13.02.2023

Zum Umgehungsverbot im Personenbeförderungsgesetz

Verkehrsdienst unterliegt der Genehmigungspflicht

Zum Umgehungsverbot im Personenbeförderungsgesetz

Verkehrsdienst unterliegt der Genehmigungspflicht

Ein Beitrag aus »Die Gemeindeverwaltung Rheinland-Pfalz« | © emmi - Fotolia / RBV
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In einem Berufungsverfahren vor dem Oberverwaltungsgericht für das Land Mecklenburg- Vorpommern (OVG) stritten die Beteiligten über die Genehmigungsbedürftigkeit einer Stretchlimousinenvermietung nach den Vorschriften des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG).

Der Betreiber der Vermietung ist dabei Eigentümer verschiedener Stretchlimousinen und eines Geländewagens der Marke „Hummer“. Er wurde mehrfach zu einer Entscheidung nach § 10 PBefG angehört. Aus seiner Website und diversen Anzeigen im Internet ergebe sich, dass er Limousinen mit Fahrer vermiete. Der Betreiber nahm dahingehend Stellung, dass es sich nach einer Betriebsprüfung des Finanzamts bei der Vermietung seiner Limousinen nicht um einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb handele, weil keine Gewinnerzielungsabsicht nachgewiesen werden könne, sondern um Liebhaberei.

Mit Bescheid vom 14.10.2015 wurde ihm gegenüber nach § 10 PBefG festgelegt, dass dieser Verkehrsdienst der Genehmigungspflicht nach dem PBefG unterliege, soweit die Vermietung eines Fahrzeuges mit gleichzeitiger entgeltfreier Vermittlung eines qualifizierten Chauffeurs auf privatrechtlicher Basis erfolge. Die Vermietung eines Fahrzeuges an Selbstfahrer unterliege nicht dem PBefG. Allerdings würden nach § 6 PBefG Verpflichtungen des Unternehmers nach dem PBefG durch rechtsgeschäftliche Gestaltungen oder Scheintatbestände, die zur Umgehung der Bestimmungen des Gesetzes geeignet seien, nicht berührt.


Nach den Angeboten des Betreibers handele es sich, wenn ein Chauffeur vermittelt werde, um eine missbräuchliche rechtsgeschäftliche Gestaltung für einen genehmigungspflichtigen Mietwagenverkehr nach § 49 Abs. 4 PBefG.

Klage des Unternehmers blieb beim VG ohne Erfolg

Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren hatte der Betreiber Klage vor dem Verwaltungsgericht (VG) erhoben. Er sei kein Unternehmer i. S. d. §§ 3 Abs. 1, 2 Abs. 1 Nr. 4 und 1 Abs. 1 PBefG. Es komme lediglich zu zehn Vermietungen pro Jahr; Chauffeure würden von ihm lediglich auf Anfrage empfohlen. Das VG hatte die Klage abgewiesen und wegen der Frage des Umfangs der Betriebskosten die Berufung zugelassen.

Mit der gegen das VG-Urteil eingereichten Berufung hatte der Betreiber beim OVG im Wesentlichen ausgeführt, er sei kein Unternehmer i. S. d. § 2 PBefG, er befördere keine Personen, sondern vermiete die Limousinen grundsätzlich an Selbstfahrer. Er sorge nicht für die Fortbewegung von Fahrgästen mit einem Fahrzeug, er stelle lediglich das Fahrzeug zur Verfügung. Die Schlussfolgerungen des VG, die auf der Annahme gründeten, dass er die Fahrzeuge inklusive Chauffeur vermiete, beruhten nicht auf einer aktuellen Tatsachengrundlage.

Das VG habe zu Unrecht angenommen, dass er Personenbeförderer i. S. d. § 2 Abs. 1 Satz 1 PBefG sei, weil er die Personenbeförderung maßgeblich steuere. Ein der Genehmigungspflicht unterliegender Unternehmer sei, wer nach außen gegenüber den Fahrgästen als Vertragspartner auftrete. Er verstoße auch nicht gegen das Umgehungsverbot aus § 6 PBefG. Sein Betrieb sei nicht nur äußerlich, sondern auch tatsächlich auf die reine Vermietung der Fahrzeuge abgestellt.

Er unterliege auch deshalb nicht den Vorschriften des PBefG, weil die Betriebskosten seiner Fahrten nach § 1 Abs. 2 Nr. 1, 2. Alt. PBefG deren Gesamtentgelt überstiegen. Betriebskosten seien seiner Auffassung nach alle Kosten, die die Fahrt verursache, zumindest sowohl die beweglichen als auch die festen, konkret auf die Beförderungsleistung bezogenen Betriebskosten.

Unternehmer rügte „zu engen“ Betriebskostenbegriff

Das VG selbst sei dagegen von einem zu engen Betriebskostenbegriff ausgegangen. Zu den Kosten gehörten mehr als nur die unmittelbar verbrauchsbezogenen Kosten, Kraftstoff, Öl und Reifenabnutzung. In der Gesetzesbegründung würden Kraftstoff, Öl und Reifenabnutzung lediglich als Beispiele genannt, bildeten aber gerade keine abschließende Aufzählung. Eine Verengung des Betriebskostenbegriffes würde Sinn und Zweck des Gesetzes widersprechen und finde keine Stütze im Wortlaut, der historischen Auslegung oder der Systematik des PBefG.

Wenn man den Betriebskostenbegriff zu sehr verenge, setze man zudem Anreize, Sicherheitsmaßnahmen wie Inspektionen, Modernisierungen etc. nicht durchzuführen. Die Betriebskosten seiner Fahrzeuge überstiegen die Entgelte. Die Fahrzeuge seien mit großen V8 Motoren ausgestattet. Der Verbrauch des „Hummer“ liege im Normalbetrieb bei 25,6 Liter/100 km, der der Stretchlimousinen bei ca. 20 Litern.

Es seien jährliche TÜV-Inspektionen und entsprechende Reparaturen zu berücksichtigen. Die Fahrzeuge würden regelmäßig nach Benutzung gereinigt und verbrauchte Getränke aufgefüllt. Pro Stunde Fahrt ergebe sich damit für die Limousinen eine Kostenkostenkalkulation i. H. v. 63,30 €, für die Vermietung des „Hummer“ eine noch höhere. Die Berufung blieb ohne Erfolg.

Zur Begründung seines Urteils hat das OVG grundsätzlich ausgeführt, dass der Verkehrsdienst der Genehmigungspflicht nach dem PBefG unterliege, soweit die Vermietung eines Fahrzeuges mit gleichzeitiger entgeltfreier Vermittlung eines qualifizierten Chauffeurs auf privatrechtlicher Basis erfolge.

Personenbeförderung i. S. v. § 1 Abs. 1 PBefG ist der Transport von Menschen

Der angefochtene Bescheid findet seine Ermächtigungsgrundlage in § 10 PBefG. Danach entscheidet bei Zweifeln darüber, ob eine Personenbeförderung den Vorschriften dieses Gesetzes unterliegt, die für den Sitz des Unternehmers zuständige, von der Landesregierung bestimmte Behörde. Dies ist das Landesamt für Straßenbau und Verkehr. Personenbeförderung i. S. v. § 1 Abs. 1 PBefG ist der Transport von Menschen, das Fortbewegen von Personen von einem Einsteigeort zu einem Aussteigeort.

Darum geht es grundsätzlich auch bei den Kunden der Stretchlimousinenvermietung. Sie wollen mit einem Kraftfahrzeug von einem Ort zum anderen bewegt werden. Es geht auch um geschäftsmäßige Personenbeförderung. Voraussetzung dafür ist nur, dass beabsichtigt ist, die Beförderungstätigkeit in gleichartiger Weise zu wiederholen. Dies ist der Fall. Die Personentransporte mit den Limousinen und dem Fahrzeug „Hummer“ geschehen auch entgeltlich, jedenfalls werden 50 €/Stunde für die Fahrzeugmiete berechnet. Es liegt auch kein Ausnahmefall nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 PBefG vor.

Nach dieser Bestimmung sind ausgenommen von den Vorschriften des PBefG Beförderungen mit Personenkraftwagen, wenn das Gesamtentgelt die Betriebskosten der Fahrt nicht übersteigt. Das ist hier nicht der Fall. Betriebskosten sind nur die durch den Beförderungsvorgang verursachten sog. beweglichen Kosten. Die genannte Vorschrift enthält einen eng zu verstehenden spezifisch personenbeförderungsrechtlichen Betriebskostenbegriff, von dem nur die Kosten erfasst werden, die auf den Beförderungsvorgang bezogen sind.

 Die Betriebskosten erreichen hier nicht die Höhe des Entgeltes

Nicht dazu zählen feste Kosten wie Steuern, Versicherung und Garagenmiete. Die Anwendung der Vorschrift soll nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) keine umfassende betriebswirtschaftliche Kalkulation erfordern, vielmehr soll die Bestimmung handhabbar bleiben. Danach erreichen die Betriebskosten hier nicht die Höhe des Entgeltes. Von den in der Berufungsbegründung angegebenen Kostenpositionen waren die Reparaturkosten, Kosten für TÜV und Inspektionen, die Kosten für Reinigung, Getränke, Versicherung sowie Steuern abzuziehen. Damit verbleiben ca. 30 € Kosten pro Stunde Fahrt. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 10 PBefG liegen vor.

Es handelt sich bei der Vermietung der Limousinen um Personenbeförderung, deren Genehmigungspflichtigkeit als Mietwagenverkehr i. S. v. § 49 Abs. 4 PBefG aufgrund der von dem Betreiber beschriebenen atypischen Geschäftsgestaltung zweifelhaft war. Zweifelsfälle können sich insbesondere im Hinblick auf § 6 PBefG bei ungeklärten Rechtsverhältnissen oder bei Scheinunternehmerverhältnissen ergeben. Ein solcher Fall stand hier in Rede, nachdem der Betreiber nach seinen Veröffentlichungen im Internet seine Limousinenvermietung auf die Vermittlung von Chauffeuren umgestellt und damit geworben hatte, demzufolge den Bestimmungen des PBefG nicht zu unterfallen und keine Mietwagenkonzession zu benötigen, wie es die Konkurrenz behaupte.

Zunächst keine Genehmigungspflicht erkennbar

Zweifelhaft i. S. v. § 10 PBefG war auch, ob der Betreiber als Unternehmer i. S. d. § 3 Abs. 1 und 2 PBefG anzusehen war. Das Landesamt für Straßenbau und Verkehr hat auch in der Sache zu Recht entschieden, dass der angebotene Verkehrsdienst der Genehmigungspflicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 i. V. m. § 46 Abs. 2 Nr. 3 und § 49 Abs. 4 PBefG unterliegt, soweit die Vermietung eines Fahrzeuges mit gleichzeitiger entgeltfreier Vermittlung eines qualifizierten Chauffeurs auf privatrechtlicher Basis erfolgt. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 PBefG muss derjenige, der mit Kraftfahrzeugen im Gelegenheitsverkehr Personen befördert, im Besitz einer Genehmigung sein. Er ist Unternehmer i. S. d. PBefG.

Der einer personenbeförderungsrechtlichen Genehmigungspflicht unterliegende Unternehmer ist, wer die Personenbeförderung verantwortlich durchführt. Das ist derjenige, der nach außen, also gegenüber den Fahrgästen, als Vertragspartner auftritt, auch wenn er mit der faktischen Durchführung des Transports einen anderen betraut. Das folgt aus der Zusammenschau von § 2 PBefG mit § 3 Abs. 2 PBefG. Hier ist eine vertragliche Verpflichtung des Betreibers gegenüber den Kunden seiner Limousinenvermietung zu einem Transport nicht ersichtlich. Vielmehr hat er sein Geschäft mit den Stretchlimousinen und dem „Hummer“ so gestaltet, dass er lediglich die Fahrzeuge vermietet und ggf. Chauffeure nur vermittelt.

Nur diese Vorgehensweise ist auch Gegenstand der angefochtenen behördlichen Feststellung der Genehmigungsbedürftigkeit. Vor dem Hintergrund der vertraglichen Ausgestaltung seines Geschäftes unterfällt der Betreiber somit nicht dem Kreis der genehmigungspflichtigen Unternehmer für den Fall des Gelegenheitsverkehrs mit Mietwagen. Dies wäre nur dann der Fall, wenn er neben der Überlassung seiner Fahrzeuge an die Kunden auch für die Durchführung der gewünschten Fahrten, d. h. die Zurverfügungstellung der Fahrer und das Steuern der Fahrzeuge verantwortlich wäre, diese Tätigkeit Inhalt der Stretchlimousinen-Mietverträge mit dem Betreiber wäre und er sich demzufolge zu entsprechenden Personentransporten vertraglich verpflichten würde.

Genehmigungspflicht folgt jedoch aus § 6 PBefG

Die Genehmigungspflicht für die von dem angefochtenen Bescheid geregelte Stretchlimousinenvermietung folgt jedoch aus § 6 PBefG. Nach dieser Vorschrift werden die Verpflichtungen des Unternehmers nach diesem Gesetz durch rechtsgeschäftliche oder firmenrechtliche Gestaltungen oder Scheintatbestände, die zur Umgehung der Bestimmungen des Gesetzes geeignet sind, nicht berührt. Ein solcher Fall liegt hier vor.

Der Betreiber führt nach der Überzeugung des OVG als Unternehmer tatsächlich und wirtschaftlich einen Mietwagenverkehr nach § 49 Abs. 4 PBefG, ohne dabei formal nach außen hin als Vertragsschuldner für eine Beförderungsleistung aufzutreten, indem er die Fahrer für seine Limousinen den Kunden nur vermittelt. Damit hat er eine rechtsgeschäftliche Gestaltung gewählt, auf die das PBefG nicht anwendbar ist, obwohl es bei einer den wirtschaftlichen Leistungen des Betreibers entsprechenden vertraglichen Gestaltung anwendbar wäre.

Im Anwendungsbereich von § 6 PBefG wird zutreffend vertreten, dass derjenige, der tatsächlich einen nach dem PBefG genehmigungspflichtigen Verkehr betreibt, als Unternehmer nach dem PBefG zu beurteilen und zu behandeln ist, auch wenn er nach außen, z. B. nach der von ihm gewählten Gestaltungsform, nicht als solcher erscheint. Eine Gesetzesumgehung wird i. d. R. angenommen, wenn ungewöhnliche Rechtsformen gewählt werden, die isoliert betrachtet Verpflichtungen aus dem umgangenen Gesetz nicht würden entstehen lassen.

Erfordernis eines separaten Chauffeurs der Wagen trifft auf genannte Mietanlässe in besonderem Maße zu

Ein weiterer Fall eines Verstoßes gegen § 6 PBefG wird auch darin gesehen, dass ein nicht zur Personenbeförderung zugelassener Kraftfahrzeughalter mit Fahrgästen einen Sachmietvertrag über sein Fahrzeug abschließt, um den ihm verwehrten Beförderungsvertrag zu verdecken. Dafür, dass der Betreiber tatsächlich einen genehmigungspflichtigen Verkehr mit Mietwagen betreibt, spricht, dass er seine Limousinen- (und Hummer-) Vermietung in einem Kraftfahrzeugsegment ausübt, in dem es ungewöhnlich ist, dass der Mieter des Kraftfahrzeuges dieses ohne separaten Fahrer steuert. Denn das Erfordernis eines separaten Chauffeurs der Wagen trifft typischerweise auf verschiedene der in den Annoncen des Betreibers genannten Mietanlässe in besonderem Maße zu, bspw. auf Hochzeitsfahrten, Abipartys, Theaterfahrten, Stadtrundfahrten oder Disco- bzw. Flughafen-Shuttlefahrten. Hier erscheint es als nahezu ausgeschlossen, dass ein Teilnehmer dieser Fahrten die Stretchlimousine selbst steuert.

Es dürfte sich auch um einen untypischen Ausnahmefall handeln, wenn die Kunden solcher Angebote einen eigenen Fahrer stellen würden. Dagegen spricht schon, dass das Steuern einer überlangen Limousine, zumal mit bis zu acht Passagieren im Wagen, eine nicht unerhebliche Erfahrung beim Steuern im fließenden Verkehr sowie beim Einparken und Rückwärtsfahren voraussetzen dürfte, über die der durchschnittliche Kraftfahrer nicht ohne Weiteres verfügt. Damit umgeht der Betreiber die nach § 49 Abs. 4 PBefG bestehende Genehmigungspflicht für den von ihm betriebenen Mietwagenverkehr durch die rechtsgeschäftliche Aufspaltung in Kfz-Mietverträge auf der einen und die Vermittlung unentgeltlicher Chauffeure auf der anderen Seite.

Darauf, ob die Gesetzesumgehung gewollt ist, kommt es nicht an. Entscheidend ist nur der objektive Tatbestand und die Verletzung des Umgehungsverbots führt zur Anwendung der Rechtsfolgen, die das umgangene Gesetz vorsieht, also zur Genehmigungspflicht für die Beförderung von Personen im Verkehr mit Mietwagen.

 

Entnommen aus der Gemeindeverwaltung Rheinland-Pfalz, 24/2022, Rn. 274

 
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