14.10.2024

Mischkonsum von Cannabis und Alkohol im Straßenverkehr

Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg

Mischkonsum von Cannabis und Alkohol im Straßenverkehr

Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg

Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer angegriffenen Fahrerlaubnisentziehung ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung. © Parilov – stock.adobe.com
Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer angegriffenen Fahrerlaubnisentziehung ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung. © Parilov – stock.adobe.com

Vor dem Hintergrund, dass bei einem Kraftfahrer, der in seinem parkenden Wagen durch die Polizei kontrolliert worden war, mittels einer Blutprobe der Konsum von Cannabis und Alkohol nachgewiesen wurde, hatte das Verwaltungsgericht Freiburg über die Rechtmäßigkeit der daraufhin von der zuständigen Behörde angeordneten Fahrerlaubnisentziehung wegen Nichtvorlage des angeforderten medizinisch-psychologischen Gutachtens zu entscheiden.

Sachverhalt

Ein Kraftfahrer ist seit Januar 2022 im Besitz der Fahrerlaubnis der Klasse B auf Probe. Am 02.12.2022 wurde er, der sich unter Alkoholeinfluss stehend (AAK 0,99 mg/l) gerade in seinem parkenden Fahrzeug aufhielt, gegen 21:35 Uhr einer Polizeikontrolle unterzogen. Hierbei wurde in seinem Fahrzeug eine Metalldose mit BtM-Utensilien sowie 10,5 g Marihuana und 3,49 g Marihuana-Tabak sichergestellt und unter dem Wagen ein abgerauchter Joint aufgefunden.

Der Kraftfahrer gab an, drei Stunden zuvor an diesen Ort gefahren zu sein und dann Alkohol getrunken zu haben. Am Abend des Vortags habe er einen Joint geraucht. Eine um 23:05 Uhr entnommene Blutprobe ergab mit 2,2 ng/ml THC einen positiven Befund auf Cannabinoide und eine Blutalkoholkonzentration von 1,91 ‰.


Mit Schreiben vom 18.07.2023 ordnete das Landratsamt (LRA) wegen Zweifeln an der Eignung zum Führen von Kfz die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens bis zum 20.09.2023 an. Der Kraftfahrer erklärte am 21.07.2023 sein Einverständnis mit einer Begutachtung.

Am 15.09.2023 ließ er anwaltlich die Verlängerung der Frist zur Vorlage des Gutachtens beantragen, da er nicht im Zusammenhang mit dem Führen eines Fahrzeugs in Erscheinung getreten sei und weil er seit September 2023 an einem Abstinenzprogramm sowie seit August 2023 an suchtspezifischen Gruppengesprächen teilnehme.

Eine Fristverlängerung durch das LRA erfolgte nicht, vielmehr erging nach vorheriger Anhörung die streitgegenständliche Entscheidung vom 11.10.2023.

Sofortige Vollziehung durch LRA angeordnet

Darin wurde ihm die Fahrerlaubnis der Klasse B entzogen und ihm aufgegeben, den am 16.11.2020 ausgestellten Führerschein unverzüglich abzuliefern. Die sofortige Vollziehung wurde angeordnet und für den Fall, dass der Führerschein nicht innerhalb einer Woche nach Zustellung dieser Verfügung abgeliefert sei, wurde dessen Wegnahme durch einen Vollzugsbeamten des LRA angedroht.

Für die Entscheidung wurde schließlich eine Gebühr von 150 Euro zzgl. 4,11 Euro Auslagen festgesetzt. Gegen diese Entscheidung erhob der Kraftfahrer am 19.10.2023 Widerspruch und gab den Führerschein am 23.10.2023 freiwillig ab. Nachdem ihm am 28.11.2023 ein zurückweisender Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums (RP) vom 24.11.2023 zugestellt worden war, erhob er am 27.12.2023 Klage beim Verwaltungsgericht Freiburg (VG).

Am 08.03.2024 hatte er vorläufigen Rechtsschutz beantragt. Der Antrag blieb in der Sache ohne Erfolg. Er ist, sachdienlich ausgelegt, darauf gerichtet, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Entscheidung des LRA hinsichtlich der im Einzelfall für sofort vollziehbar erklärten Regelungen über Entziehung und Ablieferungsverpflichtung wiederherzustellen sowie hinsichtlich der kraft Gesetzes sofort vollziehbaren Androhung der Führerscheinwegnahme anzuordnen.

Freiwillige Abgabe des Führerscheins

Die freiwillige Abgabe des Führerscheins hat nicht zur Erledigung der Ablieferungsverpflichtung und Zwangsmittelandrohung geführt, da sie erkennbar unter dem Vorbehalt des Ausgangs des Hauptsacheverfahrens steht und i. S. v. § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO bzw. § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO rückgängig gemacht werden kann.

Der Widerspruch und die Anfechtungsklage erstrecken sich zwar kraft Gesetzes auch auf die Gebühren- und Auslagenentscheidung, welche gem. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO sofort vollziehbar ist. Mangels inhaltlichen Vortrags hierzu sowie v. a. wegen des nach Aktenlage bislang nicht ersichtlichen Aussetzungsantrags bzw. einer drohenden Vollstreckung i. S. v. § 80 Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO ist indessen gem. § 88 VwGO nicht davon auszugehen, dass sich der vorläufige Rechtsschutzantrag auch gegen die Kostenanforderung richten soll.

Die Fahrerlaubnisentziehung ist bei derzeitiger Erkenntnismöglichkeit voraussichtlich rechtmäßig. Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer angegriffenen Fahrerlaubnisentziehung ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung.

Somit ist hier auf die Zustellung des Widerspruchsbescheids am 28.11.2023 abzustellen.

Rechtslage vor Inkrafttreten des Cannabisgesetzes entscheidend

Soweit Vorschriften der Fahrerlaubnisverordnung (FeV) maßgeblich sind, kommt es damit auf die Rechtslage vor dem Inkrafttreten des Cannabisgesetzes (CanG) vom 27.03.2024 an, welches in Art. 14 Änderungen der §§ 13a, 14 FeV sowie der Anlage 4 ab dem 01.04.2024 vorgenommen hat. Die im Folgenden genannten Vorschriften der FeV sind folglich, soweit nicht anders gekennzeichnet, solche der bis zum 31.03.2024 geltenden alten Fassung.

Rechtsgrundlage der Ziff. 1 der Entscheidung vom 11.10.2023 ist § 3 Abs. 1 Satz 1 Straßenverkehrsgesetz (StVG) i. V. m. § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV, die gem. § 2a Abs. 4 Satz 1 StVG auch bei Inhabern einer Fahrerlaubnis auf Probe unberührt bleiben. Danach hat die Fahrerlaubnisbehörde, wenn sich der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kfz erweist, ihm diese zu entziehen. Der Schluss auf die Ungeeignetheit ergibt sich hier voraussichtlich aus § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV.

Nichteignung wegen Nichtbeibringung des geforderten Gutachtens

Wenn er sich weigert, sich untersuchen zu lassen, oder das von der Fahrerlaubnisbehörde geforderte Gutachten nicht fristgerecht beibringt, darf die Behörde bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung schließen. Das LRA hat ihn aufgefordert, ein medizinisch-psychologisches Gutachten bis zum 20.09.2023 vorzulegen. Hierbei hat die Behörde, wie in § 11 Abs. 8 Satz 2 FeV gefordert, auf die Rechtsfolgen bei einer verweigerten bzw. nicht fristgerechten Beibringung hingewiesen. Diese Frist zur Vorlage verstrich, ohne dass der Antragsteller ein Gutachten vorgelegt hat.

Die Aufforderung des LRA war klar verständlich. Der Betroffene konnte ihr entnehmen, dass Anlass der Vorfall vom 02.12.2022 war, bei dem ihn die Polizei angetrunken in seinem parkenden Pkw angetroffen und im Wagen 10,5 g Marihuana und 3,49 g Marihuana-Tabak-Gemisch aufgefunden sowie eine angeordnete Blutprobe positive Befunde auf Cannabinoide (2,2 ng/ml THC) und Alkohol (1,91 ‰) ergeben hatte.

Ferner ging aus ihr hervor, dass die Behörde aufgrund seiner eigenen Angaben, dass es sich um seine Betäubungsmittel handeln würde und er tags zuvor einen Joint geraucht habe, von einem gelegentlichen Cannabiskonsum und einem Mischkonsum mit Alkohol ausging und daraus ihre Zweifel an seiner Fahreignung ableitete.

(…)

Verwaltungsgericht Freiburg, Beschl. v. 24.04.2024 – 6 K 931/24

Den vollständigen Beitrag lesen Sie in der Fundstelle Baden-Württemberg 16/2024, Rn. 197.

 
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