15.09.2014

Die Unabhängigkeit sicherstellen

Kommunale Rechnungsprüfung als Element öffentlicher Finanzkontrolle

Die Unabhängigkeit sicherstellen

Kommunale Rechnungsprüfung als Element öffentlicher Finanzkontrolle

Ein roter Stift liegt auf einem Taschenrechner. Sparen bei Kosten, Ausgaben und Budget wegen schlechter Konjunktur | © Gina Sanders - Fotolia
Ein roter Stift liegt auf einem Taschenrechner. Sparen bei Kosten, Ausgaben und Budget wegen schlechter Konjunktur | © Gina Sanders - Fotolia

Als Elemente der Öffentlichen Finanzkontrolle gelten vorrangig die Rechnungshöfe der EU, des Bundes und der Länder, die überörtlichen und örtlichen Einrichtungen der Rechnungsprüfung sowie die Rechts- und Kommunalaufsichtsbehörden.

Die örtliche Rechnungsprüfung…

Ziel aller Prüfeinrichtungen und der Rechts- und Kommunalaufsicht ist die Überwachung der Einhaltung der Rechtsvorschriften. Gegenstand der Prüfung ist dabei insbesondere die Einhaltung des jeweiligen Haushaltsrechts. Kern der Bestimmungen des Haushaltsrechts ist die ordnungsgemäße, sparsame, wirtschaftliche und zielgerichtete Verwendung der Einnahmen aus Steuern, Beiträgen und Gebühren im Interesse der Bürger.

Für eine wirksame öffentliche Finanzkontrolle ist die personelle, wirtschaftliche und politische Unabhängigkeit von den prüfenden oder beaufsichtigenden Stellen eine entscheidende Voraussetzung. Während die Rechnungshöfe als eigenständige Einrichtungen über Dienstherreneigenschaft und eigenes Budget verfügen, ist die örtliche Rechnungsprüfung je nach Landesrecht als Teil des Rates (etwa in Bayern und NRW) oder als Teil der Verwaltung (Rechnungsprüfungsamt) konstituiert.


Die weitere Betrachtung orientiert sich an der hessischen Rechtslage. Zur Rechtslage in Bayern wird auf Voringer (Rechnungsprüfung der Kommunen, 2. Auflage 2009, Richard Boorberg Verlag) verwiesen, der sich auch intensiv mit der Frage der Unabhängigkeit der Rechnungsprüfung auseinandersetzt.

…nach der Hessischen Gemeindeordnung

Nach der HGO sind bei allen Kommunen über 50.000 Einwohner und bei den Landkreisen ein Rechnungsprüfungsamt einzurichten, andere Gemeinden können es einrichten

(§ 129 HGO). Ist bei einer kreisangehörigen Gemeinde kein Rechnungsprüfungsamt eingerichtet, nimmt das Rechnungsprüfungsamt des Landkreises die Aufgaben gegen Gebühren wahr. Die Gemeindevertretung kann sich nach § 130 Abs. 2 HGO des Rechnungsprüfungsamts bedienen, bestimmte Prüfungsaufträge erteilen und unmittelbare Auskünfte verlangen. Nach § 130 Abs. 1 HGO ist das Rechnungsprüfungsamt aber bei der Durchführung von Prüfungen unabhängig. Der Gemeindevorstand kann keine Weisungen erteilen, die den Umfang, die Art und Weise oder das Ergebnis der Prüfung betreffen.

Die (formelle) Unabhängigkeit der Rechnungsprüfungsämter

Die hessischen Rechnungsprüfungsämter sind somit formell unabhängig. Die Leitung genießt zudem einen besonderen Schutz, weil die Bestellung und die Abberufung gemäß § 130 Abs. 3 HGO nur mit Zustimmung der Gemeindevertretung erfolgen kann.

Durch die Einbindung in die Verwaltungsstrukturen kann die formelle Unabhängigkeit des örtlichen Rechnungsprüfungsamtes jedoch auf vielfältige und teils subtile Weise durch zu prüfende Stellen unterlaufen werden.

In der Regel ist das Rechnungsprüfungsamt dem Bürgermeister zugeordnet, in Städten dem Dezernat des Oberbürgermeisters. In der Praxis ist das Budget des Rechnungsprüfungsamtes in das Dezernatsbudget eingebunden; teilweise werden Budgets z. B. für Ausstattung und Fortbildung zentral oder durch die Dezernatskoordination verwaltet.

Insbesondere bei Einsparvorgaben wird gerne der Maßstab der Köpfe oder des Budgetvolumens verwendet, ohne auf die besonderen Anforderungen des Rechnungsprüfungsamtes Rücksicht zu nehmen.

Hier ist es von der Durchsetzungsfähigkeit der jeweiligen Leitung abhängig, die berechtigten Forderungen durchzusetzen, um eine angemessene Ausstattung oder die erforderliche Fortbildung der Prüfer/innen sicherzustellen.

Weitere Abhängigkeiten ergeben sich bei Personalentscheidungen. Hier kann die jeweilige Personalstelle bei der Bewertung der Stellen von Leitung und Prüfer/innen, Entscheidungen über Ausnahmen von der Wiederbesetzungssperre, Auswahlverfahren und Beförderungen Einfluss nehmen.

Hier ein Beispiel: Die Prüfer A und B haben bei der Prüfung der Personalstelle erhebliche Mängel in der Aktenführung und Rückstände bei der Bearbeitung festgestellt, die auch im Rahmen der Prüfungsnachschau nicht ausgeräumt wurden. Die Ergebnisse dieser Prüfung wurden im Schlussbericht vorgestellt. Im Folgejahr sollten die Stellen u. a. dieser beiden Prüfer neu bewertet werden. Ich überlasse es dem geneigten Leser und seiner Phantasie, wie dieses Verfahren bearbeitet wurde.

Der Sparzwang nötigt zu Einsparungen durch organisatorische Maßnahmen und Stelleneinsparungen, die die Unabhängigkeit der kommunalen Rechnungsprüfung konterkarieren. Beispielsweise wurde in einer Kommune das Rechnungsprüfungsamt als Abteilung in den Fachbereich Wirtschaftsförderung eingegliedert. Die formelle Unabhängigkeit für die Leitung der Stabstelle wurde durch Organisationsverfügung geregelt.

Es stellt sich aber die Frage, was in der Praxis passiert, wenn die Rechnungsprüfung die Wirtschaftsförderung prüft und dabei erhebliche Mängel oder gar Unregelmäßigkeiten feststellt.

Unbequemen Prüfungsleitungen wurden auch schon von den Dienstvorgesetzten Fortbildungen und Dienstreisen nicht genehmigt, um sie zu „disziplinieren”.

Wie lässt sich die Unabhängigkeit stärken?

  • Wichtig ist zunächst, dass der Leitung der Prüfung, den Prüfer/innen und allen anderen Beteiligten die besondere Stellung der örtlichen Prüfung bewusst ist und sich Leitungen massiv gegen alle Versuche wehren, die Unabhängigkeit zu beeinträchtigen.
  • Organisation: Die Rechnungsprüfung ist ferner als besonderes Amt, Stabstelle oder Sonderfachdienst oder Dienststelle ohne Einbindung in die Hierarchie zu organisieren.
  • Dienstrecht: Leitungen der Rechnungsprüfung sollten dienstrechtlich unmittelbar dem/der Vorsitzenden des Rates, in Hessen dem/der Vorsitzenden der Gemeindevertretung bzw. dem/der Stadtverordnetenvorsteher/in und die Prüfer/innen unmittelbar der Leitung der Rechnungsprüfung unterstellt werden.
  • Personal: Die Stellenbewertungen der Leitungen sowie die Prüfer/innen sollten durch unabhängige Stellen erfolgen. Die Stellen der Rechnungsprüfung sollten generell von Wiederbesetzungssperren ausgenommen sein.
  • Budget: Das Budget des Rechnungsprüfungsamtes sollte im Haushalt gesondert veranschlagt und durch die Gemeindevertretung beschlossen werden. Ein Zugriff durch Dritte ist auszuschließen.

Zusammenfassung und Ausblick

Wer eine unabhängige Finanzkontrolle auf kommunaler Ebene im Interesse der Bürger will, muss die Rechte und Unabhängigkeit der Rechnungsprüfung stärken. Die kommunale Rechnungsprüfung ist derzeit im Umbruch (siehe hierzu auch den Beitrag des Autors in: PUBLICUS 2013.12, S. 23 ff.). Durch die Einführung der Doppik und der damit verbundenen größeren Verantwortung hat eine Professionalisierung begonnen.

Dabei orientiert sich die Rechnungsprüfung sowohl an den Wirtschaftsprüfern als auch an der Internen Revision insbesondere der öffentlichen Unternehmen. Mit dem Institut der Rechnungsprüfung (IDR) hat sich die kommunale Rechnungsprüfung eine Stimme gegeben und eine bundesweite Plattform für gemeinsame Aus- und Weiterbildung und den gerade für Prüfung wichtigen Erfahrungsaustausch geschaffen. Auf die weitere Entwicklung darf man gespannt sein.

Hinweis: Der Autor ist seit März 2011 Leiter des Revisionsamts der Stadt Frankfurt am Main und seit 2013 stellvertretender Vorsitzender der AG der Leitungen der Revisionsämter im Hessischen Städtetag. Zudem ist er Vorsitzender des Verwaltungsrats im IDR. In diesem Artikel vertritt er jedoch seine persönliche Meinung.

 

Hans-Dieter Wieden

Leiter des Revisionsamtes der Stadt Frankfurt am Main
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