26.03.2025

Einführung eines neuen Verkehrszeichens 230 „Ladebereich“

Neue Regelungen zur Nutzung von Lieferzonen sollen das Be- und Entladen optimieren

Einführung eines neuen Verkehrszeichens 230 „Ladebereich“

Neue Regelungen zur Nutzung von Lieferzonen sollen das Be- und Entladen optimieren

Der Begriff des Be- und Entladens ist weder in der StVO noch in einer anderen Vorschrift definiert.   |  © bilanol - stock.adobe.com
Der Begriff des Be- und Entladens ist weder in der StVO noch in einer anderen Vorschrift definiert. | © bilanol - stock.adobe.com

Die in den Innenstädten für den Liefer- und Ladeverkehr vorbehaltenen Bereiche werden von Autofahrern oft als „Kurzzeitparkplätze“ missbraucht. Die Folge ist, dass das Be- und Entladen von Fahrzeugen in zweiter Reihe geschieht, was in der Regel zu erheblichen Behinderungen des innerstädtischen Verkehrs führt.

Die StVO sieht bisher für die Beschilderung von Liefer- und Ladebereichen das Zeichen 286 „Eingeschränktes Haltverbot“ vor, das mit entsprechenden Zusatzzeichen die Nutzung der Verkehrsfläche auf bestimmte Nutzergruppen oder für bestimmte Zeiten einschränkt. Nachteil dieser Beschilderung ist, dass das Zeichen 286 Haltevorgänge auf der Fahrbahn (über 3 Minuten) gestattet, die nicht der unmittelbaren Besorgung von Ladegeschäften im engeren Sinne dienen.
Wegen dieser Problematik haben einige Städte von der StVO abweichende Regelungen getroffen und ihre Ladebereiche mit Zeichen 283 (absolutes Haltverbot) oder mit Zeichen 286 (eingeschränktes Haltverbot) und jeweils einem zusätzlichen Hinweisschild „Ladezone“ (Zusatzzeichen 1012-30)1Nicht zu verwechseln mit dem ZZ 1053-54 „während des Ladevorgangs“ nach dem EMOG. kombiniert.
Zusätzlich verwenden einige Städte Fahrbahnmarkierungen, um die Funktion der Ladezonen optisch zu verbessern. Die so beschilderten Flächen können für private und für gewerbliche Ladetätigkeiten genutzt werden.

Be- und Entladen

Der Begriff des Be- und Entladens ist weder in der StVO noch in einer anderen Vorschrift definiert. Nach der Rechtsprechung zum eingeschränkten Haltverbot setzt das Be- und Entladen den Transport von Sachen voraus, deren Größe und Gewicht die Beförderung durch ein Fahrzeug nötig macht und deshalb üblicherweise durch ein Fahrzeug vorgenommen wird, weil einer Person das Tragen auf weitere Strecken nicht zugemutet werden kann.2OLG Karlsruhe, Beschl. v. 11.11.74 (StVE Nr. 3 zu § 12 StVO), Hentschel/König/Dauer, StVR, 45. Auflage, § 12 StVO, Rn. 32 m.w.N.
Das Halten zum Be- und Entladen ist für die notwendige Dauer erlaubt, muss aber ohne Verzögerung durchgeführt werden.3StVO, Anlage 2, lfd. Nr. 63, Spalte 3 Nr. 2 zu Zeichen 286.


Lieferverkehr

Der Begriff Lieferverkehr ist nicht durch eine Rechtsvorschrift bestimmt, sondern ergibt sich aber aus dem Wortsinn und dem gängigen Sprachgebrauch.
Nach herrschender Rechtsauffassung ist Lieferverkehr der geschäftliche Transport von Sachen von oder zu Gewerbetreibenden sowie von oder zu den Kunden eines Gewerbetreibenden,4BVerwG, Urt. v. 8.9.93 (VRS 87, 63). bei dem die Beförderung mit Fahrzeugen in erster Linie der beschleunigten Durchführung der Transporte dient. Auch die Ablieferung kleiner oder leichter Gegenstände gilt als Ladegeschäft,5BGH, Beschl. v. 3.7.59 (VRS 17, 395). auch dann, wenn nur ein einziger Kunde beliefert wird.6OLG Hamm, Urt. v. 10.5.60 (VRS 20, 314).
Zum Be- und Entladen gehören auch notwendige Nebenverrichtungen, wenn sie dem Hauptzweck dienen.7Hentschel/König/Dauer, StVR., 45. Aufl., § 12 StVO, Rn. 33.
Nicht zum Lieferverkehr gehört der Personenverkehr.8OLG Düsseldorf, Beschl. v. 5.4.84 (VRS 67, 151).

Bedeutung des Zusatzzeichens 1026-35 „Lieferverkehr frei“

Das Befahren einer Fußgängerzone (Zeichen 242.1, Anlage 2 lfd. Nr. 21), gekennzeichnet mit Zusatzzeichen 1026-35 (Lieferverkehr frei) nach § 39 Abs. 3 StVO, erlaubt nur den Transport zu bestimmten Zeiten (z.B. ZZ 1042-32)9Zeitliche Beschränkung werktags. von Waren zu und von den im gesperrten Bereich liegenden Geschäften oder von Waren durch Gewerbetreibende an Private im Rahmen der Geschäftsausübung.10Hentschel/König/Dauer, a.a.O., § 39 StVO, Rn. 31a; OLG Jena, Beschl. v. 17.7.12 (VRS 123, 235).

Neuregelung in der StVO

Mit Inkrafttreten der 57. StVRÄndV1157. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften (BGBl. I Nr. 299 v. 2.10.24); in Kraft seit 11.10.24. ist ein neues Zeichen 230 „Ladebereich“12Die ursprünglich vorgesehene Bezeichnung „Ladezone“ ist für das neue Verkehrszeichen ungünstig, weil im VzKat bereits das gleichlautende Zusatzzeichen 1012-30 (Ladezone) vorhanden ist mit einem völlig anderen Regelungsgehalt. Das neue Zeichen bewirkt eine streckenbezogene Anordnung und keine Zonen-Anordnung (Begründung BR-Drs. 321/24 (Be-schluss) Seite 5). in die StVO eingeführt worden, das sich gestalterisch an das Zeichen 229 StVO „Taxenstand“ anlehnt.

Das Zeichen wurde in Anlage 2 zur StVO als neue lfd. Nr. 15.1, Spalten 1 u. 2 eingefügt:

Die Spalte 3 (Ge- oder Verbote, Erläuterungen) enthält folgende Verhaltensvorschriften und Erläuterungen:

Ge- oder Verbot

1. Das Halten und Parken ist nur zum Be- und Entladen von Fahrzeugen zulässig.
2. Das Be- und Entladen muss ohne Verzögerung durchgeführt werden.

Erläuterung

Die Länge des Ladebereichs wird durch das am Anfang der Strecke aufgestellte Zeichen mit einem zur Fahrbahn weisenden waagerechten weißen Pfeil und durch ein am Ende aufgestelltes Zeichen mit einem solchen von der Fahrbahn wegweisenden Pfeil oder durch Markierung gekennzeichnet.
Die notwendigen Vorgaben und Hinweise für die Straßenverkehrsbehörden zur zeitlichen Beschränkung des Zeichens 230 sowie zur zusätzlichen Kennzeichnung durch Markierungen bedürfen noch einer entsprechenden Regelung in der VwV-StVO.13Begründung BR-Drs. 321/24 (Beschluss) Seite 6.

Verstöße

Gemäß § 41 Abs. 1 StVO zählt das neue Zeichen 230 zur Gruppe der Vorschriftzeichen nach Anlage 2.
Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig entgegen § 41 Abs. 1 ein durch Vorschriftzeichen angeordnetes Ge- oder Verbot nicht befolgt (§ 49 Abs. 3 Nr. 4 StVO).
Das unzulässige Halten und Parken entgegen Zeichen 230 dürfte nach Anlage 1 BKatV, Abschnitt I unter lfd. Nr. 51 ff. zu verorten sein.

Dieser Beitrag stammt aus der Kommunalverwaltung Thüringen Heft 11/12 2024.

 

Peter F. Lippert

Polizeihauptkommissar a.D.
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  • 1
    Nicht zu verwechseln mit dem ZZ 1053-54 „während des Ladevorgangs“ nach dem EMOG.
  • 2
    OLG Karlsruhe, Beschl. v. 11.11.74 (StVE Nr. 3 zu § 12 StVO), Hentschel/König/Dauer, StVR, 45. Auflage, § 12 StVO, Rn. 32 m.w.N.
  • 3
    StVO, Anlage 2, lfd. Nr. 63, Spalte 3 Nr. 2 zu Zeichen 286.
  • 4
    BVerwG, Urt. v. 8.9.93 (VRS 87, 63).
  • 5
    BGH, Beschl. v. 3.7.59 (VRS 17, 395).
  • 6
    OLG Hamm, Urt. v. 10.5.60 (VRS 20, 314).
  • 7
    Hentschel/König/Dauer, StVR., 45. Aufl., § 12 StVO, Rn. 33.
  • 8
    OLG Düsseldorf, Beschl. v. 5.4.84 (VRS 67, 151).
  • 9
    Zeitliche Beschränkung werktags.
  • 10
    Hentschel/König/Dauer, a.a.O., § 39 StVO, Rn. 31a; OLG Jena, Beschl. v. 17.7.12 (VRS 123, 235).
  • 11
    57. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften (BGBl. I Nr. 299 v. 2.10.24); in Kraft seit 11.10.24.
  • 12
    Die ursprünglich vorgesehene Bezeichnung „Ladezone“ ist für das neue Verkehrszeichen ungünstig, weil im VzKat bereits das gleichlautende Zusatzzeichen 1012-30 (Ladezone) vorhanden ist mit einem völlig anderen Regelungsgehalt. Das neue Zeichen bewirkt eine streckenbezogene Anordnung und keine Zonen-Anordnung (Begründung BR-Drs. 321/24 (Be-schluss) Seite 5).
  • 13
    Begründung BR-Drs. 321/24 (Beschluss) Seite 6.
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