15.09.2014

Ressourcen effizient nutzen

Bioenergiedörfer in Deutschland und vorgesehene Fördermittel

Ressourcen effizient nutzen

Bioenergiedörfer in Deutschland und vorgesehene Fördermittel

Energetische Selbstversorgung ist das Ziel der Bioenergiedörfer, die oft genossenschaftlich organisiert sind. | © Wolfgang Jargstorff - Fotolia
Energetische Selbstversorgung ist das Ziel der Bioenergiedörfer, die oft genossenschaftlich organisiert sind. | © Wolfgang Jargstorff - Fotolia

Die Kommunen sind sowohl Vorbild für ihre Bürger als auch für die Wirtschaft, wenn sie die ihnen auferlegte Planungshoheit dazu nutzen, energieeffiziente Umsetzungen zu unterstützen. Steigende Energiepreise und dauerhaft verknappende fossile Energieträger erhöhen die Attraktivität für Kommunen, sich selbst mit regenerativen Energien zu versorgen.

Was ist ein Bioenergiedorf?

Unter einem Bioenergiedorf als Möglichkeit zur energetischen Selbstversorgung ist eine Gemeinde zu verstehen, die das Ziel verfolgt, mindestens so viel Strom durch Erneuerbare Energien zu produzieren, wie in der Gemeinde benötigt wird. Die Hälfte der Wärme soll durch Kraft-Wärme-Kopplung bereitgestellt werden. Die intelligente Bioenergienutzung ist überwiegend treibhausgasneutral.

Ein Bioenergiedorf hat Vorteile, die unter anderem in der Zunahme der regionalen Wirtschaftskraft, neuen Steuereinnahmen, der Schaffung zukunftsfähiger Arbeitsplätze, der Verbesserung der Kaufkraft in der Region und der Entstehung kommunaler Wertschöpfung bestehen. Das Bioenergiedorf fördert das Wir-Gefühl, die Identifikation und das Image der Gemeinde, indem etwas gemeinsam geschaffen wird. Junge Leute sehen in der Gemeinde verstärkt neue Perspektiven für sich, die wirtschaftliche Dynamik und die Beteiligung am Gemeindeleben nimmt zu. In einem Bioenergiedorf werden die Preise selbst geregelt.


Der Weg zum Bioenergiedorf

Städte und Gemeinden sollten sich vorab in einem kommunalen Energiekonzept einen Überblick darüber verschaffen, welche Energiequellen und Technologien das größte Potenzial bieten. Dabei spielen geografische, klimatische, land- und forstwirtschaftliche Gegebenheiten eine Rolle, ein energiepolitisches Leitbild oder Ziel sowie rechtliche, wirtschaftliche, politische und soziale Aspekte. Aus einer Ist- und Potenzial-Analyse, die notwendige Entscheidungsgrundlangen für die Energiequellen und Erzeugungsanlagen darstellt, wird der Maßnahmenkatalog entwickelt, der in Wirksamkeit, Status oder verschiedenen Handlungsbereichen unterteilt ist.

Beteiligung der Bürger

Als eines der wichtigsten Mittel auf kommunaler Ebene gelten Kommunikation und Partizipation, die bereits im Vorfeld beginnen und die Konzepterstellung begleiten, um die Akzeptanz, entstehende Wertschöpfung, das Gerechtigkeitsempfinden und das Engagement der Bevölkerung zu gewinnen.

Um die Bürger zu beteiligen, gibt es verschiedene Rechtsformen. Die Rechtsform GmbH & Co. KG eignet sich für größere und komplexere Anlagen. Da Gesellschafter nur mit ihren eigenen Einlagen für Verbindlichkeiten geradestehen müssen, sind viele Bürger interessiert, sich ohne großes Risiko finanziell zu beteiligen.

Viele Bioenergiedörfer sind genossenschaftlich organisiert. Der Vorteil in einer Energiegenossenschaft liegt darin, dass viele verschiedene Akteure sich mit überschaubarem finanziellen Einsatz einbringen können und für Verbindlichkeiten nur mit ihrer Einlage haften.

Die kostengünstige Gründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) durch einen formlosen Vertrag wird für Erneuerbare-Energien-Anlagen mit Investitionssummen von wenigen 100.000 Euro gewählt. Der Nachteil besteht in der unbeschränkten Haftung der Gesellschafter mit ihrem Privatvermögen. Ein zusätzlich gegründeter Verein (e.V.) wäre weisungsbefugt und würde mit Vereinsvermögen haften, sodass die Haftung der Gesellschafter beschränkt wäre.

Eine Stiftung kommt in Betracht, wenn die Energieerzeugung mit Engagement etwa im sozialen oder politischen Bereich verbunden werden soll. Problematisch ist, dass der Gründungsaufwand hoch ist und dass es Bürger geben muss, die der Stiftung Kapital spenden.

Eine Finanzierungsmöglichkeit für die verschiedenen Rechtsformen bietet das Contracting. Benachbarte Städte und Gemeinden erarbeiten ein gemeinsames Energiekonzept, das sich auf das gesamte Gebiet bezieht, so dass gemeindeübergreifende Potenziale effizienter genutzt werden. Eine Kommune, die Vorteile einer Erneuerbare-Energien-Anlage nutzen möchte, ohne ihren Haushalt finanziell zu belasten, kann ein Unternehmen als Contractor vertraglich zwischenschalten.

Die Gemeinde Freiamt im Landkreis Emmendingen gilt als Vorreiter in Sachen Erneuerbare Energien. Sie produziert mit Biogas, Wind und Sonnenlicht mehr Strom, als sie verbraucht, und profitiert finanziell von der Öko-Wende. Freiamt produzierte 2012 rund 20 Millionen kWh Strom durch Erneuerbare-Energien-Anlagen und liegt 160 Prozent über dem Gesamtstrombedarf.

Die Fördermöglichkeiten

Um die hohen Investitionskosten tragen zu können, bieten der Bund und beispielsweise das Land Baden-Württemberg diverse Förderungsprogramme, die den starken Trend zum Bioenergiedorf weiter antreiben.

Das Projekt „Entwicklungsperspektiven für nachhaltige 100 %-Erneuerbare-Energie-Regionen in Deutschland” (100ee-Regionen) des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) hilft Kommunen und Städten seit 2007 bei ihrem Weg in die Energieautarkie. Es „identifiziert, begleitet und vernetzt Regionen, Kommunen und Städte, die ihre Energieversorgung auf lange Sicht vollständig auf erneuerbare Energien umstellen wollen”. Im Blick sind hierbei sowohl der dezentrale Bioenergiemix als auch das Erkennen von Energieeinsparungspotentialen und das Verhalten im Hinblick auf Energieeffizienz. Ziel ist ein Netzverbund, der aus Regionen, Städten und Kommunen besteht.

Die Richtlinie zur Förderung von Klimaschutzprojekten in sozialen, kulturellen und öffentlichen Einrichtungen im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative („Kommunalrichtlinie”) des BMU fördert Beratungsleistungen für Kommunen, die Planung und Umsetzung von Klimaschutzkonzepten und Teilkonzepten sowie investive Maßnahmen zur Minderung des Energieverbrauchs und des CO2-Ausstoßes.

Das Programm „Klimaschutz Plus” ist ein Förderprogramm des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg, das ein allgemeines und kommunales CO2-Minderungsprogramm anbietet. Darüber hinaus wird ein Energieberatungsprogramm mit Energiediagnosen in Form eines externen Beraters gefördert. Im Übrigen bietet dieses Programm Zuschüsse für innovative Modellprojekte, die Techniken des Klimaschutzes implementieren.

Das Förderprogramm „Bioenergiedörfer” des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg fördert Investitionen im Bereich Wärmeversorgung durch den überwiegenden Einsatz erneuerbarer Energien. Ziel des Programms ist es, Kommunen auf dem Weg zum Bioenergiedorf zu unterstützen. Erreicht werden soll dies durch Zuschüsse für die Errichtung oder Erweiterung von Wärmenetzen sowie die darin integrierten Anlagen zur Wärmegewinnung aus regenerativen Energien. Notwendige bauliche Maßnahmen sowie Nebenanlagen zur Einbindung und Verteilung sind inbegriffen.

Kommunen können neben staatlichen Förderungen auch private Dienstleister in Anspruch nehmen, um den Schritt in die Energieautarkie zu meistern.

NewEn Projects GmbH ist ein unabhängiges Unternehmen, welches innovative, ganzheitliche Lösungen rund um das Thema nachhaltige und autarke Energieversorgung bietet. Die Gegebenheiten vor Ort werden analysiert, der individuell optimale Energiemix wird entwickelt und die Realisierung der einzelnen Anlagen wird veranlasst. Dahinter steht die Vorstellung von einer dezentralen Energiewende, die sich vor allem in Kommunen und Regionen abspielt.

Die Firma Green City Energy steht für die Dezentralisierung der Energieproduktion auf kommunaler Ebene und den Umbau der Energieversorgung auf 100 % erneuerbare Energien. Erreicht werden soll dies durch Energieprojekte, Dienstleistungen in Form von kommunalen Energieberatungen und ökologische Geldanlagen.

Die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) ist eine der wichtigsten Förderbanken in Deutschland, die ein breites Spektrum von nachhaltigen und innovativen Maßnahmen fördert. Ein Beispiel für eine Förderung der KfW ist das Erneuerbare Energien – Premium Programm. Hier werden Investitionen zur Nutzung von Wärme aus erneuerbaren Energien gefördert, z. B. Solarkollektoren, Biomasse-Verbrennungsanlagen und Wärmenetze.

Dieses breite Angebot an fachlicher und finanzieller Unterstützung sollten Kommunen wahrnehmen, um den Wirkungsgrad ihrer Umstellung auf Erneuerbare Energien zu maximieren und ihre personellen und finanziellen Ressourcen effizient zu nutzen.

Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel ist eine kurze Zusammenfassung der von Professor Michael Frey an der Hochschule für öffentliche Verwaltung Kehl betreuten Proseminar-Arbeit zum Thema Bioenergiedörfer. In der Oktober- und November-Ausgabe der Fachzeitschrift Ausbildung/Prüfung/Fachpraxis (apf) wird diese Proseminar-Arbeit mit vielen weiteren interessanten und vertiefenden Aspekten zum Thema Bioenergiedörfer, mit Informationen zu den Fördermitteln und praktischen Hilfestellungen veröffentlicht.

 

Prof. Dr. Michael Frey

Mag.rer.publ., Fakultät Rechts- und Kommunikationswissenschaften, Hochschule für öffentliche Verwaltung, Kehl
 

Tina Nicole Frey

Studentin im 5. Semester, Public Management gehobener Verwaltungsdienst, Hochschule für öffentliche Verwaltung Kehl
 

Jonathan Staiger

Student im 5. Semester, Public Management gehobener Verwaltungsdienst, Hochschule für öffentliche Verwaltung Kehl
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