15.09.2014

Das neue EEG 2014 – ein Überblick

„same procedure as known ”: Nach der Novelle ist vor der Novelle

Das neue EEG 2014 – ein Überblick

„same procedure as known ”: Nach der Novelle ist vor der Novelle

Abb. 1: EEG-Reform: Wohin des Wegs? | © FountainPix - Fotolia
Abb. 1: EEG-Reform: Wohin des Wegs? | © FountainPix - Fotolia

Im Rahmen der Maßnahmen zur Energiewende hat die Bundesregierung u. a. die Novelle des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG) 2014 beschlossen, die zum 01. 08. 2014 in Kraft getreten ist. Sowohl Kommunen als auch die Privatwirtschaft müssen diese zum Teil grundlegenden Reformen in ihren weiteren Planungen berücksichtigen: Dabei müssen für den weiteren Ausbau der Erneuerbaren Energien nicht nur neue Flächen ausgewiesen, sondern auch die notwendigen Infrastrukturen geschaffen werden.

Torpediert der deutsche Gesetzgeber mit der Novelle die Energiewende oder ist die Reform tatsächlich eine Notwendigkeit, um die Kosten für Verbraucher und Industrie nicht ausufern zu lassen?

Noch nie wurde in Deutschland so viel „Grüner Strom” verbraucht wie im ersten Halbjahr 2014. Ökologisch erzeugte Energie ist damit der wichtigste deutsche Energieträger, noch vor der bislang führenden Braunkohle, die klimatechnisch äußerst umstritten ist. Damit ist klar, dass die Erneuerbaren Energien weiter auf dem Siegeszug sind und die konventionelle Energiegewinnung langsam aber sicher in den Schatten stellen, folgt man etwa den Prognosen für EEG-Strommengen der Übertragungsnetzbetreiber.


Dieser Siegeszug dürfte auch durch das neue EEG 2014 nicht gestoppt werden, denn aufgrund geänderter Marktbedingungen (gesunkene Produktionskosten/gestiegene Netzstromkosten) gibt es eine Reihe von Geschäftsmodellen (wie Stromlieferungen vor Ort, Eigenverbrauch, Regionaltarife und Einsatz von Speichermedien), die mit oder ohne Einbezug des EEG 2014 nach wie vor interessant sind. Nachdem die Europäische Kommission keine weiteren Einwände gegen die Reform des EEG vorgebracht hat, sind die neuen Regelungen zum 01. 08. 2014 in Kraft getreten. Der deutsche Gesetzgeber hatte die „besondere Ausgleichsregelung” für die Industrie an die neuen europäischen Umwelt- und Energiebeihilfeleitlinien, beispielsweise hinsichtlich der Branchen der antragsberechtigten Unternehmen und der konkreten Höhe der Begrenzung der EEG-Umlage angepasst, um Rechtssicherheit zur gewährleisten. Für die Jahre 2013 und 2014 werden die neuen Leitlinien nun rückwirkend angewandt. Eine Vielzahl von bisher begünstigten Unternehmen werden daher Differenzbeträge erstatten müssen. Die Novelle enthält eine Vielzahl von Änderungen zu allgemeinen Bestimmungen sowie für die Bereiche Photovoltaik, Biomasse und Onshore Wind. Einige der Änderungen werden nachfolgend dargestellt:

Grundsätzliches

Grundsätzlich besteht für Altanlagen, die vor dem 01. 08. 2014 in Betrieb genommen worden sind, Bestandsschutz – auch im Hinblick auf die bisher geltenden Einspeisevergütungen. § 100 EEG sieht einige Ausnahmen, insbesondere Übergangregelungen für Bioenergieanlagen, vor. Anlagen mit immissionsschutzrechtlicher Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb datierend vor dem 23. 01. 2014 und mit einer Inbetriebnahme bis zum 31. 12. 2014 bekommen ebenfalls die Einspeisevergütung nach dem EEG 2012.

Der Inbetriebnahmebegriff des EEG 2014 bezieht sich nunmehr auf die erstmalige Inbetriebsetzung der Gesamtanlage nach Herstellung und konkretisiert damit den Zeitpunkt für die Beurteilung der Höhe der Einspeisevergütung. Der Austausch technischer oder baulicher Teile bedingt damit keine Änderung des Zeitpunktes der erstmaligen Inbetriebnahme.

Mit dem EEG 2014 wird die verpflichtende Direktvermarktung im Marktprämienmodell eingeführt. Die Betreiber einer neuen Anlage für Erneuerbare Energien ab 500 kW installierter Leistung (kWp) benötigen einen Direktvermarkter, sollten sie Ihren Stromüberschuss nicht selbst verkaufen wollen (§ 37 EEG). Ab 2016 gilt dies bereits ab 100 kWp. Die Betreiber dieser Anlagen erhalten zusätzlich eine Marktprämie. Diese gleitende Prämie gleicht die Differenz zur Höhe der nach dem jetzigen System gewährten Einspeisevergütung aus. Für deren Erhalt ist es notwendig, dass die Anlage im Sinne von § 35 Abs. 1 EEG 2014 fernsteuerbar ist. Hierbei ist technisch zu gewährleisten, dass für Direktvermarktungsunternehmen oder andere Stromkäufer jederzeit die Abrufmöglichkeit über die jeweilige Ist-Einspeisung und ferngesteuerte Reduzierung der Stromeinspeisung möglich ist. Betreiber von Bestandsanlagen müssen ihre Anlagen bis zum 31. 03. 2015 entsprechend nachrüsten.

Ein Aufschlag auf die Marktprämie als Ausgleich für den Mehraufwand der Direktvermarktung ist nun direkt in die Einspeisevergütung eingerechnet, so dass sich für Kleinanlagen ohne Direktvermarktung die Vergütung für Photovoltaik und Wind um 0,4 Cent/kWh und für andere Anlagen um 0,2 Cent/kWh reduziert.

Einerseits wird eine Direktvermarktung begrüßt, wenn sie so ausgestaltet wird, dass man aus einer regionalen Ökostromanlage direkt mit Ökostrom beliefert werden kann. Andererseits besteht die Gefahr, dass Kleininvestoren in Ökostromanlagen das eingeführte Modell der Direktvermarktung schwer nachvollziehen könnten, was eine Marktkonzentration und als Folge höhere Kosten nach sich ziehen könnte.

Auch für Eigenverbraucher von Strom aus neuen Anlagen gilt zukünftig, dass diese grundsätzlich 40 % der EEG-Umlage entrichten müssen. Der Übergang wird jedoch fließend gestaltet. Bis Ende 2015 sind abhängig vom Zeitpunkt des Stromverbrauchs zunächst 30 % und bis Ende 2016 35 % der jeweils gültigen EEG-Umlage zu entrichten. Die derzeitige Ökostromumlage beträgt 6,24 Cent/kWh. Für das Jahr 2014 ergibt dies einen Betrag von ca. 1,9 Cent/kWh. Ab 2017 sind dann die vollen 40 % fällig und dies auch für Anlagen, deren Bauzeit zwischen August 2014 und Dezember 2016 lag.

Jedoch hat der Gesetzgeber eine Bagatellgrenze für kleine Anlagen, worunter die „klassische” Eigenheim-PV-Solaranlage fällt, vorgesehen. Bei einer Anlage mit einer Leistung von max. 10 kW und einem jährlichen Eigenverbrauch bis zu 10 Megawattstunden ist der Solarstrom weiterhin von der Ökostrom-Umlage befreit. Zudem ist auch der Kraftwerkseigenverbrauch wie auch der Verbrauch von Eigenversorgern, die weder unmittelbar noch mittelbar an ein Netz angeschlossen sind, oder die sich vollständig mit Strom aus Erneuerbaren Energien versorgen und für überschüssigen Strom keine Einspeisevergütung in Anspruch nehmen, von der EEG-Umlage befreit.

Der mit geeichten Zählern zu messende Eigenverbrauch ist dem zuständigen regelverantwortlichen Übertragungsnetzbetreiber bis spätestens zum 31.05. des jeweiligen Folgejahres zu melden. Unterbleibt diese Meldung, sind 100 % der EEG-Umlage zu bezahlen.

Bestandsschutz erhalten Anlagen, die vor dem 1. August 2014 in Betrieb genommen wurden. Die Betreiber müssen sich auf keine Änderungen einstellen. Für diese Anlagen gilt, dass der Eigenverbrauch auch künftig von der EEG-Umlage befreit ist, wenn die Betreiber vor dem Stichtag, dem 01. 08. 2014, Eigenverbrauch hatten. Diese Regelung gilt auch bei Modernisierungen und Ersatzinvestitionen, wenn die Anlagenleistung dadurch nicht um mehr als 30 % gesteigert wird.

Gestrichen wird allerdings das Privileg einer reduzierten EEG-Umlage bei lokaler Direktlieferung von „Grünem Strom” (Grünstromprivileg). Dies gilt auch für Bestandsanlagen, die bisher die Grünstromvermarktung genutzt haben. Experten kritisieren hier die Schlechterstellung von Mietern gegenüber Eigenheimbesitzern (Anm. der Redaktion: Siehe hierzu auch Dr. Wieg, Neue Perspektiven gesucht – Investitionsrückgang: EEG-Reform bremst Energiegenossenschaften, in: PUBLICUS 2014.8, S. 9 ff). Hier ist das letzte Wort allerdings noch nicht gesprochen, da der Gesetzgeber eine Verordnungsermächtigung aufgenommen hat, die Nachjustierungen möglich macht.

Durch das EEG 2014 wird der Zubau von Solar- und Windenergieanlagen sowie von Windparks und Biomasseanlagen durch Festlegung von Ausbauzielen begrenzt. Sobald der Zubau von den vorgegebenen Zielen abweicht, wird die Förderung von neuen Anlagen mit Ausnahme von Offshore-Windparks (für diese gilt ein fester Mengendeckel) automatisch gesenkt oder erhöht, nach dem Prinzip des „atmenden Deckels”. Insbesondere soll dadurch der Ausbau von kostengünstigen Technologien gefördert werden. Das Gesetz legt für die verschiedenen Arten der Energiegewinnung aus Erneuerbarer Energie technologiespezifische Ausbaukorridore fest. Je nach prognostizierter Marktgröße wird für Neuanlagen die Förderhöhe für jeweils 20 Jahre fixiert. Erhöht sich die Nachfrage schneller als politisch erwünscht, sinkt die Förderung für Neuanlagen schneller. Schrumpft der Markt, sinkt die Förderung langsamer. Experten hatten die Förderkürzungen der letzten Jahre für überzogen gehalten und sprechen nun von einer „Lockerung der Degressionsschraube” durch den Gesetzgeber.

Photovoltaik

Das Marktintegrationsmodell für Photovoltaikanlagen, nach welchem für Anlagen mit einer installierten Leistung von 10 – 1.000 Kilowatt nur für 90 % der Einspeisemenge Einspeisevergütung gezahlt wurde, ist für ab dem 01. 08. 2014 installierte Anlagen entfallen.

Der Gesetzgeber plant, spätestens im Jahr 2017 die Höhe der Förderung Erneuerbarer Energien bei Neuanlagen über Ausschreibungen zu ermitteln. Zur Erprobung soll im Jahr 2015 eine Pilot-Ausschreibung für Freiflächen-Solaranlagen erfolgen. Einzelheiten dazu sollen in einer Verordnung festgelegt werden. Aktuell ist beabsichtigt, das Ausschreibungsvolumen insgesamt auf 600 Megawatt jährlich zu begrenzen, wobei eine Freiflächenanlage eine installierte Leistung von 25 MW nicht überschreiten soll. Wie letztlich das Ausschreibungsverfahren ausgestaltet werden wird, bleibt abzuwarten. Das Bundeswirtschaftsministerium hatte ein sog. Statisches Pay-as-Bid Modell, nach welchem der Teilnehmer der Ausschreibung bezahlt (pay) wird, wie er geboten hat (as bid), wenn sein Angebot als kostengünstigstes den Zuschlag erhält. Energiegenossenschaften, die oftmals nur begrenzt regional agieren können, wenden hierbei zu Recht ein, dass sog. Global Player des Erneuerbaren Energien-Marktes als Bieter ihre Risiken auf eine Vielzahl von Ausschreibungen im ganzen Land verteilen können.

Biomasse

Im Bereich der Biomasse sind Regelungen zur einsatzstoffbezogenen Vergütung gestrichen. Der Gesetzgeber hat hierdurch den Fokus auf den Einsatz von Reststoffen (wie Gülle und Abfallstoffe) gelegt. Die zusätzliche einsatzbezogene Vergütung z. B. für Mais, Zuckerrüben und Getreide wird nicht mehr gezahlt.

Die erzeugte Strommenge für Strom aus Biogas aus Anlagen von mehr als 100 Kilowatt ist nicht mehr in vollem Umfang förderfähig (§ 47 EEG). Für Altanlagen zur Stromerzeugung aus Biogas reduziert sich die jeweilige bisher maßgebliche Einspeisevergütung für jede kwh, um die in einem Kalenderjahr die vor dem 01. 08. 2014 erreichte Höchstbemessungsleistung der Anlage überschritten wird, auf den Monatsmarktwert (§ 101 EEG). Berechnungszeitraum für die Ermittlung der kalenderjährlichen Höchstbemessungsleistung ist vom Zeitpunkt der Inbetriebnahme der Anlage bis zum 01. Januar 2014. Abweichend hiervon kann ein um 5 Prozent verringerter Wert der am 31. 07. 2014 installierten Leistung der Anlage als Höchstbemessungsleistung angenommen werden, wenn der so ermittelte Wert höher als die tatsächliche Höchstbemessungsleistung, wie vorstehend beschrieben, ist. Dies dürfte für alle Anlagen relevant sein, die im Berechnungszeitraum aus unterschiedlichen Gründen nicht die mögliche kalenderjährliche Höchstbemessungsleistung erzielen konnten.

Nach dem neuen EEG 2014 entfällt ein Landschaftspflegebonus für Bestandsanlagen, die nach dem EEG 2009 vergütet werden, für den Einsatz von Mais, Getreide und Raps.

Wind

Bei Windenergieanlagen Onshore hängt zukünftig die Degression der Markprämie ebenfalls vom jeweiligen Ausbauvolumen ab. Über eine Länderöffnungsklausel dürfen die Bundesländer zukünftig selbst entscheiden, ob eine Mindestabstandsregelung für Windenergieanlagen eingeführt wird. Eine feste Einspeisevergütung wird grundsätzlich nur noch für kleine Onshore Windanlagen (unter 500 Kilowatt) geleistet. Nach dem neuen EEG 2014 wird nunmehr ein sog. zweistufiges Referenzmodell angewandt (§ 49 EEG). Die Boni für Repowering, Systemdienstleistung (wäre Ende 2014 ohnehin ausgelaufen) und die Managementprämie entfallen.

Es wird spannend zu beobachten sein, wie die Praxis mit den geänderten Regeln umgehen wird. Das beabsichtigte Ausschreibungsmodell ab 2017, mit dem dann die jeweilige Förderhöhe ermittelt werden soll, würde letztlich bereits zur Abschaffung des EEG mit seinem bestehenden Vergütungssystem führen. Zudem ist bereits angekündigt, dass in 2017 weitere grundlegende Änderungen des EEG 2014 erfolgen sollen. Damit heißt es „same procedure as known”: Nach der Novelle des EEG ist vor der Novelle des EEG.

 

Matthias Schmidt

Rechtsanwalt, BTUSimon Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, München
 

Susanne Schröder

Rechtsanwältin, Associate Partnerin, BTUSimon Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, München
n/a