26.08.2024

Versagung einer Festsetzung nur als „Ultima Ratio“

Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Hessen

Versagung einer Festsetzung nur als „Ultima Ratio“

Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Hessen

Durch das Waffengesetz soll das mit jedem Waffenbesitz verbundene Sicherheitsrisiko möglichst gering gehalten werden.  | © Kaspars Grinvalds – stock.adobe.com
Durch das Waffengesetz soll das mit jedem Waffenbesitz verbundene Sicherheitsrisiko möglichst gering gehalten werden. | © Kaspars Grinvalds – stock.adobe.com

Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerde einer Ordnungsbehörde zurückgewiesen, die die Festsetzung einer Ausstellung zwecks Durchführung einer Waffenbörse abgelehnt hatte; die Versagung einer Festsetzung i. S. v. § 69 Abs. 1 GewO komme immer nur als „Ultima Ratio“ in Betracht.

Eine Unternehmerin beantragte bei der Ordnungsbehörde die Festsetzung einer Ausstellung zwecks Durchführung einer Waffenbörse vom 17. bis 19.11.2022 in einer Messehalle. Diesen Antrag lehnte die Behörde durch Bescheid vom 31.10.2022 ab. Zur Begründung führte sie aus, dass der Antrag gem. § 69a Abs. 1 Nr. 3 Gewerbeordnung (GewO) abzulehnen sei, da der Verkauf von Waffen und NS-Devotionalien vorgesehen sei.

Am 02.11.2022 hatte die Unternehmerin beim Verwaltungsgericht (VG) um Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht und beantragt, die Ordnungsbehörde im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO zu verpflichten, den Antrag auf Marktfestsetzung für die Ausstellung „WBK international“ vom 17. Bis 19.11.2022 positiv zu bescheiden.


Das VG hatte der Behörde aufgegeben, den Antrag auf Marktfestsetzung positiv zu bescheiden und verhältnismäßige Regelungen und Maßnahmen zu treffen, um erhebliche Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung auszuschließen.

Am 14.11.2022 hatte die Ordnungsbehörde gegen diesen VG-Beschluss Beschwerde beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof (VGH) erhoben. Die Beschwerde ist gem. §§ 146 Abs. 4 Satz 1, 147 VwGO zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt.

Im Hinblick darauf, dass die Anforderungen an die Beschwerdebegründung in § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO und die Beschränkung des Prüfungsumfangs des Beschwerdegerichts auf die vom Beschwerdeführer dargelegten Gründe in § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auf die einmonatige Begründungsfrist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO zugeschnitten sind, die der Behörde hier aufgrund der Eilbedürftigkeit der Angelegenheit jedoch nicht zur Verfügung steht, hatte der VGH zur Wahrung der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG die VG-Entscheidung einer umfassenden Kontrolle zu unterwerfen, die nicht auf das Beschwerdevorbringen der Ordnungsbehörde reduziert ist.

Beschwerde der Ordnungsbehörde ohne Erfolg

Auch unter Zugrundelegung dessen blieb die eingelegte Beschwerde in der Sache ohne Erfolg. Der VGH nahm zur Begründung seiner Entscheidung zunächst Bezug auf die zutreffenden Gründe des VG-Beschlusses und hob nochmals hervor, dass die Versagung einer Festsetzung i. S. v. § 69 Abs. 1 GewO immer nur als „Ultima Ratio“ in Betracht kommt.

Bei einer Waffenbörse sind vielmehr z. B. zunächst Zugangsbeschränkungen per Auflagen oder die Versagung der Befreiung vom Waffenhandelsverbot nach § 35 Abs. 3 Waffengesetz (WaffG) in Erwägung zu ziehen.

Auch das Feilbieten von Militaria, die durch ihr äußeres Erscheinungsbild auf die Verwendung durch nationalsozialistische Organisationen schließen lassen, kann durch Auflagen nach § 69 a Abs. 2 GewO ausgeschlossen werden.

Soweit die Ordnungsbehörde zur Beschwerdebegründung vorgetragen hat, dass sich die Unternehmerin nicht rechtstreu verhalten wolle, weil nach Rücksprache mit der zuständigen Waffenbehörde telefonische Anfragen von Waffenhändlern gestellt worden seien, da nach Angaben der Unternehmerin nach dem VG-Beschluss keine Ausnahmegenehmigung nach dem Waffengesetz erforderlich sei und sich die Unternehmerin nicht an die Vorgaben des Waffengesetzes halten werde, stellt dies eine bloße, weil durch nichts belegte Behauptung dar.

Gleiches gilt für die Behauptung, bei einer Waffenbörse dieser Unternehmerin im Jahr 2019 seien Waffen im Wert eines sechsstelligen Betrags entwendet worden.

Milderes Mittel geboten

Im Übrigen ist der Ordnungsbehörde durch den VG-Beschluss zwar aufgegeben worden, den Antrag nach § 69 GewO positiv zu bescheiden, jedoch mit der Maßgabe, durch Regelungen und Maßnahmen Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung auszuschließen.

Die Ordnungsbehörde ist somit gehalten bzw. nach § 69 a Abs. 2 GewO befugt, die ordnungsgemäße Durchführung der Ausstellung sicherzustellen. Im Übrigen steht ihr die Möglichkeit offen, sollten Aussteller die gesetzlichen Vorgaben missachten und die Unternehmerin gegen dieses Verhalten nicht einschreiten oder dieses sogar befürworten, die Festsetzung gem. § 69 b Abs. 2 Satz 1, 2. Alt. GewO zurückzunehmen. Im Falle des nachträglichen Eintritts eines Ablehnungsgrundes i. S. d. § 69a Abs. 1 Nr. 3 GewO hat sie die Festsetzung nach § 69 b Abs. 2 Satz 2 GewO zu widerrufen.

Diese durch Gesetz eröffneten Maßnahmen stellen im Vergleich zur Ablehnung der Festsetzung im Ganzen das mildere Mittel dar, wie das VG zutreffend ausgeführt hat und was die Ordnungsbehörde in der Beschwerdeschrift auch grundsätzlich bejaht.

In dem zum Festsetzungsantrag beigefügten Anmeldebogen für die Ausstellung ist im Übrigen ein Hinweis auf die Notwendigkeit einer Ausnahmegenehmigung nach § 35 WaffG enthalten. Dieser Hinweis findet sich gleichfalls im von der Unternehmerin erwähnten Internetauftritt zu der streitbefangenen Ausstellung (waffenboersen.com), und zwar in den besonderen Ausstellungsbedingungen.

Verhältnismäßige Regelungen

Auch die von der Ordnungsbehörde gehegte Befürchtung, dass i. R. d. Ausstellung eine Vielzahl von Symbolen i. S. d. § 86a StGB gezeigt werde und in den Ausstellungsbedingungen ein Hinweis auf das Abkleben dieser Symbole enthalten sei, ändert an der rechtlichen Beurteilung nichts. Insofern war seitens des VGH zunächst auf die vorstehenden Ausführungen zu verweisen.

Hinzu kommt, dass der Begriff „Abkleben!“ bei den Ausführungen zu § 86a StGB im Anmeldebogen zumindest nicht eindeutig dahin gehend verstanden werden kann, dass die Unternehmerin etwa annehmen würde, bei Abkleben von Nazi-Symbolen liege kein Verstoß gegen § 86a StGB vor, und sie damit bereit sei, ein Abkleben zu tolerieren.

Sollten Aussteller den Anmeldebogen in dieser Hinsicht missverstehen, so wird nach dem weiteren Inhalt des Bogens bei Zuwiderhandlung der betreffende Stand von der Ausstellungsleitung unter Ausschluss jeglicher Regressansprüche geschlossen.

Im Internet heißt es zu diesem Punkt darüber hinaus, dass die Messeleitung das Recht habe, den betreffenden Stand zu schließen und Regressansprüche ausgeschlossen seien. Der Begriff „Abkleben“ findet sich im Übrigen nicht in den besonderen Ausstellungsbedingungen.

Inwieweit die Kundgabe der Unternehmerin im Internet, die Waffenbörse finde statt, rechtlich von Belang sein sollte, erschließt sich dem VGH schon nicht. Denn die Unternehmerin konnte aufgrund der angefochtenen Entscheidung des VG hiervon ausgehen.

Die Beschwerde wurde vom VGH mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die von der Ordnungsbehörde zu treffenden verhältnismäßigen Regelungen bzw. Maßnahmen insbesondere das Feilbieten von Militaria, die durch ihr äußeres Erscheinungsbild auf die Verwendung durch nationalsozialistische Organisationen schließen lassen, und die konsequente Beachtung des § 35 Abs. 3 Nr. 2 WaffG regeln.

Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Beschl. v. 16.11.2022 – 8 B 1886/22

Entnommen aus der Gemeindeverwaltung Rheinland-Pfalz 15/2024, Rn. 133.

 
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