Von CSRD, VSME und OMNIBUS
Zick-Zack-Kurs in der Nachhaltigkeitsberichterstattung (öffentlicher) Unternehmen
Von CSRD, VSME und OMNIBUS
Zick-Zack-Kurs in der Nachhaltigkeitsberichterstattung (öffentlicher) Unternehmen

Kaum hatten sich privatwirtschaftliche und öffentliche Unternehmen, aber auch Behörden und Anstalten auf die neuen Regelungen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung, der sogenannten Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), verbunden mit den European Sustainability Reporting Standards (ESRS) eingestellt, kristallisiert sich jetzt heraus, dass das letzte Wort nicht gesprochen ist, sondern in naher Zukunft mit Vereinfachungen zu rechnen ist.
Öffentliche Unternehmen sind besonders von der derzeit unklaren Rechtslage betroffen. Denn Unternehmen, an denen die öffentliche Hand beteiligt ist, sollten ursprünglich in der Regel unabhängig von ihrer tatsächlichen Größe dazu verpflichtet werden, ihren Jahresabschluss und Lagebericht genauso wie große Kapitalgesellschaften aufzustellen und zu prüfen. Für Unternehmen mit Beteiligung des Bundes, ist dies beispielsweise in § 65 Absatz 1 Nummer 4 der Bundeshaushaltsordnung (BHO) normiert; für Unternehmen anderer Gebietskörperschaften gelten in der Regel simultane Bestimmungen nach den jeweiligen Gemeindeordnungen. Somit stünden vor allem kleine und mittlere öffentliche Unternehmen vor der Herausforderung, ein Nachhaltigkeitsreporting wie ungleich größere Unternehmen aufzubauen.
Die Nachhaltigkeitsberichterstattung wird in der Europäischen Union maßgeblich durch die Bestimmungen der Corporate Sustainability Reporting Directive (die CSRD bzw. CSR-Richtlinie) bestimmt. Das bedeutet, dass diese für Unternehmen nicht unmittelbar gilt, sondern zunächst in nationales Recht umgewandelt werden muss. Eigentlich hätte die CSR-Richtlinie bis 6. Juli 2024 verpflichtend in deutsches Recht übertragen werden müssen (siehe hierzu und zum Folgenden Abb. 1). Nach dem Ende der Ampel-Regierung am 6. November 2024 wurde das Gesetzgebungsverfahren zur Überführung der Richtlinie in deutsches Recht jedoch nicht mehr abgeschlossen. Somit besteht unter anderem hinsichtlich des gegenwärtigen Adressatenkreises der Richtlinie Unsicherheit. Ab 2026 sollten für den Jahresabschluss 2025 die Be-stimmungen für alle börsennotierten Unternehmen und große Kapitalgesellschaften bei Erfüllung von zwei der drei folgenden Merkmale gelten:
- mehr als 250 Mitarbeitende,
- Nettoumsatzerlöse von mehr als 50 Millionen Euro und
- eine Bilanzsumme von mindestens 25 Millionen Euro.
Betroffen von diesen Regelungen wären – basierend auf Schätzungen – 3.000 öffentliche Unternehmen.

Der verzögerte Gesetzgebungsprozess zur CSRD in Deutschland
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung der CSRD vom 9. September 2024 sieht eine dahingehende Ergänzung der BHO vor, dass „sich der Nachhaltigkeitsbericht von kleinen und mittelgroßen Unternehmen allein nach dem Gesellschaftsvertrag, soweit nicht gesetzliche Vorschriften unmittelbar anwendbar sind“, richtet1Deutscher Bundestag Drucksache 20/12787: Gesetzentwurf der Bundesregierung Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2022/2464 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Dezember 2022 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 und der Richtlinien 2004/109/EG, 2006/43/EG und 2013/34/EU hinsichtlich der Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen, https://dserver.bundestag.de/btd/20/127/2012787.pdf, S. 70 (19.02.2025).. Teilweise haben auch schon Länder wie Bayern Ausnahmeregelungen erlassen, die eine Befreiung von der Nachhaltigkeitsberichterstattung öffentlicher Unternehmen ermöglichen (z.B. Bayern2https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/BayHG2024_2025-5 (19.02.2025).). Am 27. September 2024 hat auch der Bundesrat eine Stellungnahme beschlossen, die eine dem Gesetzentwurf der Bundesregierung entsprechende Ergänzung des Handelsgesetzbuches für Unternehmen mit Beteiligung einer Gebietskörperschaft vorsieht. Das heißt, dass „Kleinstkapitalgesellschaften, kleine und mittelgroße Kapitalgesellschaften allein nach dem Gesellschaftsvertrag, soweit nicht gesetzliche Vorschriften unmittelbar anwendbar sind“, bezüglich Nachhaltigkeit berichten sollen3Drucksache 385/24 (Beschluss), Stellungnahme des Bundesrates, https://www.bundesrat.de/SharedDocs/drucksachen/2024/0301-0400/385-24(B).pdf?__blob=publicationFile&v=1, S. 6 f. (19.02.2025)..
Aber nun scheint doch alles ganz anders zu kommen als ursprünglich geplant. Denn als Anfang Januar Bundeskanzler Scholz und Mitte Dezember die Bundesminister Habeck, Heil, Kukies und Wissing Briefe an die Europäische Kommission sandten, forderten sie eine Vereinfachung der Nachhaltigkeitsberichterstattung für Unternehmen sowie diese um zwei Jahre aufzuschieben. Schon am 8. November 2024 wurde bei einer informellen Tagung der Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union die „Erklärung von Budapest“ verabschiedet. Darin fordern sie die „Einleitung eines revolutionären Vereinfachungsprozesses, der für einen klaren, einfachen und intelligenten Regelungsrahmen für Unternehmen sorgt und den Verwaltungs-, Regulierungs- und Meldeaufwand, insbesondere für KMU, drastisch verringert“4https://www.consilium.europa.eu/de/press/press-releases/2024/11/08/the-budapest-declaration/ (19.02.2025).. Diese Gedanken mündeten am 29. Januar 2025 in die Vorstellung eines Kompasses für die Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Kommission5Vgl. https://germany.representation.ec.europa.eu/news/eu-kommission-stellt-kompass-fur-wettbewerbsfahigkeit-vor-2025-01-29_de (19.02.2025).. Darin wird das Ziel formuliert, den Verwaltungsaufwand für Unternehmen erheblich zu reduzieren. So soll dieser um 25 Prozent gesenkt werden; für KMU gar um 35 Prozent. Gegenwärtig umfassen die mit der CSRD verbundenen European Sustainability Reporting Standards (ESRS) für Unternehmen mehr als 1.000 zu erhebende Datenpunkte6https://efrag.sharefile.com/share/view/s363afe552f8a4f3b99de63a12c2f8865/foa75419-44c9-4081-85a5-43217a6e8732 (19.02.2025).. Teil des Kompasses ist darüber hinaus die so genannte „Omnibus“-Verordnung. Sie sieht eine Vereinfachung der Berichtspflichten für Unternehmen durch eine Zusammenfassung der Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD), der Taxonomieverordnung sowie der Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) vor (siehe Abb. 2).

Abb. 2: Zusammenfassung von einzelnen ESG-Berichtspflichten in der „Omnibus“-Verordnung
Für kleine und mittlere Unternehmen, die noch (oder wahrscheinlich) nicht unter die beschriebene Nachhaltigkeitsberichterstattung fallen, bietet sich eine freiwillige Alternative, der „Voluntary SME-Standard“ (VSME). Ebenso wie die ESRS wurde dieser Standard auf Auftrag von der Europäischen Kommission von der European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) in Brüssel erarbeitet. Der VSME bietet Unternehmen mehr Freiheiten für das Nachhaltigkeitsreporting als die mit der CSRD verbundenen Vorgaben; auch durch deutlich weniger Datenpunkte. So gibt es ein Basis- und ein Erweiterungs-Modul, bei dem Unternehmen nicht anwendbare Anforderungen oder vertrauliche Inhalte von der Berichterstattung ausnehmen können. Damit bietet dieser Standard den (öffentlichen) kleinen und mittleren Unternehmen Einfachheit, weil erheblich weniger Daten erhoben und veröffentlicht werden müssen sowie Flexibilität, weil die Unternehmen selbst entscheiden, welche Daten sie neben den verpflichtenden Basis-Daten reporten.
Für öffentliche Unternehmen bleibt also die Information und der Austausch zu den Entwicklungen der Nachhaltigkeitsberichterstattung unerlässlich, um frühzeitig auf weitere Entwicklungen reagieren zu können. Ein Forum hierfür bietet die 12. Speyerer Tagung zu Public Corporate Governance. Diese findet vom 31. März bis 1. April 2025 an der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer statt. Ein Schwerpunkt wird auf der Nachhaltigkeitsberichterstattung liegen. So werden unter anderem Prof. Dr. Dörte Diemert, Stadtkämmerin und Dezernentin für Finanzen und Recht der Stadt Köln, Lars Scheider, Abteilungsleiter Beteiligungssteuerung Frankfurt am Main und Saskia Six, Referentin für Nachhaltigkeit bei der Stadtreinigung Hamburg, aktuelle Entwicklungen in der Nachhaltigkeitsberichterstattung diskutieren. Das komplette Programm und weitere Informationen finden Sie unter: https://weiterbildung.uni-speyer.de/suche/veranstaltungsdetails.html?action%5B26%5D=course&courseId=588-C-4331411&rowIndex=12.
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- 1Deutscher Bundestag Drucksache 20/12787: Gesetzentwurf der Bundesregierung Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2022/2464 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Dezember 2022 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 und der Richtlinien 2004/109/EG, 2006/43/EG und 2013/34/EU hinsichtlich der Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen, https://dserver.bundestag.de/btd/20/127/2012787.pdf, S. 70 (19.02.2025).
- 2https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/BayHG2024_2025-5 (19.02.2025).
- 3Drucksache 385/24 (Beschluss), Stellungnahme des Bundesrates, https://www.bundesrat.de/SharedDocs/drucksachen/2024/0301-0400/385-24(B).pdf?__blob=publicationFile&v=1, S. 6 f. (19.02.2025).
- 4https://www.consilium.europa.eu/de/press/press-releases/2024/11/08/the-budapest-declaration/ (19.02.2025).
- 5Vgl. https://germany.representation.ec.europa.eu/news/eu-kommission-stellt-kompass-fur-wettbewerbsfahigkeit-vor-2025-01-29_de (19.02.2025).
- 6https://efrag.sharefile.com/share/view/s363afe552f8a4f3b99de63a12c2f8865/foa75419-44c9-4081-85a5-43217a6e8732 (19.02.2025).



