11.11.2016

Mehr als nur eine Spielerei

Öffentlichkeitsarbeit 2.0 beim Polizeipräsidium München

Mehr als nur eine Spielerei

Öffentlichkeitsarbeit 2.0 beim Polizeipräsidium München

Die Anzahl der Liker und Follower der Polizei München ist zusammen auf 450.000 gestiegen. | © nanomanpro - Fotolia
Die Anzahl der Liker und Follower der Polizei München ist zusammen auf 450.000 gestiegen. | © nanomanpro - Fotolia

Auch wenn die Mühlen innerhalb eines Behördenapparats systembedingt immer etwas langsamer malen, so sind die sogenannten „neuen Medien” beim Polizeipräsidium München inzwischen ein fester und wichtiger Bestandteil der Öffentlichkeitsarbeit.

Angegliedert bei der Pressestelle ergänzt das Team digitale Medien die bisherige klassische Öffentlichkeitsarbeit der Polizei München. Da beide Formen der Öffentlichkeitsarbeit nicht einfach voneinander zu trennen sind, ist das Team digitale Medien auch mit der traditionellen Pressearbeit vertraut und wird auch in diesem Bereich eingesetzt. Die Sozialen Medien stehen nicht in Konkurrenz zu Pressekonferenzen, Anfragen von Medienvertretern oder dem Pressebericht in Papierform, sondern stellen eine zusätzliche Möglichkeit der Informationssteuerung dar.

Beide Formen der Pressearbeit dienen in Kombination dazu, die Arbeit der Münchner Polizei transparent darzustellen. Die wichtigsten Grundsätze sind Glaubwürdigkeit, Zuverlässigkeit und die Gewährleistung einer schnellen Reaktionszeit. Die Pressestelle ist daher 24 Stunden erreichbar.


Fluch und Segen der neuen Technik

Nicht nur bei der Polizei hat sich der mediale Auftritt verändert. Im Journalismus befinden sich die klassischen Printmedien schon seit Jahren in stetiger Konkurrenz gegen die permanent fortgeschriebenen Meldungen der Online-Redaktionen.

Diese zeitnahe Berichterstattung stellt auch die Öffentlichkeitsarbeit der Polizei vor neue Herausforderungen. Im Gegensatz zu Klickzahlen geht es bei der Öffentlichkeitsarbeit der Polizei vor allem um Vertrauen. Kurz gesagt – was die Polizei sagt oder schreibt, muss stimmen. Die Aufgabe besteht darin, dem immensen Informationsbedarf der Medienvertreter nachzukommen und gleichzeitig zu gewährleisten, dass sämtliche Informationen einen zuverlässigen Verifikationsprozess durchlaufen haben.

Jedermann, nicht nur Journalisten, kann heutzutage mit Hilfe der sozialen Medien und modernen Smartphones mobil Informationen an eine große Anzahl Empfänger streuen. Diese Informationen sind oftmals nicht geprüft und erreichen durch den sogenannten Mediensprung innerhalb kürzester Zeit eine nicht mehr zu kontrollierende Menge an Nutzern.

Amok im Olympia Einkaufszentrum – viele Gerüchte im Netz

Eindrucksvoll konnte dies im Rahmen des Amok-Einsatzes am 22. 07. 2016 gezeigt werden. Ein Teil der Tat wurde von einer Person vor Ort per Smartphone gefilmt und zunächst per WhatsApp geteilt. Das Video gelangte innerhalb kürzester Zeit in die sozialen Medien und von dort in die großen TV-Sender. Via Periscope wurde von einem anderen Nutzer nach der Tat ein Livestream aus dem Tatortbereich verbreitet. Dieser erreichte in Spitzenzeiten sechsstellige Zuschauerzahlen.

Eines der größten Probleme stellten die Gerüchte über insgesamt 66 Tatorte dar. Die Phantomtatorte verteilten sich über ganz München. Innerhalb kürzester Zeit wurden diese Meldungen per Messenger geteilt und das Netz war voll mit Screenshots von Falschmeldungen. Keines dieser Gerüchte stellte sich als wahr heraus. Für die Pressestelle lag die besondere Herausforderung darin, diese Welle an Gerüchten zu entkräften, um eine Panik innerhalb der Bevölkerung zu verhindern.

Daneben war eine erhebliche Anzahl an Medienvertretern am Tatort, die permanent auf den aktuellen Stand der Lageentwicklung gebracht werden wollten. Für die Pressestelle war es wichtig, einen Gleichklang innerhalb der eigenen Behörde sicherzustellen. Es musste gewährleistet sein, dass sowohl das Team vor Ort, die Kollegen am Infotelefon und das Social Media Team den gleichen Informationsstand hatten, welcher nach Prüfung einheitlich veröffentlicht wurde.

Diese Strategie funktionierte in dieser Nacht sehr gut. In den sozialen Medien wurden neben den reinen Sachinformationen auch sehr empathische Inhalte veröffentlicht. Dadurch gelang es, das Vertrauen der Bevölkerung in die Polizei zu stärken. In Kombination mit den ruhigen, sachlichen Schilderungen des Pressesprechers während der Interviews konnten die Maßnahmen und die Arbeit der Polizei professionell nach Außen repräsentiert werden. Trotz der teilweise unübersichtlichen Lage gelang es, die Medien und die Bevölkerung umfassend zu informieren.

Twitter Marathon während des Oktoberfests

Einen ganz anderen Auftritt hatte das Social Media Team während des Oktoberfests. Während der Veranstaltung kam es zu keinen großen Sicherheitsstörungen, sodass es dem Team möglich war, den Alltag der Kollegen der Wiesnwache via Twitter zu begleiten. Am Freitag, 23. 09. 2016, wurde ab Mittag für zwölf Stunden berichtet. Tagsüber blieb die Zeit, den eingesetzten Diensthund vorzustellen, ein Quiz mit der Reiterstaffel zu machen und eine Einsatzgruppe bei ihrem Rundgang zu begleiten. Wie zu erwarten, erhöhte sich die Anzahl der Einsätze von Stunde zu Stunde. In Absprache mit den eingesetzten Kollegen wurden die Erlebnisse in 140 Zeichen gekürzt und mit den Followern geteilt. Da es außer dem normalen Wiesnwahnsinn zu keinen schwereren Straftaten kam, wurden die Einsätze teils mit lustigen Wortspielen versehen, was bei der Community und der Presse großen Anklang fand.

Inzwischen ist die Anzahl der Liker und Follower der Polizei München zusammen auf 450.000 gestiegen. Keine andere Polizeibehörde in Deutschland hat eine so große Community. Facebook und Twitter gehören in München fest zur polizeilichen Öffentlichkeitsarbeit. Die Bevölkerung erwartet von der Polizei, über soziale Medien informiert zu werden. Es wird spannend, welche Möglichkeiten und Chancen sich in diesem Bereich zukünftig ergeben werden. Die fortschreitende Technik und die nicht vorhersehbaren Entwicklungen werden auch in Zukunft bedeuten, dass die Arbeit einer modernen Pressestelle stets offen für Neues sein muss.

Hinweis der Redaktion: Zum Umgang mit facebook & Co bei der Polizei siehe auch die Beiträge in PUBLICUS 2013.5 S. 19 und 2015.5 S. 16 und S. 18.

 

Florian Hirschauer

Polizeioberkommissar, Polizeipräsidium München
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