15.12.2012

Normbestattung nach DIN

Die Glosse: Regelungslücken im Bestattungsrecht

Normbestattung nach DIN

Die Glosse: Regelungslücken im Bestattungsrecht

DIN-Normen im Herbst des Lebens? | © fotoknips - Fotolia
DIN-Normen im Herbst des Lebens? | © fotoknips - Fotolia

Vom 13. bis 14. September fanden an der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften DHV zum vierten Mal die Speyerer Tage zum Friedhofs- und Bestattungsrecht statt. Themen der diesjährigen Tagung waren u. a.: Aktuelle Rechtsprechung zum Friedhofs- und Bestattungsrecht, Rechtsfragen der Kalkulation von Grabnutzungsgebühren, des Umgangs mit Urnen und Leichenresten nach Ablauf der Ruhezeit und des Einsatzes ehrenamtlicher Helfer auf Friedhöfen, die rechtliche Bedeutung der Zuordnung des Friedhofs zu den öffentlichen Sachen und der DIN EN 15017:2006-01 für Bestattungs-Dienstleistungen sowie Verkehrssicherungspflichten des Friedhofsträgers. Bestattungsrechtstage. Es gibt doch nichts, was es nicht bereits gibt. Da meinte man, „von der Wiege bis zur Bahre“ seien die Formulare schon üppig gesät. Auf dieser Tagung erfolgt jedoch die Belehrung, dass man auch 25 Jahre später, nach Ablauf der Liegezeit, doch noch einer offenbar ausfüllungsbedürftigen Regelungslücke ausgesetzt ist, falls noch Leichenteile übrig sind. Wie ausfüllungsbedürftig ist diese Lücke? Meine Verwandten haben sich nicht über radikale friedhofsgärtnerische Maßnahmen nach 25 Jahren beschwert, weitere Angehörige auch nicht. Und auch ich selbst werde schon mal vorab auf mein Rechtsschutzbedürfnis verzichten. Wenn ich es nicht schaffe, rechtzeitig und rückstandsfrei zu verrotten, dann ist das mein Problem. Bei angemessener Anstrengung sollte der Termin zu halten sein.

Dass es sogar eine DIN für das korrekte Abarbeiten eines Trauerfalls gibt, ist überaus tröstlich. Nicht dass das ganze Verfahren zu stark in die Individualität abdriftet! Im krassen Gegensatz hierzu steht hingegen eine Entscheidung des BayVerfGH vom 04.07.1996 (VerfGH 49, 79, BayVBl 1996, 590), der ein Gesetz abnickte, welches private Krematorien zuließ. Auch ein Beispiel für Justiziabilität in der Phase nach der Bahre.

Am Anfang des menschlichen Lebenszyklus gibt es allerdings auch noch ein paar regelungsbedürftige Punkte, die man dringend formalisieren sollte. Ich weiß nicht, ob eine Zeugungsakt-DIN mit Normbefruchtung wirklich Ordnung schaffen würde. Papst Paul hat das ja schon einmal mit mäßigem Erfolg in seinem Zuständigkeitsbereich versucht (humanae vitae: http://stjosef.at/dokumente/humanae_vitae.htm). Über das Erbrecht des „nondum conceptus“, also des noch nicht gezeugten Kindes, aus § 1913 BGB wurde schon mancher Literaturbeitrag verfasst; Prof. Detlev Joost wies dazu in einer Vorlesung auf das Problem der effektiven Zwangsvollstreckung eines etwaigen Urteils zugunsten eines derartig Erbberechtigten hin (Anspruch auf gezeugt werden?). Ansonsten ist die Regelungsdichte aber im Vorfeld des extrauterinen Lebens gering und es fällt gleich das Strafrecht mit der 218er-Tür ins Haus.


Da keimt doch ein Bedürfnis auf nach ein paar freundlichen vorgeschalteten Verwaltungsregelungen. Eine Formularreihe zum Anfang des menschlichen Lebenszyklus könnte beispielsweise eine Checkliste enthalten zur korrekten Abwicklung aller Abtretungsgeschäfte bei einer Leihmutterschaft oder eine Musterakte zur Bestellung eines Ergänzungspflegers zur Wahrung fötaler Rechte während der Schwangerschaft? Auch die Pflicht zur transparenten Amtsdokumentation der konfessionellen (oder wahlweise philosophisch-ethischen) Frühberatung bei Beginn und Ende kontrazeptiver Maßnahmen könnte einen Anfang darstellen zur Füllung weiterer Regelungslücken.

 

Dr. Alexander Konzelmann

Leiter der Boorberg Rechtsdatenbanken RDB, Stuttgart
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