Wiederholte Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr
Voraussetzungen für die Anordnung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens
Wiederholte Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr
Voraussetzungen für die Anordnung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens
Das Bundesverwaltungsgericht hatte in einem Revisionsverfahren zu entscheiden, wann wiederholte Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss die Aufforderung zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens rechtfertigen.
Die Klägerin begehrt die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis. Sie war vom Amtsgericht wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr sowie vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr in Tateinheit mit unerlaubtem Entfernen vom Unfallort rechtskräftig zu einer (Gesamt-)Geldstrafe verurteilt worden. Außerdem entzog ihr das Amtsgericht die Fahrerlaubnis und verhängte eine Sperrfrist für die Neuerteilung.
Als die Klägerin die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis beantragte, forderte der Beklagte von ihr (gestützt auf § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b und d der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV)) die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens und lehnte die Neuerteilung der Fahrerlaubnis ab. Das Verwaltungsgericht wies ihre Klage ab. Das Oberverwaltungsgericht verpflichtete den Beklagten zur Neuerteilung der Fahrerlaubnis. Die hiergegen vom Beklagten eingelegte Revision wies das Bundesverwaltungsgericht zurück.
Der Beklagte durfte nicht gemäß § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV die Fahreignung der Klägerin verneinen, weil sie das geforderte medizinisch-psychologische Gutachten nicht beigebracht hatte. Maßgeblich für die Beurteilung des Verpflichtungsbegehrens der Klägerin auf Neuerteilung einer Fahrerlaubnis ist die Rechtslage zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung. Anzuwenden sind das Straßenverkehrsgesetz (StVG) sowie die Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV).
Feststellung der Eignung zum Führen von Kfz
Nach § 20 Abs. 1 Satz 1 FeV gelten für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung die Vorschriften für die Ersterteilung. Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 StVG müssen die Fahrerlaubnisbewerber zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet sein.
Die Eignung besitzt nach § 2 Abs. 4 Satz 1 StVG sowie § 11 Abs. 1 Satz 1 und 3 FeV, wer die notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllt und nicht erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder gegen Strafgesetze verstoßen hat. Die Anforderungen sind insbesondere dann nicht erfüllt, wenn eine Erkrankung oder ein Mangel nach Anlage 4 oder 5 zur FeV vorliegt, wodurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen wird (§ 11 Abs. 1 Satz 2 FeV).
Bei Alkoholmissbrauch Eignung ausgeschlossen
Nach Nr. 8.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung ist bei Alkoholmissbrauch die Eignung ausgeschlossen; er liegt vor, wenn das Führen von Kraftfahrzeugen und ein die Fahrsicherheit beeinträchtigender Alkoholkonsum nicht hinreichend sicher getrennt werden können.
Von Eignung kann gemäß Nr. 8.2 der Anlage 4 nach Beendigung des Missbrauchs ausgegangen werden; er kann angenommen werden, wenn die Änderung des Trinkverhaltens gefestigt ist. Gemäß § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV darf die Fahrerlaubnisbehörde bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen, wenn er sich weigert, sich untersuchen zu lassen oder das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht beibringt.
Nach ständiger Rechtsprechung ist der Schluss auf die fehlende Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen nur gerechtfertigt, wenn die Anforderung des Gutachtens formell und materiell rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig war.
Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens
Die Voraussetzungen des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV für die Aufforderung zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens waren bei Ergehen der Aufforderung nicht erfüllt. Nach dieser Bestimmung ordnet die Fahrerlaubnisbehörde zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder Verlängerung der Fahrerlaubnis an, dass ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen ist, wenn wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss begangen wurden.
Wiederholte Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss im Sinne von § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV liegen nur dann vor, wenn der Betroffene in mindestens zwei vom Geschehensablauf her räumlich und zeitlich eigenständigen deutlich voneinander abgrenzbaren Lebenssachverhalten je eine oder mehrere solche Zuwiderhandlungen begangen hat.
(…)
Bundesverwaltungsgericht, Urt. v. 14.12.2023 – 3 C 10/22
Den vollständigen Beitrag lesen Sie im RdW-Kurzreport 15/2024, Rn. 232.