Vermessung von Wohngrundstücken mittels Drohnen ist rechtswidrig
Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs
Vermessung von Wohngrundstücken mittels Drohnen ist rechtswidrig
Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs
Der 4. Senat des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs hat in seinem Beschluss vom 15.2.2024 (Az. 4 CE 23.2267) entschieden, dass das Überfliegen und Ausmessen eines Wohngrundstückes mittels einer Drohne zum Zwecke der Beitragserhebung rechtswidrig ist, da hierfür schon keine Rechtsgrundlage bestehe. Eine solche Maßnahme greife erheblich in den Kernbereich der persönlichen Lebensgestaltung und -führung ein.
Der Antragssteller ist Eigentümer eines Grundstücks im Stadtgebiet der Antragsgegnerin. Die Stadt Neumarkt-Sankt Veit plante bei allen Gebäuden, welche an der gemeindlichen Abwasserentsorgung angeschlossen oder anschlussberechtigt sind u.a. die Geschossflächenanzahl der Gebäude zu ermitteln. Die Geschossflächenanzahl dient neben der Grundstücksfläche als Grundlage für die Berechnung des Herstellungsbeitrages, welcher für die Möglichkeit des Anschlusses an die städtische Abwasserversorgung gezahlt wird. Hierzu beauftragte die Antragsgegnerin einen Ingenieurdienstleister und eine Kommunalberatung. Für die Messungen war der Einsatz einer mit einer Kamera versehenen Drohne vorgesehen. Diese sollte die Gebäude im Oktober 2023 bildlich aufzeichnen. Im Anschluss war die Nutzung der Aufzeichnungen zur Erstellung dreidimensionaler Modelle der Grundstücke und nachfolgend zur Berechnung der Beiträge vorgesehen.
Der Antragsteller wurde neben anderen Anschlussnehmern nach dem Beschluss des Stadtrats über die geplanten Maßnahmen informiert.
Hiergegen ging der Antragssteller mit einem Eilantrag nach § 123 VwGO vor und hatte Erfolg. Das Verwaltungsgericht München (Az.: M 7 E 23.5047) untersagte der Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung mit Datum vom 22.11.2023 bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache die Messungen mit der Drohne durchzuführen.
Die Antragsgegnerin legte daraufhin erfolglos Beschwerde beim BayVGH ein. Der BayVGH schloss sich der Auffassung des Verwaltungsgerichts an und wies die Beschwerde der Antragsgegnerin zurück.
Das Gericht bejahte den Anordnungsanspruch auf Unterlassung der Messungen gemäß § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB analog, da keine Rechtsgrundlage für die geplante Maßnahme bestehe.
Es handele sich vorliegend zunächst um eine Verarbeitung personenbezogener Daten i.S.d. DSGVO, die einer Rechtsgrundlage bedürfe, da der Antragssteller der Messung auch nicht zugestimmt habe.
Eine solche Rechtsgrundlage lasse sich jedoch weder im Abgabenrecht noch in den Satzungen der Antragsgegnerin oder im Betretungsrecht finden.
Insbesondere könne der Überflug und die Aufzeichnung mit einer Drohne auch nicht auf die Generalklausel des Art. 4 Abs. 1 BayDSG gestützt werden, da diese einen geringfügigen Eingriff in die Rechte der betroffenen Person voraussetze. Die geplante Maßnahme gehe darüber jedoch weit hinaus.
Bei der Vermessung der Gebäude durch eine Drohne handele es sich um einen erheblichen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht gemäß Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG. Eine schützenswerte Privatsphäre könne auch im Außenbereich eines Gebäudes bestehen. Teil der Aufnahmen seien zudem Terrassen, Balkone und Gartenflächen in deren konkreten Ausgestaltung. Auch seien Innenaufnahmen durch Glasflächen nicht ausgeschlossen. Der Vortrag der Antragsgegnerin u.a. dahingehend, dass eine bestimmte Flughöhe gewählt worden war, vermag die Beschwerde nicht zu begründen.
Eine solche Maßnahme bedürfe daher einer speziellen Rechtsgrundlage.
Da es an einer solchen fehlt, ist die bildliche Aufzeichnung mittels einer Drohne und die sich anschließende Verarbeitung der Daten rechtswidrig. Eine etwaige Verhältnismäßigkeit der Maßnahme war daher nicht entscheidungserheblich. Ebenfalls nicht entschieden wurde über die Frage, welche Anforderungen an eine entsprechende Regelung in einer gemeindlichen Satzung und eine Satzungsermächtigung zu stellen wären. Diese Thematik könnte zukünftig jedoch relevant werden, da diese Vorgehensweise zur Vermessung von Grundstücken eine erhebliche Arbeitserleichterung für die Gemeinden darstellen dürfte.
Der Beschluss des BayVGH ist unanfechtbar.