 2021), zur Erlaubnis von Spielhallen im baulichen Verbund (§ 29 Abs. 4 GlüStV 2021) sowie zur Vermittlung von Sportwetten in Annahmestellen (§ 29 Abs. 6 GlüStV 2021) wurden in Bayern durch § 1 des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (AGGlüStV) und des Spielbankgesetzes vom 22. April 2022 (GVBl. S. 147) in Landesrecht umgesetzt.

1. Rechtsanspruch

Bei der Erteilung von glückspielrechtlichen Erlaubnissen ist seit Inkrafttreten des GlüStV 2021 zu berücksichtigen, dass der bisherige Satz 3 des § 4 Abs. 2 GlüStV, wonach auf die Erteilung einer Erlaubnis kein Rechtsanspruch bestand, im Zuge der Neufassung gestrichen wurde. Damit enthält der Staatsvertrag keine Aussage mehr dazu, ob ein Rechtsspruch auf die Erteilung einer Erlaubnis besteht oder nicht. Das Bestehen oder Nichtbestehen eines Anspruchs im Einzelfall soll sich nun vielmehr nach konkreten Bestimmungen zu der begehrten Erlaubnis und nach den allgemeinen rechtsstaatlichen Regelungen richten[11]. Diese Änderung hatte schließlich auch die Streichung des Art. 2 Abs. 1 Satz 4 AGGlüStV zur Folge. Unabhängig von der Frage, ob die Entscheidung über die Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis – wie in der Literatur[12] vertreten – auch weiterhin eine Ermessensentscheidung darstellt, bleibt von der Änderung unberührt aber jedenfalls der bestehende Beurteilungsspielraum der zuständigen Behörden in Bezug auf das Vorliegen der Erlaubnisvoraussetzungen oder von Erlaubnishindernissen auf der Tatbestandsseite. Insbesondere ist eine Erlaubnis nach § 4 Abs. 2 Satz 1 GlüStV 2021 weiterhin zu versagen, wenn das Veranstalten oder das Vermitteln des Glücksspiels den Zielen des Staatsvertrages aus § 1 GlüStV 2021 zuwiderläuft.

2. Befristung von glücksspielrechtlichen Erlaubnissen

Erlaubnisse für die Errichtung und den Betrieb einer Spielhalle oder einer Wettvermittlungsstelle sind auch nach dem GlüStV 2021 zwingend zu befristen (§ 9 Abs. 4 Satz 2, § 24 Abs. 2 Satz 2 GlüStV 2021). Dies gilt dabei auch für sogenannte Verbundspielhallen (Art. 15 Abs. 3 Satz 2 AGGlüStV). In Bayern werden glücksspielrechtliche Erlaubnisse seit Inkrafttreten des GlüStV 2021 grundsätzlich auf fünf Jahre befristet. Dies gilt auch für die Erlaubnisse für Verbundspielhallen und Bestandsspielhallen mit Abstandsproblematik, welche auf der Grundlage der Übergangsregelungen des Art. 15 Abs. 3 oder Abs. 4 AGGlüStV bis zum Ablauf des 30. Juni 2031 fortbestehen können.

Eine Befristung auf fünf Jahre trägt den Wertungen des GlüStV 2021 Rechnung, gewährleistet aber zugleich, dass eine regelmäßige Überprüfung der Erlaubnisvoraussetzungen, insbesondere der Zuverlässigkeit des Betreibers, möglich bleibt. Der GlüStV 2021 enthält in § 4c Abs. 1 GlüStV 2021 erstmals Aussagen zur Dauer von glücksspielrechtlichen Erlaubnissen (bei erstmaliger Erteilung grundsätzlich fünf Jahre). Zwar ist § 4c Abs. 1 Satz 1 GlüStV 2021 direkt nur auf die Erlaubniserteilung bei Sportwetten, Online-Poker und virtuelle Automatenspiele anwendbar. Die Vorschrift beinhaltet aber einen Ausgleich zwischen dem Amortisationsinteresse des Glücksspielanbieters und dem behördlichen Interesse an einer regelmäßigen Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Erlaubnis. Diese Wertung kann auch auf das terrestrische Glücksspiel übertragen werden.

3. Übergangsvorschrift zum Anschluss an das Spielersperrsystem OASIS

Im Zuge der Anpassung des AGGlüStV an den GlüStV 2021 zum 1. Juli 2021 und vor dem Hintergrund, dass abzusehen war, dass ein Anschluss an das Sperrsystem OASIS und die Umsetzung der daraus folgenden Pflichten zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des GlüStV 2021 noch nicht vollumfänglich möglich sein würde, wurde in Art. 15 Abs. 7 AGGlüStV eine Übergangsregelung zum Anschluss an das Sperrsystem OASIS geschaffen. Die Übergangsregelung stellt klar, dass Spielhallen sowie Gaststätten und Wettannahmestellen der Buchmacher, die Geld- oder Warenspielgeräte mit Gewinnmöglichkeiten bereithalten, von der Pflicht zum Anschluss an OASIS und von der Erfüllung der Verpflichtungen nach §§ 8 und 8a GlüStV 2021 befreit waren, solange und soweit dies technisch noch nicht möglich war. Längstens galt diese Befreiung bis zum Ablauf des 30. Juni 2022. Aus der Nichterfüllung der Pflicht zum Anschluss an OASIS und der Verpflichtungen nach §§ 8 und 8a GlüStV 2021 konnten in diesem Zeitraum keine aufsichts- oder ordnungswidrigkeitenrechtliche Maßnahmen resultieren. Die Übergangsregelung befreite von der Erfüllung dieser Verpflichtungen nur, soweit der Anschluss und die Erfüllung dieser Pflichten technisch noch nicht möglich waren. Unberührt blieb allerdings die Verpflichtung, bereits mögliche Vorbereitungsmaßnahmen zu ergreifen und ab 1. Juli 2021 einen Antrag beim für den Anschluss an die Sperrdatei zuständigen Regierungspräsidium Darmstadt zu stellen.

4. Wettvermittlungsstellen

Für Wettvermittlungsstellen haben die Länder – wie auch bisher – einen Begrenzungsauftrag, der in Bayern insbesondere durch die qualitativen Kriterien des Art. 7 Abs. 2 AGGlüStV umgesetzt wird. Bei der Anpassung des AGGlüStV an den GlüStV 2021 zum 1. Juli 2021 wurde die Geltungsdauer der Privilegierungsklausel des Art. 15 Abs. 2 AGGlüStV für bereits bisher formell geduldete Wettvermittlungsstellen, die den Mindestabstand des Art. 7 Abs. 2 Nr. 4 AGGlüStV zu bestehenden Schulen für Kinder und Jugendliche, Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe, sowie Suchtberatungs- und Suchtbehandlungsstellen nicht einhalten, unter Berücksichtigung der Bestimmung über das Außerkrafttreten in Art. 16 Abs. 2 AGGlüStV bis zum 31. Dezember 2022 verlängert. Denn die bisherige Befristung dieser Ausnahmeregelung bis zum 1. Juli 2021 knüpfte an die Geltungsdauer des bisherigen Glücksspielstaatsvertrages an. Die Verlängerung der Ausnahmeregelung des Art. 15 Abs. 2 AGGlüStV bis zum 31. Dezember 2022 rechtfertigt sich mit Vertrauensschutzerwägungen. Diejenigen Betreiber von Wettvermittlungsstellen, die sich dem Duldungsverfahren unterworfen haben und deren Wettvermittlungsstellen weiterhin einen zuverlässigen Betreiber aufweisen, sollen in ihren im Vertrauen auf den Bestand des Duldungsbescheides getätigten Investitionen geschützt und daher für eine Übergangszeit bis zum 31. Dezember 2022 von den Regelungen zu den Mindestabständen befreit werden.

Die Befristung der neuen Geltungsdauer orientiert sich dabei an der Regelung in § 29 Abs. 3 GlüStV 2021, die die Geltungsdauer der Erlaubnisse für Sportwettveranstalter durch den Staatsvertrag ebenfalls bis zum 31. Dezember 2022 verlängert[13]. Eine darüber hinausgehende Verlängerung der Übergangsregelung war nicht erforderlich, da auch dem Gesetzeszweck, Kinder und Jugendliche vor den Gefahren des Glücksspiels zu schützen und das Angebot an Spielmöglichkeiten zur Bekämpfung der Spielsucht einzudämmen, Rechnung getragen werden muss. Zudem besteht kein uneingeschränktes Recht auf Amortisierung getätigter Investitionen.

Vielmehr mussten die Betreiber jederzeit, insbesondere auch bei der aufgrund der befristeten Laufzeit absehbaren Verabschiedung eines neuen Glückspielstaatsvertrages, mit einer Änderung der Rechtslage und weitergehenden Anforderungen an den Betrieb der Wettvermittlungsstellen rechnen[14]. Damit dürfen Betreiber von Wettvermittlungsstellen, die über eine formelle Duldung verfügt haben und den Mindestabstand des Art. 7 Abs. 2 Nr. 4 AGGlüStV zu bestehenden Schulen für Kinder und Jugendliche, Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe sowie Suchtberatungs- und Suchtbehandlungsstellen nicht einhalten, ihre Wettvermittlungsstellen bis längstens 31. Dezember 2022 betreiben.

Dies hat zur Folge, dass die glücksspielrechtlichen Erlaubnisse in diesen Fällen nicht auf fünf Jahre erteilt werden können, sondern bis 31. Dezember 2022 zu befristen sind. Die Befristung bis zum 31. Dezember 2022 ist erforderlich, um der Übergangsregelung des Art. 15 Abs. 2, Art. 16 Abs. 2 AGGlüStV ausreichend Rechnung zu tragen. Denn eine Befreiung vom Mindestabstandsgebot des Art. 7 Abs. 2 Nr. 4 AGGlüStV nach Art. 15 Abs. 2 AGGlüStV kann aufgrund von Art. 16 Abs. 2 AGGlüStV längstens bis zum 31. Dezember 2022 erteilt werden. Eine darüber hinausgehende Befristung entspräche nicht den gesetzlichen Anforderungen zur Beachtung des Mindestabstandsgebot und wäre damit bei gleicher Sachlage nicht in gesetzeskonformer Weise möglich.

5. ODDSET-Vermittlung in Annahmestellen

Der Vertrieb der Sportwette ODDSET in (Lotto-)Annahmestellen darf nach dem GlüStV 2021 nur noch übergangsweise bis zum 30. Juni 2024 zugelassen werden (vgl. § 29 Abs. 6 GlüStV, Art. 16 Abs. 3 AGGlüStV). Die Übergangsregelung soll es den Kunden und den Betreibern der Annahmestellen ermöglichen, sich auf die Rechtsänderung einzustellen. Durch die Übergangsregelung soll insbesondere verhindert werden, dass die Kunden, die bisher Wetten in Annahmestellen platzieren, in den Schwarzmarkt abwandern. Nach diesem Zeitpunkt ist eine Vermittlung von Sportwetten im Nebengeschäft nicht mehr zulässig[15].

6. Spielhallen

Bei den Spielhallen entfallen mit dem GlüStV 2021 die im Jahr 2012 geschaffenen Härtefallregelungen. Spielhallenbetreiber hatten bis zum Inkrafttreten des GlüStV 2021 insgesamt neun Jahre Zeit, sich auf die neue Rechtslage einzustellen. Die Länder können jedoch nochmals für bis zu drei Spielhallen in einem baulichen Verbund, die am 1. Januar 2020 bestanden haben, eine befristete Erlaubnis erteilen, wenn diese Spielhallen zusätzliche qualitative Kriterien einhalten, die in den Ausführungsbestimmungen der Länder näher auszuformen sind[16]. Von dieser Möglichkeit wurde in Bayern Gebrauch gemacht. Außerdem wurden für Bestandsspielhallen Ausnahmen vom Mindestabstandsgebot geschaffen.

a. Übergangsregelungen des Art. 15 Abs. 3 und 4 AGGlüStV

Der GlüStV 2021 hält am Verbot von sogenannten Verbund-/ Mehrfachspielhallen unverändert fest. Die Erteilung einer Erlaubnis für eine neue Spielhalle, die in einem baulichen Verbund mit weiteren Spielhallen steht, ist gemäß § 25 Abs. 2 GlüStV 2021 i. V. m. Art. 10 Abs. 2 AGGlüStV grundsätzlich ausgeschlossen. Außerdem ist zwischen Spielhallen grundsätzlich ein Mindestabstand einzuhalten, § 25 Abs. 1 GlüStV 2021. Im Hinblick auf das Verbot von Verbund-/ Mehrfachspielhallen und das Mindestabstandsgebot sind mit Art. 15 Abs. 3 und Abs. 4 AGGlüStV zum 1. Juli 2021 Übergangsregelungen für Spielhallen, die am 1. Januar 2020 bestanden haben, in Kraft getreten.

Diese Übergangsregelungen ersetzen die künftig nicht mehr bestehende Möglichkeit einer Härtefallbefreiung vom Verbundverbot und vom Mindestabstandsgebot (§ 29 Abs. 4 GlüStV i. V. m. Art. 12 AGGlüStV a. F.). Im Sinne dieser Übergangsvorschriften „am 1. Januar 2020 bestanden“ haben Spielhallen, die zu diesem Stichtag tatsächlich betrieben wurden und über eine wirksame glücksspielrechtliche Erlaubnis verfügt haben. Spielhallen, die zu diesem Stichtag ohne Erlaubnis betrieben und nur geduldet wurden, können sich nur dann auf die Übergangsregelungen berufen, wenn sie am 1. Januar 2020 erlaubnisfähig gewesen wären.

(1) Spielhallen im baulichen Verbund

Art. 15 Abs. 3 AGGlüStV stellt eine Übergangsregelung dar, die unter den dort genannten Voraussetzungen die Erteilung einer Erlaubnis für Spielhallen, die am 1. Januar 2020 in einem baulichen Verbund mit weiteren Spielhallen bestanden haben, längstens bis zum Ablauf des 30. Juni 2031 ermöglicht. Eine Erlaubnis kann jedoch nur noch für bis zu drei Spielhallen je Gebäude oder Gebäudekomplex erteilt werden. Da gemäß § 29 Abs. 4 GlüStV 2021 i. V. m. Art 15 Abs. 3 Satz 1 AGGlüStV ein gemeinsamer Antrag der Betreiber sämtlicher Spielhallen in einem Gebäude oder Gebäudekomplex, für die eine Erlaubnis erteilt werden soll, erforderlich ist, müssen der oder die Betreiber der Spielhallen in einem Gebäude oder Gebäudekomplex selbst entscheiden, für welche der in einem Gebäude oder Gebäudekomplex bestehenden Spielhallen Anträge auf eine Erlaubnis gestellt werden. Werden Anträge für mehr als drei Spielhallen in einem Gebäude oder Gebäudekomplex gestellt, so sind die Anträge insgesamt abzulehnen. Trotz des Erfordernisses einer gemeinsamen Antragstellung ist jedoch auch bei mehreren Spielhallen in einem Gebäude oder Gebäudekomplex für jede Einzelspielhalle eine eigenständige, jeweils auf sie lautende glücksspielrechtliche Erlaubnis zu erteilen.

Voraussetzung für die Anwendbarkeit des Art. 15 Abs. 3 AGGlüStV ist eine Zertifizierung durch eine Prüforganisation, die gemäß Art. 15 Abs. 3 Satz 5 AGGlüStV bei der nationalen Akkreditierungsstelle akkreditiert ist. Die Zertifizierungen müssen gemäß Art. 15 Abs. 3 Satz 1 Buchst. b AGGlüStV regelmäßig, mindestens alle zwei Jahre, wiederholt werden. Zertifizierungen, denen sich Spielhallen bisher auf freiwilliger Basis unterzogen haben, können nur dann als Zertifizierungen im Sinne des Art. 15 Abs. 3 Satz 1 Buchst. a AGGlüStV anerkannt werden, wenn die Deutsche Akkreditierungsstelle (DAkkS) bestätigt, dass eine bereits durchgeführte Zertifizierung einer mittlerweile akkreditierten Prüforganisation den Standards der Akkreditierung und dem sich aus Art. 15 Abs. 3 Satz 4 AGGlüStV ergebenden Zertifizierungsprogramm entspricht.

(2) Mindestabstand zwischen Spielhallen

Unverändert ist auch künftig zwischen Spielhallen gemäß § 25 Abs. 1 GlüStV 2021 grundsätzlich ein Mindestabstand einzuhalten. Dieser beträgt gemäß Art. 10 Abs. 3 Satz 1 AGGlüStV grundsätzlich 500 Meter und für Spielhallen, für die erstmals bis zum 30. Juni 2017 ein Antrag auf Erlaubnis gestellt wurde, 250 Meter. Unabhängig davon, ob es sich um bestehende oder um neue Spielhallen handelt, können wie schon bisher auch künftig unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse im Umfeld gemäß Art. 10 Abs. 3 Satz 2 AGGlüStV Ausnahmen vom Mindestabstand zugelassen werden. Da solche Ausnahmen aufgrund der Befristung der Erlaubnisse für Spielhallen derzeit ebenfalls nur befristet gelten, müssen Ausnahmen vom Mindestabstand mit neuen Erlaubnissen erneut beantragt werden.

Maßgeblich für die Zulassung einer Ausnahme vom Mindestabstand sind in erster Linie die örtlichen Verhältnisse. Diese müssen so beschaffen sein, dass sie die Einhaltung eines Mindestabstandes unter Berücksichtigung des mit dem Mindestabstandsgebot vorrangig verfolgten Ziels, einer übermäßigen Häufung von Spielhallen in bestimmten Vierteln entgegenzuwirken und eine zeitliche und räumliche Distanz zwischen Spielhallen zu schaffen, durch die der Zusammenhang zwischen leichter Verfügbarkeit und Griffnähe eines weiteren Spielangebots und einem verstärkten Nachfrageverhalten des Spielers unterbrochen werden soll, entbehrlich erscheinen lassen.

Spielhallen, die bereits am 1. Januar 2020 bestanden haben, sind von der Pflicht zur Einhaltung des Mindestabstandes zu anderen Spielhallen gemäß Art. 15 Abs. 4 AGGlüStV bis zum Ablauf des 30. Juni 2031 generell befreit. Voraussetzung ist hier eine Zertifizierung durch eine unabhängige Prüforganisation nach den in der Vorschrift genannten Maßstäben. Bei der nationalen Akkreditierungsstelle akkreditierte Prüforganisationen sind dabei ohne Weiteres auch als unabhängige Prüforganisation anzusehen, die zur Durchführung von Zertifizierungen nach Art. 15 Abs. 4 AGGlüStV berechtigt ist.

Soweit eine Zertifizierung gemäß Art. 15 Abs. 4 AGGlüStV durch eine nichtakkreditierte Prüforganisation erfolgt, ist deren Unabhängigkeit durch den Antragsteller gegenüber der Erlaubnisbehörde nachzuweisen und die Unabhängigkeit der Prüforganisation durch die Erlaubnisbehörde eigenständig zu prüfen. Eine Konkurrenzsituation zwischen mehreren Spielhallen, die zueinander den nach Art. 10 Abs. 3 Satz 1 AGGlüStV festgesetzten Mindestabstand nicht einhalten und die eine Auswahlentscheidung gemäß Art. 15 Abs. 5 AGGlüStV erforderlich machen würde, besteht nicht, soweit für betroffene Spielhallen gemäß Art. 10 Abs. 3 Satz 2 AGGlüStV Ausnahmen vom Mindestabstand zugelassen werden können oder die Spielhallen gemäß Art. 15 Abs. 4 AGGlüStV für einen Übergangszeitraum von der Einhaltung des Mindestabstands befreit sind. Ausnahmen und Befreiungen sind vorrangig zu prüfen. Eine Konkurrenzsituation im Sinne des Art. 15 Abs. 5 AGGlüStV kann damit nur zwischen Spielhallen bestehen, für die weder eine Ausnahme vom Mindestabstand nach Art. 10 Abs. 3 Satz 1 AGGlüStV zugelassen werden kann noch eine Befreiung vom Mindestabstand gemäß Art. 15 Abs. 4 AGGlüStV gegeben ist.

Kann weder eine Ausnahme erteilt noch eine Befreiung vom Mindestabstand zugelassen werden und sind die übrigen Voraussetzungen für die Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis nach § 24 Abs. 1 GlüStV 2021 i. V. m. Art. 10 AGGlüStV für jede der Spielhallen erfüllt, so soll gemäß Art. 15 Abs. 5 AGGlüStV eine Erlaubnis für die Spielhalle erteilt werden, die am besten Gewähr für die Förderung der Ziele des §1 GlüStV 2021 bietet.

b. Betreiberwechsel

Bei einem Betreiberwechsel kann sich auf die Übergangsregelungen des Art. 15 Abs. 3 und 4 AGGlüStV sowie auf die Privilegierung im Hinblick auf den Mindestabstand gemäß Art. 10 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 AGGlüStV wegen der Spielhallenbezogenheit dieser Vorschriften grundsätzlich auch der neue Betreiber einer Bestandsspielhalle stützen.

Voraussetzung ist, dass die Spielhalle seit dem maßgeblichen Stichtag ohne nicht nur geringfügige Unterbrechungen betrieben wurde, es sei denn, die Betriebsunterbrechungen waren nicht vom jeweiligen Betreiber zu vertreten (z. B. infektionsschutzrechtliche Betriebsuntersagung als Maßnahme zur Eindämmung der Corona-Pandemie). Ein Betreiberwechsel in diesem Sinne liegt jedoch nur vor, wenn ein Verkauf beziehungsweise eine Übergabe der Spielhalle unmittelbar vom alten an den neuen Betreiber erfolgt. Dies setzt in der Regel unmittelbare vertragliche Vereinbarungen zwischen dem alten und dem neuen Betreiber voraus, welche die Verpflichtung des neuen Betreibers zu Ablöse- beziehungsweise Kaufpreiszahlungen an den alten Betreiber (z. B. für die Übernahme von Einrichtungsgegenständen oder für immaterielle Unternehmenswerte) vorsehen.

Indiz für eine solche unmittelbare Übernahme der Spielhalle durch den neuen Betreiber vom alten Betreiber ist es außerdem, wenn beispielsweise das Personal des alten Betreibers größtenteils vom neuen Betreiber weiterbeschäftigt wird oder vom neuen Betreiber Verträge mit denselben externen Dienstleistern wie vom alten Betreiber eingegangen werden. Die Übergangsvorschriften bezwecken einen Investitions- und Bestandsschutz. Bei einem Betreiberwechsel erscheint es nur dann gerechtfertigt, dass sich der neue Betreiber auf diese Übergangsvorschriften berufen kann, wenn er einen finanziellen Aufwand tätigt, mit dem er bei wirtschaftlicher Betrachtung die vom alten Betreiber getätigten Investitionen und die sich daraus ergebenden Bestandsschutzinteressen übernimmt. Denn nur dann muss ihm die Möglichkeit eines Fortbetriebs einer Spielhalle unter Befreiung vom Mindestabstandsgebot und/oder vom Verbundverbot eingeräumt werden, damit sich seine Investitionen amortisieren und etwaigen Bestandsschutzinteressen noch Rechnung getragen werden kann.

Bestehen keine unmittelbaren Beziehungen zwischen dem früheren Betreiber einer Spielhalle an einem Spielhallenstandort und dem neuen Betreiber einer Spielhalle an diesem Standort, sondern gibt vielmehr der alte Betreiber den Betrieb seiner Spielhalle auf und gründet letztlich nur ein anderer Betreiber an demselben Spielhallenstandort einen neuen Spielhallenbetrieb, führt aber nicht aufgrund einer (Ablöse-)Vereinbarung mit dem alten Betreiber dessen Spielhalle fort, liegt keine Übernahme beziehungsweise kein Betreiberwechsel vor. Die Möglichkeit, sich im Rahmen eines Erlaubnisverfahrens unter den genannten Voraussetzungen auf die spielhallenbezogenen Übergangsregelungen des Art. 15 Abs. 3 und Abs. 4 AGGlüStV sowie auf die Privilegierung im Hinblick auf den Mindestabstand gemäß Art. 10 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 AGGlüStV zu berufen, entbindet den neuen Betreiber einer Spielhalle bei einem Betreiberwechsel jedoch nicht davon, eine neue, auf ihn lautende Erlaubnis zu beantragen.

Da Spielhallenerlaubnisse betreiberbezogen sind, kann sich bei einem Betreiberwechsel der neue Betreiber einer Spielhalle generell und insbesondere auch im zeitlichen Anwendungsbereich des Art. 15 Abs. 6 AGGlüStV nicht auf eine dem vormaligen Betreiber einer Spielhalle erteilte Erlaubnis berufen, sondern grundsätzlich den Betrieb der von ihm übernommenen Spielhalle erst fortsetzen, wenn er über eine auf ihn lautende Erlaubnis verfügt.

7. Traditionelle Glücksspielturniere

Für sogenannte traditionelle Glücksspielturniere wurde durch den GlüStV 2021 mit dem neu eingefügten § 28 Abs. 2 GlüStV 2021 für die Länder die Möglichkeit geschaffen, traditionelle Glücksspielturniere zuzulassen, wenn diese nicht gewerbsmäßig, ohne Gewinnerzielungsabsicht und nur gelegentlich veranstaltet werden. Zudem gelten Einsatz- und Gewinngrenzen, die sich auf das gesamte Turnier und nicht auf einzelne Runden in dem Turnier beziehen. Die Vorschrift dient der Wahrung des Brauchtums und der Sicherstellung von aufgrund regionaler Besonderheiten nachgefragten Glücksspielen.

Die betragsmäßige Begrenzung der Einsätze und der Summe der Preise dient neben der Begrenzung auf Traditionsspiele dazu, die Manipulations- und Suchtgefahren gering zu halten[17]. In Bayern wurde insbesondere für das Kartenspiel Watten von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht (vgl. Art. 13 AGGlüStV).

 

Entnommen aus den Verwaltungsblättern Bayern, 24/2022, S. 837.

[1] Vgl. § 9a Abs. 3 GlüStV 2021.

[2] Betrifft gem. § 9a Abs. 1 GlüStV 2021 die Erlaubnisse für die Gemeinsame Klassenlotterie der Länder und deren Lotterie-Einnehmer, für die Veranstaltung oder Vermittlung von Sportwetten im Internet, für die Veranstaltung von Online-Poker und virtuellen Automatenspielen, für die Veranstaltung oder Vermittlung von Pferdewetten im Internet und für die Soziallotterien sowie gem. § 19 Abs. 2 GlüStV 2021 die Erlaubnisse für die gewerbliche Spielvermittlung.

[3] Bis 1. Juli 2021 waren Glücksspiele im Internet nur im Bundesland Schleswig-Holstein erlaubnisfähig.

[4] Vgl. § 1 des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland und des Spielbankgesetzes vom 22.04.2022, GVBl. S. 147.

[5] Vgl. LT-Drs. 18/19500 S. 4.

[6] Vgl. Begründung des GlüStV 2021, LT-Drs. 18/11128 S. 55 und 56.

[7] Vgl. Begründung des GlüStV 2021, LT-Drs. 18/11128 S. 118.

[8] Abrufbar unter https://rp-darmstadt.hessen.de/sicherheit-undkommunales/gluecksspiel/sportwetten/liste-erlaubter-wetten.

[9] Vgl. § 27p Abs. 6 GlüStV 2021.

[10] Abrufbar unter https://innen.hessen.de/Buerger-Staat/Gluecksspiel.

[11] Vgl. Begründung des GlüStV 2021, LT-Drs. 18/11128 S. 78.

[12] Vgl. Postel, in: Dietlein/Ruttig, Glücksspielrecht, 3. Aufl. 2022, GlüStV § 4, Rn. 22 und 51 – 53 und Bringmann, in: Dünchheim, Frankfurter Kommentar zum Glücksspielrecht, 1. Auflage 2022, § 4 Rn. 30 – 31.

[13] Vgl. LT-Drs. 18/14870 S. 17.

[14] Vgl. dazu VG Augsburg, B.v. 04.07.2022 – Au 8 S 22.765 – nicht rechtskräftig Rn. 66 und 93.

[15] Vgl. Begründung des GlüStV 2021, LT-Drs. 18/11128 S. 161.

[16] Vgl. Begründung des GlüStV 2021, LT-Drs. 18/11128 S. 73.

[17] Vgl. Begründung des GlüStV 2021, LT-Drs. 18/11128 S. 158.

 

Susanne Heimerl

Oberregierungsrätin, Referentin für Glücksspielrecht im Bayerischen Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration
 

Dr. Stefan Reiter

Oberregierungsrat, Referent im Bayerischen Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration
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