15.01.2014

Relaunch für die Heideregion

Rahmenbedingungen für Interkommunale Zusammenarbeit

Relaunch für die Heideregion

Rahmenbedingungen für Interkommunale Zusammenarbeit

Interkommunale Zusammenarbeit schafft Einheit im Handeln. | © daniilantiq2010 - Fotolia
Interkommunale Zusammenarbeit schafft Einheit im Handeln. | © daniilantiq2010 - Fotolia

Je nach Art und Inhalt interkommunaler Zusammenarbeit (IKZ) können sowohl die Gründe für eine Zusammenarbeit als auch das auszuschöpfende Synergiepotenzial sehr heterogen beschaffen sein. Selbst dann, wenn Sachgründe die Kooperation mit anderen kommunalen Nachbarn nahelegen, mögen Machtfragen oder die „drohende“ Notwendigkeit organisatorischer Veränderungen etwaige Projekte zum Scheitern verurteilen, bevor sie überhaupt eine Chance auf Realisierung haben.

Die Motive für die Einrichtung einer IKZ sind vielfältig

Als primäre Treiber für den Anstoß einer Zusammenarbeit mit anderen Kommunen finden sich jedoch häufig ähnliche Ausgangssituationen. So sind finanzielle Notlagen in Zeiten knapper Kassen ein Dauerthema auf der Suche nach Synergiepotenzialen durch gemeinsame Aufgabenwahrnehmungen. Ebenso steht die aus der Bündelung von Ressourcen und Aktivitäten einhergehende Stärkung der eigenen Position im Rahmen eines regionalen Auftretens mit auf der Agenda, wenn es darum geht, die häufigsten Intentionen für Kooperationen aufzuführen.

Empirisches Datenmaterial gibt ferner Auskunft darüber, dass außerdem Tourismusförderung und Regionalmarketing sowie die räumliche Planung und Entwicklung bei den befragten Kommunen „Dauerbrenner“ sind. Weitere Themenfelder stellen gemeinsame Aufgabenerfüllungen im Bereich Wasser und Abwasser, der VHS sowie gemeinsamer Informationstechnologie dar.


Verschiedene Handlungsformen und -strukturen

Neben stärker formal geprägten Handlungsformen kann eine Kooperation auch in weniger institutionalisierten Formen stattfinden, in denen auf strategischer oder operativer Ebene miteinander agiert wird. In diesem Kontext sind beispielsweise Bürgermeisterkonferenzen durchaus gängige Kooperationsformen. Um Partial- und Regionalinteressen in Einklang zu bringen, kann ferner ein konzeptionell eingebettetes und übergreifendes Handeln notwendig sein.

Für eine erfolgreiche und nachhaltige Zusammenarbeit ist es zudem außerordentlich wichtig, eine Vertrauensbasis zwischen den handelnden Akteuren zu schaffen, um interne und externe Glaubwürdigkeit und Akzeptanz aufzubauen. Zu diesem Zweck kann eine unparteiische Moderation eingerichtet werden, um die Kooperationspartner alle gleichermaßen zu begleiten und die Abstimmungs- und Konsensfindungsprozesse gezielt anzustoßen.

Die Heideregion als Beispiel für eine gelungene IKZ

Das Beispiel „Heideregion“ zeigt, dass auch eine IKZ dabei immer dem Wandel der Zeit unterworfen ist und flexibel auf neue Rahmenbedingungen reagieren muss: Im Jahr 1999 waren es geänderte Rahmenbedingungen, weshalb sechs Gemeinden des Altkreises Soltau eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung schlossen und die Regionalkonferenz „Heideregion“ gründeten, um sich der kommunalen Aufgabenwahrnehmung auf bestimmten Gebieten gemeinsam zu widmen. Zu den kooperierende Gemeinden gehörten die Gemeinde Bispingen, die Stadt Munster, die Gemeinde Neuenkirchen, die Stadt Schneverdingen, die Stadt Soltau und die Gemeinde Wietzendorf. Übereinstimmende Zielsetzung war dabei das Nutzen von Synergieeffekten und eine gemeinsame einheitliche Außendarstellung bei bestimmten überregionalen Fragestellungen.

Insgesamt legte man die Handlungsfelder Regionalplanung, Regionale Verkehrsplanung, Wirtschaftsförderung, Arbeitsplatzförderung, Tourismusförderung, Informations- und Kommunikationsverarbeitung und Kulturförderung für gemeinsame zukünftige Interaktionen fest. Aus einem jährlichen Strukturfonds, der sich aus Mitgliedsbeiträgen speist, werden Gemeinschaftsprojekte oder Maßnahmen zur Verbesserung der Infrastrukturen gefördert. Seit der Gründung der Heideregion wurden zahlreiche gemeinsame Projekte realisiert: angefangen bei gemeinsamen Erklärungen zu raumordnerischen Vorgängen, dem Ausbau von Radwegenetzen und gemeinsamen Ausweisungen und Vermarktungen von Gewerbegebieten über die jeweiligen Gemeindegrenzen hinaus bis hin zur gemeinsamen Unterbringung von Fundtieren.

Aus zahlreichen Gründen, vor allem aufgrund personeller Veränderungen – nur ein Hauptverwaltungsbeamter aus dem Gründungsjahr 1999 ist aktuell noch vertreten – sowie wiederum gewandelter Rahmenbedingungen strebten die Verantwortlichen einen „Relaunch“ der zukünftigen gemeinsamen Ausrichtung an. In gemeinsamen Workshops sollten mit Unterstützung eines externen Moderators sowohl die bei der Gründung definierten Handlungsfelder auf ihre aktuelle und zukünftige Relevanz überprüft werden als auch ein konkreter Fahrplan für die nächsten Jahre erarbeitet werden. Bereits im ersten Workshop kristallisierte sich heraus, dass konkrete, messbare Ziele definiert werden müssen, um mit den dazugehörigen Instrumenten und Maßnahmen einen gewünschten Erfolg zu erreichen.

Mit Hilfe der SWOT-Analyse wurden strategische Ziele und eine konkrete Identität entwickelt. Konstruktiv und einvernehmlich kritisierten, diskutierten, evaluierten und visionierten sechs sehr unterschiedliche Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, die unter Berücksichtigung der jeweiligen gemeindlichen und heterogenen politischen Interessen und Bedarfe einen neuen gemeinsamen Nenner im Rahmen der interkommunalen Zusammenarbeit finden wollten. Genau diese differenzierte, progressive, heterogene und pluralistische Zusammensetzung erwies sich als Erfolgsfaktor. Und zwar als Erfolgsfaktor in dem Sinne, dass die jeweils sehr spezifischen und von Kommune zu Kommune unterschiedlichen gemeindlichen Interessen und Visionen dort verblieben, während diejenigen Aufgaben gemeinsam wahrgenommen werden sollen, die in der Gruppe, in der Größe, in gebündelter Macht, in der Stärkung der gemeinsamen Finanz- und Strahlkraft, in der regionalen Kooperation von Ideen und Kompetenzen, im vertrauensvollen Zusammenhalt, in der gegenseitigen Kompensation von Schwächen und Risiken sowie in der Nutzung von Synergien und Chancen einen zukünftigen gemeinschaftlichen Erfolg ermöglichen sollten. Die gemeinsame Wirtschaftsförderung und die konzeptionelle Tourismusförderung beispielsweise gehören dazu.

Als Identität auf Basis eines besonderen Alleinstellungsmerkmales, welches für die Region steht, wurde der Slogan „Heideregion – im Herzen des Nordens“ entwickelt. Er steht für die besondere Lagegunst im nördlichen Raum, in strategisch günstiger Nähe zu großen Städten wie Hamburg, Bremen und auch Hannover. Die Region wird von der Autobahn A 7 tangiert und bietet sowohl für die Handlungsfelder Wohnen, Urlaub und Reisen sowie Arbeit und Wirtschaft erfolgversprechende Potenzialfaktoren. So wurden die folgenden strategischen Handlungsfelder

  • die Heideregion als attraktiven Wohnstandort stärken,
  • Spezialisierung auf den Tourismus (Heide als Urlaubs- und Reiseregion)
  • und attraktiver Wirtschaftsstandort werden

festgelegt.

Diese Handlungsfelder haben sich nicht wunsch-, sondern potenzialorientiert ergeben. Im Rahmen der nun anstehenden, weiteren Zusammenarbeit sind diese zu operationalisieren und mit Zielen, Zielwerten, Maßnahmen und Kennzahlen zu hinterlegen, um Handlungserfolge evaluieren und als steuerungsfähige Arbeitsgrundlage für die Heideregion dienen zu können. Durch die Festlegung konkreter Ziele werden die Ergebnisse messbar und die Umsetzung effizienter. Am Ende des Relaunchs sollen mehr Dynamik, eine verstärkte konkrete Zusammenarbeit sowie auch betriebswirtschaftliche Synergien stehen. Wenn es den Verantwortlichen also gelingt, die vertrauensvolle und konstruktive interkommunale Zusammenarbeit mit der fixierten Identität und den definierten strategischen Handlungsfeldern anhand geeigneter, abgestimmter, konsistenter Maßnahmen und Instrumente fortzusetzen, dann wird der gewünschte Erfolg sicherlich auch künftig nicht auf sich warten lassen.

Hinweis der Redaktion: Einen ausführlichen Beitrag zu diesem Thema mit weiteren Literaturhinweisen finden Sie in der Februar-Ausgabe der Zeitschrift „Ausbildung/Prüfung/Fachpraxis“ – zu beziehen über den Richard Boorberg Verlag.

Prof. Dr. Stefan Eisner

Prof. Dr. Stefan Eisner

Geschäftsführer, NSI Consult, Braunschweig
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